Bayerisches Landesamt für Steuern - S 2252.1.1-6/4 St32

Ertragsteuerliche Erfassung der Zinsen auf Steuernachforderungen und Steuererstattungen gem. § 233a AO

Erstattungszinsen gem. § 233a AO sind als Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig, soweit sie nicht zu den Betriebseinnahmen gehören. Bei den Nachzahlungszinsen handelt es sich um nicht berücksichtigungsfähige private Schuldzinsen i. S. des § 12 Nr. 3 EStG.

Werden Erstattungszinsen festgesetzt, so sind diese im Zeitpunkt des Zuflusses als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen. Kommt es anschließend zu einer Änderung des zugrunde liegenden Steuerbescheids zuungunsten des Steuerpflichtigen und damit auch zu einer Minderung und (Teil-) Rückzahlung zuvor festgesetzter Erstattungszinsen, so handelt es sich insoweit um negative Einnahmen aus Kapitalvermögen. Diese sind im Zeitpunkt des Abflusses zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 2 S. 1 EStG).

Die Verpflichtung zur Rückzahlung der erhaltenen Erstattungszinsen bestand bereits in dem Zeitpunkt, in dem die Steuerpflichtigen diese erhielten. Dies ergibt sich für die Einkommensteuer aus § 38 AO i. V. m. § 36 Abs. 1 EStG, wonach die Einkommensteuer mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entsteht. Wird sie zunächst in unzutreffender Höhe festgesetzt, basiert die Zinsberechnung nach § 233a AO auf der materiell-rechtlich unzutreffend festgesetzten Einkommensteuer. Die Verpflichtung zur Rückzahlung der erhaltenen Erstattungszinsen besteht dem Grunde nach bereits im Zeitpunkt der unzutreffenden Zinsfestsetzung. Sie konkretisiert sich jedoch erst mit der geänderten Zinsfestsetzung. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang der Grund der korrigierten Veranlagung.

Entsprechend sind auch Rückzahlungen von durch den Steuerpflichtigen beglichenen Nachzahlungszinsen zu beurteilen. Die Nachzahlungszinsen gehören zu den nicht abziehbaren Aufwendungen i. S. des § 12 Nr. 3 EStG. Bei Rückzahlung dieser an den Steuerpflichtigen handelt es sich nicht um steuerpflichtige Erstattungszinsen, sondern um die Minderung zuvor festgesetzter Nachzahlungszinsen, die nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfasst werden. Die Nichtberücksichtigung ist auf die bisher geleisteten Nachzahlungszinsen begrenzt.

Werden Nachzahlungszinsen erstattet, die (bis einschl. Veranlagungszeitraum 1998) als Sonderausgaben abgezogen wurden, führt dies gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu einer Berichtigung des entsprechenden Einkommensteuerbescheides. Insoweit liegt ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung vor (vgl. BStBl 1999 II S. 95).

Einer Billigkeitsregelung bedarf es in diesen Fällen, in denen die Änderungen den gleichen Veranlagungszeitraum betreffen, nicht – im Gegensatz zu Fällen, in denen Erstattungs- und Nachzahlungszinsen, die auf ein- und demselben Ereignis beruhen, für unterschiedliche Veranlagungszeiträume festgesetzt werden (s. ESt-Kartei § 20 Karte 17.1).

Beispiel 1:
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ESt-Bescheid 2007 vom :
 
 
Nachzahlung ESt
200.000 €
 
 
Zinslauf 6 Monate
 
 
festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen)
 
6.000 €
Änderungsbescheid vom :
 
 
Erstattung ESt
220.000 €
 
 
Erstattungszinsen
 
– 3.900 €
(20.000 € vom  = 6 Monate = 600 €
220.000 € vom  = 3 Monate = 3.300 €)
 
bisher festgesetzte Zinsen
6.000 €
 
Minderung
 
 
(200.000 € vom  = 6 Monate)
6.000 €
 
 
 
0 €
0 €
festzusetzende Zinsen
 
– 3.900 €
Erstattungsbetrag
 
9.900 €

Bei dem Erstattungsbetrag handelt es sich i. H. v. 3.900 € um Erstattungszinsen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Der darüber hinausgehende Betrag i. H. v. 6.000 € stellt eine Rückerstattung von im Jahr 2009 entrichteter Nachzahlungszinsen dar und zählt nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Beispiel 2:
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ESt-Bescheid 2006 vom :
 
 
Nachzahlung ESt
180.000 €
 
 
Zinslauf 4 Monate
 
 
festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen)
 
3.600 €
Änderungsbescheid vom :
 
 
Erstattung ESt
80.000 €
 
 
Erstattungszinsen
 
– 3.200 €
(80.000 € vom  = 8 Monate)
 
 
bisher festgesetzte Zinsen
3.600 €
 
Minderung
 
 
(80.000 € vom  = 4 Monate)
1.600 €
 
 
 
2.000 €
2.000 €
festzusetzende Zinsen
 
– 1.200 €
Erstattungsbetrag
 
4.800 €

Die im Jahr 2008 entrichteten Nachzahlungszinsen sind nicht abziehbare Aufwendungen i. S. des § 12 Nr. 3 EStG.

Die mit Bescheid vom festgesetzten Erstattungszinsen i. H. v. 3.200 € sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen im VZ 2009 zu erfassen. Der darüber hinausgehende Erstattungsbetrag von 1.600 € stellt eine Rückzahlung von Nachzahlungszinsen dar und ist nicht steuerpflichtig.

Beispiel 3:
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ESt-Bescheid 2007 vom :
 
Erstattung ESt
100.000 €
 
Zinslauf 5 Monate
 
 
festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen)
– 2.500 €
Anderungsbescheid vom :
 
Rückforderung ESt
20.000 €
 
Zinslauf 12 Monate (Nachzahlungszinsen)
1.200 €
festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen)
– 1.300 €

Nur soweit Erstattungszinsen und Nachzahlungszinsen für den selben Betrag und den selben Zeitraum berechnet werden, handelt es sich um eine Rückabwicklung der zunächst berechneten und gezahlten Zinsen (vgl. EFG 2004 S. 498).

Im Beispielsfall gibt es eine Überschneidung im obigen Sinn für 20.000 € und 5 Monate. In Höhe von 500 € (= 20.000 € × 2,5 %) liegt daher eine Rückzahlung von Erstattungszinsen und damit eine negative Einnahme aus Kapitalvermögen vor. Bei dem darüber hinausgehenden Betrag von 700 € handelt es sich dagegen um nicht abziehbare Nachzahlungszinsen.

Hinweis: Die bisherige Karte 17.2 zu § 20 EStG (Kontroll-Nr. 11/2011 ist auszureihen.

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2252.1.1-6/4 St32

Fundstelle(n):
ESt-Kartei BY § 20 EStG Karte 17.2 - 63/2011 -
BB 2011 S. 2726 Nr. 44
DB 2011 S. 19 Nr. 42
DB 2011 S. 2408 Nr. 43
IAAAD-91000