Zur Steuerbefreiung des Grundstückserwerbs im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung
Leitsatz
1. Vereinbaren Ehegatten zur Regelung der Vermögensauseinandersetzung im Zusammenhang mit ihrer Scheidung, dass sie vorerst Miteigentümer des weiterhin von einem Ehegatten und dem gemeinsamen Kind genutzten Wohnhauses bleiben, und erhält der nutzende Ehegatte ein notariell beurkundetes Ankaufsrecht für den Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten, ist ein nach der Scheidung aufgrund des Ankaufsrechts erfolgter Erwerb vom früheren Ehegatten nach § 3 Nr. 5 GrEStG steuerfrei.
2. § 3 Nr. 5 GrEStG begünstigt nicht den Grundstückserwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten.
Gesetze: GrEStG § 3 Nr. 5
Instanzenzug: (EFG 2009, 1485) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
1Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr früherer Ehemann (E) waren je zur Hälfte Miteigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, das nach dem Auszug des E weiterhin von der Klägerin und dem gemeinsamen Sohn der Eheleute genutzt wurde. Die Ehe wurde 1991 geschieden.
2Am schlossen die Klägerin und E im Hinblick auf die damals bereits beabsichtigte Scheidung einen notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag. Darin vereinbarten sie, dass es hinsichtlich des Grundstücks vorerst bei den bestehenden Eigentumsverhältnissen bleiben solle. E räumte, auch mit Wirkung gegenüber seinen Rechtsnachfolgern, der Klägerin das Recht ein, seinen Miteigentumsanteil zu kaufen, sobald sie dies verlangt. Als Kaufpreis war der zum Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts geltende hälftige Verkehrswert des Gesamtobjekts vereinbart. Sollten sich die Beteiligten darüber nicht einigen können, sollte der Kaufpreis durch ein Schiedsgutachten eines von der Industrie- und Handelskammer zu bestellenden vereidigten Sachverständigen mit bindender Wirkung für die Beteiligten festgestellt werden. Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin wurde eine Auflassungsvormerkung bewilligt und in das Grundbuch eingetragen. E bestellte außerdem zugunsten der Klägerin ein Nießbrauchsrecht an seinem Miteigentumsanteil. Das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, war bis zum Tod des Längstlebenden der Miteigentümer ausgeschlossen.
3E verstarb am . Er wurde von seiner zweiten Ehefrau (K) beerbt.
4Im Rahmen eines Zivilprozesses einigte sich die Klägerin mit K auf einen Kaufpreis für den Miteigentumsanteil von 75.000 €. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom übertrug K der Klägerin den Miteigentumsanteil. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte für diesen Erwerbsvorgang mit Bescheid vom Grunderwerbsteuer von 2.625 € gegen die Klägerin fest.
5Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 5 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) u.a. deshalb beanspruchte, weil sie das Ankaufsrecht bereits wirksam gegenüber E ausgeübt habe, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, dass die personenbezogenen Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt seien, weil die Klägerin den Miteigentumsanteil nicht von E, sondern von seiner Rechtsnachfolgerin K erworben habe. Auch wenn die Ausübung des Ankaufsrechts keiner Form bedurft habe, sei es dazu vor dem Ableben des E wegen der fehlenden Einigung über den Kaufpreis nicht gekommen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1485 veröffentlicht.
6Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 3 Nr. 5 GrEStG.
7Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Grunderwerbsteuerbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 0 € herabgesetzt wird.
8Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
9Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des FG ist für die wirksame Ausübung des Ankaufsrechts noch vor dem Ableben des E nicht erforderlich, dass sich die Klägerin und E über die genaue Höhe des Kaufpreises für den erworbenen Miteigentumsanteil geeinigt haben. Da der Kaufpreis aufgrund der notariellen Vereinbarung vom bestimmbar war, kann mit einer Ausübung des Ankaufsrechts gegenüber E ein Anspruch der Klägerin auf Übereignung des Miteigentumsanteils i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entstanden sein. Dieser Erwerb wäre nach § 3 Nr. 5 GrEStG steuerfrei. In diesem Fall konnte der vom FA der Besteuerung unterworfene Vertrag vom nicht zum nochmaligen Entstehen von Grunderwerbsteuer führen. Da das FG noch nicht festgestellt hat, ob die Klägerin ihr Ankaufsrecht gegenüber E ausgeübt und dadurch bereits vor dem Ableben des E einen Übereignungsanspruch erworben hatte, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
101. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet. Ein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang in diesem Sinne ist gegeben, wenn ein notariell beurkundetes Ankaufsrecht wirksam ausgeübt wird (vgl. , BFHE 82, 51, BStBl III 1965, 265, und vom II R 162/66, BFHE 106, 367, BStBl II 1972, 828).
11a) Das Ankaufsrecht ermöglicht dem Ankaufsberechtigten, einen Gegenstand, insbesondere ein Grundstück, unter den vereinbarten Voraussetzungen kaufen zu können. Da gesetzliche Regelungen fehlen, muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, welche Vertragsgestaltung und welche Rechtswirkung die Vertragsbeteiligten für das Ankaufsrecht gewählt haben (vgl. , Neue Juristische Wochenschrift –-NJW— 1990, 1233, m.w.N.).
12Ist der notariell beurkundete Vertrag, durch den ein Ankaufsrecht begründet wird, als aufschiebend bedingter Kaufvertrag zu beurteilen, ist die Ausübung des vereinbarten Ankaufsrechts formfrei möglich (vgl. , Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht –-NJW-RR— 1996, 1167). Bei einer solchen Vertragsgestaltung kommt ein für beide Seiten verbindlicher Kaufvertrag mit der Ausübung des Ankaufsrechts auch dann zustande, wenn der ursprüngliche Vertrag den Kaufpreis nicht beziffert, sondern lediglich den Maßstab (z.B. Verkehrswert) und die Methode zu dessen Ermittlung regelt. Zur Wirksamkeit eines Kaufvertrags reicht es aus, wenn der Kaufpreis der Höhe nach bestimmbar ist; auch eine Schiedsgutachterklausel nach § 317 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist zulässig (vgl. Palandt/Weidenkaff, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl., § 433 Rz 39). Dementsprechend kann auch das Ankaufsrecht wirksam ausgeübt werden, wenn der Kaufpreis bestimmbar ist bzw. durch einen Dritten bestimmt werden soll (vgl. , Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen 1970, 493; vom V ZR 103/88, NJW-RR 1989, 1037; vom V ZR 104/90, NJW 1991, 2698). Ist bei der Vereinbarung des Ankaufsrechts festgelegt, dass maßgebender Kaufpreis für das Grundstück der zum Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts geltende Verkehrswert des Grundstücks ist, genügt dies für die Bestimmbarkeit des Kaufpreises.
13Das Ankaufsrecht ist ausgeübt, wenn die Erklärung des Ankaufsberechtigten, er wolle das Grundstück zum Verkehrswert erwerben, dem Verpflichteten zugegangen ist (vgl. § 130 BGB).
14b) Das FG ist in der angefochtenen Entscheidung ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass die Ausübung des Ankaufsrechts weder der notariellen Beurkundung noch der Schriftform bedurfte und damit der Vertrag über die Einräumung des Ankaufsrechts als aufschiebend bedingter Kaufvertrag anzusehen ist. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beteiligten haben insoweit auch keine Einwände erhoben.
15Unzutreffend ist jedoch die Auffassung des FG, dass die Ausübung des Ankaufsrechts durch die Klägerin nur bei einer Einigung mit E über die Höhe des Verkehrswerts des Miteigentumsanteils zivilrechtlich wirksam wäre. Deshalb war das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat noch nicht festgestellt, ob die Klägerin das Ankaufsrecht gegenüber E vor dessen Ableben tatsächlich ausgeübt und damit einen Anspruch auf Übereignung des Miteigentumsanteils erworben hatte. Die Verhandlungen zwischen der Klägerin und E über den Verkehrswert des Miteigentumsanteils im Februar 2003 können ein Indiz für die Ausübung des Ankaufsrechts sein. Eine Ausübungserklärung liegt vor, wenn die Klägerin mit den Verhandlungen über den Verkehrswert ihr Ankaufsrecht ausüben wollte, also ihren Willen bekundet hat, den Miteigentumsanteil des E zum Verkehrswert zu erwerben, und dies für E erkennbar war. Hat die Klägerin ihr Ankaufsrecht gegenüber E ausgeübt, liegt darin ein Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, der nach § 3 Nr. 5 GrEStG steuerfrei ist (nachfolgend unter II.2.a). Der vom FA der Besteuerung unterworfene Vertrag vom konnte nicht zum nochmaligen Entstehen von Grunderwerbsteuer führen (vgl. , BFH/NV 2002, 1343). Der angefochtene Steuerbescheid wäre aufzuheben, weil er sich auf den Vertrag vom bezieht und dadurch der der Besteuerung zu Grunde gelegte Lebenssachverhalt bezeichnet ist (vgl. , BFH/NV 2003, 1137).
16Lässt sich dagegen eine Ausübung des Ankaufsrechts gegenüber E nicht feststellen, ist die Besteuerung des zwischen der Klägerin und K geschlossenen Vertrags vom im angefochtenen Bescheid rechtmäßig. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 GrEStG greift nicht ein, weil die Vorschrift nicht den Grundstückserwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten begünstigt (nachfolgend unter II.2.b).
172. Nach § 3 Nr. 5 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung.
18a) Die Vorschrift knüpft die Steuerbefreiung an die sachliche Voraussetzung an, dass der Grundstückserwerb im Zuge der Vermögensauseinandersetzung aufgrund der Scheidung erfolgt.
19aa) Steuerfrei sind danach in sachlicher Hinsicht alle Erwerbe aus Anlass der Ehescheidung (vgl. BTDrucks 9/251, S. 18). Begünstigt ist jede Vermögensauseinandersetzung, die ihre Ursache in der Scheidung hat (vgl. Kesseler, Deutsches Steuerecht —DStR— 2010, 2173). Die Vermögensauseinandersetzung erstreckt sich auf die Regelung sämtlicher vermögensrechtlicher Beziehungen der geschiedenen Ehegatten (Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 16. Aufl., § 3 Rz 385; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 3 Rz 226). Dazu gehört auch die Auseinandersetzung von Bruchteilsgemeinschaften der Ehegatten (vgl. Kesseler, DStR 2010, 2173).
20Eine zeitliche Beschränkung ist in § 3 Nr. 5 GrEStG für die Vermögensauseinandersetzung nicht vorgesehen. Ein langer Zeitraum zwischen Scheidung und Grundstücksübertragung kann jedoch darauf hindeuten, dass eine scheidungsbedingte Vermögensauseinandersetzung nicht mehr vorliegt (vgl. Sack, a.a.O., § 3 Rz 379; Pahlke/Franz, a.a.O., § 3 Rz 225).
21bb) Für die Bruchteilsgemeinschaft i.S. des § 741 BGB ist eine Auseinandersetzung gesetzlich nicht geregelt. Die Bruchteilsgemeinschaft an einem bebauten Grundstück endet, wenn ein Teilhaber die Anteile der anderen Teilhaber erwirbt (vgl. § 747 Satz 1 BGB), die Teilhaber das Grundstück verkaufen (vgl. § 747 Satz 2 BGB) oder das Grundstück aufgrund des Aufhebungsverlangens eines Teilhabers versteigert wird (vgl. § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Vereinbarung eines Ankaufsrechts führt dagegen nicht zur Beendigung der Bruchteilsgemeinschaft; sie wird vielmehr fortgesetzt, bis der Ankaufsberechtigte das Ankaufsrecht ausübt und die Anteile der anderen Teilhaber erwirbt.
22cc) Vereinbaren Ehegatten zur Regelung der Vermögensauseinandersetzung im Zusammenhang mit ihrer Scheidung, dass sie vorerst Miteigentümer des weiterhin von einem Ehegatten und dem gemeinsamen Kind genutzten Wohnhauses bleiben, und erhält der nutzende Ehegatte ein notariell beurkundetes Ankaufsrecht für den Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten, ist ein nach der Scheidung aufgrund des Ankaufsrechts erfolgter Erwerb vom früheren Ehegatten noch der scheidungsbedingten Vermögensauseinandersetzung zuzurechnen.
23Die scheidungsbedingte Vermögensauseinandersetzung ist hinsichtlich des gemeinsamen Grundstücks nicht bereits mit dem Abschluss der Vereinbarungen der (geschiedenen) Ehegatten im Auseinandersetzungsvertrag beendet. Dies gilt selbst dann, wenn damit die maßgeblichen Bestimmungen für den Erwerb des Miteigentumsanteils und die weitere Nutzung des Grundstücks durch den ankaufsberechtigten Ehegatten schon im Einzelnen festgelegt werden. Allein mit der wirksamen Begründung eines Ankaufsrechts für den Miteigentumsanteil und der umfassenden Regelung der weiterbestehenden Eigentümergemeinschaft ist noch keine Vermögensauseinandersetzung hinsichtlich des Wohnhauses erfolgt. Die Vermögensauseinandersetzung endet insoweit vielmehr erst mit dem tatsächlichen Vollzug der anlässlich der Scheidung getroffenen Auseinandersetzungsvereinbarungen, also dann, wenn das Ankaufsrecht ausgeübt wird oder feststeht, dass es nicht mehr zu einer Ausübungserklärung kommen wird.
24b) Ein Grundstückserwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten ist dagegen nicht nach § 3 Nr. 5 GrEStG begünstigt, selbst wenn die Grundstücksübertragung im Zusammenhang mit der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung erfolgt.
25aa) Die Regelung erfasst nach ihrem Wortlaut nur den Erwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers. Erwerber und Veräußerer müssen also vor dem Erwerb miteinander verheiratet gewesen und die Ehe muss infolge Scheidung aufgelöst sein. Nicht begünstigt ist ein Erwerb von einem Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten (a.A. Pahlke/Franz, a.a.O., § 3 Rz 226).
26bb) Der mit der Einfügung des § 3 Nr. 5 GrEStG verfolgte Gesetzeszweck spricht dagegen, die Steuerbefreiung auch dann zu gewähren, wenn der frühere Ehegatte das Grundstück vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten erwirbt. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 GrEStG wurde geschaffen, um Vermögensauseinandersetzungen aus Anlass der Scheidung nicht mit Grunderwerbsteuer zu belasten (vgl. BTDrucks 9/251, S. 18). Endet der eheliche Güterstand durch Scheidung und werden im Zuge der Vermögensauseinandersetzung erst nach der Scheidung Grundstücke zwischen den früheren Ehegatten übertragen, so tritt Steuerbefreiung weder nach § 3 Nr. 3 GrEStG noch nach § 3 Nr. 4 GrEStG ein. Durch § 3 Nr. 5 GrEStG sollten Grundstücksübertragungen zwischen geschiedenen Ehegatten im Rahmen der infolge der Scheidung notwendig gewordenen Vermögensauseinandersetzung begünstigt werden (vgl. BTDrucks 9/251, S. 18). Die Gesetzesbegründung geht damit ersichtlich davon aus, dass die Steuerbefreiung Grundstücksübertragungen zwischen geschiedenen Ehegatten betreffen soll. Ein steuerfreier Erwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten war nach der Intention des Gesetzgebers nicht vorgesehen. Im Wege der Auslegung darf kein durch das Gesetz nicht belegter Begünstigungstatbestand geschaffen werden (vgl. , BFH/NV 2004, 1120, m.w.N.).
27cc) Eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 5 GrEStG auf Grundstückserwerbe von einem Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten scheidet ebenfalls aus (a.A. Kesseler, DStR 2010, 2173). Eine Gesetzeslücke ist insoweit nicht erkennbar. Die Vorschrift will durch die Steuerbefreiung von Grundstücksübertragungen die Vermögensauseinandersetzung zwischen den früheren Ehegatten nach der Scheidung erleichtern. Die Ehegatten sind infolgedessen nicht gezwungen, Grundstücke zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer bereits vor der Scheidung zu übertragen, um so die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG in Anspruch nehmen zu können. § 3 Nr. 5 GrEStG ist aber auf Grundstückserwerbe zwischen den früheren Ehegatten beschränkt, ebenso wie § 3 Nr. 4 GrEStG nur Grundstückserwerbe zwischen Ehegatten erfasst. Es ist kein Grund ersichtlich, der eine Differenzierung der Steuerbefreiungen danach rechtfertigen könnte, ob die Steuerbefreiung ausschließlich an ein personenbezogenes Verhältnis anknüpft, wie § 3 Nr. 4 GrEStG, oder ob die Steuerbefreiung daneben sachliche Voraussetzungen hat, wie § 3 Nr. 5 GrEStG. Die personenbezogenen und sachlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 5 GrEStG sind gleichwertig. Dass § 3 Nr. 5 GrEStG die Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung und damit —im Gegensatz zu § 3 Nr. 4 GrEStG— nur bestimmte Grundstücksübertragungen begünstigt, führt nicht dazu, die Steuerbefreiung in personenbezogener Hinsicht auf Gesamtrechtsnachfolger auszudehnen. Der Gesamtrechtsnachfolger eines geschiedenen Ehegatten tritt zwar mit dem Erbfall grundsätzlich in die Verpflichtungen und Rechte ein, die durch eine Vereinbarung über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Erblasser und seinem früheren Ehegatten begründet wurden (§ 1922 BGB). Dies hat aber nicht zur Folge, dass Grundstückserwerbe durch den früheren Ehegatten des Erblassers auch weiterhin begünstigt sind. Denn mit dem Ableben des Erblassers ist zugleich der Grund für die Steuerbefreiung, das begünstigte Verhältnis zwischen den geschiedenen Ehegatten, erloschen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2011 II Seite 980
BFH/NV 2011 S. 1439 Nr. 8
BFH/PR 2011 S. 353 Nr. 9
BStBl II 2011 S. 980 Nr. 20
DB 2011 S. 1731 Nr. 31
DStR 2011 S. 1314 Nr. 28
DStRE 2011 S. 976 Nr. 15
EStB 2011 S. 291 Nr. 8
GStB 2011 S. 39 Nr. 10
KÖSDI 2011 S. 17543 Nr. 8
StB 2011 S. 260 Nr. 8
StBW 2011 S. 784 Nr. 17
StC 2011 S. 12 Nr. 9
UVR 2011 S. 331 Nr. 11
XAAAD-86745