BGH Beschluss v. - 2 StR 46/12

Verfahrenshindernis in Strafsachen: Unwirksamkeit eines Eröffnungsbeschlusses bei unterbliebener Unterzeichnung durch einen Berufsrichter der Strafkammer; Heilung in der Revisionsinstanz

Gesetze: § 206a StPO, § 207 StPO, § 338 Nr 1 StPO

Instanzenzug: Az: 101 KLs 30/11 - 22 Js 373/11 - 81 Ss 5/12

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen Raubes in sieben Fällen, davon in sechs Fällen tateinheitlich mit vorsätzlicher Körperverletzung, sowie wegen versuchten Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat außerdem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Regelung über den Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe getroffen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Das Verfahren im Fall II.1 der Urteilsgründe war trotz Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch (vgl. ) nach Aufhebung der entsprechenden Verurteilung entsprechend § 206a StPO einzustellen, weil es insoweit an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt und deshalb ein in der Revisionsinstanz nicht behebbares Verfahrenshindernis vorliegt.

3Ein schriftlicher Eröffnungsbeschluss hinsichtlich der der Verurteilung im Fall II.1 zugrunde liegenden Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Köln vom findet sich nicht in den Akten. Auch ist nicht wirksam (konkludent) über die Verfahrenseröffnung im Beschluss der Kammer vom zur Verbindung mehrerer bei ihr anhängiger Verfahren entschieden worden. Denn an diesem Beschluss haben nur zwei - statt wie erforderlich drei - Berufsrichter mitgewirkt (vgl. BGH StV 2007, 562). Auf der Grundlage der dienstlichen Erklärungen von drei Berufsrichtern der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Köln ist allerdings davon auszugehen, dass die Kammer am durch diese drei Richter und damit in ordnungsgemäßer Besetzung die Eröffnung des Hauptverfahrens hinsichtlich der nachgereichten Anklageschrift vom beschlossen hatte, lediglich die schriftliche Abfassung dieser Entscheidung unterblieben war. Dieses Verfahren ersetzt jedoch nicht einen ordnungsmäßigen Eröffnungsbeschluss, zu dessen wesentlichen Förmlichkeiten die schriftliche Abfassung und die Unterzeichnung durch die mitwirkenden Richter gehört (BGH NStZ 1981, 448; s. auch BGH StV 2001, 457).

42. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.1 zieht ohne Weiteres die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Der Senat hebt auch die übrigen Einzelstrafen auf, um dem Tatrichter nach Wegfall der Einsatzstrafe aus dem Fall II.1 Gelegenheit zu einer insgesamt neuen Strafbemessung zu geben. Der Wegfall des Strafausspruchs bedingt im Übrigen die Aufhebung der Anordnung über den Vorwegvollzug der Strafe vor dem Maßregelvollzug.

Fischer                                                  Berger                                             Krehl

                          Eschelbach                                                Ott

Fundstelle(n):
AO-StB 2013 S. 27 Nr. 1
BAAAE-11673