BGH Beschluss v. - V ZB 237/10

Rüge der Unwirksamkeit einer Vollmacht im Kostenfestsetzungsverfahren

Leitsatz

Hat das Prozessgericht auf die Rüge des Gegners einen Mangel der Vollmacht verneint, kann die Wirksamkeit der Vollmacht im Kostenfestsetzungsverfahren nicht mit derselben Begründung erneut in Frage gestellt werden .

Gesetze: § 88 Abs 1 ZPO

Instanzenzug: Az: 11 T 591/09 Beschlussvorgehend Az: 45 C 73/08

Gründe

I.

1Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Mehrere von der Gemeinschaft gefasste Beschlüsse wurden von dem Kläger angefochten. Nachdem die Klage dem damaligen Verwalter zugestellt worden war, beauftragte dieser eine Anwaltssozietät, die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte des Beschlussanfechtungsverfahrens zu vertreten. In diesem Verfahren rügte der Kläger die Vollmacht der gegnerischen Rechtsanwälte mit der Begründung, der Verwalter sei nicht berechtigt gewesen, diese zu beauftragen.

2Das Amtsgericht vertrat die Ansicht, dass sich die Befugnis des Verwalters, die Beklagten zu vertreten, aus der Vorschrift des § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG ergebe. Es erklärte einige der angefochtenen Beschlüsse für ungültig oder nichtig und wies die Klage im Übrigen ab. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger zu 63 % und den Beklagten zu 37 % auferlegt.

3Auf Antrag der Beklagten hat das Amtsgericht die von dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 2.400 € netto festgesetzt. Die dagegen gerichtete Beschwerde, mit der der Kläger weiterhin geltend macht, die Prozessbevollmächtigten der Beklagten seien von dem Verwalter nicht wirksam bevollmächtigt worden, ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter, die durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten entstandenen Kosten nicht festzusetzen.

II.

4Das Beschwerdegericht lässt offen, ob ein Mangel der Vollmacht im Kostenfestsetzungsverfahren gerügt werden kann. Die Rüge sei jedenfalls unbegründet. Die Vertretungsbefugnis des Verwalters folge aus § 27 Abs. 2 Satz 2 WEG. Die Vorschrift begründe die Vermutung, dass die Führung eines Passivprozesses im Sinne des § 43 Nr. 4 WEG eine objektiv erforderliche Maßnahme zur Abwehr von Nachteilen für die Wohnungseigentümer darstelle.

III.

5Die Rechtsbeschwerde bleibt schon deshalb ohne Erfolg, weil im Kostenfestsetzungsverfahren nicht erneut zu prüfen ist, ob der damalige Verwalter berechtigt war, einen Anwalt mit der Vertretung der Beklagten zu beauftragen.

6Gemäß § 88 ZPO kann der Mangel der Vollmacht eines Prozessbevollmächtigten von dem Gegner zwar in jeder Lage des Rechtsstreits und damit grundsätzlich auch noch im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (vgl. OLG Hamm, OLGR 2005, 385, 386; OLG Bamberg, JurBüro 1977, 1439, 1440; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 88 Rn. 2; MünchKomm-ZPO/v. Mettenheim, 3. Aufl., § 88 Rn. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 88 Rn. 2). Da in diesem Verfahren Einwendungen gegen die zugrunde liegende Kostengrundentscheidung nicht erhoben werden können, ist die Rüge allerdings unbeachtlich, soweit sie sich auf die Vollmacht zur Führung des Prozesses in der Hauptsache bezieht. Gerügt werden kann nur die Berechtigung, einen Kostenfestsetzungsantrag für die Partei zu stellen (so zutreffend: OLG Hamm, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO).

7Auch eine solche Rüge ist aber ausgeschlossen, wenn ein möglicher Mangel der Vollmacht in dem vorausgegangenen Rechtsstreit bereits geprüft und verneint worden ist. Die Beurteilung des für die Hauptsache zuständigen Gerichts bleibt dann - vorbehaltlich einer Überprüfung durch die höhere Instanz - für die weiteren Prozesshandlungen des Bevollmächtigten maßgeblich und kann deshalb im Kostenfestsetzungsverfahren, welches einen Teil des Rechtsstreits bildet (vgl. , NJW-RR 2007, 422 Rn. 8), nicht mit derselben Begründung erneut in Frage gestellt werden (vgl. BVerwG, AnwBl 1987, 236; KG, JurBüro 2008, 316, 317; LG Bonn, AnwBl 1983, 518, 519).

8So verhält es sich hier. Nachdem das Amtsgericht die Vollmacht der für die Beklagten aufgetretenen Rechtsanwälte geprüft und im Hinblick auf § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG für wirksam erachtet hat, wären Einwendungen gegen diese Rechtsansicht mit der Berufung geltend zu machen gewesen. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist der Kläger mit ihnen ausgeschlossen.

IV.

9Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger                                    Stresemann                                          Roth

                    Brückner                                          Weinland

<Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Berichtigungsbeschluss vom wurde in den Beschlusstext eingearbeitet.>

Fundstelle(n):
BB 2011 S. 2370 Nr. 39
NJW 2011 S. 3722 Nr. 51
NJW 2011 S. 8 Nr. 40
ZAAAD-92121