BGH Beschluss v. - 4 StR 66/12

Gesetzlicher Richter im Strafverfahren: Heranziehung von Schöffen bei Verlegung eines ordentlichen Sitzungstages anstatt der Anberaumung eines außerordentlichen Sitzungstages

Gesetze: § 338 Nr 5 StPO, § 45 GVG, § 47 GVG, § 77 GVG, Art 101 GG

Instanzenzug: LG Bielefeld Az: 3 KLs 36 Js 833/11 - 47/11

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Es wird davon abgesehen, den Beschwerdeführern die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§ 109 Abs. 2 i.V.m. § 74 JGG); jedoch haben sie ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zu den erhobenen Besetzungsrügen:
Maßstab für die revisionsgerichtliche Überprüfung ist insofern Willkür (, BGHSt 50, 132, 137 mwN).
Die Entscheidung des Vorsitzenden, den ersten Hauptverhandlungstag vom nicht mehr als den nachverlegten ordentlichen Sitzungstag vom , sondern als den vorverlegten ordentlichen Sitzungstag vom heranzuziehen, ist nicht zu beanstanden. Denn die Zuordnung eines außerplanmäßigen Sitzungstages als vor- oder nachverlegter ordentlicher Sitzungstag ist durch den Vorsitzenden nach denselben Regeln abänderbar wie die Verlegung eines "normalen" Sitzungstages. Sie wird hier durch die insbesondere im Vermerk des Vorsitzenden vom und die von ihm im Hauptverhandlungstermin vom dargelegten Gründe getragen.
Die Sache war schon im Hinblick darauf in besonderer Weise eilbedürftig, dass sich die Angeklagten, bei denen die Anwendung von Jugendstrafrecht zumindest in Betracht kam, in Untersuchungshaft befanden und für den die Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO anstand. Der Termin für den Beginn der Hauptverhandlung am wurde nach Absprache mit den Verteidigern angesetzt; ein anderer Termin war vor der Haftprüfung "nicht möglich". Dies beruhte ersichtlich - jedenfalls wurde von den Verteidigern in der Revision nichts anderes vorgetragen - auf der Terminslage eines oder der Verteidiger der Angeklagten, denn die Jugendkammer war am 4. Oktober erst ab 12 Uhr mit einem Fortsetzungstermin in anderer Sache befasst; der 29. September wurde erst mit einem anderen Termin belegt, nachdem der Vorsitzende den Beginn der Hauptverhandlung auf den bestimmt hatte.
Vor diesem Hintergrund liegt jedenfalls eine unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr vertretbare Entziehung des gesetzlichen Richters durch die Heranziehung der für den ordentlichen Sitzungstag vom vorgesehenen Schöffen nicht vor, wenn der Vorsitzende - wie hier - dem von der Rechtsprechung mehrfach hervorgehobenen Grundsatz, dass die Verlegung eines ordentlichen gegenüber der Bestimmung eines außerordentlichen Sitzungstages Vorrang hat (vgl. dazu BGH aaO S. 134), dadurch Rechnung trägt, dass er - wie im Hinweis des , NStZ-RR 2010, 312, 313) vorgeschlagen - einen "ordentlichen Sitzungstag, wenn dieser zufällig bereits durch einen Fortsetzungstermin belegt ist, verlegt", anstatt einen außerordentlichen Sitzungstag anzuberaumen (so , BGHSt 50, 132, 136).
Mutzbauer                                 Roggenbuck                                Schmitt
                          Bender                                       Quentin

Fundstelle(n):
RAAAE-13911