BFH Beschluss v. - IV B 33/11

Revisionszulassung wegen Divergenz

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist bei Bedenken gegen ihre Zulässigkeit jedenfalls nicht begründet.

2 1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Weder liegt eine Divergenz vor, noch ist die angefochtene Entscheidung greifbar gesetzwidrig.

3 a) Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Abweichung von der Rechtsprechung anderer Gerichte sind nicht erfüllt.

4 aa) Die Zulassung der Revision wegen Divergenz setzt voraus, dass das Finanzgericht (FG) in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (u.a. , BFH/NV 2010, 1487). Eine Divergenz liegt deshalb nur vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt hat, der mit tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309; vom X B 172/09, BFH/NV 2010, 2053).

5 bb) Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen diese Voraussetzungen in der Begründung der Beschwerde dargelegt werden. Dazu ist es erforderlich, in der Beschwerdeschrift abstrakte Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils herauszustellen, die mit tragenden Rechtssätzen der Entscheidung eines anderen Gerichts nicht übereinstimmen (vgl. u.a. , BFH/NV 2006, 51, m.w.N.).

6 cc) Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) trägt vor, dem Urteil des FG sei als Rechtssatz zu entnehmen, dass der Berechnung eines negativen Kapitalkontos als Summe aller Kapitalkonten für die Frage des Wiederauflebens der Außenhaftung nach § 172 Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs ohne Differenzierung nach den einzelnen gesellschaftsvertraglich angeordneten Konten nicht gefolgt werden könne. Maßgeblich sei für das FG nicht die Subtraktion von Entnahmen und Verlusten von dem gezeichneten Gesamtkapital, sondern der Ausweis eines einzelnen gesellschaftsvertraglich vorgesehenen unveränderlichen Kapitalkontos in Höhe des Haftkapitals.

7 Aus den BFH-Urteilen vom IV R 35/07 (BFHE 220, 472, BStBl II 2008, 676) und IV R 15/06 (BFH/NV 2008, 1142) ergebe sich jedoch der Rechtssatz, dass sich die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine nach § 15a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes zu berücksichtigende Haftung der Kommanditisten wiederauflebe, allein nach handelsrechtlichen, nicht nach steuerrechtlichen Maßstäben bestimme. Dabei führten der BFH (a.a.O.) und der , Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Zivilrecht 2008, 1065) aus, dass die Haftung bei jeder Rückgewähr von Vermögen der KG, soweit dadurch das Kapitalkonto bzw. die Summe der Kapitalkonten unter den Betrag der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme sinke, wiederauflebe. Der BFH weise darauf hin, dass es insbesondere angesichts des Umstandes, dass es für das Wiederaufleben der Haftung darauf ankomme, ob die Summe aller Kapitalkonten die Haftsumme unterschreitet, nicht von Bedeutung sei, dass im Zeitpunkt der Entnahme eines der Kapitalkonten noch einen positiven Betrag ausweise.

8 dd) Eine Divergenz ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht. Denn das FG hat seiner Entscheidung keine abstrakten Rechtssätze zu Grunde gelegt, die mit tragenden Rechtsausführungen in den von der Klägerin bezeichneten BFH-Urteilen in BFHE 220, 472, BStBl II 2008, 676 und in BFH/NV 2008, 1142 nicht übereinstimmen. Vielmehr ist das FG ausdrücklich von den im BFH-Urteil in BFHE 220, 472, BStBl II 2008, 676 entwickelten Rechtsgrundsätzen —die insoweit mit denjenigen in BFH/NV 2008, 1142 übereinstimmen— ausgegangen (unter II.a der Entscheidungsgründe, Seite 11 f. der Urteilsreinschrift). Die Klägerin legt auch keine einander widersprechenden abstrakten Rechtssätze dar. Sie macht vielmehr eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das FG geltend, was jedoch für eine Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht ausreicht.

9 b) Die Revision ist auch nicht wegen eines qualifizierten Rechtsfehlers der angefochtenen Entscheidung, der im allgemeinen Interesse einer Korrektur durch das Revisionsgericht bedarf, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.

10 aa) Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung wird durch Mängel des angefochtenen Urteils nur dann gefährdet, wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen sind, dass sie das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen könnten, wenn sie nicht vom Rechtsmittelgericht korrigiert würden (, BFH/NV 2008, 1448, unter II.3. der Gründe, m.w.N.). Das ist nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsanwendungsfehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung der Fall. Eine bloße Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung genügt für die Zulassung der Revision dagegen nicht (BFH-Beschlüsse vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896, und vom X B 90/07, BFH/NV 2008, 610).

11 bb) Derartige offensichtliche Mängel hat die Klägerin weder geltend gemacht noch dargelegt.

12 2. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 1468 Nr. 9
HAAAE-13291