Instanzenzug: ArbG Hagen (Westfalen) Az: 3 Ca 437/08 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 9 Sa 400/09 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Anpassung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.
Der Kläger war bei der Beklagten als Tarifangestellter langjährig beschäftigt und bezieht seit dem eine Betriebsrente. Grundlage für die Gewährung der Betriebsrente des Klägers ist die Versorgungsordnung 1976 (VO 1976), die ua. regelt:
3Die Beklagte ist ein regional tätiges Energieversorgungsunternehmen, hervorgegangen aus der E AG - kommunales Elektrizitätswerk. Sie ist nicht nur mit eigenen Beschäftigten als Energieversorgungsunternehmen am Markt tätig, sondern ist zugleich eine Konzernobergesellschaft. Die Beklagte übernahm zum die S AG, wandelte diese in die S GmbH um und ist mit dieser durch Unternehmenspacht- sowie Gewinnabführungsverträge verbunden.
Aus Anlass der bevorstehenden Übernahme der S AG durch die Beklagte schlossen die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, die E AG und die S AG mit der ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft einen „Tarifvertrag über die Zusammenführung der Versorgungsbereiche“ vom , der in § 7 Abs. 2 bestimmt:
5Die Betriebsrente des Klägers belief sich zunächst auf 813,87 Euro brutto monatlich. Sie wurde zuletzt nach § 14 Nr. 1 VO 1976 zum um 2,5 vH auf 850,90 Euro brutto erhöht.
Die Beklagte nahm zum eine Anpassungsprüfung der Betriebsrenten vor und schrieb unter dem wortgleich an alle Betriebsrentner:
7Gegen die Entscheidung der Beklagten hat der Kläger keinen Widerspruch eingelegt. Mit anwaltlichem Schreiben vom hat der Kläger die Beklagte aufgefordert, zwecks Überprüfung weitere maßgebliche Daten aus den Geschäftsabschlüssen darzulegen. Dem kam die Beklagte mit Schreiben vom nach und überreichte dem Kläger die Geschäftsberichte der Jahre 2003 bis 2005.
8Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Anpassung der Betriebsrente mit Wirkung zum , hilfsweise zum entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindex (Basis 2000 = 100) durch die Beklagte begehrt. Der Kläger hat die Beklagte für verpflichtet gehalten, seine Betriebsrente anzupassen. Dem stehe nicht entgegen, dass er der Mitteilung der Beklagten vom nicht entsprechend § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG innerhalb von drei Monaten widersprochen habe. § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG betreffe nicht die nachträgliche Anpassung. Auch werde das Unterrichtungsschreiben den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Die Mitteilung eines Durchschnittswerts der Eigenkapitalrendite der letzten drei Jahre sei ungenügend. Aufgrund der positiven Ergebnisse für das Kalenderjahr 2006 sei keine unzureichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten in den kommenden drei Jahren zu prognostizieren. Es sei auf den Einzelabschluss der Beklagten, nicht auf den Konzernabschluss abzustellen. Eine konzernrechtliche Betrachtung sei nur zum Schutz des Arbeitnehmers bzw. des Betriebsrentners zulässig. Die sog. reallohnbezogene Obergrenze sei nicht richtig ermittelt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
10Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Anpassung gelte infolge des unterlassenen Widerspruchs als zu Recht unterblieben. Das Unterrichtungsschreiben vom genüge den Anforderungen des § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG, insbesondere sei die Mitteilung der Daten aus dem Konzernabschluss zutreffend. Der Einzelabschluss enthalte Unwägbarkeiten. Bei dem Konzernabschluss seien konzernintern realisierte Gewinne und Verluste zu eliminieren. Auch berücksichtige er die positiven Ergebnisse der Tochterunternehmen. Die Eigenkapitalrendite auf der Basis der Konzernabschlüsse habe im Jahr 2003 minus 0,76 %, im Jahr 2004 minus 0,05 % und im Jahr 2005 14,39 % betragen. Als Sonderereignisse seien ua. der Erwerb der S und die „Rücknahme von Abschreibungen der Beteiligungsansätze“ zu berücksichtigen. Das Eigenkapital der Beklagten sei von 2002 bis 2004 von 123,88 Mio. Euro auf 112,34 Mio. Euro abgesunken. Die Anpassung sei aufgrund der wirtschaftlichen Lage und der Entwicklung der Nettoeinkommen der vergleichbaren aktiven Arbeitnehmer zu Recht unterblieben.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und dem Kläger für die Zeit vom bis zum eine um 16,69 Euro brutto höhere monatliche Betriebsrente und damit insgesamt 500,70 Euro brutto zugesprochen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
12Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung einer um 16,69 Euro brutto höheren monatlichen Betriebsrente für die Zeit vom bis zum verurteilt. Der Kläger hat nach § 16 Abs. 1 BetrAVG einen Anspruch auf Anpassung seiner Betriebsrente zum um 6,6 %. Die von der Beklagten abgelehnte Anpassung gilt nicht nach § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG als zu Recht unterblieben. Der Kläger war nicht gehalten, der unterbliebenen Anpassung innerhalb von drei Monaten nach Zugang der schriftlichen Mitteilung der Beklagten vom zu widersprechen, da das Unterrichtungsschreiben den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Berechnung des Anpassungsbedarfs nach § 16 Abs. 1 BetrAVG unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift des § 30c Abs. 4 BetrAVG ist im Ergebnis zutreffend und wird von den Parteien in der Revisionsinstanz nicht angegriffen.
13I. Der Kläger hat nach § 16 Abs. 1 BetrAVG einen Anspruch auf Anpassung seiner Betriebsrente zum .
141. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Das bedeutet, dass er in zeitlichen Abständen von jeweils drei Jahren nach dem individuellen Leistungsbeginn die Anpassungsprüfung vorzunehmen hat. Da der Kläger seit dem eine Betriebsrente bezieht, ist sein individueller Anpassungsstichtag der . Die Beklagte, die in der Vergangenheit, letztmalig zum , stets eine Anpassung der Betriebsrenten nach § 14 Nr. 1 VO 1976 entsprechend der prozentualen Veränderung der tariflichen Vergütung vergleichbarer aktiver Arbeitnehmer vorgenommen hatte, war jedoch berechtigt, erstmalig eine Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG für alle Betriebsrentner einheitlich zum vorzunehmen. Dem stehen weder § 14 Nr. 1 VO 1976 iVm. dem Tarifvertrag über die Zusammenführung der Versorgungsbereiche vom noch § 16 Abs. 1 BetrAVG entgegen.
15a) Die Beklagte hat mit der in § 14 Nr. 1 VO 1976 getroffenen Anpassungsregelung den Anpassungsmechanismus des § 16 BetrAVG nicht beseitigt; § 14 Nr. 1 VO 1976 enthält vielmehr eine zusätzliche Regelung über die Anpassung der Betriebsrenten, die neben den Anpassungsmechanismus des § 16 BetrAVG tritt. Die Beklagte wollte mit § 14 Nr. 1 VO 1976 eine für die Betriebsrentner im Vergleich zu § 16 BetrAVG günstigere Regelung schaffen.
16Nach § 14 Nr. 1 VO 1976 werden die Betriebsrenten im gleichen Verhältnis und zum gleichen Zeitpunkt angepasst wie die tariflichen Vergütungstabellen der vergleichbaren aktiven Arbeitnehmer. Dieser Anpassungsmechanismus wirkte sich in der Vergangenheit bis zum stets dahin aus, dass die jeweiligen Anpassungen über dem jeweiligen Anpassungsbedarf der Betriebsrentner nach § 16 BetrAVG lagen. Anhaltspunkte dafür, dass die Anpassung der Betriebsrenten sich auch dann nach § 14 Nr. 1 VO 1976 richten sollte, wenn sie hinter der nach § 16 BetrAVG geschuldeten zurückbleiben sollte, sind nicht ersichtlich. Eine derartige Regelung zum Nachteil der Betriebsrentner wäre auch nicht mit § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG vereinbar, wonach von den Bestimmungen des BetrAVG nicht zuungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden kann.
17b) Etwas anderes folgt nicht aus dem Tarifvertrag über die Zusammenführung der Versorgungsbereiche vom . Dieser Tarifvertrag enthält keine Regelungen darüber, wie die Betriebsrente anzupassen ist, sondern bestimmt lediglich die tarifliche Vergütung für die von § 14 VO 1976 in Bezug genommenen tariflichen Vergütungstabellen.
182. Die Beklagte war nicht verpflichtet, eine Anpassungsprüfung der dem Kläger seit dem gezahlten Betriebsrente im Dreijahresturnus des § 16 BetrAVG jeweils zum 1. August vorzunehmen. Sie konnte die Anpassung vielmehr gemeinsam mit anderen Betriebsrentenanpassungen einheitlich zum prüfen.
19a) Der von § 16 BetrAVG vorgeschriebene Dreijahresturnus bei der Überprüfung von Betriebsrentenanpassungen zwingt nicht zu starren, individuellen Prüfungsterminen. Die Bündelung aller in einem Unternehmen anfallenden Prüfungstermine zu einem einheitlichen Jahrestermin ist zulässig. Sie vermeidet unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand und beeinträchtigt die Interessen der Betriebsrentner nur geringfügig. Für den Betriebsrentner verzögert sich allenfalls die erste Anpassungsprüfung. Die ihm daraus entstehenden Nachteile werden regelmäßig dadurch abgemildert, dass ein entsprechend angewachsener höherer Teuerungsausgleich zu berücksichtigen ist. In der Folgezeit muss der Dreijahreszeitraum jedoch eingehalten sein ( - zu I 1 der Gründe, BAGE 70, 137; - 3 AZR 395/04 - zu II 1 a der Gründe mwN, BAGE 115, 353). Durch den gemeinsamen Anpassungsstichtag darf sich die erste Anpassung nicht um mehr als sechs Monate verzögern (vgl. - zu II 1 b der Gründe, aaO; - 3 AZR 50/05 - Rn. 50, EzA BetrAVG § 16 Nr. 49; - 3 AZR 754/08 - Rn. 49, AP BetrAVG § 16 Nr. 72 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 57).
20Es ist auch zulässig, nur alle drei Jahre eine gebündelte Prüfung für alle Betriebsrentner im Unternehmen vorzunehmen. Dies kann je nach dem Zeitpunkt des Versorgungsfalls zu einer unter Umständen deutlichen Vorverlegung der ersten Anpassung führen. Dies bringt dem einzelnen Versorgungsempfänger - auf die gesamte Laufzeit der Betriebsrente gesehen - mehr Vor- als Nachteile. Ein gemeinsamer Anpassungsstichtag, der nicht nur der Verwaltungsvereinfachung dient, sondern bei der gebotenen Gesamtbetrachtung den Versorgungsempfänger begünstigt, steht nicht im Widerspruch zu § 16 BetrAVG (vgl. - zu II 1 a und b der Gründe, BAGE 115, 353; - 3 AZR 502/08 - Rn. 25, AP BetrAVG § 16 Nr. 71 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 56).
21Diese Erwägungen greifen auch, wenn der Arbeitgeber bislang keine gebündelten Anpassungsprüfungen vorgenommen hat und diese erstmals einführt. Auch in diesem Fall rechtfertigen Gründe der Praktikabilität die Festlegung eines einheitlichen Anpassungsstichtags. Allerdings muss der Arbeitgeber für die Einführung gebündelter Anpassungsprüfungen einen nachvollziehbaren Zeitpunkt wählen.
22b) Danach konnte die Beklagte erstmals zum eine einheitliche Anpassungsprüfung für alle Betriebsrentner vornehmen.
23aa) Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin haben bis zum Jahr 2003 die Betriebsrenten zeitgleich und im gleichen Umfang verändert wie die Bruttotariflöhne bzw. -gehälter vergleichbarer Arbeitnehmer. Damit erübrigte sich eine gesonderte Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG, weil die nach § 14 Nr. 1 VO 1976 erfolgte Anhebung der Versorgungsbezüge unstreitig regelmäßig höher war als die nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG geschuldete Anpassung. Erst durch die ab 2004 vereinbarten „Null-Runden“ bei den tariflichen Löhnen und Gehältern wurde nach der letztmaligen Anhebung der Betriebsrenten zum im Jahr 2006 eine Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG erforderlich.
24bb) Der von der Beklagten festgelegte Stichtag für die gebündelte Anpassungsprüfung ist nachvollziehbar gewählt worden. Die letzte Anhebung der Betriebsrenten auf der Grundlage von § 14 VO 1976 erfolgte zum . In den folgenden Jahren wurden die von § 14 VO 1976 iVm. dem Tarifvertrag über die Zusammenführung der Versorgungsbereiche vom in Bezug genommenen tariflichen Vergütungstabellen nicht geändert. Zwischen der letzten Anhebung und der erstmaligen gebündelten Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG liegt ein auch sonst vom Senat bei Bündelungen als äußerste Grenze gebilligter Zeitraum von dreieinhalb Jahren (vgl. - 3 AZR 754/08 - Rn. 49, AP BetrAVG § 16 Nr. 72 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 57).
25Die Entscheidung, die Anpassungsprüfungen einheitlich zum 1. Juli des Jahres vorzunehmen, ist naheliegend. In der Mitte des Wirtschaftsjahres ist das vorangegangene Geschäftsjahr abgeschlossen und die Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr liegt vor. Diese ist für die Anpassungsprüfung, bei der die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen ist, von erheblicher Bedeutung. Auch bleibt für das laufende Geschäftsjahr noch genügend Zeit für den Arbeitgeber, bei Direktzusagen die Anpassungslast steuerlich durch Rückstellungsbildung zu verrechnen (vgl. § 6a Abs. 1 EStG vgl. hierzu Höfer BetrAVG Stand Juni 2011 § 16 Rn. 5161).
26II. Die Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum gilt nicht gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG als zu Recht unterblieben. Dabei kann offenbleiben, ob § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG nur in Fällen der sog. nachholenden Anpassung, oder auch bei der sog. nachträglichen Anpassung oder - wofür vieles spricht - bei jeder Anpassungsprüfung zu beachten ist. Die Fiktion des § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG ist trotz des nicht fristgerechten Widerspruchs des Klägers gegen die unterbliebene Anpassung seiner Betriebsrente nicht eingetreten, da das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom den gesetzlichen Anforderungen des § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG nicht genügt.
271. Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen, wenn laufende Leistungen nach Absatz 1 nicht oder nicht in vollem Umfang anzupassen sind (zu Recht unterbliebene Anpassung). Gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG gilt eine Anpassung als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich dargelegt, der Versorgungsempfänger nicht binnen drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und er auf die Rechtsfolgen eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen wurde. Die Fiktion der zu Recht unterbliebenen Anpassung tritt nur ein, wenn sich der schriftlichen Information des Arbeitgebers entnehmen lässt, aufgrund welcher Umstände davon auszugehen ist, dass das Unternehmen voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die Anpassungen zu leisten. Die Darstellung der wirtschaftlichen Lage im Unterrichtungsschreiben des Arbeitgebers muss so detailliert sein, dass der Versorgungsempfänger allein durch diese Unterrichtung in die Lage versetzt wird, die Entscheidung des Arbeitgebers auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen (Doetsch/Förster/Rühmann DB 1998, 258, 263; Vienken DB 2003, 994; ErfK/Steinmeyer 11. Aufl. § 16 BetrAVG Rn. 51). Dies ergibt eine Auslegung von § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG anhand des Gesetzeswortlauts, der Gesetzessystematik, der Gesetzgebungsgeschichte und des Zwecks der Regelung.
28a) Nach seinem Wortlaut verlangt § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG, dass der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens darlegt.
29aa) Mit dem Begriff der „wirtschaftlichen Lage des Unternehmens“ knüpft § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG an § 16 Abs. 1 Halbs. 2 BetrAVG an (vgl. Höfer BetrAVG Stand Juni 2011 § 16 Rn. 5484).
30Zu § 16 Abs. 1 BetrAVG entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung insoweit zu rechtfertigen vermag, als das Unternehmen dadurch übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen (vgl. - zu I 2 a der Gründe, BAGE 83, 1; - 3 AZR 810/05 - Rn. 20, BAGE 123, 319; - 3 AZR 727/07 - Rn. 13, BAGE 129, 292). Die Anpassung muss nicht aus der Unternehmenssubstanz finanziert werden (vgl. - zu II 2 der Gründe, AP BetrAVG § 16 Nr. 45 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 37; - 3 AZR 287/00 - zu 2 der Gründe, AP BetrAVG § 16 Nr. 46 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 38; - 3 AZR 172/02 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 105, 72). Demzufolge kommt es auf die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens an (vgl. - zu II 2 der Gründe, aaO; - 3 AZR 727/07 - Rn. 13, aaO; - 3 AZR 502/08 - Rn. 30, AP BetrAVG § 16 Nr. 71 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 56). Folglich muss der Arbeitgeber für eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG zur voraussichtlichen Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung Stellung nehmen.
31bb) Die Ausführungen des Arbeitgebers zur wirtschaftlichen Lage müssen, wie die Verwendung des Wortes „darlegen“ in § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG verdeutlicht, eine ausführliche Erläuterung bzw. Erklärung zur wirtschaftlichen Lage enthalten. Das Wort „darlegen“ steht nach seiner allgemeinen Wortbedeutung für ausführlich erläutern, erklären (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden 3. Aufl. Stichwort: „darlegen“). Der Arbeitgeber ist daher gehalten, dem Versorgungsempfänger die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung so detailliert darzustellen, dass der Versorgungsempfänger nachvollziehen kann, weshalb die Anpassung seiner Betriebsrente unterblieben ist.
32b) Dafür sprechen auch die Gesetzesgeschichte und der Zweck der Regelung.
33Bei Schaffung des § 16 Abs. 4 BetrAVG durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom (BGBl. I S. 2998) wollte der Gesetzgeber aus Gründen der leichteren Umsetzbarkeit für die Praxis regeln, unter welchen Voraussetzungen die Anpassung einer Betriebsrente als zu Recht unterblieben gilt. Dabei sollte an die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angeknüpft werden, nach der es entscheidend auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ankommt. Die Begründung des Arbeitgebers muss deshalb nach der Vorstellung des Gesetzgebers die maßgebenden Gründe für die Nichtanpassung enthalten, so dass der Versorgungsempfänger die Entscheidung des Arbeitgebers nachvollziehen kann (vgl. BT-Drucks. 13/8011 S. 74 Einzelbegründung zu § 16 Abs. 4 BetrAVG). Zwar sind an den Inhalt des Schreibens nach § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG keine zu hohen Anforderungen zu stellen (so auch Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 16 Rn. 103), insbesondere bedarf es keiner so detaillierten Darlegung der wirtschaftlichen Lage, wie sie zu der gerichtlichen Überprüfung einer Anpassungsentscheidung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG notwendig ist. Auch ist nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die Bilanzen insgesamt oder sogar darüber hinausgehende Erläuterungen derselben zur Verfügung stellt. Die Information muss jedoch so beschaffen sein, dass der Versorgungsempfänger allein auf ihrer Grundlage in die Lage versetzt wird, die Entscheidung des Arbeitgebers nachzuvollziehen. Nur soweit der Versorgungsempfänger die Ausführungen zur wirtschaftlichen Lage selbst (ggf. auch unter Hinzuziehung eines sachverständigen Dritten) verstehen kann, will das Gesetz die weitreichende Vermutungswirkung des § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG eintreten lassen. Um dem Versorgungsempfänger dies zu ermöglichen, müssen die mitgeteilten Daten so aussagekräftig sein, dass der Versorgungsempfänger die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers auf Plausibilität prüfen kann.
34c) Anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 16 BetrAVG, wonach für eine zuverlässige Prognose zur wirtschaftlichen Belastbarkeit die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren auszuwerten ist (vgl. - 3 AZR 810/05 - Rn. 20 mwN, BAGE 123, 319), muss der Arbeitgeber im Unterrichtungsschreiben daher die sich aus den Bilanzen der letzten drei Jahre ergebenden Daten zum Eigenkapital und zur Berechnung der Eigenkapitalverzinsung für jedes zur Prognoseerstellung angezogene Jahr angeben. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber für die seiner Prognose zugrunde gelegten Jahre das jeweils durchschnittliche Eigenkapital (vgl. - zu 2 c aa (5) der Gründe, AP BetrAVG § 16 Nr. 46 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 38) und dessen Verzinsung - jedenfalls für die hier interessierende Zeit vor Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes - auf der Basis der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse mitteilen muss. Stützt der Arbeitgeber die fehlende Anpassungsmöglichkeit auf eine seiner Auffassung nach zu erwartende zu geringe Eigenkapitalverzinsung, so muss er die seiner Prognose zur wirtschaftlichen Belastbarkeit zugrunde liegenden Überlegungen im Unterrichtungsschreiben offenlegen. Nur so wird der Versorgungsempfänger durch die Unterrichtung des Arbeitgebers in die Lage versetzt, dessen Entscheidung zur Nichtanpassung der Betriebsrente nachzuvollziehen.
352. Diesen Anforderungen genügt das Schreiben der Beklagten vom nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte in dem Unterrichtungsschreiben zu Recht aus den Konzernabschlüssen entnommene Daten und nicht die Daten aus den Einzelabschlüssen der Beklagten genannt hat. Jedenfalls hat die Beklagte die wirtschaftliche Lage nicht ausreichend dargelegt.
36Zur wirtschaftlichen Lage hat die Beklagte lediglich darauf hingewiesen, dass der durchschnittliche Jahresüberschuss im Konzern für die Jahre 2003, 2004 und 2005 bezogen auf das Eigenkapital 4,53 % betragen habe und damit unterhalb einer angemessenen Eigenkapitalrendite, die der Umlaufrendite der Anleihen der öffentlichen Hand mit einem zweiprozentigen Risikoaufschlag entspricht, liege. Dem Schreiben der Beklagten ist nicht zu entnehmen, auf welcher Datengrundlage sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Eigenkapitalrendite 4,53 % beträgt. Sie hat ebenso wenig mitgeteilt, weshalb sie davon ausging, auch in den folgenden Jahren keine ausreichende Eigenkapitalrendite erwirtschaften zu können. Mit den Ausführungen in dem Unterrichtungsschreiben vom wurde der Kläger nicht in die Lage versetzt, die Entscheidung der Beklagten zur Nichtanpassung der Betriebsrente zum auf Plausibilität zu überprüfen und nachzuvollziehen.
37III. Die zum unterlassene Anpassung der Betriebsrente des Klägers ist auch nicht wegen der wirtschaftlichen Lage der Beklagten gerechtfertigt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
381. Der Arbeitgeber kann eine Anpassung entsprechend dem seit dem individuellen Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust ganz oder teilweise ablehnen, wenn und soweit dadurch das Unternehmen übermäßig belastet würde (vgl. - zu I der Gründe, BAGE 84, 246; - 3 AZR 226/01 - zu I 2 der Gründe, AP BetrAVG § 16 Nr. 51 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 40). Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers iSv. § 16 BetrAVG ist eine zukunftsbezogene Größe. Sie umschreibt die künftige Belastbarkeit des Arbeitgebers und setzt eine Prognose voraus (vgl. - zu II 2 a der Gründe, AP BetrAVG § 16 Nr. 43 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 35). Beurteilungsgrundlage für die insoweit langfristig zum Anpassungsstichtag zu erstellende Prognose ist grundsätzlich die bisherige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag, soweit daraus Schlüsse für dessen weitere Entwicklung gezogen werden können. Für eine zuverlässige Prognose muss die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren ausgewertet werden (vgl. - Rn. 20 mwN, BAGE 123, 319). Auch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag kann sich auf die Überprüfung der Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers auswirken. Sie kann seine frühere Prognose bestätigen oder entkräften (vgl. - zu II 2 a der Gründe, aaO; - 3 AZR 50/05 - Rn. 55, EzA BetrAVG § 16 Nr. 49).
392. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht zu Recht die wirtschaftliche Lage der Beklagten als einer vollständigen Anpassung der Betriebsrente des Klägers nicht entgegenstehend beurteilt. Die vom Landesarbeitsgericht hierzu gegebene ausführliche Begründung hat die Beklagte in der Revision nicht angegriffen und Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich.
40IV. Das Landesarbeitsgericht hat den Anpassungsbedarf zum zutreffend ermittelt. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG sind bei der Anpassungsprüfung neben der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers die Belange des Versorgungsempfängers zu berücksichtigen. Diese bestehen vor allem darin, den Wert der Versorgungsleistung zu erhalten und eine Auszehrung durch den Kaufkraftverlust zu verhindern. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht zur Feststellung des Anpassungsbedarfs für den Zeitraum vom bis zum gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1, § 30c Abs. 4 BetrAVG auf den Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen und für die Zeit danach auf den Verbraucherpreisindex abgestellt und einen Anpassungsbedarf von 6,6 % errechnet.
411. Zur Ermittlung des Anpassungsbedarfs für Zeiträume vor dem ist nach § 30c Abs. 4 BetrAVG iVm. § 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG auf den Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen abzustellen ( - Rn. 13, BAGE 123, 319), für Zeiträume danach kommt es auf den Verbraucherpreisindex an. Maßgeblich ist im Streitfall der Verbraucherpreisindex für Deutschland Basis: 2000. Zwar ist zum der Verbraucherpreisindex für Deutschland Basis: 2005 veröffentlicht worden (vgl. Andresen/Förster/Rößler/Rühmann Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Stand Februar 2011 Teil 11 B Rn. 860.1). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist jedoch auf den am Anpassungsstichtag verfügbaren und veröffentlichten Index abzustellen ( - NZA 2011, 1285). Dies war am Anpassungsstichtag der Verbraucherpreisindex für Deutschland Basis: 2000. Das Inkrafttreten eines geänderten Verbraucherpreisindex während eines gerichtlichen Verfahrens führt nicht dazu, dass die Berechnung des Anpassungsbedarfs neu vorzunehmen wäre ( - aaO).
422. Der Anpassungsbedarf des Klägers errechnet sich auf der Grundlage der sog. Rückrechnungsmethode (vgl. hierzu -), dh. der Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen wird auf den Verbraucherpreisindex umgerechnet. Dadurch wird sichergestellt, dass der gesamte Anpassungsbedarf vom Rentenbeginn bis zum aktuellen Anpassungsstichtag ohne Zwischenschritte berechnet wird.
43Der Verbraucherpreisindex für Deutschland steht zu dem Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen unter Zugrundelegung der Indexwerte für Dezember 2002 von 110,4 bzw. 104,0 in einem Verhältnis von 1 zu 0,94203. Zur Umrechnung auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland ist der Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen Stand Juli 2001 (dh. dem Monat vor dem Rentenbeginn), der bei 109,9 lag, mit dem Faktor 0,94203 zu multiplizieren. Der sich ergebende gerundete Wert von 103,5 ist ins Verhältnis zum Verbraucherpreisindex für Juni 2006 von 110,3 zu setzen. Daraus errechnet sich eine prozentuale Steigerung von gerundet 6,6 % [(110,3 : 103,5 - 1) x 100].
V. Die Beklagte hat die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Fundstelle(n):
QAAAE-02690