Kartellbußgeldverfahren: Anfechtung einer Zinszahlungsanforderung
Gesetze: § 81 Abs 6 GWB, § 30 OWiG, § 62 Abs 1 OWiG, § 62 Abs 2 OWiG, § 70 Abs 2 OWiG, § 103 Abs 1 Nr 3 OWiG, § 104 Abs 3 Nr 1 OWiG, § 104 Abs 3 Nr 2 OWiG, § 104 Abs 3 Nr 3 OWiG, § 104 Abs 3 S 2 OWiG
Instanzenzug: Az: V-Kart 12/11 (OWi)
Gründe
I.
1Das Bundeskartellamt erließ gegen die Beschwerdeführerin wegen kartellrechtswidriger Absprachen ihres Organs nach § 30 OWiG am einen Bußgeldbescheid und setzte gegen sie als Nebenbetroffene ein Bußgeld in Höhe von 3 Mio. € fest. Gegen diesen Bußgeldbescheid hatte die Beschwerdeführerin zunächst Einspruch eingelegt, den sie aber mit Schreiben vom zurücknahm. Die Geldbuße bezahlte sie am in voller Höhe. Nach weiterem Schriftwechsel forderte das Bundeskartellamt mit Beschluss vom von der Beschwerdeführerin als gesetzliche Zinsen aus dem Bußgeldbescheid einen Betrag in Höhe von 922.689,16 € an, den es später geringfügig berichtigte. Die Entscheidung, die das Bundeskartellamt auf § 81 Abs. 6 GWB i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB stützte, umfasste als Verzinsungszeitraum den bis .
2Gegen diesen Zinsanforderungsbescheid hat die Beschwerdeführerin "Einspruch" eingelegt sowie "Einwendungen nach § 103 Abs. 1 Nr. 3 OWiG" erhoben (vgl. auch den im Einwendungsverfahren ergangenen Beschluss des Senats vom selben Tag KRB 43/11). In erster Linie macht sie verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Das Bundeskartellamt hat mit Beschluss vom den Einspruch der Beschwerdeführerin als unzulässig verworfen. Das den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Verwerfungsbeschluss zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.
II.
3Die sofortige Beschwerde ist nach § 62 Abs. 2 Satz 3 OWiG nicht statthaft, weil das Oberlandesgericht im Verfahren nach § 62 Abs. 1 OWiG über die Verwerfung des Einspruchs durch das Bundeskartellamt entschieden hat.
4Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ergibt sich die Zulässigkeit ihrer sofortigen Beschwerde auch nicht aus § 70 Abs. 2 OWiG. Diese Vorschrift ist hier schon deshalb nicht anwendbar, weil im vorliegenden Fall - wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat - kein Einspruchsverfahren gegen einen Bußgeldbescheid gegeben ist. Wie die Beschwerdeführerin selbst zu Recht annimmt, hat das Bundeskartellamt im Vollstreckungsverfahren entschieden. Die gegen die im Vollstreckungsverfahren erlassene Zinszahlungsanordnung zulässigen Rechtsbehelfe richten sich demgemäß nach den hierfür geltenden Regelungen der §§ 103, 104 OWiG. Da keiner der in § 104 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 OWiG aufgeführten Fälle vorliegt, in denen die sofortige Beschwerde eröffnet wäre, ist hier ein Rechtsbehelf nicht gegeben (§ 104 Abs. 3 Satz 2 OWiG).
5Die Beschwerdeführerin kann auch nicht anführen, dass ihre sofortige Beschwerde deshalb statthaft sei, weil durch einen Bußgeldbescheid hätte entschieden werden müssen. Dies trifft nicht zu, da entsprechende Zinszahlungsanforderungen nicht Gegenstand eines Bußgeldbescheids sein können. Diese Zinsen entstehen vielmehr als Folge einer nicht fristgerechten Zahlung der Geldbuße und ihre Beitreibung gehört deshalb zum Vollstreckungsverfahren. Sie stellen auch keine Nebenfolgen im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 5 OWiG dar. Nach der Regelung des § 81 Abs. 6 GWB tritt die Verzinsung der im Bußgeldbescheid festgesetzten Geldbuße kraft Gesetzes ein. Dies unterscheidet die Verzinsung grundlegend von Nebenfolgen, über deren Anordnung die Bußgeldbehörde zu befinden hat. Gegenstand der kartellbehördlichen Entscheidung im Rahmen solcher Zinszahlungsanforderungen ist nur die Feststellung des zu verzinsenden Zeitraums und die Anwendung des Zinssatzes, der sich aus der in Bezug genommenen Vorschrift des § 288 Abs. 1 (i.V.m. § 247) BGB ergibt. Auch deshalb erscheinen die Regelungen der §§ 103, 104 OWiG - worauf das Oberlandesgericht zutreffend hingewiesen hat - für dieses nur auf wenige Prüfungspunkte beschränkte Verfahren wesentlich sachgerechter als das Einspruchsverfahren, in dem grundsätzlich nur nach einer mündlichen Hauptverhandlung entschieden wird.
Meier-Beck Raum Strohn
Kirchhoff Bacher
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Fundstelle(n):
NAAAE-04006