BGH Beschluss v. - IX ZR 49/11

Haftung des Rechtsanwalts: Anhörung des Gegners des Vorprozesses im Haftungsprozess

Gesetze: § 280 Abs 1 BGB, § 611 BGB, § 141 ZPO, § 448 ZPO

Instanzenzug: OLG Dresden Az: 14 U 1850/10vorgehend LG Dresden Az: 1 O 578/09

Gründe

1Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.

21. Soweit die Klägerin die Anwendung des § 286 ZPO anstelle von § 287 ZPO durch die Vordergerichte beanstandet, beruht die angefochtene Entscheidung nicht auf dem gerügten Zulassungsgrund.

3Die Frage, wie der Vorprozess richtigerweise hätte entschieden werden müssen, beantwortet sich nach § 287 ZPO, weil es sich um ein Element der haftungsausfüllenden Kausalität handelt (, BGHZ 163, 223, 227). Im Streitfall könnte der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe möglicherweise darauf hindeuten, dass die Vordergerichte im Blick auf den Ausgang des Vorprozesses zu Unrecht die Regelung des § 286 ZPO zugrunde gelegt haben. Die angegriffene Entscheidung beruht jedoch ersichtlich nicht auf einem etwaigen Rechtsfehler. Beide Vordergerichte sind auf der Grundlage der als nicht glaubhaft eingestuften Aussage der Zeugin F.   zu dem Ergebnis gelangt, dass es nicht zu dem Abschluss eines Anwaltsvertrages zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Dr. H.    sowie dessen Sozietät gekommen ist. Bei dieser Sachlage kann ausgeschlossen werden, dass die Vordergerichte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem Vertragsschluss zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Dr. H.    sowie dessen Sozietät ausgegangen sind. Die Regelung des § 287 ZPO ändert nichts daran, dass der Klägerin die Beweislast für den Schadensnachweis obliegt (, WM 2007, 1183 Rn. 36).

42. Soweit die Beschwerde die Verwertung der Aussage des Zeugen Rechtsanwalt Dr. H.    durch die Vordergerichte beanstandet, wird der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) nicht ordnungsgemäß ausgeführt, weil es an Darlegungen darüber fehlt, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (, BGHZ 152, 182, 190 f). Davon abgesehen ist die Rüge auch in der Sache nicht begründet.

5Der grundsätzlich möglichen Anhörung des Gegners des Vorprozesses ( aaO S. 228) stand hier nicht entgegen, dass dieses Beweismittel bei pflichtgemäßem Handeln der in dem Vorprozess auftretenden Anwälte und sachgerechtem Verfahren des mit dem Vorprozess befassten Gerichts im dortigen Verfahren keinesfalls zur Verfügung gestanden hätte (BGH, aaO S. 229). In dem Vorprozess wäre es um den Inhalt eines zwischen der Zeugin F.   und dem dortigen Beklagten Rechtsanwalt Dr. H.    geführten Vier-Augen-Gespräch gegangen. Aus Gründen der Waffengleichheit hätte der Beklagte Rechtsanwalt Dr. H.    in diesem Verfahren gemäß § 141 oder § 448 ZPO als Partei angehört werden müssen (, WM 2011, 1484 Rn. 19). Folglich waren die Gerichte weder in dem Vorprozess noch in vorliegender Sache an der Vernehmung von Rechtsanwalt Dr. H.    gehindert.

63. Ein Willkürverstoß (Art. 3 Abs. 1 GG) scheidet aus, soweit das Berufungsgericht im Hinblick auf die Rückholung von Fahrzeugen aus der Schweiz Rechtsanwalt Dr. H.    keine Fehlberatung anlastet.

7a) Ein solcher Verstoß liegt nicht einmal bei einer zweifelsfrei fehlerhaften Rechtsanwendung vor. Hinzu kommen muss vielmehr, dass die Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Dies ist bei einer fehlerhaften Rechtsanwendung der Fall, die sachlich schlechthin unhaltbar ist, weil sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar erscheint (, Rn. 2 mwN).

8b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat Rechtsanwalt Dr. H.    gegenüber der Klägerin den Rat des Schweizerischen Rechtsanwalts, die Fahrzeuge zurückzuholen, "bekräftigt". Diese Äußerung konnte das Berufungsgericht - jedenfalls ohne Verstoß gegen das Willkürverbot - dahin würdigen, den Rat eines mit dem ausländischen Recht vertrauten Rechtsanwalts zu befolgen.

Kayser                                          Gehrlein                                      Vill

                        Lohmann                                        Fischer

Fundstelle(n):
OAAAD-94313