Mitbestimmung bei Eingruppierung - Zuordnung zum NV Bühne - Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit
Gesetze: § 99 Abs 1 S 1 BetrVG, § 99 Abs 1 S 2 BetrVG, § 101 BetrVG
Instanzenzug: Az: 13 BV 30/08 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg Az: 6 TaBV 8/09 Beschluss
Gründe
1A. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Betriebsrat bei der Zuordnung zum Normalvertrag Bühne (NV Bühne) ein Mitbestimmungsrecht zusteht, wenn die Arbeitgeberin mit einem Arbeitnehmer der in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne genannten Berufsgruppen vereinbart, dass er überwiegend künstlerisch tätig ist.
Die Arbeitgeberin betreibt in H ein Theater mit regelmäßig mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern. Für den Betrieb ist der antragstellende Betriebsrat errichtet. Im Betrieb findet entweder der NV Bühne oder der Tarifvertrag für die arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e. V. (TV-AVH) Anwendung. Vom Geltungsbereich des TV-AVH sind nach dessen § 1 das künstlerische Theaterpersonal und das technische Theaterpersonal mit überwiegend künstlerischer Tätigkeit ausgenommen. In § 1 Abs. 1 und Abs. 3 NV Bühne vom ist geregelt:
3Für Bühnentechniker bestimmt § 67 Abs. 1 Unterabs. 1 NV Bühne, dass im Arbeitsvertrag eine Gage zu vereinbaren ist, die seit mindestens 1.600,00 Euro monatlich beträgt. Gestufte Vergütungsordnungen sieht der NV Bühne nur für die Bereiche Chor und Tanz vor.
4Die Arbeitgeberin vereinbarte mit dem Meister für Veranstaltungstechnik M, der Veranstaltungstechnikerin P und dem Veranstaltungstechniker S in ihren Arbeitsverträgen jeweils die Anwendung des NV Bühne und „eine überwiegend künstlerische Tätigkeit“. Die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer M und P waren zunächst bis befristet. Die Befristungen wurden über diesen Zeitpunkt hinaus verlängert. Alle drei Arbeitsverhältnisse bestehen fort. Die vereinbarte Vergütung entsprach bezogen auf eine Vollzeitstelle der Mindestgage des § 67 Abs. 1 Unterabs. 1 NV Bühne oder überstieg diesen Mindestbetrag.
5Die Arbeitgeberin beteiligte den Betriebsrat bei der Einstellung der drei Arbeitnehmer. Das geschah bei Herrn M unter dem , bei Frau P unter dem und bei Herrn S unter dem . Im Rahmen der Unterrichtung zu den Personalmaßnahmen teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat jeweils mit, die drei Arbeitnehmer sollten „auf Basis/in NV Bühne“ beschäftigt werden. Der Betriebsrat stimmte den Einstellungen zu, verweigerte aber schriftlich die Zustimmung zu den Eingruppierungen unter dem für Herrn M, unter dem für Frau P und unter dem für Herrn S. Der Betriebsrat verwies auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 BetrVG. Die Arbeitnehmer fielen aus seiner Sicht nicht in den Geltungsbereich des NV Bühne, sondern in den des TV-AVH.
6Die Arbeitgeberin führte die Maßnahmen ohne weitere Beteiligung des Betriebsrats durch.
7Mit dem von ihm am eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat das Ziel verfolgt, der Arbeitgeberin aufzugeben, für die Eingruppierungen der drei betroffenen Arbeitnehmer das Zustimmungsersetzungsverfahren des § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen. Bei der Beurteilung, ob anstelle des TV-AVH der NV Bühne zur Anwendung komme, handle es sich um eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,
9Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge des Betriebsrats abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die einzelvertragliche Vereinbarung des NV Bühne mit überwiegend künstlerisch tätigen Bühnentechnikern sei keine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung. Für die Arbeitnehmer M, P und S bestünden schon keine zwei einschlägigen kollektiven Vergütungsordnungen, weil die Arbeitgeberin den TV-AVH in den Zeitpunkten der Vertragsschlüsse und zuvor nur auf Gewerkschaftsmitglieder angewandt habe. Der NV Bühne enthalte für überwiegend künstlerisch tätiges Personal keine Vergütungsordnung mit mehr als einer Vergütungsgruppe. Eine Eingruppierung setze ein aus mindestens zwei Vergütungsgruppen bestehendes Entgeltschema voraus. Soweit sie den NV Bühne arbeitsvertraglich in Bezug nehme, handle es sich nicht um die Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe, sondern um eine freie Vereinbarung.
10Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihnen auf die Beschwerde des Betriebsrats stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
11B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats zu Recht stattgegeben. Der Betriebsrat hat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin nach der bereits erfolgten Verweigerung seiner Zustimmung zu den Eingruppierungen der drei betroffenen Arbeitnehmer in den NV Bühne das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchführt. Die Entscheidungen der Arbeitgeberin, die drei Arbeitnehmer dem NV Bühne zuzuordnen, sind mitbestimmungspflichtige Eingruppierungen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Die Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge der Arbeitnehmer M und P erforderte keine neuen Eingruppierungen der beiden Arbeitnehmer, die der Mitbeurteilung des Betriebsrats unterlägen.
12I. Die Anträge sind zulässig.
131. Wie die gebotene Auslegung ergibt, berühmt sich der Betriebsrat keines Mitbestimmungsrechts bei der einzelvertraglichen Vereinbarung. Es geht ihm auch nicht darum, eine bestimmte andere Eingruppierungsentscheidung der Arbeitgeberin herbeizuführen. Er will lediglich an der von der Arbeitgeberin vorgenommenen Zuordnung der Arbeitnehmer zum NV Bühne nach § 99 BetrVG durch Mitbeurteilung beteiligt werden. Der Betriebsrat nimmt an, dass die Arbeitgeberin seine Zustimmung zu den Eingruppierungen bereits beantragt hat und deshalb aufgrund der von ihm verweigerten Zustimmung verpflichtet ist, das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten.
142. Mit diesem Verständnis sind die Anträge des Betriebsrats hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Eine ihnen stattgebende Entscheidungsformel kann nach § 85 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 ArbGG iVm. § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO vollstreckt werden (vgl. - Rn. 13 mwN, BAGE 130, 286). Die Anträge entsprechen den Formulierungen, die das Bundesarbeitsgericht in ähnlich gelagerten Fällen hinsichtlich des Zustimmungsersetzungsverfahrens für sachdienlich gehalten hat (vgl. etwa - aaO; - 1 ABR 37/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 112, 238). Wird den Anträgen stattgegeben, hat die Arbeitgeberin das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten (vgl. - Rn. 11, ZTR 2011, 513).
15II. Die Anträge sind begründet. Ihr Erfolg beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 101 BetrVG. Der Betriebsrat kann von der Arbeitgeberin die Beteiligung an der Zuordnung der drei betroffenen Arbeitnehmer zum NV Bühne verlangen. Dabei handelt es sich um Eingruppierungen, die nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig sind. Die einzelvertragliche Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit mit einem Angehörigen der in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne genannten Berufsgruppen selbst ist mitbestimmungsfrei. Der Betriebsrat hat jedoch mitzubeurteilen, ob der betreffende Arbeitnehmer einer der Berufsgruppen des § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne angehört und damit die Vergütungsordnung des NV Bühne anzuwenden ist. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG steht dem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats nicht entgegen. Der Betriebsrat hat die von der Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zu den Eingruppierungen verweigert. Der Arbeitgeberin ist daher aufzugeben, das Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten. Die Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge der Arbeitnehmer M und P verlangt keine neue Ein- oder Umgruppierung.
161. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Betriebsrat in Fällen, in denen der Arbeitgeber eine Ein- oder Umgruppierung vorgenommen hat, ohne zuvor versucht zu haben, die nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats einzuholen, entsprechend § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbestimmungsrechts verlangen, dass der Arbeitgeber seine Zustimmung nachträglich einholt und das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchführt, wenn der Betriebsrat die Zustimmung verweigert (vgl. - zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 112, 238). Das setzt voraus, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Maßnahme getroffen hat, die eine Ein- oder Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist (vgl. - Rn. 13, ZTR 2011, 513).
17a) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat ua. vor jeder Eingruppierung zu unterrichten und seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen.
18aa) Das „Mitbestimmungsrecht“ besteht in den Fällen der Ein- und Umgruppierung nicht in einem Mitgestaltungs-, sondern in einem Mitbeurteilungsrecht. Es setzt voraus, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Ein- oder Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vornehmen will. Eine Ein- oder Umgruppierung in diesem Sinn besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe oder jedenfalls einer Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Diese Beurteilung hat der Arbeitgeber regelmäßig bei jeder Einstellung und Versetzung vorzunehmen. Das folgt bereits aus § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, der für diese Fälle die Unterrichtung des Betriebsrats über die vorgesehene Eingruppierung ausdrücklich vorschreibt (vgl. für die st. Rspr. - Rn. 15, ZTR 2011, 513; - 7 ABR 96/09 - Rn. 19, EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 6).
19bb) Gibt es im Betrieb mehrere in Betracht kommende Vergütungsordnungen, hat der Betriebsrat nicht nur ein Mitbeurteilungsrecht bei der Einordnung eines Arbeitnehmers innerhalb einer der Vergütungsordnungen, sondern auch bei der Frage, ob der Arbeitnehmer in die zutreffende Vergütungsordnung eingruppiert wird. Er kann die Zustimmung zu einer beabsichtigten Eingruppierung mit der Begründung verweigern, die Vergütungsordnung, in die der Arbeitgeber den Arbeitnehmer eingruppieren wolle, sei nicht die richtige. Der Betriebsrat hat deshalb beispielsweise mitzubeurteilen, ob ein Arbeitnehmer aufgrund einer Vertragsänderung nicht mehr der bisherigen Vergütungsordnung unterfällt, sondern einem außertariflichen - nicht weiter gestuften - Bereich zuzuordnen ist. Diese Beurteilung ist nicht identisch mit dem nicht mitbestimmten Abschluss des Änderungsvertrags. Sie ist erst dessen Folge. Sie der Mitbeurteilung des Betriebsrats zu unterziehen, entspricht Sinn und Zweck der Mitwirkung nach § 99 BetrVG bei einer Umgruppierung. Das Mitbeurteilungsrecht dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Lohn- und Gehaltsgruppenordnung(en) in gleichen oder vergleichbaren Fällen. Es soll innerbetriebliche Lohngerechtigkeit und Transparenz der im Betrieb vorgenommenen Eingruppierungen gewährleisten (vgl. - Rn. 16, ZTR 2011, 513; - 7 ABR 96/09 - Rn. 24, EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 6).
20cc) Für das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats ist es unerheblich, woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt. Sie kann in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein (vgl. - zu B I der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20). Für die betriebliche Mitbestimmung kommt es auch nicht auf einen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf die Anwendung des Tarifvertrags, sondern darauf an, ob die Vergütungsordnung im Betrieb gilt ( - Rn. 21, NZA 2011, 1239).
21b) Nach diesen Grundsätzen ist zwar die nach § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne getroffene arbeitsvertragliche Vereinbarung mit einem Arbeitnehmer, dass er überwiegend künstlerisch tätig werde, keine Eingruppierung im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Das gilt aber nicht für die vom Arbeitgeber vorgenommene Zuordnung des Arbeitnehmers zum NV Bühne. An ihr ist der Betriebsrat zu beteiligen.
22aa) Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit ist keine Eingruppierung. Der Geltungsbereich des NV Bühne wird im Hinblick auf dieses Tatbestandsmerkmal nach § 1 Abs. 1, Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne konstitutiv durch die vertragliche Übereinkunft eröffnet. Das Kriterium für den maßgebenden Vertragsinhalt ist die vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit, die durch die individualvertragliche Vereinbarung definiert wird. Die Vereinbarung bestimmt den Inhalt der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit. Machen die Arbeitsvertragsparteien von dieser Möglichkeit einer vertraglichen Eingrenzung Gebrauch, ist der Tätigkeitsbereich schon aufgrund der Willensübereinkunft als überwiegend künstlerisch anzusehen. Die vereinbarte Tätigkeit ist sachlich geeignet, den besonderen Regelungen des speziell für den künstlerischen Bereich geschaffenen Tarifvertrags NV Bühne zu unterfallen. Der Inhalt eines solchen Arbeitsverhältnisses ist durch die Vereinbarung festgelegt, ohne dass dem Betriebsrat dabei ein Mitbeurteilungsrecht zukäme. § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne will damit auch auf die Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG Rücksicht nehmen (vgl. - Rn. 19, ZTR 2011, 513; - 7 ABR 96/09 - Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 6, jeweils unter Hinweis auf 6 P 4.97 - zu II 3 b der Gründe, NZA-RR 1999, 274 noch zu § 3 NV Solo). Ein möglicher Widerspruch zwischen dem, was ein Angehöriger der in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne genannten Berufsgruppen tatsächlich an Arbeitsleistung erbringt, und der Charakterisierung dieser Tätigkeit als überwiegend künstlerisch ist keine Frage des personellen Anwendungsbereichs des NV Bühne, sondern ein Problem der vertragsgemäßen Beschäftigung ( - aaO; - 7 ABR 96/09 - Rn. 22 mwN, aaO).
23bb) Dagegen ist die Zuordnung des einzelnen Arbeitnehmers zum NV Bühne eine Eingruppierung. Der Arbeitgeber muss beurteilen, ob der betroffene Arbeitnehmer dem Anwendungsbereich des NV Bühne oder demjenigen einer anderen Vergütungsordnung unterfällt. Dabei ist der Betriebsrat zu beteiligen.
24(1) Im Betrieb der Arbeitgeberin kamen in der Vergangenheit mit dem TV-AVH und dem NV Bühne mehrere Vergütungsordnungen nebeneinander zur Anwendung. Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin davon ausgeht, die Anwendung des TV-AVH sei nach ihrer damaligen Vergütungssystematik jedenfalls für Nichtgewerkschaftsmitglieder nicht in Betracht gekommen. Für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 1 BetrVG ist nicht der Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers, sondern die betriebliche Geltung der Vergütungsordnung maßgeblich (vgl. - Rn. 21, NZA 2011, 1239). Die von der Arbeitgeberin vorzunehmende Zuordnung zum NV Bühne und nicht zu einer anderen Vergütungsordnung unterliegt daher der Mitbeurteilung des Betriebsrats.
25(2) Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats entfällt nicht deswegen insgesamt, weil für seine rechtliche Prüfung und damit für eine mögliche Zustimmungsverweigerung nur noch wenige Umstände in Betracht kommen. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit durch die Arbeitgeberin mit einem der Arbeitnehmer, die in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne genannt sind, ist für die Beurteilung der Zuordnung zum NV Bühne verbindlich. Mit ihr wird der Inhalt des Arbeitsverhältnisses auch in tarifrechtlich zulässiger Weise festgelegt. Der Betriebsrat kann bei der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Zuordnung zum NV Bühne aber noch selbständig und unabhängig von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der überwiegend künstlerischen Tätigkeit prüfen, ob der Arbeitnehmer zu den in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne genannten Berufsgruppen der sog. nachgeordneten Bühnentechniker gehört. Ebenso ist Teil der rechtlichen Mitbeurteilung, ob ein zu den Berufsgruppen des § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne gehörender Arbeitnehmer, den der Arbeitgeber dem NV Bühne zuordnen will, mit dem Arbeitgeber tatsächlich eine Vereinbarung getroffen hat, überwiegend künstlerisch tätig zu sein. Der Umstand, dass sich die Zuordnung zum NV Bühne als - weitgehend einfacher - Normvollzug darstellt, führt nicht dazu, dass es sich um keine Eingruppierung handelte. Bei tariflichen Vergütungsordnungen ist Eingruppierung vielmehr regelmäßig vom Betriebsrat mitzubeurteilender Normvollzug des Arbeitgebers (vgl. - Rn. 22, ZTR 2011, 513; - 7 ABR 96/09 - Rn. 25, EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 6).
262. Dem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin ein Tendenzunternehmen ist.
27a) Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG finden die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend künstlerischen Bestimmungen dienen, keine Anwendung, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht. Eine Einschränkung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats kommt dabei nur in Betracht, wenn die Maßnahmen Tendenzträger betreffen. Ein Arbeitnehmer gilt als Tendenzträger, wenn die Bestimmungen und Zwecke des betreffenden Unternehmens oder Betriebs seine Tätigkeit prägen ( - Rn. 16 mwN, BAGE 121, 139). Auch bei Tendenzträgern werden die Mitbestimmungsrechte nur ausgeschlossen, soweit sie von einer tendenzbezogenen Maßnahme betroffen sind, bei der die Ausübung des Beteiligungsrechts des Betriebsrats die Verwirklichung der geistig-ideellen Zielsetzung ernstlich beeinträchtigte. Die Beteiligung des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen steht der Eigenart eines Tendenzunternehmens nicht entgegen. Bei diesen personellen Maßnahmen hat der Arbeitgeber keinen Gestaltungsspielraum. Er ist verpflichtet, die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer in die zutreffende Gruppe der in seinem Betrieb geltenden Vergütungsordnung einzureihen. Da es sich um einen Akt der Rechtsanwendung handelt und dem Betriebsrat nur ein Mitbeurteilungsrecht zukommt, wird die tendenzbezogene Handlungs- und Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers durch das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht beeinträchtigt (vgl. - Rn. 24 mwN, ZTR 2011, 513).
28b) Bei der Arbeitgeberin, die ein Theater betreibt, handelt es sich um ein Tendenzunternehmen (vgl. - Rn. 25 mwN, ZTR 2011, 513). Es kommt dennoch nicht darauf an, ob die drei betroffenen Arbeitnehmer Tendenzträger sind. Selbst wenn davon auszugehen wäre, käme dem Betriebsrat ein Mitbeurteilungsrecht bei ihrer Eingruppierung zu.
293. Das Landesarbeitsgericht hat in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Betriebsrat die Beteiligungsschreiben der Arbeitgeberin als Zustimmungsanträge zu den beabsichtigten Eingruppierungen verstand und verstehen durfte. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung auf der Grundlage der unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts jeweils form- und fristgerecht sowie ordnungsgemäß. Er kann deshalb verlangen, dass der Arbeitgeberin aufgegeben wird, für alle drei Arbeitnehmer das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen.
30a) Für den Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zu einer der in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bezeichneten personellen Einzelmaßnahmen sieht das Gesetz keine besondere Form vor. Fehlt ein ausdrückliches Zustimmungsersuchen, genügt es, wenn der Betriebsrat der Mitteilung des Arbeitgebers entnehmen kann, dass er um Zustimmung zu einer personellen Maßnahme iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gebeten wird. Maßgeblich sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze der §§ 133, 157 BGB (vgl. - Rn. 27, ZTR 2011, 513).
31b) Das Landesarbeitsgericht hat die Unterrichtungsschreiben vom , und im Ergebnis widerspruchs- und denkfehlerfrei dahin ausgelegt, dass die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats zu den Eingruppierungen einholen wollte und der Betriebsrat die Handlungen der Arbeitgeberin in dieser Weise verstehen durfte. Die Auslegungstatsachen stehen fest. Der Betriebsrat entnahm den Unterrichtungsschreiben, dass die Arbeitgeberin seine Zustimmung zu den Eingruppierungen einholen wollte. Ein solches Verständnis ergab sich für ihn aus dem Hinweis, die Einstellung erfolge „auf Basis/in NV Bühne“. Er verweigerte seine Zustimmung zu den Eingruppierungen der drei Arbeitnehmer daher form- und fristgerecht nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unter Hinweis ua. auf den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG mit Schreiben vom , und (vgl. zu einem etwas anderen Sachverhalt aber auch - Rn. 28, ZTR 2011, 513).
324. Die Anträge des Betriebsrats sind auch nicht deshalb unbegründet geworden, weil die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer M und P bis befristet waren. Die Arbeitsverhältnisse wurden zu diesem Termin nicht beendet, sondern unverändert fortgesetzt. Der Betriebsrat kann deswegen weiter beanspruchen, an den bereits vorgenommenen Eingruppierungen beteiligt zu werden. Die Verlängerungen verlangten keine neuen Eingruppierungen.
33a) Die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses ist nicht zwingend mit einer Eingruppierung verbunden. In einem solchen Fall handelt es sich zwar um eine mitbestimmungspflichtige Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Sie erfordert aber nur dann eine erneute Eingruppierung, wenn sich die Tätigkeit mit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ändert. Dem steht nicht entgegen, dass § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG für den Fall der Einstellung die Unterrichtung des Betriebsrats über die vorgesehene Eingruppierung vorschreibt. Die Vorschrift trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass Einstellungen regelmäßig mit einer neuen Tätigkeit verbunden sind. Ist das ausnahmsweise nicht der Fall, ist eine (Mit-)Beurteilung entbehrlich. Die Zwecke der Beteiligungsrechte bei Einstellung und Eingruppierung unterscheiden sich. Das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen schützt in erster Linie die Belange der übrigen Belegschaft. Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats bei Eingruppierungen dient demgegenüber der Rechtskontrolle. Für die Beurteilung, ob eine Eingruppierung dem betrieblichen Vergütungssystem entspricht, kommt es auf die vorgesehene Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht an (vgl. ausführlich - zu B III 2 a der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 17 = EzA BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 1).
b) Nach diesen Grundsätzen sind für die Arbeitnehmer M und P weder (Neu-)Eingruppierungen noch Umgruppierungen bei fortdauernden Arbeitsverhältnissen geboten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich ihre Tätigkeiten oder die anzuwendenden Vergütungsordnungen geändert haben.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
ZAAAE-06627