BGH Beschluss v. - 5 StR 510/11

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und fünf Monaten verurteilt. Die mit der Sachrüge geführte Revision erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Der Leipziger Drogenhändler A. H. bestellte am telefonisch bei M. 10 kg Heroin guter und weitere 10 kg schlechter Qualität. Am Abend des teilte M. dem Käufer mit, dass das Rauschgift um 0.30 Uhr des folgenden Tages in Braunschweig am Hauptbahnhof übergeben werde. A. H. rief sogleich seinen bei dem Angeklagten seit Sommer 2010 wohnenden Bruder I. an und bestellte diesen und den Angeklagten zum Leipziger Hauptbahnhof. Die beiden Männer fuhren nach Braunschweig und wurden dort nach Übernahme von 8 kg Heroin (126 g HHC) und 9 kg Streckmittel festgenommen.

Die wegen dieser Tat nach Verständigungen gemäß § 257c StPO zu Freiheitsstrafen von sieben Jahren und zehn Monaten bzw. sechs Jahren und acht Monaten verurteilten A. und I. H. haben sich in ihren Strafverfahren dahingehend eingelassen, dass das Rauschgift nach dessen Transport nach Leipzig dort gemeinsam mit dem Angeklagten hätte gewinnbringend weiterverkauft werden sollen (UA S. 14 f.).

Das Landgericht hat sich dieser Einlassungen durch Vernehmung der jeweiligen richterlichen Berichterstatter als Zeugen versichert und aus Bekundungen des Angeklagten und der Gebrüder H. in neun zwischen dem 31. August und dem geführten Telefongesprächen (UA S. 16 bis 27) auf einen Vorsatz des - einen solchen bestreitenden - Angeklagten, auf eine frühere unerlaubte Handelstätigkeit des Angeklagten mit Heroin sowie auf dessen Bandenmitgliedschaft geschlossen.

2. Allein Letzteres ist sachlichrechtlich fehlerhaft.

Das Landgericht hat es unterlassen, die in den Gesprächen beschriebenen illegalen Handelstätigkeiten des Angeklagten unter dem Aspekt eines sich aufdrängenden alternativen Geschehensablaufs (vgl. , NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt) - hier einer Rolle des Angeklagten als selbstständiger Rauschgifthändler und mithin als Abnehmer der Gebrüder H. - zu bewerten. Solches hätte der Annahme einer aus drei Mitgliedern gebildeten Händlerbande entgegengestanden (vgl. , BGHR BtMG § 30a Bande 11 mwN).

Im Einzelnen handelt es sich dabei um die Pflicht des Angeklagten, Vorauszahlungen zu leisten (UA S. 17), die häufig beklagten Zahlungsrückstände des Angeklagten (UA S. 18, 21, 22, 23, 25) sowie die vom Angeklagten selbstständig begründete und weitergeführte, den Gebrüdern H. unbekannt gebliebene Geschäftsbeziehung zu Mu. (UA S. 23). Auch der Umstand, dass der Angeklagte "zu viel quatsche" und dass ihm nicht vertraut werden sollte (UA S. 21), hätte als gegen eine Bandenmitgliedschaft sprechend erwogen werden müssen.

3. Die Sache bedarf demnach hinsichtlich eines möglichen bandenmäßigen Handeltreibens des Angeklagten gemäß § 30a Abs. 1 BtMG neuer Aufklärung und Bewertung.

Es wird zu erwägen sein, ob die Gebrüder H. und der Angeklagte wegen des Bestrebens des A. H. , sich aus dem Rauschgiftgeschäft zurückzuziehen (UA S. 16), sich vor der verfahrensgegenständlichen Tat auf eine gewisse Dauer für die Zeit nach dieser Tat zur Begehung illegalen Betäubungsmittelhandels verbunden haben (vgl. , BGHSt 50, 160, 161). Zu bemerken ist ferner, dass den Feststellungen bisher hinsichtlich eines Großtransports von Rauschgift nach Leipzig und dessen dort nachfolgenden Vertriebs kein wiederholtes deliktisches Zusammenwirken zu entnehmen ist, was Grundlage einer stillschweigenden Bandenübereinkunft sein könnte (vgl. BGHSt aaO S. 162).

Sollte die neue Beweiswürdigung keine selbstständige Stellung des Angeklagten, sondern eine Rolle als Rauschgiftverteiler an Zwischenhändler und als Kassierer für die Gebrüder H. ergeben, kommt die Annahme einer Bande als deliktische Gruppierung auf arbeitsteiliger Grundlage in Betracht (vgl. , BGHR BtMG § 30a Bande 10).

Könnte eine - freilich ein selbstständiges Tätigwerden des Angeklagten voraussetzende - Sammelbestellung des Angeklagten festgestellt werden, worauf das Landgericht in seiner Subsumtion freilich ohne Beleg auch abhebt (UA S. 32), ist die Annahme einer bandenmäßigen Verbindung bei Feststellbarkeit geplanten regelmäßigen arbeitsteiligen Vorgehens zur jeweiligen Erzielung eines Teilumsatzes denkbar (vgl. dazu , BGHR BtMG § 30a Bande 8; dazu erläuternd Weber BtMG, 3. Aufl., § 30 Rn. 42).

Fundstelle(n):
PAAAE-01192