Krankenversicherung - freiwillig versicherter Selbstständiger - vorläufige Beitragsfestsetzung durch einstweiligen Bescheid - rückwirkende Berücksichtigung geringerer Einnahmen für die endgültige Beitragsfestsetzung auch bei Vorlage der nachweisenden Steuerbescheide erst im Widerspruchsverfahren
Gesetze: § 240 Abs 1 S 1 SGB 5, § 240 Abs 1 S 2 SGB 5, § 240 Abs 2 S 1 SGB 5, § 240 Abs 4 S 2 SGB 5 vom , § 240 Abs 4 S 3 SGB 5 vom , § 15 Abs 1 SGB 4
Instanzenzug: Az: S 8 KR 119/08 Urteilvorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: L 5 KR 51/09 Urteil
Tatbestand
1Die Beteiligten streiten über die Höhe der für die Zeit vom 1.1. bis zu zahlenden Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung.
2Die Klägerin ist seit März 2005 als Betreiberin eines Hausmeisterservices sowie eines Kurierdienstes hauptberuflich selbstständig erwerbstätig und bei der AOK Rheinland - Die Gesundheitskasse sowie nach deren Fusion mit einer weiteren Krankenkasse ab bei deren Rechtsnachfolgerin, der beklagten Krankenkasse, freiwillig versichert. Mit Bescheiden vom und setzte die erstgenannte Krankenkasse die ab von der Klägerin zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge vorläufig in Höhe der von hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen Versicherten zu zahlenden Mindestbeiträge nach beitragspflichtigen Einnahmen von monatlich 1811,25 Euro fest. Nachdem die Klägerin im Februar 2006 Unterlagen zu Umsatzsteuervorauszahlungen für das Jahr 2005 eingereicht hatte, wurden mit Bescheid vom unter Änderung der bisherigen Beitragsfestsetzungen die für die Zeit ab zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge - erneut vorläufig - nach monatlichen Einkünften von nunmehr 2354,09 Euro festgesetzt.
3Im Herbst 2006 übersandte die Klägerin der Beklagten den Einkommensteuerbescheid vom für das Jahr 2005, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 40 454 Euro auswies. Gleichzeitig machte sie geltend, dass sich ihr Gewinn im Jahr 2006 auf maximal 10 000 Euro belaufen werde, weil ihr Ehemann seit März 2006 als Arbeitnehmer in ihrem Betrieb angestellt sei. Mit Bescheid vom setzte die Beklagte die Höhe der monatlichen Krankenversicherungsbeiträge endgültig für die Zeit ab mit 447,68 Euro und für die Zeit ab Januar 2006 mit 466,69 Euro fest. Der Beitragsbemessung legte sie monatliche beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1/10 der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, begrenzt auf die Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 3562,50 Euro, zugrunde.
4Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid in Bezug auf die Beitragsfestsetzung für die Zeit ab Januar 2006 Widerspruch ein und übersandte im Dezember 2007 den Einkommensteuerbescheid vom für das Jahr 2006, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von lediglich 27 373 Euro auswies. Daraufhin setzte die Beklagte mit Bescheid vom die Beiträge für die Zeit ab nur noch nach monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen von 1/12 des Jahresbetrags dieser Einkünfte, nämlich 2281,08 Euro, und damit in Höhe von monatlich 317,07 Euro fest. Mit Widerspruchsbescheid vom wies sie den Widerspruch im Übrigen zurück.
5Das die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides verurteilt, die Beiträge für die Zeit vom 1.1. bis unter Zugrundelegung des Einkommensteuerbescheides 2006 festzusetzen. Das LSG hat die Berufung der Beklagten unter Neufassung des Tenors des Urteils des SG zurückgewiesen: Die Beklagte habe die Beitragshöhe für das Jahr 2006 zunächst nur vorläufig geregelt. Erfolge eine vorläufige Beitragsfestsetzung, sei die Beitragshöhe bei der endgültigen Festsetzung entsprechend den nunmehr vorliegenden Einkommensnachweisen rückwirkend festzusetzen, auch wenn diese - wie hier der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 - erst im Widerspruchsverfahren vorgelegt würden (Urteil vom ).
6Die Beklagte rügt mit ihrer Revision sinngemäß die Verletzung von § 240 Abs 4 SGB V. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2005 seien mit dem Bescheid vom die Beiträge für die Zeit bis bestandskräftig festgesetzt worden. Bei der in diesem Bescheid ebenfalls erfolgten Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1.1. bis habe es sich deshalb nicht mehr um die erstmalige Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge nach Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit, sondern bereits um die zweite - endgültige - Beitragsfestsetzung gehandelt. Von der vorgenommenen Festsetzung habe daher nach dem (BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12) gemäß § 240 Abs 4 Satz 2 und 3 SGB V aF unter Berücksichtigung der im Steuerbescheid für 2006 ausgewiesenen niedrigeren Einkünfte erst ab dem Zeitpunkt seiner Vorlage im Dezember 2007 mit Wirkung für die Zukunft abgewichen werden dürfen.
7Die Beklagte beantragt sinngemäß,das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom sowie das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom aufzuheben und die Klage abzuweisen.
8Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
9Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Gründe
101. Der Senat konnte über die Revision der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).
112. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.
12Zu Recht hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende SG-Urteil unter Klarstellung des Tenors des erstinstanzlichen Urteils zurückgewiesen; denn das SG hat zutreffend den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom teilweise aufgehoben. Diese Bescheide sind rechtswidrig, soweit mit ihnen - für die Zeit vom 1.1. bis - die Krankenversicherungsbeiträge nach höheren monatlichen Einnahmen als 2281,08 Euro festgesetzt wurden. Der Senat hat zur weiteren Klarstellung lediglich den Tenor des LSG-Urteils neu gefasst, um hervorzuheben, auf welchen Zeitraum sich die betragsmäßig begrenzte Beitragsfestsetzung bezieht. Für die endgültige Festsetzung der Beiträge sind insoweit die von der Klägerin im Dezember 2007 durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006 nachgewiesenen Einnahmen zu berücksichtigen.
13a. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Anfechtung der Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge in den genannten Bescheiden nur insoweit, als die Beklagte die Beiträge endgültig für die Zeit vom 1.1. bis nach höheren monatlichen Einnahmen als 2281,08 Euro festgesetzt hat. Zwar hat das LSG in dem von ihm zur Klarstellung neu gefassten Tenor anders als das SG die teilweise Aufhebung des Beitragsbescheides nicht ausdrücklich auf den Zeitraum vom 1.1. bis beschränkt; aus den Entscheidungsgründen, die zur Auslegung der Urteilsformel heranzuziehen sind (vgl zB BSGE 6, 97, 98; BSGE 100, 19 = SozR 4-2600 § 281 Nr 1, RdNr 16), ergibt sich jedoch mit hinreichender Deutlichkeit, dass es nur über die Beitragsfestsetzung für das Jahr 2006 entschieden und damit den Tenor nur hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für diesen Zeitraum neu gefasst hat. Dies hat der Senat in seiner Urteilsformel klargestellt. Nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom . Einer Anfechtung des im Widerspruchsverfahren ergangenen Beitragsbescheides vom bedurfte es auch nicht, da dieser nur die - von der Klägerin im hiesigen Rechtsstreit nicht beanstandete - Beitragshöhe für die Zeit ab betrifft und er keine Aussage dazu enthält, wie es sich mit der Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1.1. bis (bzw bis ) verhält; insoweit führt - über den Ausgangsbescheid vom hinaus - allein der Widerspruchsbescheid vom zu einer Beschwer der Klägerin.
14b. Zutreffend ist das LSG ebenfalls davon ausgegangen, dass die Klägerin nur eine Teilanfechtungsklage erhoben hat. Auf eine solche Klage konnte sie sich in zulässiger Weise beschränken (vgl zB BSGE 87, 228, 229 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 34 S 156; BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 6 RdNr 12).
15c. Für die Zeit vom 1.1. bis waren die Krankenversicherungsbeiträge der Klägerin nach der für die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder geltenden Vorschrift des § 240 SGB V nicht nach höheren monatlichen Einnahmen als 2281,08 Euro festzusetzen.
16Nach § 240 Abs 1 und 2 SGB V (in der hier anzuwendenden Fassung vom 14.11./ <BGBl I 2190, 2954>, die ab bzw galt) wurde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt (Abs 1 Satz 1), wobei sicherzustellen war, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigte (Abs 1 Satz 2). Die Satzung musste mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen waren (Abs 2 Satz 1). Nach § 240 Abs 4 Satz 2 und 3 SGB V(in der seit geltenden Fassung - Satz 2 und 3 angefügt durch Art 1 Nr 137 Buchst c des Gesundheitsstrukturgesetzes vom <BGBl I 2266>, Änderungen durch Art 3 Nr 6 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom <BGBl I 4621> und durch Art 3a Nr 2 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom <BGBl I 1706>, Satz 3 nunmehr Satz 6 - im Folgenden: aF) galten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (Satz 2). Veränderungen der Beitragsbemessung konnten aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (Satz 3). § 19 der für die Zeit vom 1.1. bis anwendbaren Fassung der Satzung der AOK Rheinland - Die Gesundheitskasse sowie § 19 der ab anwendbaren Fassung der Satzung der Beklagten, die revisibles Recht iS von § 162 SGG enthalten, weil sich ihr Geltungsbereich über den Bezirk des LSG hinaus erstreckt, enthielten jeweils inhaltsgleiche Regelungen.
17Die Beklagte war nach diesen Vorschriften zwar berechtigt, die Krankenversicherungsbeiträge der Klägerin, die seit dem hauptberuflich selbstständig erwerbstätig und freiwillig versichert war, trotz der im Jahre 2005 und 2006 erlassenen, die Beitragshöhe vorläufig für das Jahr 2006 regelnden Bescheide rückwirkend für dieses Jahr endgültig festzusetzen (dazu unter aa). Zu Unrecht hat die Beklagte die Beiträge jedoch nach höheren Einnahmen als 2281,08 Euro bemessen, denn die Klägerin hatte für den Zeitraum vom 1.1. bis niedrigere Einnahmen in dieser Höhe nachgewiesen. Der während des Widerspruchsverfahrens vor Erlass des Widerspruchsbescheides vom vorgelegte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 musste von der beklagten Krankenkasse bzw ihrer Rechtsvorgängerin als Nachweis niedrigerer Einnahmen bereits für die Zeit ab berücksichtigt werden (dazu unter bb). Die für das Jahr 2006 zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge wurden insoweit erstmals endgültig festgesetzt, da § 240 Abs 4 Satz 3 SGB V aF insoweit nicht anwendbar war (dazu unter cc).
18aa. Die Beklagte war berechtigt, die Beitragshöhe für das Jahr 2006 neu festzusetzen, ohne an bereits ergangene vorherige Beitragsfestsetzungen für diese Zeit gebunden zu sein. Zuletzt war die Höhe der für die Zeit vom 1.1. bis zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge mit dem für die Beteiligten bindend gewordenen Bescheid vom - wie auch bereits vorher mit Bescheiden vom 2.5. und - lediglich vorläufig durch einstweiligen Verwaltungsakt festgesetzt worden. Solche vorläufigen Festsetzungen entfalten nach der Rechtsprechung des Senats keine Bindungswirkung für die endgültige Beitragsfestsetzung, sondern erledigen sich iS von § 39 Abs 2 SGB X mit der formellen endgültigen Festsetzung (vgl hierzu BSGE 96, 119 = SozR 4-2500 § 240 Nr 5, RdNr 12 ff; BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 10 RdNr 14).
19bb. Für die endgültige Festsetzung der Beitragshöhe im hier angefochtenen Bescheid vom musste die Beklagte den Inhalt des im Widerspruchsverfahren vorgelegten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006 zum Nachweis niedrigerer Einnahmen der Klägerin berücksichtigen.
20Zutreffend ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die für die Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung der Klägerin maßgeblichen Einnahmen aus ihrer selbstständigen Tätigkeit dem Arbeitseinkommen iS von § 15 Abs 1 SGB IV entsprachen und dass deren Höhe grundsätzlich dem Einkommensteuerbescheid zu entnehmen war (vgl BSGE 79, 133, 138 ff = SozR 3-2500 § 240 Nr 27 S 102 ff; BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 14 ff). Dementsprechend errechnete sie auch unter Berücksichtigung der mit dem Steuerbescheid für das Jahr 2006 nachgewiesenen Einnahmen in Höhe von 27 373 Euro jährlich bzw 2281,08 Euro monatlich die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge, dies jedoch erst ab Dezember 2007. Die nachgewiesenen geringeren Einnahmen waren jedoch für die endgültige Beitragsfestsetzung bereits im Zeitraum vom 1.1. bis zu berücksichtigen; denn die Klägerin hatte noch während des Widerspruchsverfahrens den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vorgelegt und damit ihre Einnahmen für dieses Kalenderjahr vor Erlass des Widerspruchsbescheides vom nachgewiesen. Damit war für den Zeitraum vom 1.1. bis die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen nach monatlichen Einnahmen von lediglich 2281,08 Euro gerechtfertigt.
21Wie der Senat bereits entschieden hat, ist im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides für die Beurteilung, ob und welche niedrigeren Einnahmen nachgewiesen und im endgültigen Beitragsbescheid zu berücksichtigen sind, regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung im Widerspruchsverfahren durch den Widerspruchsausschuss abzustellen. Wird erstmals über die endgültige Beitragsfestsetzung entschieden, nachdem zunächst lediglich eine vorläufige Beitragsfestsetzung durch einstweilige Regelung erfolgt ist, sind die Beiträge rückwirkend aufgrund der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Nachweise festzusetzen und es ist ggf im Widerspruchsverfahren zu überprüfen, ob solche Nachweise vorliegen (vgl BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 10 RdNr 16 ff).
22cc. Die Beklagte hat zu Unrecht angenommen, dass gemäß § 240 Abs 4 Satz 3 SGB V aF die durch den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 nachgewiesenen Einnahmen erst bei der Beitragsfestsetzung für Zeiträume nach der Vorlage des Steuerbescheides im Dezember 2007 zu berücksichtigen waren. Sie stützt sich zu Unrecht unter Berufung auf Rechtsprechung des Senats (BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 17 ff) darauf, dass bereits eine erstmalige (endgültige) Beitragsfestsetzung erfolgt und damit die Berücksichtigung niedrigerer Einnahmen für Zeiträume vor Einreichung der entsprechenden Nachweise ausgeschlossen war. Eine endgültige Beitragsfestsetzung für den Zeitraum vom 1.1. bis erfolgte nämlich erst durch die Festsetzung im Widerspruchsbescheid vom , der den teilweise angefochtenen Ausgangsbescheid vom hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für diese Zeit modifizierte (vgl § 95 SGG).
23Entgegen der Auffassung der Beklagten lag nicht allein deshalb, weil die Klägerin die im Bescheid vom ebenfalls erfolgte Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1.3. bis nicht mit dem Widerspruch angriff - und dieser insoweit bestandskräftig wurde -, für die anschließende Zeit vom 1.1. bis eine (zweite) endgültige Beitragsfestsetzung für das Jahr 2006 vor, die nur für die Zeit ab Vorlage neuer Nachweise gemäß § 240 Abs 4 Satz 3 SGB V aF hätte geändert werden dürfen. Der bestandskräftige Teil der Beitragsfestsetzung betraf nämlich allein den Zeitraum vom 1.3. bis , nicht jedoch auch die Beitragsbemessung ab . Selbst wenn der angefochtene Bescheid über die Beitragshöhe in zwei voneinander getrennten Zeiträumen entscheidet, liegt ein Fall des § 240 Abs 4 Satz 3 SGB V aF nicht vor. Diese Regelung erfasst weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck die erstmalige endgültige Feststellung der Beitragshöhe von hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen, wenn zunächst zu Beginn der Tätigkeit Beiträge immer nur lediglich vorläufig festgesetzt wurden, weil ein Nachweis geringerer Einnahmen durch Beibringung geeigneter Beweismittel noch nicht möglich war (vgl BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 10 RdNr 17 f). Eine solche noch revidierbare Beitragsfestsetzung liegt auch dann vor, wenn im Verfahren der erstmaligen endgültigen Beitragsbemessung zunächst der Nachweis geringerer Einnahmen durch Vorlage eines Einkommensteuerbescheides für einen früheren Zeitraum geführt und dann im Verfahren der erstmaligen endgültigen Beitragsbemessung für den weiteren Zeitraum ein aktueller, den streitigen Zeitraum betreffender Einkommensteuerbescheid vorgelegt wird. Auch dann erfolgt nach einer zunächst immer nur vorläufigen Beitragsbemessung erstmals die endgültige Beitragsbemessung. Waren für beide Zeiträume bisher die Beiträge nur vorläufig festgesetzt worden, hindert die bestandskräftige erstmalige Festsetzung der Beitragshöhe für den ersten Zeitraum nicht die rückwirkende Berücksichtigung der vorgelegten Nachweise für den zweiten Zeitraum, wenn für diesen eine bestandskräftige endgültige Beitragsfestsetzung fehlt, zumal dann, wenn - wie hier - ohnehin von vornherein geltend gemacht wird, dass sich gegenüber dem ersten Zeitraum noch erhebliche einnahmenmindernde Besonderheiten ergeben haben (hier: Absenkung des Betriebsgewinns im Jahr 2006 auf einen Bruchteil desjenigen des Jahres 2005 wegen erhöhter Betriebsausgaben infolge Beschäftigung des Ehemanns seit März 2006).
24Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Senats vom (B 12 KR 21/08 R - BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12) stützt deren Rechtsauffassung nicht. Im dortigen Fall war der Beitragsbemessung nämlich bereits eine bestandskräftige endgültige Festsetzung der Beitragshöhe mit Dauerwirkung für die Zukunft vorausgegangen, deren Abänderung für die Vergangenheit aufgrund der Vorlage neuer Nachweise begehrt wurde. Im Falle der Klägerin war dagegen lediglich die Beitragsfestsetzung für die Zeit ab 1.3. bis bestandskräftig, nicht jedoch diejenige für die Zeit ab .
253. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2011:300311UB12KR1809R0
Fundstelle(n):
BAAAD-90000