BAG Urteil v. - 7 AZR 412/10

Freigestellter Bezirksschwerbehindertenvertreter - Kostenerstattung für Heimfahrten

Leitsatz

Das freigestellte Mitglied einer Bezirksschwerbehindertenvertretung hat nach § 96 Abs. 8 SGB IX Anspruch auf Reisebeihilfen nach § 15 Abs. 1 BRKG, § 3 bis § 5 TGV. Ein weitergehender Anspruch auf Ersatz der konkret entstandenen Kosten steht ihm grundsätzlich nicht zu.

Gesetze: § 96 Abs 8 S 1 SGB 9, § 96 Abs 2 SGB 9, § 96 Abs 3 S 1 SGB 9, § 44 Abs 1 S 2 BPersVG, § 15 Abs 1 BRKG 2005, § 2 Abs 1 BRKG 2005, § 3 TGV, § 4 TGV, § 5 TGV, Art 6 Abs 1 GG, Art 3 Abs 3 S 2 GG, § 1 AGG, Art 1 EGRL 78/2000

Instanzenzug: Az: 10 Ca 3837/07 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 11 Sa 2203/07 Urteilvorgehend Az: 7 AZR 387/08vorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 11 Sa 218/10 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten insbesondere um die Erstattung von Kosten für Heimfahrten, die der Klägerin als freigestelltem Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung durch die Abordnung an einen anderen Dienstort entstanden sind.

2Die seit 1974 als Verwaltungsangestellte bei der Bundeswehr beschäftigte Klägerin war Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen in der Dienststelle B. Im Jahre 2004 wurde sie als stellvertretendes Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung beim Streitkräfteunterstützungskommando (SKUKdo) mit Sitz in K gewählt. Am rückte sie in die Funktion als erstes stellvertretendes Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung nach. Der zuständige Befehlshaber stellte die Klägerin am nach § 96 Abs. 4 SGB IX von ihrer dienstlichen Verpflichtung frei. Zugleich teilte er ihr mit, für die Dauer der Freistellung sei ihr Dienstort K.

3Da die Klägerin ihren ehelichen Wohnsitz in L behielt, pendelte sie an den Wochenenden zwischen dem und dem regelmäßig zwischen ihrem Dienstort K und dem 612 km entfernt liegenden Wohnort L. Sie reiste überwiegend mit dem privaten PKW und benutzte teilweise die Bahn, wobei sie in diesen Fällen zum Bahnhof in N zumeist mit dem PKW fuhr und gelegentlich ein Taxi in Anspruch nahm.

4Auf der Grundlage der Trennungsgeldverordnung (TGV) gewährte die Beklagte der Klägerin während der Abordnung Übernachtungs- und Trennungsgeld sowie Reisebeihilfen für Heimfahrten. Da der Erstattungsanspruch nach der TGV sowohl im Hinblick auf die Häufigkeit der Heimfahrten (zweimal monatlich) als auch bezogen auf deren Höhe (billigste Fahrkarte der allgemein niedrigsten Klasse eines regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels) begrenzt ist, wurden die der Klägerin tatsächlich angefallenen Kosten nicht vollständig ausgeglichen. Die Klägerin wandte sich mehrfach erfolglos an die Beklagte, um eine Übernahme der gesamten Kosten für die Heimfahrten zu erreichen.

Mit ihrer am beim Verwaltungsgericht Köln eingereichten Klage hat die Klägerin zunächst die Zahlung von Fahrtkosten in Höhe von 6.739,80 Euro verlangt. Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht Köln und von dort an das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klägerin ihren Leistungsantrag nach gerichtlicher Anregung auf einen Feststellungsantrag umgestellt. Das Arbeitsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin in der Sache zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, die bis dahin unterbliebene Bestimmung des Streitgegenstands nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorzunehmen. Daraufhin hat die Klägerin die einzelnen Forderungen mit Schriftsatz vom aufgelistet und ihre ursprüngliche Gesamtforderung auf 6.486,30 Euro reduziert. Im Einzelnen handelt es sich dabei um die folgenden 54 Positionen:

6Die Klägerin hat zuletzt die Auffassung vertreten, die Regelungen der TGV seien auf sie nicht anwendbar. Bei den Fahrten zum Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung handele es sich um Dienstreisen im Sinne von § 2 Abs. 1 BRKG, für die sie volle Kostenerstattung beanspruchen könne. Die Zuständigkeit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit erstrecke sich auf das gesamte Bundesgebiet. Die Anordnung eines anderen Dienstorts sei während der Freistellung nicht möglich. Außerdem sei § 96 Abs. 8 SGB IX in Verbindung mit dem Benachteiligungsverbot des § 96 Abs. 2 SGB IX auszulegen. Qualifizierte Personen dürften nicht durch wirtschaftliche Nachteile von der Übernahme eines Mandats abgehalten werden. Sie müssten so gestellt werden, als hätten sie das Mandat nicht übernommen. Durch die wöchentlichen Fahrten zwischen L und K infolge ihres Amts als stellvertretendes Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung sei sie aber mit Kosten belastet, die durch den pauschalierten und „gedeckelten“ Anspruch auf Reisebeihilfen nach der TGV nicht ausreichend ausgeglichen würden. Deshalb habe sie auch Anspruch auf Erstattung aller Kosten, die ihr durch die Ausübung des Ehrenamts in K angefallen seien, also auch der Kosten für die Benutzung eines Taxis sowie der Kosten für den Umzug und die Fahrten ihres Ehemanns.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne wie andere abgeordnete Mitarbeiter lediglich Reisebeihilfen gemäß § 15 Abs. 1 BRKG, § 3 bis § 5 TGV verlangen. Eine weitergehende Kostenerstattung scheide aus. Nach § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX besäßen Vertrauenspersonen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie Mitglieder des Personalrats nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG. Die im Zuge der Freistellung erfolgte Abordnung an den Ort der Bezirksschwerbehindertenvertretung beim SKUKdo K sei sachgerecht und wirksam.

Das Landesarbeitsgericht hat erneut die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der wiederum zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

10Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die nunmehr zulässige, insbesondere auch hinreichend bestimmte Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der weiteren, ihr bislang nicht erstatteten Kosten. Die Fahrten der Klägerin von ihrem Wohnort an den Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung waren keine Dienstreisen. Die der Klägerin nach § 96 Abs. 8 SGB IX zustehende Kostenerstattung richtet sich nach den bei der Beklagten allgemein angewandten, nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG auch für Mitglieder der Personalvertretung maßgeblichen Bestimmungen des § 15 Abs. 1 BRKG und der §§ 3 bis 5 TGV. Diese stellen eine zumutbare Pauschalierung dar, durch die freigestellte, abgeordnete Mitglieder der Bezirksschwerbehindertenvertretung nicht sachwidrig benachteiligt, sondern ebenso wie freigestellte Mitglieder der Personalvertretung behandelt werden.

11A. Die Revision ist zulässig. Sie ist insbesondere entgegen der Auffassung der Beklagten ausreichend begründet.

12I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Die Revision muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung des Revisionsgerichts beitragen. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung ( - Rn. 10 mwN, NZA 2011, 878).

13II. Die Revisionsbegründung wird diesen Anforderungen gerecht. Die Klägerin hat den Standpunkt eingenommen, ihre Reisen nach K seien schon deshalb als Dienstreisen zu vergüten, weil sich ihr Aufgabengebiet räumlich auf die gesamte Bundesrepublik erstrecke und sie deshalb im Zuge der Freistellung an keinen anderen Dienstort habe abgeordnet werden dürfen. Darin liegt eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Die Argumentation knüpft an die Begründung des Landesarbeitsgerichts an, der Befehlshaber des SKUKdo habe der Klägerin für die Dauer der Freistellung den Dienstort K in zulässiger Weise zugewiesen.

14B. Das angefochtene Urteil ist nicht etwa wegen fehlerhaften Rechtswegs, falscher Verfahrensart oder örtlicher Unzuständigkeit des Arbeitsgerichts aufzuheben.

15I. Nach § 65 ArbGG, § 17a Abs. 5 GVG hatte das Landesarbeitsgericht den beschrittenen Rechtsweg nicht zu prüfen.

16II. Die angefochtene Entscheidung kann nicht wegen fehlerhafter Verfahrensart an die Vorinstanz oder an das Arbeitsgericht zurückverwiesen werden. Zwar sind Streitigkeiten über Kostenerstattungsansprüche von Schwerbehindertenvertretern im Sinne von § 96 Abs. 8 SGB IX in entsprechender Anwendung des § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG dem Beschlussverfahren zuzuordnen ( - Rn. 4 ff., AP ArbGG 1979 § 2a Nr. 24 = EzA ArbGG 1979 § 2a Nr. 6). Auch die Prüfung der richtigen Verfahrensart ist jedoch nach § 65 ArbGG dem Berufungsgericht verwehrt. Die Prüfungssperre des § 65 ArbGG entfällt zwar, wenn das Arbeitsgericht entgegen § 80 Abs. 3, § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG trotz Rüge nicht vorab über die richtige Verfahrensart entschieden hat (vgl.  - zu B I der Gründe, AP BGB § 611 Zeitungsverlage Nr. 1 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 43). Hier hat jedoch erstinstanzlich keine der Parteien das Urteilsverfahren als die gewählte - und bereits vom Verwaltungsgericht in den Gründen als zutreffend erachtete - Verfahrensart gerügt.

17III. Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Düsseldorf kann entgegen der Auffassung der Klägerin nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG ebenfalls nicht mehr in Frage gestellt werden. Beschlüsse über die örtliche Zuständigkeit sind entsprechend § 17a Abs. 2 und Abs. 3 GVG unanfechtbar. Das Arbeitsgericht Köln hat daher den Rechtsstreit bindend an das Arbeitsgericht Düsseldorf verwiesen.

18C. Die Revision ist unbegründet.

19I. Der Streitgegenstand der Klage ist mit dem zuletzt gestellten Zahlungsantrag ausreichend bestimmt.

201. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand dazu so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Sowohl bei einer der Klage stattgebenden als auch bei einer sie abweisenden Sachentscheidung muss zuverlässig feststellbar sein, worüber das Gericht entschieden hat. Bei mehreren Ansprüchen, die im Wege einer objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO in einer Klage verbundenen sind, muss erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die „Gesamtklage“ zusammensetzt. Werden im Wege einer „Teil-Gesamt-Klage“ mehrere Ansprüche nicht in voller Höhe, sondern teilweise verfolgt, muss die Klagepartei genau angeben, in welcher Höhe sie aus den einzelnen Ansprüchen Teilbeträge einklagt ( - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Dies bedeutet, dass sie vortragen muss, wie sie die geltend gemachte Gesamtsumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will. Mindestens muss die Partei eine Reihenfolge angeben, in welcher die Ansprüche bis zu der von ihr geltend gemachten Gesamtsumme gefordert werden. Will die Klagepartei einen Anspruch nicht in voller Höhe zur gerichtlichen Entscheidung stellen, sondern sich geleistete Zahlungen anrechnen lassen, muss sie darlegen, wie die Anrechnung im Einzelnen vorgenommen werden soll. Unzulässig ist eine Klage, die verschiedene Streitgegenstände nicht iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO individualisiert ( - Rn. 11 mwN, aaO; - 6 AZR 691/09 - Rn. 21 mwN, NZA 2011, 1116).

212. Hiervon ausgehend ist der Streitgegenstand mit dem zuletzt gestellten Zahlungsantrag zulässig. Im Gegensatz zu dem vorangegangenen Revisionsverfahren, in dem die Klägerin ihr Klageanliegen mit einem Feststellungsantrag verfolgt und sämtliche Fahrten während des Abordnungszeitraums pauschal zusammengefasst hat, dabei sowohl diverse Unklarheiten in der Berechnung der Forderung als auch in der Zuordnung der geleisteten Zahlungen bestanden haben, ist der nunmehr bezifferte Zahlungsantrag geeignet, um über den Streit zwischen den Parteien mit Rechtskraftwirkung zu entscheiden. Zwar setzt sich der eingeklagte Gesamtbetrag weiterhin aus einer Reihe von Teilforderungen zusammen, die im Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Gleichwohl lässt sich der Gegenstand der Klage sowie des darüber ergangenen Urteils des Landesarbeitsgerichts aufgrund des Schriftsatzes der Klägerin vom nunmehr zuverlässig feststellen. Die Klägerin fordert im Wege der Teil-Gesamt-Klage die Erstattung der Kosten für eine Vielzahl von Einzelfahrten, die sie im Zeitraum der Abordnung zwischen ihrem Wohnsitz in L und dem Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung in K absolviert hat. Zusätzlich macht sie Fahrten ihres Ehemanns und Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrem Umzug geltend. Sie hat die prozessual selbständigen Ansprüche im Schriftsatz vom , den das Landesarbeitsgericht ausdrücklich in Bezug genommen hat, im Einzelnen ziffernmäßig so aufgeschlüsselt, dass nachvollzogen werden kann, wie die Gesamtforderung von 6.486,30 Euro auf die verschiedenen Einzelansprüche verteilt werden soll. Würde der Klage stattgegeben, wäre nunmehr klar, welche „Heimfahrten“ in welcher Höhe noch zu vergüten sind. Soweit sie in der Klageschrift und in der Berufungsbegründung ursprünglich unterschiedliche Angaben zu den bezahlten Reisebeihilfen gemacht hatte, sind diese Widersprüche durch den erneuten Sachvortrag in der vorangegangenen Entscheidung ausgeräumt. Soweit sich die Klägerin auf ihre Forderungen Leistungen der Beklagten anrechnen lässt, hat sie diese nach Datum und Höhe ausreichend bestimmt. Über die Einzelpositionen könnte somit getrennt mit Rechtskraftwirkung entschieden und der Klage ganz oder auch teilweise stattgegeben werden.

22II. Die Klage ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Klägerin für die Fahrten zwischen ihrem Wohnsitz in L und dem Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung in K während ihrer Amtszeit in der Bezirksschwerbehindertenvertretung kein noch nicht erfüllter, weitergehender Anspruch mehr zusteht. Die Ansprüche der Klägerin richten sich nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX. Die Vorschrift ist eine unterschiedslos alle Schwerbehindertenvertretungen betreffende, eigenständige und abschließende Anspruchsgrundlage. Sie sieht einen Ersatz der erforderlichen Kosten der Schwerbehindertenvertretung vor. Diese Kosten dürfen nach Maßgabe der für alle Beschäftigten der Beklagten maßgeblichen allgemeinen Reisekostenregelungen des BRKG und der TGV pauschaliert werden. Dadurch werden die Mitglieder der Bezirksschwerbehindertenvertretung nicht sachwidrig benachteiligt. Da es sich bei den Fahrten der Klägerin entgegen ihrer Auffassung nicht um Dienstreisen im Sinne von § 2 Abs. 1 BRKG handelte, hat die Beklagte der Klägerin zutreffend Kostenerstattung nach Maßgabe des § 15 BRKG und der §§ 3 bis 5 TGV geleistet.

231. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings im Ausgangspunkt zu Unrecht darauf abgestellt, die Anwendung des BRKG und der TGV folge aus der in § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX vorgesehenen gleichen persönlichen Rechtsstellung der Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung mit derjenigen der Personalratsmitglieder. Diese Beurteilung ist rechtlich unzutreffend. Nach § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX besitzen Vertrauenspersonen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung, insbesondere den gleichen Kündigungs-, Versetzungs- und Abordnungsschutz wie ein Mitglied des Betriebs-, Personal-, Staatsanwalts- oder Richterrats. Wie Wortlaut und Systematik des § 96 SGB IX zeigen, unterscheidet der Gesetzgeber zwischen der amtsbezogen-personalisierten Stellung der „Vertrauenspersonen“ (§ 96 Abs. 1 bis Abs. 7 SGB IX) und den Kosten für die Tätigkeit sowie dem Raum- und Geschäftsbedarf der „Schwerbehindertenvertretung“ (§ 96 Abs. 8 und Abs. 9 SGB IX). Dies entspricht der Regelungssystematik personalvertretungs- und betriebsverfassungsrechtlicher Bestimmungen, welche einerseits Rechte und Pflichten der Mitglieder der Beschäftigtenvertretungen und andererseits der Beschäftigtenvertretungen als Organ festlegen (vgl.  - Rn. 16, AP SGB IX § 96 Nr. 1 = EzA SGB IX § 96 Nr. 1). Hier geht es nicht um die persönliche Rechtsstellung der Klägerin, sondern um die Erstattung der von ihr geltend gemachten Kosten. Hinsichtlich der Pflicht des Arbeitgebers zur Kostentragung für die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung hat der Gesetzgeber in § 96 Abs. 8 SGB IX eine eigenständige und abschließende Regelung getroffen (vgl.  - Rn. 15, aaO).

242. Die angefochtene Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (§ 561 ZPO). Der Klägerin steht nach der maßgeblichen Bestimmung des § 96 Abs. 8 SGB IX kein weitergehender Anspruch mehr zu.

25a) Nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die „durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten“ zu tragen. Auch wenn dies das Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt, besteht Einigkeit, dass der Arbeitgeber - ebenso wie nach § 40 Abs. 1 BetrVG oder nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG - nicht etwa alle durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung kausal verursachten, sondern nur die erforderlichen Kosten tragen muss (vgl. Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 96 Rn. 41; Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 96 Rn. 23). Näheres regelt § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX insoweit nicht. Insbesondere fehlt es an einer § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG entsprechenden Regelung, der für den Anwendungsbereich des BPersVG vorsieht, dass Personalratsmitglieder für Reisen, die zur Aufgabenerfüllung notwendig sind, Reisekostenvergütungen nach dem BRKG erhalten. Dies gebietet freilich nicht etwa den Schluss, für Schwerbehindertenvertretungen könnten die Regelungen des BRKG nie zur Anwendung kommen. Vielmehr entspricht das Fehlen einer solchen Regelung dem Umstand, dass § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX als eigenständige und abschließende Regelung nicht nur für Mitglieder von Schwerbehindertenvertretungen in den Dienststellen des Bundes, sondern auch für die der Länder gilt und in den Betrieben der privaten Wirtschaft zur Anwendung kommt. Daher ist es geboten, bei der Auslegung von § 96 Abs. 8 SGB IX auf allgemeine Grundsätze zurückzugreifen. Wie der Senat zu § 40 Abs. 1 BetrVG bereits entschieden hat, ist für die Reisekosten von Betriebsratsmitgliedern eine im Betrieb bestehende „zumutbare allgemeine Reisekostenregelung“ maßgeblich, sofern die Kosten vom Betriebsratsmitglied beeinflusst werden können ( - Rn. 10 mwN). Dieser Grundsatz erscheint auch im Anwendungsbereich des § 96 Abs. 8 SGB IX sachgerecht. Er eröffnet die Möglichkeit, die Mitglieder der Schwerbehindertenvertretungen hinsichtlich der Reisekosten in gleicher Weise zu behandeln wie die Mitglieder von Betriebsräten und Personalvertretungen. Für den Anwendungsbereich des BPersVG führt dies - wenngleich auf anderem dogmatischen Weg - zu der vom Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend vorgenommenen Anwendung des BRKG und der TGV.

26b) Die Anwendung der Regelungen des BRKG und der TGV auf in Dienststellen des Bundes errichtete Schwerbehindertenvertretungen hat zur Folge, dass die freigestellten Mitglieder einer Bezirksschwerbehindertenvertretung die Erstattung von Reisekosten für Fahrten von ihrem Wohnort zu dem - mit dem Sitz der bisherigen Dienststelle nicht identischen - Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung nur nach Maßgabe des § 15 BRKG iVm. § 3 bis § 5 TGV verlangen können. Es handelt sich bei solchen Reisen nicht um Dienstreisen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BRKG. Die Behandlung der Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung auf der Grundlage der TGV stellt auch keine unzulässige Benachteiligung im Sinne von § 96 Abs. 2 SGB IX dar.

27aa) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, handelt es sich bei Heimfahrten vom und zum Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung nicht um Dienstreisen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BRKG. „Dienstreisen“ sind danach „Reisen zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte“. Der Beschäftigte hat reisekostenrechtlich nur einen Dienstort. Dienststätte oder Dienstort im reisekostenrechtlichen Sinn ist grundsätzlich die politische Gemeinde, in der die Behörde oder Dienststelle ihren Sitz hat, der der Beamte als Inhaber einer Planstelle oder aufgrund Abordnung zugewiesen ist. Diese status- und organisationsrechtliche Auslegung des Begriffs des Dienstorts ist entsprechend der Systematik des BRKG durch eine funktionelle Betrachtungsweise zu ergänzen. Weicht der ständige Beschäftigungsort des Beamten vom Ort seiner Planstellendienststelle ab und geht hierdurch jeglicher tatsächliche Bezug zu dieser Dienststelle verloren, bestimmt sich für die Dauer der örtlichen Divergenz der reisekostenrechtliche Dienstort des Beamten allein nach seinem ständigen Beschäftigungsort, so dass unter dem Dienstort der ständige Beschäftigungsort zu verstehen ist, dh. der Ort, an dem der Beschäftigte längere Zeit hindurch ständig oder überwiegend Dienst leisten muss (vgl.  6 P 13.88 - zu II der Gründe, AP BPersVG § 44 Nr. 7; - 10 C 11.91 - BVerwGE 94, 364; - 6 P 1.09 - Buchholz 251.91 SächsPersVG § 45 Nr. 1). In einem solchen Fall lassen sich die Fahrten zwischen Wohnung und Beschäftigungsort „auch bei weitestmöglicher Heranziehung von Analogiegedanken dem Begriff der Dienstreise nicht mehr zuordnen“ ( 6 PB 17.09 - Rn. 9, Buchholz 251.92 SAPersVG § 42 Nr. 1).

28bb) Rechtssystematisch sachgerechter Anknüpfungspunkt für die Erstattung von Aufwendungen, die freigestellten Mitgliedern der Stufenvertretung durch die Personalratstätigkeit am Sitz der übergeordneten Dienststelle entstehen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Trennungsgeld nach § 15 Abs. 1 BRKG ( 6 PB 17.09 - Rn. 9, Buchholz 251.92 SAPersVG § 42 Nr. 1; vgl. ferner  6 P 13.88 - AP BPersVG § 44 Nr. 7; - 6 P 9.03 - zu 3 der Gründe, Buchholz 250 BPersVG § 44 Nr. 33; - 6 P 5.06 - Rn. 19 ff., Buchholz 251.5 HePersVG § 42 Nr. 1; - 6 PB 15.09 - Rn. 6, Buchholz 250 BPersVG § 44 Nr. 37). Wesentlicher Grund dafür ist, dass der dem Dienstort vergleichbare Ort, an dem das freigestellte Mitglied der Stufenvertretung seine Personalratstätigkeit ausübt, der Sitz der Geschäftsstelle der Stufenvertretung ist. Die Freistellung hat für das Mitglied der Stufenvertretung hinsichtlich der ihm zustehenden Reisekosten vergleichbare Auswirkungen wie die Abordnung eines Beamten ohne Zusage der Umzugskostenvergütung. Dies führt zur entsprechenden Anwendung der Regelungen über das Trennungsgeld ( 6 P 1.09 - Rn. 16, Buchholz 251.91 SächsPersVG § 45 Nr. 1). Als Berechtigte, die an einen Ort außerhalb des Dienst- und Wohnorts ohne Zusage der Umzugskostenvergütung abgeordnet werden, können die Mitglieder der Personal- oder der Schwerbehindertenvertretung nach § 15 Abs. 1 BRKG Trennungsgeld auf der Grundlage der TGV für die notwendigen Aufwendungen ihrer Amtstätigkeit unter Berücksichtigung häuslicher Ersparnis beanspruchen (vgl.  6 P 5.06 - Rn. 19 ff., aaO). Diese Rechtsprechung hat breite Zustimmung gefunden (vgl. Altvater/Kröll BPersVG 7. Aufl. § 44 Rn. 25c; Ilbertz/Widmaier BPersVG 11. Aufl. § 44 Rn. 8; Bieler/Vogelgesang/Plaßmann/Kleffner LPersVG Sachsen-Anhalt G § 42 Rn. 67).

29cc) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TGV steht danach einem Berechtigten, der mit seinem Ehegatten oder Lebenspartner in häuslicher Gemeinschaft lebt und nicht täglich zum Wohnort zurückkehrt, und dem die tägliche Rückkehr nicht zuzumuten oder aus dienstlichen Gründen nicht gestattet ist, bei Beibehaltung seiner Wohnung am bisherigen Wohnort vom 15. Tag an Trennungstagegeld und Trennungsübernachtungsgeld zu. Außerdem kann er nach § 5 Abs. 1 TGV Reisebeihilfe für jeden halben Monat beanspruchen, wobei der Anspruch nach § 5 Abs. 4 Satz 1 TGV auf die entstandenen Fahrauslagen bis zur Höhe der Kosten der für den Berechtigten billigsten Fahrkarte der allgemein niedrigsten Klasse ohne Zuschläge eines regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels vom Dienstort zum bisherigen Wohnort beschränkt ist. Die Bestimmungen des BRKG und der TGV erfassen damit den tatsächlichen Aufwand zwar nur näherungsweise. Dass die tatsächlichen Kosten dabei nach oben oder unten abweichen können, lässt den Charakter der einschlägigen Bestimmungen als Regelungen „echten“ Aufwendungsersatzes aber unberührt ( 6 PB 15.09 - Rn. 9, Buchholz 250 BPersVG § 44 Nr. 37).

30dd) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Personalvertretungsrecht wirft die entsprechende Anwendung der gesetzlichen Grundlage für die Trennungsgeldgewährung unter dem Gesichtspunkt des Benachteiligungsgebots des § 107 Satz 1 BPersVG keine Bedenken auf ( 6 PB 17.09 - Rn. 10, Buchholz 251.92 SAPersVG § 42 Nr. 1). Allerdings hat das BVerwG die begrenzte Kostenerstattung für Mitglieder der Stufenvertretung dann als unzureichend erachtet, wenn ihnen bei normgerechtem Verhalten zwangsläufig ein Vermögensnachteil entsteht. So kann eine Höchstbetragsregelung für die tägliche Wegstreckenentschädigung nicht zum Zuge kommen, wenn sich der Berechtigte dem Lenkungszweck einer Norm entsprechend verhält, indem er täglich zu seinem Wohnort zurückkehrt (vgl.  6 P 5.06 - Rn. 30, Buchholz 251.5 HePersVG § 42 Nr. 1). Anderenfalls würde ein nicht in der Nähe des Behördensitzes wohnender Beschäftigter bei zumutbarer täglicher Heimfahrt in der Mandatswahrnehmung behindert, wenn er nach der Erstattungsregelung eine teilweise Kostentragung nicht vermeiden kann (vgl.  6 P 5.06 - Rn. 27, aaO; - 6 PB 17.09 - Rn. 9, aaO). Im Unterschied zu einer Höchstbetragsregelung liegt es im Fall einer Begrenzung der Anzahl der Fahrten mit dem vorgesehenen Verkehrsmittel nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 TGV hingegen an dem Berechtigten, ob er lediglich die vom Verordnungsgeber als ausreichend angesehene Anzahl von zwei voll erstattungsfähigen Heimfahrten ausschöpft oder ob er häufigere Heimreisen unternimmt oder ein anderes Verkehrsmittel nutzt.

31ee) Der Freistellungsbeschluss, der zu einem Wechsel des Beschäftigungsorts führt, hat für Vertrauenspersonen in der Bezirksschwerbehindertenvertretung vergleichbare Auswirkungen wie für Mitglieder einer dem BPersVG unterfallenden Stufenvertretung. Deshalb schließt sich der Senat den zur Stufenvertretung vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen zur Anwendung des BRKG sowie der TGV für die Erstattung der Kosten der Bezirksschwerbehindertenvertretungen an. Für das Benachteiligungsverbot des § 96 Abs. 2 SGB IX gilt grundsätzlich nichts anderes als für § 107 Satz 1 BPersVG. Die Wertungen des Art. 6 Abs. 1 GG gebieten keine abweichende Beurteilung. Ein Anspruch auf Ersatz der dem Mitglied einer Schwerbehindertenvertretung konkret entstandenen Kosten kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn es besondere Belastungen aufgrund der Schwerbehinderung darlegen kann, die durch eine freistellungsbedingte Veränderung des Dienstorts entstehen.

32(1) Personalräte in der Stufenvertretung und Bezirksschwerbehindertenvertretungen befinden sich aufgrund eines Freistellungsbeschlusses in einer vergleichbaren Situation. Für den Geschäftsbereich mehrstufiger Verwaltungen werden bei den Behörden der Mittelstufe Bezirkspersonalräte und bei den obersten Dienstbehörden Hauptpersonalräte gebildet, § 53 Abs. 1 BPersVG. Gemäß § 97 Abs. 3 und Abs. 1, Abs. 7 SGB IX wählen die Schwerbehindertenvertretungen dementsprechend für den Geschäftsbereich mehrstufiger Verwaltungen, bei denen ein Bezirks- oder Hauptpersonalrat gebildet ist, eine Bezirks- oder Hauptschwerbehindertenvertretung. In beiden Fällen kann typischerweise die Konstellation entstehen, dass ein freigestelltes Mitglied des Vertretungsorgans sein Amt an einem anderen - auch weit entfernten - Dienstort ausüben muss. Durch die Freistellung zur Wahrnehmung eines Amts der Personalvertretung mit Sitz außerhalb der bisherigen Dienststelle verlagert sich der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit und damit der Dienstort an den Sitz der Vertretung.

33(2) Für das Benachteiligungsverbot des § 96 Abs. 2 SGB IX gilt grundsätzlich nichts anderes als für § 107 Satz 1 BPersVG. Nach § 96 Abs. 2 SGB IX dürfen Vertrauenspersonen in der Ausübung ihres Amts nicht behindert oder wegen ihres Amts nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Benachteiligung ist jede Zurücksetzung oder Schlechterstellung. Sie ist verboten, wenn sie im ursächlichen Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Amtsaufgaben und Befugnisse steht und nicht aus sachlichen Gründen erfolgt (vgl. zu Personalratsmitgliedern  - Rn. 24, BAGE 124, 356). Das Benachteiligungsverbot bedeutet, dass Vertrauenspersonen nicht schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbare Beschäftigte ohne Ehrenamt (vgl. zu Personalratsmitgliedern  6 P 5.06 - Rn. 25, Buchholz 251.5 HePersVG § 42 Nr. 1). Sie dürfen für ihre Tätigkeit im Vergleich zu den von ihnen vertretenen Arbeitnehmern weder eine zusätzliche Vergütung erhalten noch aufgrund ihres Amts Vermögenseinbußen erleiden. Die Bestimmung dient damit, ebenso wie das Ehrenamtsprinzip, der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Mitglieder von Vertretungsorganen (vgl. zum Betriebsrat  - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 147 = EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 9).

34(3) Der Anwendung der pauschalierenden Bestimmungen des Reisekostenrechts nach § 15 Abs. 1 BRKG, § 3 bis § 5 TGV stehen - auch bei verheirateten Schwerbehindertenvertretern und Eltern - nicht etwa die Wertungen des Art. 6 Abs. 1 GG entgegen.

35(a) Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Eine Verletzung der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung, Ehe und Familie zu schützen, kommt in Betracht, wenn eine Gesetzesbestimmung oder deren Auslegung wirtschaftliche oder andere Nachteile gerade mit der Familie verbindet ( - zu B II 1 c aa der Gründe, BVerfGE 28, 104;  6 A 2.84 - zu 1 der Gründe, Buchholz 238.90 Reise- und Umzugskosten Nr. 113). Aus Art. 6 GG ergibt sich jedoch keine Pflicht, verheiratete Schwerbehindertenvertreter oder solche, die mit ihren Kindern in häuslicher Gemeinschaft leben, gegenüber unverheirateten, kinderlosen Schwerbehindertenvertretern zu bevorzugen (vgl. auch  - Rn. 27, 28, BAGE 124, 335). Die Anwendung der Vorschriften der TGV auf Mitglieder der Bezirksschwerbehindertenvertretung benachteiligt verheiratete oder familiär gebundene Schwerbehindertenvertreter nicht. Die Aufgabe des Staates, Ehe und Familie zu fördern, geht auch nicht so weit, dass der Staat gehalten wäre, von der Familie jede sie treffende finanzielle Belastung fernzuhalten ( - zu B II 1 c bb der Gründe, aaO;  II C 13.73 - BVerwGE 44, 72, 79 f.). Das gilt jedenfalls dann, wenn diese Belastung - wie hier bei der Häufigkeit der Heimfahrten - weitgehend vom Verhalten der Betroffenen selbst abhängt (vgl.  6 A 2.84 - zu 1 der Gründe, aaO) und die TGV einen angemessenen Ausgleich schafft. Im Übrigen berücksichtigt § 5 Abs. 1 Satz 1 TGV die familiäre Situation, indem er unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 2 TGV Reisebeihilfe für jeden halben Monat, statt für jeden Monat vorsieht.

36(b) Auch die Entscheidung des Senats zur Erstattungspflicht von Kinderbetreuungskosten, die einem alleinerziehenden Betriebsratsmitglied wegen der Teilnahme an einer auswärtigen Tagung entstehen ( - Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 106 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 20), steht der vorliegenden Beurteilung nicht entgegen. Die darin vorgenommene Auslegung des § 40 Abs. 1 BetrVG knüpft an einen gesetzlich nicht geregelten und ohne Kostenaufwand nicht lösbaren Konflikt zwischen einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflicht zur Ausübung des Ehrenamts und der nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG privilegierten Pflicht zur Pflege und Erziehung minderjähriger Kinder an ( - Rn. 16, aaO). Eine solche Pflichtenkollision besteht nicht in vergleichbarer Weise bei einer Abordnung für die Dauer der Mitgliedschaft zu dem Vertretungsorgan an einen anderen Dienstort, in der sich der Bedienstete längerfristig auf die veränderten Lebensumstände einrichten kann und dafür eine gesetzlich geregelte pauschalierte Entschädigung nach Maßgabe des BRKG iVm. der TGV bezieht.

37(4) Eine Ausnahme von der pauschalierten Erstattungspflicht aufgrund des Benachteiligungsverbots in § 96 Abs. 2 SGB IX kann allerdings - auch wegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, § 1 AGG, Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG - in Betracht kommen, wenn das freigestellte Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung, das die Voraussetzungen der TGV erfüllt, aufgrund seiner Behinderung mit unvermeidbaren erhöhten Kosten belastet wird. Eine besondere Kostenbelastung könnte für eine Vertrauensperson etwa dadurch eintreten, dass sie aufgrund ihrer Behinderung nicht oder nur unter unzumutbaren Erschwerungen die Bahn benutzen kann, deshalb auf den PKW angewiesen ist und die Differenz zwischen der Erstattung der Bahnfahrkarte und der Kilometerpauschale bei Nutzung eines PKW selbst tragen müsste. Die besondere Kostenbelastung könnte geeignet sein, qualifizierte Personen von der Wahrnehmung des Amts eines von der dienstlichen Tätigkeit ganz freigestellten Mitglieds der Bezirksschwerbehindertenvertretung abzuhalten. Unter diesen, von dem freigestellten Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung darzulegenden Voraussetzungen könnte es sachlich geboten sein, die Bestimmung des § 5 Abs. 4 TGV, der die Kostenerstattung auf die billigste Fahrkarte begrenzt, nicht anzuwenden.

38c) Die Klägerin hat danach keinen Anspruch nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX auf Erstattung ihrer während der Abordnungszeit tatsächlich entstandenen Kosten für Heimfahrten und Unterkunft am Sitz der Vertretung, die nicht von der TGV abgedeckt sind. Sie kann weder Kostenerstattung für weitere Heimfahrten mit dem PKW oder mit der Bahn noch Kilometergeld oder Taxikosten für Fahrten zwischen dem Bahnhof N und ihrem Wohnort L verlangen. Ihr steht auch kein Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen den erstatteten Kosten für öffentliche Verkehrsmittel und den pauschalierten Kosten für die Benutzung eines PKW auf der Grundlage eines Kilometersatzes von 0,30 Euro zu. Sie kann ebenfalls keine Aufwendungen für Fahrten ihres Ehemanns sowie für ihren Umzug beanspruchen.

39aa) Die Anwendung des BRKG führt bei der Klägerin wie bei einem vergleichbaren Personalratsmitglied wegen der Verlagerung des Beschäftigungsorts durch die Freistellung nicht zu einem Anspruch auf Fahrtkostenersatz nach § 5 Abs. 2 BRKG. Heimfahrten zwischen ihrem Wohnort L und ihrem Dienstort K sind keine Dienstreisen iSv. § 2 Abs. 1 BRKG.

40(1) Entgegen der Auffassung der Klägerin war ihr Dienstort bereits aufgrund der Freistellung zur Wahrnehmung des Amts als stellvertretendes erstes Mitglied der Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung beim Kommando SKUKdo K, und zwar unabhängig von der sachgerechten Abordnung für die Dauer der Freistellung. Beim SKUKdo hatte die Vertretung ihren Sitz. Der auf die gesamte Bundesrepublik erstreckte Zuständigkeitsbereich des Organs ist für die Bestimmung des Dienstorts ohne Bedeutung.

41(2) Das Landesarbeitsgericht hat weiter zutreffend angenommen, dass die Fahrten allein durch die Mitnahme von vertraulichen Personalakten nicht den Charakter von Dienstreisen erhalten.

42(a) An der Benutzung eines Kraftfahrzeugs besteht objektiv ein erhebliches dienstliches Interesse iSv. § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BRKG, wenn das Dienstgeschäft, das der Dienstreisende zu erledigen hat, ohne den PKW nicht durchgeführt werden kann. Für die Beurteilung kommt es auf die vom Dienstreisenden konkret zu erledigenden Arbeitsaufgaben an. Wird dem Arbeitnehmer durch Weisung eine bestimmte Arbeit übertragen, ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit nur erledigt werden kann, wenn der PKW benutzt wird ( - Rn. 33, EzTöD 200 TV-L § 23 Reise-/Umzugskosten Nr. 2).

43(b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin nicht dargelegt, weshalb sie verpflichtet gewesen sei, diese Personalunterlagen auf Heimreisen mitzuführen. Dem festgestellten Sachverhalt ist auch nicht zu entnehmen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Behinderung nicht mit der Bahn, sondern ausschließlich mit einem PKW reisen konnte. Verfahrensrügen hat sie nicht erhoben.

44bb) Die Klägerin hatte für die Dauer ihrer Abordnung einen Anspruch auf Reisebeihilfen nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX iVm. § 15 Abs. 1 BRKG, § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 TGV erworben. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass dieser Anspruch durch Erfüllung erloschen ist, § 362 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat auch insoweit keine Verfahrensrügen erhoben. Sie hat einen Anspruch auf nicht erfüllte Ansprüche nach Maßgabe der TGV nicht geltend gemacht.

45cc) Einen Anspruch auf Kosten für den Transport von Möbeln und den Einsatz von Hilfskräften sieht die TGV nicht vor. Derartige Kosten werden nur erstattet, wenn eine Umzugskostenvergütung als Voraussetzung eines Anspruchs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 BUKG schriftlich zugesagt worden ist. Der Klägerin ist eine solche Zusage nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 BUKG nicht erteilt worden.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Fundstelle(n):
DB 2012 S. 1045 Nr. 18
KAAAD-99125