Wert einer Beseitigungsklage gegen das Abstellen von Mülltonnen auf einem Nachbargrundstück; Rechtsbeschwerde gegen die Streitwertbemessung durch das Berufungsgericht
Gesetze: § 3 ZPO, § 9 ZPO, § 511 ZPO
Instanzenzug: LG Oldenburg (Oldenburg) Az: 16 S 186/10vorgehend AG Oldenburg (Oldenburg) Az: 4 C 4282/09 (IV)
Gründe
I.
1Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Der Kläger verlangte von den Beklagten, die auf seinem Grundstück von den Mietern der Beklagten abgestellten Mülltonnen zu entfernen. Außerdem beansprucht er die Zahlung einer "angemessenen Rente" für einen Überbau der Beklagten auf seinem Grundstück. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger den Beseitigungsantrag für erledigt erklärt, da die Mülltonnen zwischenzeitlich entfernt seien. Die Überbaurente hat er auf jährlich 54 € beziffert. Das Landgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Nachdem der Senat diese Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen hatte, hat es die Berufung erneut als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
II.
2Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der für die Zulässigkeit der Berufung notwendige Wert des Beschwerdegegenstandes von 600 € nicht erreicht. Hinsichtlich des Antrags auf Zahlung einer Überbaurente betrage die Beschwer des Klägers 189 € (§ 9 ZPO). Sein Interesse an der Beseitigung der Mülltonnen sei mit allenfalls 400 € zu bewerten. Beeinträchtigungen durch Lärm und Geruch sei er auch durch seine eigenen Mülltonnen ausgesetzt. Tatsachen für eine bedeutende Beeinträchtigung seines Eigentums, auch im Sinne eines Wertverlustes seines Grundstücks, habe der Kläger nicht mitgeteilt.
III.
3Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig; die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erfordert nicht eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Berufungsgericht durch die Festsetzung der Beschwer den Zugang zu der Berufungsinstanz unzumutbar erschwert hat.
41. Gegen die rechtsfehlerfreie Bewertung seines Antrags auf Zahlung einer Überbaurente (§ 9 ZPO) erhebt der Kläger keine Einwendungen.
52. Auch die Bewertung des Interesses des Klägers an der Entfernung der Mülltonnen mit 400 € ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
6a) Die Erledigung "zwischen den Instanzen" lässt die Beschwer des Klägers durch das seine Beseitigungsklage abweisende Urteil nicht entfallen. Das Erfordernis der Beschwer ist grundsätzlich nach dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung zu beurteilen, so wie sie sich im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung darstellt (vgl. , NJW-RR 92, 1032, 1033; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., Vor § 511 Rn. 25; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91a Rn. 60; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., Grundz § 511, Rn. 18; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a, Rn. 38).
7b) Der Wert einer Beseitigungsklage wird allgemein durch das Interesse des Klägers an der Beseitigung bestimmt (Schneider, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rn. 1017). Dieses bemisst sich bei der Störung von Grundeigentum grundsätzlich nach dem Wertverlust, den die Sache durch die Störung erleidet (, NJW 2006, 2639, 2640). Danach ist die Bewertung des Interesses des Klägers an der Entfernung der Mülltonnen mit 400 € nicht zu beanstanden.
8Zu Recht rügt die Beschwerde zwar, dass das Berufungsgericht die Beeinträchtigung des Klägers deshalb als gering angesehen hat, weil er schon durch seine eigenen Mülltonnen Lärm- und Geruchsbelästigungen ausgesetzt sei. Hierauf durfte das Berufungsgericht seine Rechtsauffassung nicht stützen, ohne den Prozessbeteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen, wenn es sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollte, eine Überraschungsentscheidung zu treffen (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 200/06, NJW-RR 2007, 1221 Rn. 5, 11); denn zu den Mülltonnen des Klägers fehlt jeglicher Sachvortrag der Parteien.
9Diese rechtsfehlerhafte Vorgehensweise des Berufungsgerichts ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn es stützt die Bewertung des Beseitigungsinteresses des Klägers mit allenfalls 400 € maßgeblich darauf, dass er keine Tatsachen vorgetragen habe, die auf ein höheres Interesse hindeuteten. Rechtsfehlerfrei weist es darauf hin, dass sich aus dem von dem Kläger eingereichten Foto, auf dem die Mülltonnen der Beklagten abgebildet sind, und aus dessen sonstigem Vortrag nicht auf eine bedeutende Beeinträchtigung seines Eigentums schließen lasse. Dem steht das Vorbringen des Klägers zu der mit der Befüllung und Entleerung von Mülltonnen allgemein einhergehenden Geruchs- und Lärmbelästigung nicht entgegen. Denn er führt nicht aus, wie sich die Geruchs- und Lärmbelästigung - etwa aufgrund des Standorts der Mülltonnen und der baulichen Situation des Hauses - im konkreten Fall auswirkt. Auch seinen Hinweis auf eine optische Beeinträchtigung seines Eigentums hat der Kläger nicht näher konkretisiert. Zu Recht geht das Berufungsgericht daher davon aus, dass Anhaltspunkte für eine besondere Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers, die zu einer höheren Bewertung seines Beseitigungsinteresses führten, nicht vorliegen.
IV.
10Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Stresemann Czub
Brückner Weinland
Fundstelle(n):
YAAAE-07848