BGH Beschluss v. - 3 StR 64/12

Betäubungsmitteldelikt: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bei Überlassung von Kokain zum Einkaufspreis

Gesetze: § 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG

Instanzenzug: Az: 11 KLs 14/11

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freispruch im Übrigen - wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen (Fälle I. 2. a, c, e und f der Urteilsgründe) sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Fälle I. 2. b und d der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. In den Fällen I. 2. e und f der Urteilsgründe tragen die Feststellungen nicht den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG).

3a) Der Angeklagte beabsichtigte, von unbekannt gebliebenen Lieferanten Kokain zu beziehen, das er teils selbst konsumieren, teils gewinnbringend an Dritte weiterveräußern wollte. Zur Erzielung eines günstigeren Einkaufspreises und zur Erhöhung seiner Gewinnspanne verabredete er am 26. und erneut am mit dem gesondert verfolgten S.      , für diesen 5 bzw. 15 Gramm Kokain mitzubestellen, die er nach Lieferung jeweils zum Einkaufspreis an S.      abgeben sollte. Zu Bestellungen kam es nicht.

4b) Erklärt sich der Täter gegenüber einer anderen Person ernsthaft bereit, bei einem Dritten Betäubungsmittel zu erwerben und diese sodann an den anderen weiterzuveräußern, entfaltet er zwar eine auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit. Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG setzt indes weitergehend auch eigennützige Motive des Täters voraus. Nicht eigennützig ist ein Umsatzgeschäft, das allein auf die Überlassung von Betäubungsmitteln zum Selbstkostenpreis oder Einstandspreis gerichtet ist (Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 316 mwN). Davon geht auch das Landgericht aus. Allerdings hält es die erforderliche Eigennützigkeit der Vereinbarungen mit S.      deshalb für gegeben, weil es dem Angeklagten darauf ankam, durch die so mögliche Bestellung größerer Mengen Kokains auch für sich selbst zu günstigeren Einkaufspreisen und höheren Verkaufsgewinnen zu gelangen.

5Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Ob der Täter im Sinne eines Handeltreibens nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG eigennützig handelt, ist bezogen auf das konkret in Frage stehende Umsatzgeschäft zu beurteilen. Es muss sich gerade aus diesem Umsatzgeschäft ein eigener Nutzen für den Täter ergeben (vgl. , NStZ 2004, 457); dass ihm aus den Umständen des Erwerbs der umzusetzenden Betäubungsmittel Vorteile erwachsen, genügt für sich alleine nicht (Weber aaO Rn. 317, 320 f.). Daher liegt kein Handeltreiben vor, wenn der Täter zur Erzielung eines günstigeren Einkaufspreises auch für andere Abnehmer einkauft und diesen die Betäubungsmittel dann zum Einkaufspreis überlässt (BGH, Beschlüsse vom - 2 StR 521/85, NJW 1986, 794; vom - 4 StR 172/84, StV 1984, 248; vom - 4 StR 98/92, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 33).

6So liegt der Fall hier. Aus den auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichteten Geschäften selbst, den mit S.      vereinbarten Beschaffungen von Kokain zum Selbstkostenpreis, versprach sich der Angeklagte keine Vorteile. Vielmehr dienten ihm diese Abreden lediglich der Schaffung günstigerer Voraussetzungen für den beabsichtigten gleichzeitigen Einkauf von Kokain zu eigenen Zwecken. Aus den Feststellungen ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte mit seinen Zusagen gewinnbringende Verkaufsgeschäfte des S.      gefördert haben könnte (§ 27 StGB).

7c) Auf der Grundlage der umfassenden Beweiswürdigung des Landgerichts schließt der Senat aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden können. Er spricht den Angeklagten deshalb (auch) insoweit frei.

82. Die aus den verbleibenden Einzelstrafen - sechs Monate Freiheitsstrafe sowie Geldstrafen in Höhe von einmal 90 und zweimal 60 Tagessätzen - neu zu bildende Gesamtstrafe setzt der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO auf das sich aus §§ 54, 39 StGB hier (zu den Ausnahmen , MDR 1995, 404) ergebende Mindestmaß von sechs Monaten und einer Woche Freiheitsstrafe fest.

9Ebenso holt der Senat hinsichtlich der vom Landgericht ausgesprochenen Geldstrafen die rechtsfehlerhaft unterbliebene Bestimmung der Tagessatzhöhen nach (vgl. hierzu bereits , BGHR StGB § 54 Abs. 3 Tagessatzhöhe 2) und setzt diese jeweils auf den Mindestbetrag von einem Euro fest (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB).

103. Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO (vgl. , Rpfleger 1996, 303).

Becker                                von Lienen                              Schäfer

                     Mayer                                     Hubert

Fundstelle(n):
QAAAE-10819