BAG Urteil v. - 4 AZR 467/09

Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen - Nachwirkung des Mindestlohntarifvertrags - TV Mindestlohn Abbruch

Leitsatz

Rechtsnormen eines Tarifvertrages, für die durch Rechtsverordnung im Wege des § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG aF (idF vom ) bestimmt ist, dass sie auf alle unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallenden und nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung finden, sind nach dem Ende der Geltungsdauer der Verordnung für die betreffenden Arbeitsverhältnisse nicht mehr maßgebend. § 4 Abs. 5 TVG über die Nachwirkung von Tarifverträgen ist weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

Gesetze: § 1 Abs 3a S 1 AEntG vom , § 4 Abs 5 TVG, § 1 S 1 AbbruchArbV 2, § 3 AbbruchArbV 2, § 5 Abs 1 TVG, § 1 S 1 BauArbbV 5, § 2 Abs 4 BauArbbV 5

Instanzenzug: Az: 2 Ca 340/08 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 18 Sa 2240/08 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über Entgeltansprüche des Klägers und in diesem Zusammenhang über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis, deren Rechtsnormen durch Verordnung auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber für anwendbar erklärt wurden.

2Der Kläger, Mitglied der IG BAU, war vom 1. August bis bei der Beklagten als Facharbeiter tätig. Im Arbeitsvertrag war eine monatliche Vergütung von 1.230,00 Euro brutto vereinbart. Die Beschäftigung erfolgte im Rahmen einer Arbeitsförderungsmaßnahme - sog. Vergabe-ABM. Die Beklagte hatte sich für die Arbeitsförderungsmaßnahme „Beräumung Waldflächen vom Bauschutt, Demontage baulicher Anlagen, Flächenrenaturierung beim Forstamt G“ in B im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung beworben. Die Leistungsbeschreibung umfasste Gebäudeentkernung sowie die Demontage und den Abriss von Gebäuden und baulichen Anlagen jeweils einschließlich der Entsorgung. Nach dem Zuschlag zugunsten der Beklagten wurde ihr der Kläger durch Anerkennungsbescheid des JobCenters vom zugewiesen.

3Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses machte die Gewerkschaft IG BAU mit am zugegangenem Schreiben gegenüber der Beklagten für den Zeitraum der Beschäftigung unter Berufung auf tarifvertragliche Regelungen Differenzentgeltansprüche in Höhe von 4.212,88 Euro geltend.

4Mit der der Beklagten am zugestellten Klage verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Für das Arbeitsverhältnis seien der Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Abbruch- und Abwrackgewerbe vom (TV Mindestlohn Abbruch 2005) und der Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Abbruch- und Abwrackgewerbe vom (TV Mindestlohn Abbruch 2007) maßgebend, die beide aufgrund Verordnung nach § 1 Abs. 3a AEntG aF (idF vom , BGBl. I S. 3843) auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber Anwendung fänden. Für den Zeitraum vom bis zum ergebe sich sein Anspruch zumindest aus einer Nachwirkung des TV Mindestlohn Abbruch 2005. Zudem bestehe ein sittenwidriges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, da der Kläger nur wenig mehr als 60 vH des Tarifentgelts erhalten habe.

Der Kläger hat beantragt,

6Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Beide Tarifverträge seien auf den Kläger nicht anwendbar, weil er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei ihr tätig gewesen sei. Es fehle auch an der beiderseitigen Tarifgebundenheit. Eine Nachwirkung des TV Mindestlohn Abbruch 2005 sei nicht eingetreten. Jedenfalls sei mit dem Arbeitsvertrag eine andere Abmachung hinsichtlich der Vergütung geschlossen worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Differenzvergütung für den Monat August 2007 stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Er hat in der Revisionsinstanz zusätzlich geltend gemacht, sein Anspruch ergebe sich auch aus dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom (TV Mindestlohn Bau 2005).

Gründe

8Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der Monate September bis einschließlich Dezember 2007 zu Recht abgewiesen. Der Kläger, der sein Begehren nach seinem Vorbringen in der Revision allein noch auf die genannten Tarifverträge stützt, kann ein weiteres Entgelt nicht beanspruchen.

9I. Ein Anspruch des Klägers aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG besteht nicht. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte Mitglied in dem tarifschließenden Arbeitgeberverband ist. Hierzu wäre er, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach den allgemeinen Regeln der Darlegungs- und Beweislast jedoch verpflichtet gewesen.

10II. Der Anspruch des Klägers ergibt sich nicht nach dem TV Mindestlohn Abbruch 2005 oder dem TV Mindestlohn Abbruch 2007.

111. Der TV Mindestlohn Abbruch 2005 ist auf das Arbeitsverhältnis des Klägers für den in der Revision noch streitgegenständlichen Zeitraum vom bis zum nicht anzuwenden.

12a) Nach § 1 Satz 1 der Zweiten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Abbruchgewerbe (vom , BAnz. 2006 Nr. 64 S. 2327, nachfolgend 2. VO) finden die Rechtsnormen des in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten TV Mindestlohn Abbruch 2005 zwar auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung, die unter seinen am gültigen Geltungsbereich fallen, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 SGB III erbringt. Die am in Kraft getretene Verordnung ist jedoch am nach ihrem § 3 außer Kraft getreten. Deshalb kann sich der Kläger für Entgeltansprüche ab dem nicht auf die Verordnung stützen.

13b) Der TV Mindestlohn Abbruch 2005 wirkt auch für die Zeit ab dem nicht entsprechend der Regelung des § 4 Abs. 5 TVG nach.

14aa) Eine unmittelbare Anwendung des § 4 Abs. 5 TVG scheidet entgegen der Auffassung der Revision vorliegend aus. Der Kläger übersieht, dass der TV Mindestlohn Abbruch 2005 nicht nach § 5 Abs. 1 TVG für allgemeinverbindlich erklärt wurde, sondern dessen Rechtsnormen im Wege einer Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a AEntG aF (s. nunmehr § 7 Abs. 1 AEntG) auf die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt wurde. Deshalb sind die Regelungen des Tarifvertragsgesetzes über die unmittelbare und zwingende Geltung allgemeinverbindlicher Tarifverträge (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 TVG) sowie diejenigen über die Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) nach Ende der Allgemeinverbindlicherklärung (dazu  - zu A I 2 der Gründe, BAGE 69, 119; - 4 AZR 212/00 - zu 1 der Gründe, AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 38 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 32) nicht unmittelbar anwendbar.

15Die Dauer der Anwendung der Rechtsnormen eines Tarifvertrages iSd. § 1 Abs. 3a AEntG aF ist abweichend von den Fällen einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Abs. 1 TVG unabhängig vom Fortbestand des betreffenden Tarifvertrages (ebenso Koberski/Asshoff/Hold Arbeitnehmer-Entsendegesetz § 1 Rn. 98; Däubler/Lakies TVG 2. Aufl. § 5 Anhang 2 § 1 AEntG Rn. 110; ErfK/Schlachter 8. Aufl. § 1 AEntG Rn. 16; Gussen in BeckOK Arbeitsrecht Stand § 1 AEntG 1996 Rn. 18; AnwK-ArbR/Kühn 1. Aufl. § 1 AEntG Rn. 34; ebenso zu § 7 AEntG in Thüsing/Bayreuther AEntG § 7 AEntG Rn. 24; Ulber Arbeitnehmerentsendegesetz § 7 Rn. 52; zum Gebot der „zeitnahen“ Aufhebung im Falle der Beendigung des einschlägigen Tarifvertrages etwa Thüsing/Bayreuther aaO). Die Rechtsnormen der 2. VO gelten bis zu ihrer förmlichen Aufhebung durch den Verordnungsgeber oder - wie vorliegend - im Falle einer befristeten Verordnung bis zu deren Ablauf weiter. Davon geht auch der Gesetzgeber aus (BT-Drucks. 14/45 S. 26). Endet die Verordnung, sind auch tarifliche Mindestentgelte nicht mehr staatliches Recht und können nicht mehr auf die tarifungebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer angewendet werden.

16Weder § 1 Abs. 3a AEntG aF als Ermächtigungsgrundlage noch die 2. VO enthalten eine Regelung über eine weitere Anwendung oder eine „Nachwirkung“ der Rechtsnormen des Tarifvertrages, die im Verordnungswege auf die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt wurde. Es fehlt auch - anders als etwa in § 8 Abs. 2 Satz 1 MiArbG für Mindestarbeitsentgelte - eine gesetzliche Vorschrift über die entsprechende Anwendbarkeit von Bestimmungen des Tarifvertragsgesetzes.

17bb) Die Bestimmung des § 4 Abs. 5 TVG kann auch nicht entsprechend oder nach ihrem Rechtsgedanken auf die Rechtsnormen eines Tarifvertrages angewendet werden, die im Wege der Verordnung auf die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt wurde, wenn die Verordnung aufgehoben oder deren Geltungsdauer aufgrund Befristung ihr Ende gefunden hat. Weder von den Voraussetzungen noch von der Rechtsfolge des § 4 Abs. 5 TVG her besteht eine mit dem Ablauf der Frist nach § 1 Abs. 3a AEntG aF vergleichbare Situation.

18Selbst wenn man davon ausgeht, dass auch beim Außerkrafttreten einer Rechtsverordnung ein Bedürfnis besteht, die Rechtsnormen entsprechend der in § 4 Abs. 5 TVG vorgesehenen Möglichkeit weiter anzuwenden (vgl. zu allgemeinverbindlichen Tarifverträgen  - AP TVG § 3 Nr. 13 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 14; - 4 AZR 212/00 - zu 1 der Gründe, AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 38 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 32), steht einer entsprechenden Anwendung von § 4 Abs. 5 TVG - unabhängig von der Frage nach der zusätzlich erforderlichen Regelungslücke - entgegen, dass der Gesetzgeber in § 1 Abs. 3a AEntG aF ebenso wie im jetzigen § 7 AEntG ein von der Allgemeinverbindlicherklärung des § 5 TVG abweichendes Regelungsinstrument zur Erstreckung von Rechtsnormen auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewählt hat (s. nur Thüsing/Bayreuther § 7 AEntG Rn. 2). Eine Allgemeinverbindlicherklärung, bei der es sich um einen Rechtssetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtssetzung handelt ( - BverfGE 44, 322; - 1 BvR 24/74 - u. - 1 BvR 439/79 - BVerfGE 55, 7;  - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 297 = EzA AEntG § 1 Nr. 11), erstreckt nach § 5 Abs. 4 TVG die Tarifgebundenheit ( - zu A I 2 der Gründe, BAGE 69, 119; - 4 AZR 212/00 - zu 1 der Gründe, AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 38 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 32). Demgegenüber werden durch eine Verordnung iSd. § 1 Abs. 3a AEntG aF die Rechtsnormen eines Tarifvertrages zu unmittelbar staatlich geltendem Recht (s. nur  OVG 1 B 13.08 - Rn. 45, ZTR 2009, 207 sowie die Nachw. oben unter II 1 b, aa) und sind deshalb anzuwenden.

19Die Vorschrift des § 4 Abs. 5 TVG, die als Rechtsfolge die Weitergeltung der Rechtsnormen eines Tarifvertrages anordnet, kann nicht dazu herangezogen werden, außer Kraft getretenes staatliches Recht außerhalb des dafür vorgesehenen Verfahrens in der Sache wieder „in Geltung“ zu setzen. Dies obliegt allein dem Verordnungsgeber (ebenso Sittard Voraussetzungen und Wirkungen der Tarifnormerstreckung nach § 5 TVG und dem AEntG 2008 S. 399 f.).

202. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf die Rechtsnormen des TV Mindestlohn Abbruch 2007 stützen.

21a) Nach § 1 Satz 1 der Dritten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Abbruchgewerbe (vom , BAnz. 2008 Nr. 48) finden die „Rechtsnormen des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne im Abbruch- und Abwrackgewerbe (TV Mindestlohn Abbruch) einschließlich Anhang (Lohngruppen) … auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung, die unter seinen am festgelegten Geltungsbereich fallen, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 175 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch erbringt.“

22b) Die Verordnung trat aber nach ihrem § 3 erst am in Kraft und erfasste daher aufgrund ihrer zeitlichen Geltung nicht das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis, welches bereits mit Ablauf des beendet war.

233. Der Kläger kann den Differenzlohnanspruch auch nicht auf Grundlage des TV Mindestlohn Bau 2005 vom beanspruchen.

24a) Der Anspruch ist bereits deshalb unbegründet, weil die Fünfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe (in der bis zum geltenden Fassung, BAnz. 2005 Nr. 164 S. 13 199, idF des Gesetzes zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung vom , BGBl. I S. 926, 933, nachfolgend 5. VO) während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht den Betrieb der Beklagten erfasste.

25aa) Nach § 1 Satz 1 der 5. VO über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe finden zwar die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung aufgeführten „Rechtsnormen des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom (TV Mindestlohn) … auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung, die unter seinen am gültigen Geltungsbereich fallen, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 175 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch erbringt.“

§ 2 Abs. 4 der 5. VO bestimmt aber in der bis geltenden Fassung:

27bb) Danach sind die Rechtsnormen des TV Mindestlohn Bau 2005 nicht auf die Parteien anzuwenden, weil der Betrieb der Beklagten von der Anwendungsausnahme nach § 2 Abs. 4 Nr. 5 der 5. VO erfasst wird.

28(1) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass der Betrieb der Beklagten dem betrieblichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 TV Mindestlohn Abbruch 2005 unterfällt. Danach gilt der Tarifvertrag für „Betriebe sowie selbständige Betriebsabteilungen, die ganz oder teilweise Bauwerke, Bauwerksteile oder einzelne Bauelemente aus Mauerwerk, Beton, Stahlbeton, Eisen, Stahl oder sonstigen Baustoffen, technische Anlagen - z. B. Industrieanlagen, Fabrikeinrichtungen - abbrechen, demontieren, sprengen, schneiden, sägen, bohren, pressen und Durchbruchsarbeiten ausführen; Schiffe abwracken; beim Abbrechen und Abwracken anfallende Stoffe recyceln; Altlasten beseitigen und Entkernungs- und Entschuttungsarbeiten ausführen.“

29Da die Beklagte nach dem Vortrag der Parteien solche Arbeiten ausführt, wird sie zugleich von der Anwendungsausnahme nach § 2 Abs. 4 der 5. VO erfasst. Dafür sprechen auch die mit dem Kläger arbeitsvertraglich durchzuführenden Arbeiten „Beräumung Waldflächen vom Bauschutt, Demontage baulicher Anlagen, Flächenrenaturierung im Forstamt G“ und die Leistungsbeschreibung nach den Verdingungsunterlagen. Weiterhin geht der Kläger selbst davon aus, dass die Beklagte Arbeiten im Sinne der Anwendungsausnahme durchführt.

30Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, die Beklagte führe „Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten“ iSd. Abschnitt 5 Nr. 29 BRTV-Bau aus, was wiederum für den betrieblichen Geltungsbereich des TV Mindestlohn Bau 2005 maßgebend sei, ist dies nicht ausreichend. Dass die Leistungen der Beklagten, wie es von § 2 Abs. 4 der 5. VO weiter verlangt wird, in einem unmittelbaren Zusammenhang mit anderen in den Betrieben oder in den selbstständigen Betriebsabteilungen in erheblichem Umfang anfallenden baulichen Leistungen stehen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

31(2) Das weitere Vorbringen der Revision, die Beklagte werde von der Anwendungsausnahme nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 der 5. VO nicht erfasst, weil sie nicht Mitglied im Deutschen Abbruchverband e. V., im Fachverband Betonbohren und -sägen Deutschland e. V. oder im Abbruchverband Nord e. V. sei, ist vorliegend ohne Bedeutung. Der Kläger übersieht, dass er sich insoweit auf die durch die Erste Verordnung zur Änderung der Fünften Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe (vom , BAnz. 2008 Nr. 38 S. 891) geänderte Fassung der Anwendungsausnahme in § 2 Abs. 4 Nr. 2 der 5. VO bezieht. Diese trat aber erst am in Kraft. Für die Dauer des bis Jahresende 2007 bestehenden Arbeitsverhältnisses galt diese geänderte Anwendungsausnahme jedoch nicht.

32b) Darüber hinaus wäre ein etwaiger Anspruch nach dem TV Mindestlohn Bau 2005 nach dessen § 2 Abs. 5 verfallen. Der Kläger hat seine Entgeltansprüche nicht binnen sechs Monaten nach Fälligkeit, die nach § 2 Abs. 4 TV Mindestlohn Bau 2005 am Fünfzehnten des Folgemonats eintritt, für den das Entgelt zu zahlen ist, gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

33aa) Der Zweck tariflicher Ausschlussfristen besteht darin, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen. Dabei soll dem Schuldner der gegen ihn gerichtete Anspruch deutlich gemacht werden. Diese Funktion kann eine Geltendmachung nur erfüllen, wenn der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und dessen Höhe wenigstens ungefähr ersichtlich gemacht wird. Deshalb müssen die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, erkennbar sein ( - zu II 3 b der Gründe mwN, AP BAT-O § 70 Nr. 2 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 136). Der Schuldner soll anhand der Geltendmachung erkennen können, welche Forderung erhoben wird (vgl. nur  - zu B II 3 a der Gründe, ZTR 1999, 420), damit er in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob er der Forderung entsprechen will oder welche Einwände ihm dagegen zur Verfügung stehen ( - zu II 1 der Gründe, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 50).

34bb) Danach liegt eine fristgerechte Geltendmachung der Ansprüche des Klägers nicht vor. Der Kläger hat sich in dem Geltendmachungsschreiben vom für seine bezifferte Forderung ausschließlich auf den TV Mindestlohn Abbruch 2005 als Anspruchsgrundlage gestützt. Deshalb bestand für die Beklagte kein Anlass, weitergehend zu prüfen, ob der Anspruch möglicherweise auch noch aufgrund einer anderen tariflichen Bestimmung begründet ist, die im Wege der Verordnung auf das zwischen den Parteien bestandene Arbeitsverhältnis anzuwenden ist. Das erstmals in der Revisionsbegründung vom auf den TV Mindestlohn Bau 2005 gestützte Verlangen wahrt nicht die sechsmonatige Ausschlussfrist.

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
DB 2011 S. 2099 Nr. 37
PAAAD-98669