BFH Beschluss v. - III B 96/09

Beschlussberichtigung bei eindeutig unzutreffender Parteibezeichnung

Gesetze: FGO § 107, FGO § 108, FGO § 155, BGB § 133, BGB § 157, ZPO § 239 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legte gegen das Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Die Beschwerde wurde mit Beschluss vom III B 96/09 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beschluss trägt fälschlicherweise das Datum vom .

2 Mit Schreiben vom beantragte der Kläger die Berichtigung des genannten Beschlusses, weil der Senat in seiner Begründung nicht darauf eingegangen sei, dass er, der Kläger, erstmals neue gewichtige Gesichtspunkte für eine erneute Überprüfung des höchstrichterlich geklärten Begriffs der Haushaltsaufnahme i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes angeführt habe, obwohl ein solcher Vortrag nach den eigenen Ausführungen des Senats Voraussetzung für eine erneute Überprüfung sei. Dies lasse nur den Schluss auf ein „offenkundiges Versehen” des Senats zu, das nach den sinngemäß anwendbaren §§ 107 bis 109 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu berichtigen sei.

3 Die in dem Beschluss als Beklagte und Beschwerdegegnerin aufgeführte X teilte daraufhin u.a. mit, dass sich die Y und die X bereits vor Ergehen des Beschlusses zur XY vereinigt haben.

4 II. 1. Der Senat legt das Schreiben des Klägers vom unter sinngemäßer Anwendung der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als einen Berichtigungsantrag nach § 107 FGO, nicht (auch) als einen solchen nach § 108 FGO aus. Hierfür spricht bereits deutlich, dass der Kläger in seinem Schreiben u.a. die Begriffe „Beschlussberichtigungsantrag” und „offenkundiges Versehen” verwendet und damit auf den Norminhalt des § 107 FGO Bezug nimmt. Zudem ist der Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung zu beachten, nach dem dasjenige gewollt ist, das nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Klägers entspricht (z.B. , BFH/NV 2010, 824). Ein Antrag auf Berichtigung des „Tatbestandes” des Senatsbeschlusses vom nach § 108 FGO wäre aber bereits wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig (, nicht amtlich veröffentlicht —juris—). Vernünftigerweise ist daher allein von einem Antrag nach § 107 FGO auszugehen.

5 2. Der Beschluss vom III B 96/09 ist von Amts wegen nach § 107 FGO wegen unzutreffender Bezeichnung der beklagten Partei und falscher Datumsangabe zu berichtigen. Die vom Kläger beantragte Berichtigung ist hingegen abzulehnen.

6 a) Nach § 107 Abs. 1 FGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Die Vorschrift ist auch auf die Berichtigung von Beschlüssen anzuwenden. Als Berichtigungsgegenstand erfasst § 107 FGO alle Bestandteile des Urteils bzw. des Beschlusses (vgl. , BFH/NV 2005, 2218, m.w.N.). Eine einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit liegt nur vor, wenn es sich um ein Versehen handelt, durch das es, wie bei einem Schreib- oder Rechenfehler, dazu kommt, dass das wirklich Gewollte nicht zum Ausdruck gelangt. Ziel der Berichtigung kann somit nur sein, den erklärten mit dem gewollten Inhalt des Urteils in Einklang zu bringen; wie bei der vergleichbaren Vorschrift des § 129 der Abgabenordnung schließt die ernstliche Möglichkeit eines Fehlers in der Sachverhaltsermittlung, Tatsachenwürdigung oder Rechtsanwendung die Berichtigung nach § 107 FGO aus (z.B. , BFH/NV 2004, 515).

7 b) Bei der falschen Bezeichnung des Datums im Rubrum des Beschlusses handelt es sich ersichtlich um einen Schreibfehler.

8 Eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit i.S. von § 107 FGO ist auch eine eindeutig unzutreffende Parteibezeichnung. Diese liegt u.a. vor, wenn der Beschluss als Klägerin eine nicht mehr existente Person benennt, deren Parteistellung inzwischen auf eine andere Person bzw. mehrere andere Personen übergegangen ist (vgl. , BFH/NV 2008, 4, m.w.N.). Gleiches muss dann gelten, wenn —wie im Streitfall— infolge der Vereinigung von zwei Krankenkassen an die Stelle der bisherigen Beklagten, der Familienkasse der X, nunmehr im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (vgl. dazu § 144 Abs. 4, § 146 Abs. 3 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch) die Familienkasse der XY getreten ist. Eine Verfahrensunterbrechung nach § 239 Abs. 1 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO ist durch den gesetzlichen Beteiligtenwechsel auf Seiten der Beklagten nicht eingetreten (vgl. Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 122 FGO Rz 13).

9 c) Die vom Kläger beantragte Berichtigung des Beschlusses ist abzulehnen, weil er mit dem Vortrag, der Senat sei nicht auf die von ihm erstmals angeführten gewichtigen Gründe zur Überprüfung des Begriffs der Haushaltsaufnahme eingegangen, nicht das Vorliegen einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit i.S. des § 107 FGO, sondern im Kern eine fehlerhafte Rechtsanwendung rügt. Abgesehen davon hat sich der Senat in dem Beschluss vom III B 96/09 durchaus mit den vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkten beschäftigt, welche seiner Einschätzung nach eine erneute Überprüfung des Begriffs der Haushaltsaufnahme erforderlich gemacht hätten. So leitete der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob eine Haushaltsaufnahme auch durch Einrichtung einer Außenstelle erfolgen könne, gerade aus dem Verfassungsrecht ab. Nach Auffassung des Senats erfolgte jedoch —wie der Seite 6 des Beschlusses (unter II.1.b) entnommen werden kann— keine hinreichend substantiierte inhaltliche Auseinandersetzung mit den genannten Verfassungsnormen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 6 Abs. 2, Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes).

10 3. Das Rubrum ist danach wie folgt zu ändern:

11 Als Beklagte und Beschwerdegegnerin wird die XY —Familienkasse—, vertreten durch ., aufgeführt. Als Beschlussdatum wird statt des „” der „” genannt.

12 4. Die Entscheidung ergeht kostenfrei (Senatsbeschluss vom III R 37/03, BFH/NV 2008, 1333, m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 742 Nr. 5
OAAAE-03547