BAG Urteil v. - 7 AZR 756/09

Instanzenzug: Az: 23 Ca 7515/08 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 5 Sa 321/09 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob ihr letzter Arbeitsvertrag wirksam befristet wurde.

Die Beklagte beschäftigte den am geborenen Kläger über 25 Jahre als Flugbegleiter, zuletzt als Purser. Durch arbeitsvertragliche Verweisung gelten die Tarifverträge, an die die Beklagte gebunden ist, in ihrer jeweils geltenden Fassung. Der Manteltarifvertrag Nr. 1 für das Kabinenpersonal der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft vom idF vom (MTV Nr. 1 Kabine) lautet auszugsweise (wortgleich mit § 19 des mit Wirkung vom in Kraft getretenen Manteltarifvertrags Nr. 1b für das Kabinenpersonal der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft vom ):

Am vollendete der Kläger sein 55. Lebensjahr. Die Parteien schlossen in der Folgezeit entsprechend der in § 19 Abs. 2 Unterabs. 1 MTV Nr. 1 Kabine vorgesehenen Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu verlängern, mehrfach aufeinanderfolgende Arbeitsverträge über eine Beschäftigung in Teilzeit für den Zeitraum von jeweils einem Jahr. Der letzte Arbeitsvertrag vom lautet auszugsweise:

4Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum gewandt und verlangt, weiterbeschäftigt zu werden. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam. Die Altersgrenze von 60 Jahren in § 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 3 MTV Nr. 1 Kabine sei weder aus sicherheitstechnischen noch aus anderen Gründen sachlich gerechtfertigt. Auf § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG in der bis geltenden Fassung (aF) könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Bestimmung sei unionsrechtswidrig und dürfe nicht angewandt werden. Außerdem bestehe zwischen dem ursprünglichen unbefristeten Arbeitsvertrag und dem letzten befristeten Vertrag ein enger sachlicher Zusammenhang iSv. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

6Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die in § 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 3 MTV Nr. 1 Kabine bestimmte Altersgrenze sei wirksam. Die Altersgrenze sei sachlich gerechtfertigt, weil sie dem Schutz von Leben und Gesundheit der Besatzungsmitglieder und der Passagiere diene. Unabhängig davon seien die Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF erfüllt. Das Vorbeschäftigungsverbot in § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF stehe dem nicht entgegen. Der Wortlaut der Vorschrift sei eindeutig. Danach müsse ein sachlicher Zusammenhang mit einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag gegeben sein. Der Kläger sei jedoch schon vor der letzten Befristung befristet beschäftigt gewesen. Auch ein Arbeitsverhältnis mit einer Altersgrenze sei befristet.

7Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Der Rechtsstreit ist in der Revisionsinstanz einige Zeit nicht betrieben worden, weil der Senat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (heute: Gerichtshof der Europäischen Union, im Folgenden Gerichtshof oder EuGH) in der Sache - 7 AZR 253/07 (A) - mit Beschluss vom (BAGE 128, 134) um Vorabentscheidung über die Fragen ersucht hat:

Der Gerichtshof hat mit Urteil vom (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] EzA TzBfG § 14 Nr. 69) die zweite und die dritte Frage in der Weise beantwortet,

Der Gerichtshof hat ferner erkannt, in Anbetracht der Antwort auf die zweite und die dritte Frage brauche die erste Frage nicht beantwortet zu werden.

Gründe

11Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Befristungskontrollklage zu Unrecht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom vereinbarten Befristung am . Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt. Für die in § 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 3 MTV Nr. 1 Kabine enthaltene Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal gibt es keinen sachlichen Grund. Die Befristung ist auch nicht sachgrundlos nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF gerechtfertigt. Es kann dahinstehen, ob diese Bestimmung unionsrechtskonform ist. Ihrer Anwendbarkeit steht hier bereits § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF entgegen. Der nach dieser Vorschrift erforderliche enge sachliche Zusammenhang besteht auch, wenn zwischen einem früheren unbefristeten Arbeitsvertrag und dem letzten befristeten Arbeitsvertrag mehrere, sich nahtlos aneinander anschließende befristete Arbeitsverträge lagen. Das ergibt die unionsrechtskonforme Auslegung der Bestimmung. Unbefristet iSv. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF sind Arbeitsverträge auch dann, wenn sie auf unbestimmte Zeit geschlossen, aber mit kollektivrechtlichen, an ein fortgeschrittenes Lebensalter anknüpfenden Altersgrenzen verbunden sind. Danach besteht im Streitfall ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem - trotz der Altersgrenze - unionsrechtskonform als unbefristet auszulegenden Vertrag, der bis als dem Ende des Monats bestand, in dem der Kläger das 55. Lebensjahr vollendete, und dem letzten befristeten Vertrag vom . Über den Weiterbeschäftigungsantrag hat der Senat nicht zu entscheiden.

12A. Die in zulässiger Weise schon vor dem Ende der Befristung erhobene Befristungskontrollklage iSv. § 17 Satz 1 TzBfG ist begründet. Die Befristung ist weder durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt noch als sachgrundlose Befristung wirksam.

13I. Für die Befristung des Arbeitsverhältnisses besteht kein sachlicher Grund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG.

141. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegen tarifliche Regelungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund von Befristungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle. Dazu gehören auch tarifliche Altersgrenzen (vgl.  - Rn. 26 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 77 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 10; - 7 AZR 1021/08 - Rn. 15 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8). Auch tarifliche Altersgrenzen müssen deshalb durch einen Sachgrund gerechtfertigt werden, um wirksam zu sein (vgl.  - aaO).

152. Für die in § 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 3 MTV Nr. 1 Kabine enthaltene Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal gibt es keinen sachlichen Grund. Der Senat hat das in seinem Vorlagebeschluss vom (- 7 AZR 253/07 (A) - Rn. 18 bis 22, BAGE 128, 134) im Einzelnen ausgeführt und mit Urteil vom bestätigt (- 7 AZR 1021/08 - Rn. 14 bis 24, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8). Daran hält der Senat fest. Das Ziel, ein Sicherheitsrisiko zu vermeiden, kann eine tarifliche Altersgrenze sachlich rechtfertigen. Bei der Beurteilung des Sicherheitsrisikos haben die Tarifvertragsparteien zwar einen von den Gerichten zu beachtenden Einschätzungsspielraum. Bei der Altersgrenze des § 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 3 MTV Nr. 1 Kabine haben sie diesen Spielraum aber überschritten. Beim Einsatz von Kabinenpersonal besteht kein annähernd vergleichbares Risiko für die Sicherheit des Flugverkehrs wie beim Einsatz des Cockpitpersonals, für das der Senat in der Vergangenheit eine Altersgrenze von 60 Jahren für sachlich gerechtfertigt hielt. Fälle, in denen der altersbedingte Ausfall eines Flugbegleiters andere Menschen in ernste Gefahr bringen könnte, sind derart unwahrscheinlich, dass sie nicht geeignet sind, eine generelle Altersgrenze von 60 Jahren zu rechtfertigen (vgl.  - aaO; - 7 AZR 253/07 (A) - Rn. 14 bis 22 mwN, aaO). Die Altersgrenze ist auch nicht deswegen gerechtfertigt, weil das Kabinenpersonal Ansprüche aus einer tariflich geregelten Übergangsversorgung erwerben kann. Eine Übergangsversorgung ist allenfalls geeignet, eine an sich sachlich gerechtfertigte Altersgrenze als „noch eher“ zumutbar erscheinen zu lassen (vgl.  - Rn. 23 mwN, aaO).

16II. Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF gerechtfertigt. Die unionsrechtskonforme Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF führt dazu, dass sich die Beklagte nicht auf die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF berufen kann.

171. Die Vereinbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF mit dem Unionsrecht ist nicht abschließend geklärt. Wie sich aus den im Vorlagebeschluss vom (- 7 AZR 253/07 (A) - BAGE 128, 134) formulierten Fragen und ihrer Begründung ergibt, hatte der Senat Zweifel daran, ob § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF mit Art. 1, 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom S. 16, Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie) sowie mit § 5 Abs. 1 der durch die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom durchgeführten EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. EG L 175 vom S. 43, Rahmenvereinbarung) zu vereinbaren ist. Diese Zweifel sind durch das Urteil des Gerichtshofs vom (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] EzA TzBfG § 14 Nr. 69) nicht vollständig ausgeräumt. Die Entscheidung beantwortet nicht abschließend, ob § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF unionsrechtskonform ist. Der Gerichtshof hat vielmehr für Recht erkannt, § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung sei dahin auszulegen, dass der Begriff „enger sachlicher Zusammenhang zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber“ in § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF auf bestimmte - näher beschriebene - Sachverhalte anzuwenden sei.

182. Der Senat kommt nach erneuter Prüfung unter Berücksichtigung des Vorlagebeschlusses vom (- 7 AZR 253/07 (A) - BAGE 128, 134) zu der Beurteilung, dass es letztlich nicht darauf ankommt, ob § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF unionsrechtskonform ist, weil der Anwendung der Vorschrift im Streitfall § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF entgegensteht. Der nach dieser Bestimmung erforderliche „enge sachliche Zusammenhang“ besteht auch dann, wenn zwischen dem früheren unbefristeten Arbeitsvertrag und dem letzten befristeten Vertrag mehrere sich nahtlos aneinander anschließende befristete Verträge lagen. Soweit dem Vorlagebeschluss vom (- 7 AZR 253/07 (A) - Rn. 27, aaO) etwas anderes entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest. Der Annahme eines vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrags iSv. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF steht es nicht entgegen, wenn für den früheren, auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag eine kollektivrechtliche Altersgrenze bestand, die an ein fortgeschrittenes Lebensalter anknüpfte.

19a) Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags keines sachlichen Grundes, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hat. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF bestimmt, dass die Befristung nicht zulässig ist, wenn mit einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang ist nach § 14 Abs. 3 Satz 3 TzBfG aF insbesondere anzunehmen, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten liegt. Auch bei einem zeitlich sehr viel längeren Abstand besteht ein enger sachlicher Zusammenhang zu dem früheren unbefristeten Arbeitsvertrag iSv. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF, wenn während der gesamten Zeit das ursprüngliche Arbeitsverhältnis für dieselbe Tätigkeit und mit demselben Arbeitgeber durch eine ununterbrochene Folge befristeter Verträge fortgeführt wurde. Das ergibt die unionsrechtskonforme Auslegung von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF.

20aa) Der Wortlaut des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF steht einem solchen weiten Verständnis der Bestimmung nicht entgegen.

21(1) Der Begriff „vorhergehend“ ließe zwar auch ein Verständnis zu, wonach der enge sachliche Zusammenhang zu einem unmittelbar vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag bestehen müsste. Zwingend ist das aber nicht. Vom Wortlaut ist auch ein Verständnis gedeckt, das einen vorhergehenden Vertrag auch dann bejaht, wenn zwischen ihm und dem letzten Vertrag noch andere Verträge liegen (ebenso zu § 1 Abs. 3 Satz 1 BeschFG 1996  - zu B V 3 b der Gründe, BAGE 95, 186).

22(2) Auch die Gesetzesformulierung „enger sachlicher Zusammenhang“ zwingt zu keinem bestimmten Verständnis. Wie der Senat zu der entsprechenden Formulierung des früheren § 1 Abs. 3 Satz 1 BeschFG 1996 ausgeführt hat, kann eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich sein (vgl. nur  - zu II 2 a der Gründe mwN, BAGE 97, 317). Ein enger sachlicher Zusammenhang ist begrifflich jedenfalls nicht ausgeschlossen, wenn zwischen dem letzten Arbeitsvertrag, der der Befristungskontrolle unterliegt, und dem unbefristeten Arbeitsvertrag, der das Vorbeschäftigungsverbot auslöst, mehrere Jahre liegen, in denen der Arbeitnehmer jeweils mit im Wesentlichen unveränderten Arbeitsbedingungen befristet beschäftigt war.

23bb) Die Gesetzessystematik verbietet ein weites Verständnis von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF ebenfalls nicht. Aus § 14 Abs. 3 Satz 3 TzBfG aF folgt nicht, dass ein enger sachlicher Zusammenhang iSv. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF immer dann auszuschließen ist, wenn der Zeitraum zwischen den Verträgen deutlich mehr als sechs Monate beträgt. Zum einen regelt § 14 Abs. 3 Satz 3 TzBfG aF ausdrücklich nur den umgekehrten Fall, in dem sich der zeitliche Abstand auf weniger als sechs Monate beläuft. Zum anderen hat die Norm ersichtlich in erster Linie Fallgestaltungen im Auge, in denen zwischen den Verträgen keine Zeit der Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber lag.

24cc) Auch aus der Gesetzesgeschichte lassen sich keine zwingenden Schlussfolgerungen für die Auslegung von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF gewinnen.

25dd) Entscheidend für die Auslegung sind unionsrechtliche Gesichtspunkte. Der Senat schließt sich den Erwägungen des Gerichtshofs im Urteil vom an (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] Rn. 40 bis 49, EzA TzBfG § 14 Nr. 69).

26(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die nationalen Gerichte das innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der fraglichen Richtlinie unionsrechtskonform auslegen, um das in ihr festgestellte Ergebnis zu erreichen und damit der Pflicht aus Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. für die st. Rspr.  - [Deutsche Lufthansa] Rn. 52, EzA TzBfG § 14 Nr. 69; noch zu Art. 249 Abs. 3 EG - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 60, Slg. 2009, I-6653; - C-397/01 bis C-403/01 - [Pfeiffer] Rn. 113, Slg. 2004, I-8835). Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung verlangt, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der danach anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt (vgl.  - [Deutsche Lufthansa] Rn. 55, aaO; - C-378/07 bis C-380/07 - [Angelidaki] Rn. 200 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die unionsrechtskonforme Auslegung darf allerdings nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl.  - [Deutsche Lufthansa] Rn. 54, aaO; - C-378/07 bis C-380/07 - [Angelidaki] Rn. 199, aaO). Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens urteilt der Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 AEUV nur über die Auslegung des Unionsrechts. Er ist nicht befugt, durch Vorabentscheidung über die Auslegung innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu befinden (vgl. und C-160/10 - [Fuchs] Rn. 30 mwN, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 20). Die Entscheidungen des Gerichtshofs sind nicht verbindlich, wenn der EuGH seine Kompetenz offensichtlich überschreitet und dieser Verstoß im Hinblick auf das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung sowie die rechtsstaatliche Gesetzesbindung erheblich ins Gewicht fällt (vgl.  - [Honeywell] Rn. 61, BVerfGE 126, 286).

27(2) Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF ist geboten und möglich. Der Senat stimmt den Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil vom zu (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] EzA TzBfG § 14 Nr. 69).

28(a) Der Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] EzA TzBfG § 14 Nr. 69) seine Kompetenzen nicht überschritten. Indem er entschieden hat, das Unionsrecht verlange notwendig eine bestimmte Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF, hat er nicht das nationale Recht, sondern das Unionsrecht ausgelegt. Der Umstand, dass das Vorabentscheidungsersuchen des Senats nicht auf die Beantwortung dieser Frage gerichtet war, lässt keine offensichtliche Kompetenzüberschreitung des Gerichtshofs erkennen.

29(b) Nach der Beurteilung des Gerichtshofs führt § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF dazu, dass das soziale Schutzniveau für ältere Arbeitnehmer gesenkt wird, indem ihnen alle Schutzmaßnahmen vorenthalten werden, die in § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung genannt sind und einen missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge verhindern sollen (vgl.  - [Deutsche Lufthansa] Rn. 40 f., EzA TzBfG § 14 Nr. 69). § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF ist die einzige Begrenzung der durch § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF eröffneten Möglichkeit, bei Personen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, eine unbeschränkte Zahl aufeinanderfolgender sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge abzuschließen (vgl.  - [Deutsche Lufthansa] Rn. 48, aaO). Um den Anwendungsbereich dieser einzigen Beschränkung nicht zu begrenzen, ist es unionsrechtlich geboten, einen „engen sachlichen Zusammenhang“ iSv. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF auch in Fällen anzunehmen, in denen zwischen dem letzten befristeten und dem früheren unbefristeten Vertrag ein Zeitraum von mehreren Jahren liegt, sofern während dieser gesamten Zeit das ursprüngliche Arbeitsverhältnis für dieselbe Tätigkeit mit demselben Arbeitgeber durch eine ununterbrochene Folge befristeter Verträge fortgeführt wurde (vgl.  - [Deutsche Lufthansa] Rn. 57, aaO). Eine andere Auslegung liefe der Zielsetzung der Rahmenvereinbarung und ihres § 5 Nr. 1 zuwider, die darin besteht, Arbeitnehmer gegen unsichere Beschäftigungsverhältnisse zu schützen und Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder Arbeitsverhältnisse zu verhindern (vgl.  - [Deutsche Lufthansa] Rn. 50, aaO).

30(c) Dem schließt sich der Senat an.

31b) Der Annahme eines früheren unbefristeten Arbeitsvertrags iSv. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF steht es nicht entgegen, wenn für den auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag eine kollektivrechtliche, an ein fortgeschrittenes Lebensalter anknüpfende Altersgrenze gilt. Solche Arbeitsverhältnisse haben den Charakter von „konsolidierten Normalarbeitsverhältnissen“. Die Arbeitsverträge werden häufig als „auf unbestimmte Zeit geschlossen“ bezeichnet, ohne dass damit die Altersgrenze abbedungen wäre (vgl.  - Rn. 19 bis 23 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 77 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 10). ISv. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF sind sie „unbefristet“. Auch das folgt aus der Auslegung der Vorschrift. Der Senat unterwirft tarifliche Altersgrenzen zwar in ständiger Rechtsprechung der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle (vgl.  - Rn. 26 mwN, aaO; - 7 AZR 1021/08 - Rn. 15 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8). Das bedeutet aber nicht, dass alle mit einer tariflichen Altersgrenze verbundenen Arbeitsverträge dem Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF entzogen wären. Sonst verlöre diese Regelung weitgehend ihren Anwendungsbereich. Das wäre mit ihrer unionsrechtlich gebotenen Funktion kaum vereinbar, die § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF beschränkt. Jedenfalls wäre ein solches Verständnis des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF ohne ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen nicht möglich. Im Übrigen würde die Befristungskontrolle in einer Weise verschränkt, die mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit und Praktikabilität kaum vereinbar wäre. In Fällen, in denen ein Vertrag mit einer Altersgrenze - etwa von 60 oder 65 Jahren - während seiner Laufzeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres durch einen nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF befristeten Vertrag abgelöst würde, müsste bei dessen Überprüfung inzident die Wirksamkeit der früher vereinbarten, erst zu einem späteren Zeitpunkt wirkenden Altersgrenze überprüft werden.

323. Aufgrund dieser Erwägungen endete das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht am . Die Voraussetzungen einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF sind erfüllt. Im Zeitpunkt des am zuletzt geschlossenen befristeten Arbeitsvertrags hatte der Kläger bereits das 58. Lebensjahr vollendet. Die Befristung ist wegen des Vorbeschäftigungsverbots in § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF dennoch unzulässig. Zu dem vorhergehenden Arbeitsverhältnis, das nach Erreichen der Altersgrenze von 55 Jahren am endete, besteht ein enger sachlicher Zusammenhang. Dieser Zusammenhang ist dadurch hergestellt, dass der Kläger ab aufgrund verschiedener befristeter Arbeitsverträge weiterbeschäftigt war. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis war iSv. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF unbefristet. Dafür ist es unschädlich, dass § 19 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 MTV Nr. 1 Kabine, der durch arbeitsvertragliche Verweisung gilt, eine Altersgrenze von 55 Jahren vorsieht.

33B. Der Klageantrag zu 2. fällt nicht zur Entscheidung des Senats an. Mit diesem Antrag macht der Kläger den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Weiterbeschäftigungsanspruch für die Dauer des Rechtsstreits geltend (vgl.  - zu C der Gründe, BAGE 48, 122). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nach dem Antragswortlaut verlangt, „beschäftigt“ zu werden. Er macht gleichwohl nicht den allgemeinen Beschäftigungsanspruch, sondern den allgemeinen, auf die Dauer des Rechtsstreits beschränkten Weiterbeschäftigungsanspruch geltend, wie er in der Revisionsbegründung ausgeführt hat. Der Rechtsstreit ist mit der Verkündung der Entscheidung des Senats über den Befristungskontrollantrag rechtskräftig abgeschlossen (st. Rspr., vgl.  - Rn. 25, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8).

C. Die Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Fundstelle(n):
VAAAE-10800