Unternehmerstellung von Vorstandsmitgliedern berufsständischer Vereine und von Kapitalgesellschaften; Steuerbefreiung von ehrenamtlicher Tätigkeit
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, UStG § 2 Abs. 1 Satz 1, UStG § 4 Nr. 26 Buchstabe c
Instanzenzug:
Gründe
1 I. Streitig ist, ob Zahlungen, die der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) von zwei berufsständischen Interessenvertretungen in der Rechtsform eingetragener Vereine als Vorstandsmitglied erhalten hat, in den Streitjahren 2003 bis 2005 der Umsatzsteuer unterliegen.
2 Der Kläger war in den Streitjahren neben seiner Tätigkeit für die berufsständischen Interessenvertretungen als Landwirt tätig und wandte auf die Umsätze des landwirtschaftlichen Betriebs die Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes 1999 in der in den Streitjahren jeweils anzuwendenden Fassung (UStG) an. Für seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied in den berufsständischen Vereinen erhielt er Bruttovergütungen in Höhe von 21.000 € (2003), 34.350 € (2004) sowie 43.584,34 € (2005).
3 Nach einer Außenprüfung beurteilte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Tätigkeit des Klägers für die berufsständischen Vereinigungen als steuerbar und steuerpflichtig. Er erließ für die Streitjahre 2003 und 2004 erst-
4 malige Umsatzsteuerbescheide und für 2005 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid.
5 Einspruch und Klageverfahren blieben erfolglos. Das Finanzgericht entschied, die den Vergütungen zugrundeliegenden Leistungen seien steuerbar und die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG lägen nicht vor.
6 Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie des Erfordernisses einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, Alternative 1 FGO).
7 Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
8 II. Die Beschwerde ist unbegründet.
9 Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind im Streitfall entweder nicht klärungsbedürftig oder nicht klärungsfähig.
10 a) Ist eine Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig, kommt weder eine Zulassung unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung noch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung in Betracht (vgl. zur Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung z.B. den , BFH/NV 2011, 646, und zur Zulassung wegen Rechtsfortbildung z.B. Senatsbeschluss vom V B 29/10, BFH/NV 2011, 563). So liegt es im Streitfall. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, nach welchen Kriterien Vorstandsmitglieder berufsständischer Vereine und von Kapitalgesellschaften selbständig und als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG anzusehen sind, ist durch die Rechtsprechung bereits beantwortet (vgl. die , BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730; vom XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912; zur Auslegung des Merkmals der Selbständigkeit vgl. z.B. die , BFHE 226, 415, BStBl II 2009, 873; vom XI R 14/09, BFHE 230, 245, BStBl II 2011, 433). Hiernach sind die einzelnen Merkmale, die für und gegen die Selbständigkeit i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG sprechen, unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen, wobei entscheidend auf die Weisungsfreiheit abzustellen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912, unter II.2.a). Eine Zulassung kommt nicht in Betracht, wenn die entscheidungserheblichen Rechtsfragen nur anhand von einzelfallbezogenen Umständen in einer Gesamtwürdigung beantwortet werden können —wie die Frage, ob ein Steuerpflichtiger selbständig handelt— (vgl. den Senatsbeschluss vom V B 144/09, BFH/NV 2011, 863).
11 b) Die weiteren vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen, unter welchen Kriterien seine Tätigkeit als ehrenamtlich i.S. des § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG anzusehen ist und ob hierbei Vergütungen von mehreren berufsständischen Vereinigungen getrennt oder gemeinsam zu betrachten sind, bedürfen aus denselben Gründen keiner Klärung.
12 Es ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass die Frage, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit gemäß § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG vorliegt, ebenfalls auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu treffen ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 863). Entgegen der Auffassung des Klägers kann es damit weder allein auf den zeitlichen Umfang der Tätigkeit noch auf die Vergütungshöhe (für jede Tätigkeit oder zusammengerechnet für mehrere Tätigkeiten) ankommen.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 459 Nr. 3
UAAAD-99567