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Grundlagen - Stand: 08.11.2021

Öffentlicher Glaube und Rechtsscheinhaftung

Dr. Hansjörg Haack, LL.M.

Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.

I. Definition öffentlicher Glaube und Rechtsschein

Das Handelsregister genießt öffentlichen Glauben, ähnlich wie das Grundbuch. Der öffentliche Glaube dient der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs. Das Handelsrecht sieht eine dreifach gestaffelte Publizitätswirkung des Handelsregisters vor. Grundsätzlich wirkt der Registerinhalt für und gegen Dritte. Dritte müssen richtig eingetragene und bekannt gemachte Tatsachen gegen sich gelten lassen. Ferner brauchen Dritte mit Tatsachen, die trotz Eintragungspflicht nicht eingetragen und bekannt gemacht worden sind, nicht zu rechnen. Schließlich können sich Dritte ausnahmsweise sogar auf die Richtigkeit der Eintragungen und Bekanntmachungen verlassen. Die zuletzt genannte Konstellation ist ein echter Fall der Rechtsscheinhaftung. Die allgemeinen Grundsätze der Rechtsscheinhaftung sind somit anwendbar.

II. Einzutragende Tatsachen

Die in das Handelsregister einzutragenden Tatsachen untergliedern sich in deklaratorische und konstitutive Eintragungen. Im Falle deklaratorischer Eintragungen, die am häufigsten vorkommen, gilt der öffentliche Glaube des Handelsregisters erst ab Eintragung und Bekanntmachung der Tatsache.

Beispiel: Auf die Eigenschaft als Kaufmann kann sich der Betroffene erst nach seiner Eintragung im Handelsregister berufen, es sei denn, dem anderen war die Kaufmannseigenschaft bereits bekannt. Dies gilt ebenso in Fällen der Prokuraerteilung oder des Eintritts als Gesellschafter.

Im Falle konstitutiver Eintragungen kommt bereits zwingend vor Eintragung keine Wirkung gegen Dritte in Betracht, da die Rechtswirkungen erst infolge der Eintragung entstehen.

Beispiel: Ein Kannkaufmann gewährt vor Eintragung und Bekanntmachung ein Darlehen an einen Dritten, der von der Eintragung nichts weiß. In diesem Falle bestimmen sich die Zinsen für das Darlehen nach den Vorschriften des BGB und nicht des HGB.

III. Publizitätswirkungen

1. Nicht eingetragene und bekannt gemachte Tatsachen

Unter negativer Publizität des Handelsregisters wird die Wirkung von Tatsachen verstanden, die im Handelsregister einzutragen sind, aber im maßgebenden Zeitpunkt entweder noch nicht eingetragen oder zwar eingetragen, aber noch nicht bekannt gemacht sind.

Beispiel: Erlöschen einer Prokura, Auflösung einer Gesellschaft, Ausscheiden eines Gesellschafters, Entziehung der Vertretungsmacht eines Gesellschafters.

Zur Wirkung der einzutragenden Tatsache gegen Dritte ist grundsätzlich ihre Eintragung und ihre Bekanntmachung, die das Gericht unverzüglich zu veranlassen hat, erforderlich. Eine Ausnahme gilt, wenn der Dritte die einzutragende Tatsache bereits kennt.

In Fällen der negativen Publizität des Handelsregisters kann derjenige, „in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war”, sie ohne Eintragung und Bekanntmachung Dritten nicht entgegenhalten.

Beispiel: Der Geschäftsinhaber kann das Erlöschen der Prokura dem Geschäftspartner nicht entgegenhalten; der ehemalige Gesellschafter gilt trotz zwischenzeitlich erfolgter Auflösung der Gesellschaft oder trotz seines zwischenzeitlichen Ausscheidens als Gesellschafter fort; der ehemalige Geschäftsinhaber kann sich nicht auf die zwischenzeitliche Abgabe des Geschäfts berufen.

Auf Zurechenbarkeit oder Veranlassung kommt es in diesen Fällen nicht an, es gilt vielmehr ein reines Rechtsscheinprinzip. Auf diese Art und Weise soll dem Verkehrsschutz Vorrang eingeräumt werden. Umgekehrt braucht sich auch der Dritte nicht eingetragene bzw. bekanntgemachte Tatsachen nicht entgegenhalten zu lassen, es sei denn, er hatte Kenntnis davon. Diese positive Kenntnis muss allerdings der Gegner dem Dritten beweisen.

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