BGH Beschluss v. - 2 StR 228/11

Versuchtes unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Abgrenzung zu Vorbereitungshandlungen bei Anlegen einer Cannabis-Plantage

Gesetze: § 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG, § 22 StGB, § 23 StGB, § 30 Abs 2 StGB

Instanzenzug: LG Aachen Az: 64 KLs - 105 Js 188/10 - 34/10 Urteil

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dagegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hat. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den Feststellungen erklärte sich der Angeklagte gegenüber zwei unbekannt gebliebenen Männern bereit, zwei Zimmer seines Hauses zum Betrieb einer Cannabis-Plantage zu vermieten. Für die Überlassung der Räume wurde ein fester monatlicher Betrag von 1.000 € sowie je nach Ernteerträgen ein zusätzlicher Betrag vereinbart. Mitte Mai 2010 brachte der Angeklagte das Plantagenzubehör, das ihm von seinen Komplizen geliefert worden war, zu seinem Haus. Dort begannen die beiden unbekannt gebliebenen Männer am nächsten Tag mit der Ausgestaltung der Räume für den Aufbau der Plantage. Hierzu wurden u.a. Durchbrüche zum Dachboden für Lüftungsrohre geschaffen und Reflektorlampen montiert. Auch wurden bereits 300 Pflanztöpfe und 340 Säcke mit Erde in die Räume gebracht. Die Aufbauarbeiten sollten noch in derselben Woche abgeschlossen werden, so dass spätestens in der folgenden Woche die ersten Cannabissetzlinge hätten angepflanzt werden können. Zu einer Fertigstellung der Plantage kam es aufgrund einer Durchsuchung am nicht mehr.

32. Die Verurteilung wegen versuchten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht.

4Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit. Hiervon sind solche Handlungen abzugrenzen, die lediglich typische Vorbereitungen darstellen, weil sie weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes liegen (, BGHSt 50, 252, 265 f.). Dabei ist auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen. Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon die Aufzucht von Cannabispflanzen den Tatbestand des Handeltreibens erfüllen, wenn der Anbau auf die gewinnbringende Veräußerung der herzustellenden Betäubungsmittel zielt (vgl. Senat, Urteil vom - 2 StR 192/05, NStZ 2006, 578; , BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4; Beschluss vom - 3 StR 491/10, NJW 2011, 1461 mwN). Der Straftatbestand des unerlaubten Anbauens von Betäubungsmitteln entfaltet jedoch insoweit eine Begrenzungsfunktion für den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens, als er als Anfangsstadium den Versuch erst mit dem unmittelbaren Ansetzen zur Aussaat oder zum Anpflanzen beginnen lässt. Hierzu kommt es regelmäßig erst mit dem Heranschaffen des Saatguts oder der Setzlinge an die vorbereitete Fläche oder zu den vorbereiteten Pflanzgefäßen (vgl. aaO; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 60; Franke/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 7; Körner, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 82; MünchKomm StGB/ Rahlf, 1. Aufl., § 29 BtmG Rn. 80).

5Die Herbeischaffung und die begonnene Installation der für die Plantage erforderlichen Gerätschaften stellten hier für den Anbau von Cannabis lediglich typische Vorbereitungshandlungen dar, denen nach dem Tatplan zur Errichtung der Plantage ohnehin weitere vorbereitende Tätigkeiten erst noch folgen sollten. Die bisherigen Aufbauarbeiten lagen danach weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes. Der Angeklagte ist daher nur der Verabredung eines Verbrechens des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig (§§ 30 Abs. 2 StGB, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtmG).

63. Der Senat kann den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte auch gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

7Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Obgleich das Landgericht den nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtmG zugrunde gelegt hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass sich die geänderte Unrechtsbewertung zu Gunsten des Angeklagten ausgewirkt hätte, wenn schon das Landgericht nur von einer Verabredung statt von einem Versuch des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ausgegangen wäre.

Fischer                                        Appl                                       Berger

                     Eschelbach                                       Ott

Fundstelle(n):
BAAAD-92129