Abweisung eines Sachurteils durch Prozessurteil als Verfahrensmangel; Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde
Gesetze: FGO § 47 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
1 I. Mit Urteil vom wies das Finanzgericht (FG) die Klage der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 ab. In den Entscheidungsgründen heißt es zunächst: „Die Klage ist unzulässig.” Nach Auffassung des FG haben die Kläger die am beim FG eingegangene Klage verspätet erhoben. Die Klagefrist habe am geendet.
2 In den Entscheidungsgründen führt das FG ferner aus: „Die Klage ist aber auch nicht begründet.” Insoweit verweist das FG im Wesentlichen auf die Ausführungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) in den Einspruchsentscheidungen.
3 Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger geltend, das angefochtene Urteil leide „an einem offensichtlichen schweren Verfahrensfehler” gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Klage sei am beim FA angebracht und damit rechtzeitig erhoben worden (§ 47 Abs. 2 FGO). Dies sei aktenkundig. Die vom FG gerügte Verfristung sei auch zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung gewesen. Das FG hätte die Klage nicht als unzulässig verwerfen dürfen.
4 Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten. Es vertritt zwar die Auffassung, dass entsprechend § 47 Abs. 2 FGO die Klage fristgerecht erhoben worden sei. Das FG habe aber letztlich mit Sachurteil entschieden und dies zu Recht.
5 II. Die Beschwerde ist erfolglos.
6 Weist das FG die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil als unzulässig ab, statt zur Sache zu entscheiden, liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ein Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor (Beschlüsse vom VIII B 12/10, BFH/NV 2010, 1846; vom II B 141/10, BFH/NV 2011, 1006; vom II B 55/10, BFH/NV 2011, 295; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 80; Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler —HHSp—, § 115 FGO Rz 234; jeweils m.w.N.).
7 Im Streitfall muss nicht abschließend entschieden werden, ob das FG die Zulässigkeitsfrage unrichtig beurteilt hat. Denn unabhängig davon kann die Nichtzulassungsbeschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben, weil das FG die Klage zugleich als unbegründet angesehen hat, diese Annahme die angefochtene Entscheidung eigenständig trägt und ihr gegenüber keine Gründe für eine Zulassung der Revision dargelegt worden sind (, juris; Lange in HHSp, § 95 FGO Rz 34, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 1157 Nr. 7
JAAAE-09674