BGH Beschluss v. - V ZB 309/10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: AG Neunkirchen, 15 XIV 695/10 vom LG Saarbrücken, 5 T 427/10 vom

Gründe

I. Der Betroffene, nach eigenen Angaben russischer Staatsangehöriger, reiste am ohne Pass und ohne Aufenthaltstitel nach Deutschland ein. Er wurde im Jahre 2006 bestandskräftig zur Ausreise aufgefordert. In der Folgezeit war die Abschiebung des Betroffenen mehrmals, zuletzt bis zum , vorübergehend ausgesetzt. Am wurde er zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe in Haft genommen. Auf Antrag des Beteiligten zu 2 ordnete das Amtsgericht nach Einholung der Zustimmung der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom die Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen für die Dauer von drei Monaten an, beginnend mit seiner Entlassung aus der Ersatzfreiheitsstrafe. Am wurde er aus der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe entlassen und die Sicherungshaft vollstreckt. Die gegen die Sicherungshaftanordnung gerichtete Beschwerde hat das zurückgewiesen. Während des Beschwerdeverfahrens hat der Betroffene am einen Asylantrag gestellt, der durch Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend Bundesamt) vom als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist. Gegen den Bescheid hat der Betroffene am bei dem Verwaltungsgericht Klage eingereicht und einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.

Am wurde der Betroffene aus der Sicherungshaft entlassen und eine Freiheitsstrafe vollstreckt.

Mit der Rechtsbeschwerde, für deren Durchführung der Betroffene die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt, will er die Feststellung erreichen, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Beschwerdegerichts ihn in seinen Rechten verletzt haben.

II. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung auf die in § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufentG genannten Haftgründe gestützt. Dem stünden weder die dem Betroffenen bis zum bewilligte Duldung noch sein Asylantrag entgegen. Es stehe auch nicht fest, dass eine Abschiebung des Betroffenen innerhalb von drei Monaten nicht möglich sei. Etwaige Verzögerungen bei der Dauer des Abschiebungsverfahrens habe der Betroffene zu vertreten, da er seinen Mitwirkungspflichten bei der Identitätsfeststellung nicht nachgekommen sei.

III. 1. Die Rechtsbeschwerde ist auch nach Erledigung der Hauptsache, die hier durch Vollzug der dreimonatigen Sicherungshaft nach Beendigung des Beschwerdeverfahrens eingetreten ist, statthaft (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 13/10, Rn. 7, [...]) und auch im Übrigen zulässig (§ 71 FamFG).

2. Das Rechtsmittel ist begründet. Die Beschwerdeentscheidung und die amtsgerichtliche Haftanordnung, die aufgrund des gestellten Feststellungsantrages ebenfalls Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 154 Rn. 14), halten einer rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Beschwerdeentscheidung aber nicht deshalb zu beanstanden, weil es an der Darstellung eines Sachverhalts fehlt (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 113/10, Rn. 3, [...]; Beschluss vom - V ZB 119/10, Rn. 7, [...]). Der Beschwerdeentscheidung lassen sich die Umstände tatsächlicher Art mit ausreichender Deutlichkeit entnehmen. Sie gibt sowohl die erstinstanzlichen Feststellungen als auch die Feststellungen des Beschwerdegerichts wieder.

b) Die Staatsanwaltschaft hat auch das nach § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erforderliche Einvernehmen zu der Abschiebung erteilt. Ob daneben eine weitere selbständige Zustimmung der Staatsanwaltschaft aufgrund der von ihr gegen den Betroffenen am veranlassten Vollstreckung einer weiteren Freiheitsstrafe erforderlich gewesen ist, kann dahinstehen, da es sich dabei um einen Umstand handelt, der erst nach der Beendigung des Beschwerdeverfahrens eingetreten und daher ohne Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen ist.

c) Ebenfalls ohne Erfolg beanstandet die Rechtsbeschwerde, die persönliche Anhörung des Betroffenen durch das Amtsgericht sei verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden.

aa) Der Zweck der persönlichen Anhörung nach § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG besteht darin, dem Betroffenen den Sachverhalt und die sich daraus ergebende Rechtsfolge bekannt zu geben und ihm die Möglichkeit zu eröffnen, dazu Stellung zu nehmen und seine Sichtweise bestimmter Vorgänge darzustellen. Der Richter soll sich einen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen verschaffen, um seine Kontrollfunktion im Hinblick auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Freiheitsentziehung wahrnehmen zu können (Senat, Beschluss vom - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 154, Rn. 15; vgl. auch BVerfG, NJW 1990, 2309, 2310).

bb) Ist ein Betroffener der deutschen Sprache nicht mächtig, muss für die Gewährleistung eines rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens ein Dolmetscher zugezogen werden (vgl. § 185 Abs. 1 Satz 1 GVG; BVerfG, NJW 1983, 2762, 2763; Senat, Beschluss vom - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 154 Rn. 15). Dies ist nicht erst bei gänzlich unzureichenden Deutschkenntnissen geboten, sondern schon dann, wenn ein Beteiligter die deutsche Sprache nicht soweit beherrscht, dass er dem Verfahren folgen und seine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Erklärungen abgeben und Angaben in deutscher Sprache machen kann; sie ist auch notwendig, wenn ein Beteiligter Deutsch zwar ausreichend versteht, sich in dieser Sprache aber nur unzureichend auszudrücken vermag (BVerfG, NJW 1983, 2762, 2763). Die Entscheidung, ob ein Beteiligter der deutschen Sprache mächtig ist, hat das Tatgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Dieses Ermessen kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur dahin überprüft werden, ob seine rechtlichen Grenzen eingehalten sind (vgl. NJW 1953, 114, 115; OLG Stuttgart, NJW 2006, 3796, 3798; OLG Frankfurt a.M., NJW 1952, 1310; MünchKomm-ZPO/Zimmermann, 3. Auflage, § 185 GVG Rn. 9, 10; Zöller/Lückemann, ZPO, 28. Auflage, § 185 GVG, Rn. 3).

cc) Es ist nicht ersichtlich, dass das Amtsgericht den Rechtsbegriff der Sprachkundigkeit verkannt oder sonst sein tatrichterliches Ermessen überschritten hätte. Wie das Anhörungsprotokoll des Amtsgerichts zeigt, hat der Betroffene in deutscher Sprache Ausführungen zu den Gründen gemacht, die ihn aus seiner Sicht an einer Rückkehr nach Russland hinderten. Das Amtsgericht hat hieraus rechtsfehlerfrei die Schlussfolgerung gezogen, dass sich der seit Ende 2004 in Deutschland lebende Betroffene hinreichend der deutschen Sprache mächtig zeigte, um der Anhörung zu folgen und seine Interessen zu formulieren (vgl. Nichtabhilfeentscheidung des ). Die Ansicht der Rechtsbeschwerde, das Protokoll der Anhörung durch das Beschwerdegericht belege, dass die Hinzuziehung eines Dolmetschers erforderlich gewesen sei, um eine Reihe von Missverständnissen aufzuklären, auf denen die Entscheidung des Amtsgerichts aufbaue, trifft nicht zu. Weder dem Anhörungsprotokoll des Beschwerdegerichts noch der Beschwerdeentscheidung ist zu entnehmen, dass sprachlich bedingte Missverständnisse mit Hilfe des von dem Beschwerdegericht zugezogenen Dolmetschers aufgeklärt werden mussten. Soweit die Rechtsbeschwerde auf die Fragestellung des Beschwerdegerichts zum Geburtsort des Betroffenen hinweist, ging es nicht um die Aufklärung eines anlässlich der Anhörung vor dem Amtsgericht entstandenen Missverständnisses. Vielmehr bezogen sich die Fragen auf die in dem Bescheid des Bundesamtes vom aufgeführten unterschiedlichen Geburtsorte des Betroffenen; dieser Bescheid war nicht Gegenstand der Anhörung vor dem Amtsgericht, da er in diesem Zeitpunkt noch nicht existierte.

d) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, haben die Vorinstanzen zu Recht die Voraussetzungen des Haftgrundes der unerlaubten Einreise gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG bejaht. An der erforderlichen Ursächlichkeit der unerlaubten Einreise für die vollziehbare Ausreisepflicht (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Asylverfahrens, BT-Drucks. 12/2062, S. 45; Senat, Beschluss vom - V ZB 210/10, InfAuslR 2011, 71, 73 Rn. 19) fehlt es nicht. Zwar lässt eine zwischenzeitliche Aufenthaltsgenehmigung die Ursächlichkeit entfallen (Senat, Beschluss vom - V ZB 210/10, InfAuslR 2011, 71, 73 Rn. 19). Aus der dem Betroffenen bewilligten Duldung (§ 60a AufenthG) folgt jedoch kein Recht zum Aufenthalt; eine solche Duldung lässt die Pflicht zur Ausreise unberührt. Sie stellt lediglich einen befristeten Verzicht der Behörde auf die an sich gebotene Durchsetzung der Ausreisepflicht dar (Senat, Beschluss vom - V ZB 29/10 InfAuslR 2011, 27, 28 Rn. 13 mwN). Auch der von dem Betroffenen während der Sicherungshaft gestellte Asylantrag unterbricht die Ursächlichkeit der unerlaubten Einreise nicht, da er innerhalb von vier Wochen von dem Bundesamt als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 210/10, InfAuslR 2011, 71, 73 Rn. 20).

e) Das Beschwerdegericht hat mit zutreffender Begründung auch den Haftgrund nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG bejaht. Die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit keine Einwendungen.

f) Die Rechtsbeschwerde rügt aber zu Recht, dass das Amtsgericht und das Beschwerdegericht die Vorschrift des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG fehlerhaft angewendet haben. Danach darf die Haft nicht angeordnet werden, wenn feststeht, dass die Abschiebung aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann. Der Haftrichter hat dazu eine Prognose anzustellen und diese auf alle im konkreten Fall ernsthaft in Betracht kommenden Umstände zu erstrecken, die der Abschiebung entgegenstehen oder sie verzögern können (Senat, Beschluss vom - V ZB 226/10, Rn. 18, [...] mwN). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognose, ob die Abschiebung innerhalb der nächsten drei Monate möglich erscheint, ist der Erlass der Haftanordnung, nicht der mutmaßliche Beginn des Vollzugs der Abschiebungshaft (Senat, Beschluss vom - V ZB 261/10, Rn. 11, [...]). Dies gilt auch im Fall der Anordnung von Sicherungshaft als Überhaft im Anschluss an eine Strafhaft (, Rn. 9, [...]; OLG Köln, OLGR Köln 2002, 364). Die Prognose ist im Rechtsbeschwerdeverfahren zwar nur eingeschränkt überprüfbar (Senat, Beschluss vom - V ZB 226/10, Rn. 18, [...]), in diesem Rahmen aber zu beanstanden.

aa) Das Amtsgericht hat lediglich festgestellt, dass das Rückübernahmeverfahren erfahrungsgemäß eine entsprechende Dauer in Anspruch nehme. Diese - in keiner Weise näher konkretisierte - formelhafte Wendung ist nicht geeignet, konkrete Angaben zum Ablauf des Verfahrens und zu dem Zeitraum, in welchem die einzelnen Schritte unter normalen Bedingungen durchlaufen werden (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 203/09, Rn. 9, [...]), zu ersetzen.

bb) Auch das Beschwerdegericht hat den Umfang seiner Pflichten bei der Prüfung des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG verkannt.

(1)

Im Ergebnis ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde allerdings geltend, dass das Beschwerdegericht den von dem Betroffenen bei dem Verwaltungsgericht gestellten Eilantrag in seine Prognose nicht mit einbezogen hat.

Ist über die Fortdauer der Abschiebungshaft eines Ausländers zu entscheiden, der zur Verhinderung der Abschiebung einstweiligen Rechtsschutz bei dem Verwaltungsgericht beantragt hat, setzt eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Anwendung des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG voraus, dass der Haftrichter den Stand und voraussichtlichen Fortgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufklärt und bei seiner Entscheidung berücksichtigt (BVerfG, NJW 2009, 2659, 2660 Rn. 26; Senat, Beschluss vom - V ZB 12/10, Rn. 8, [...]; Beschluss vom - V ZB 172/09, NVwZ 2010, 726, 728 Rn. 24). Wird solchen Eilanträgen regelmäßig entsprochen, darf er, wenn die Sache bei dem Verwaltungsgericht anhängig gemacht worden ist, eine Haft zur Sicherung der Abschiebung nicht anordnen (Senat, Beschluss vom - V ZB 213/09, NVwZ 2010, 1510, 1511 Rn. 14).

Dieser Aufklärungspflicht ist das Beschwerdegericht nicht gerecht geworden. Allerdings rechtfertigt nicht schon dieser Verfahrensmangel die Feststellung der Rechtswidrigkeit. Unzureichende Ermittlungen im Zusammenhang mit der nach § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG zu treffenden Prognose entziehen der Haftanordnung nicht von vorneherein jede Grundlage und drücken der vollzogenen Haft nicht ohne weiteres den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung auf (Senat, Beschluss vom - V ZB 203/09, Rn. 11, [...]). Vielmehr bedarf es der Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers (§ 72 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Daran fehlt es hier. Anders als in den von dem Senat entschiedenen Fällen, in denen Betroffene mit Eilanträgen bei den Verwaltungsgerichten ihre Zurückschiebung nach Griechenland verhindern wollten und diesen Anträgen durch die Verwaltungsgerichte regelmäßig stattgegeben wurde (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom - V ZB 12/10, Rn. 9, [...] mwN), legt die Rechtsbeschwerde eine solche Praxis der Verwaltungsgerichte bei Eilanträgen, die sich gegen die Abschiebung in die Russische Förderation richten, nicht dar. Hierfür ist auch nach dem zu berücksichtigenden späteren tatsächlichen Geschehensablauf, aus dem auf den mutmaßlichen Inhalt einer gebotenen, aber unterlassenen Prognose geschlossen werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 226/10, Rn. 19, [...]; Beschluss vom - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27, 29 Rn. 24), nichts ersichtlich.

(2)

Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde jedoch, die Entscheidung des Beschwerdegerichts enthalte keine Feststellungen zu der Frage, ob die Abschiebung des Betroffenen - ausgehend von der Haftanordnung - noch innerhalb des in seinem Entscheidungszeitpunkt verbleibenden Zeitraums von zwölf Tagen möglich war. Hieran musste das Beschwerdegericht Zweifel haben, nachdem zur Beschaffung der erforderlichen Passersatzpapiere unter Umständen noch die Vorführung des Betroffenen bei der Botschaft oder dem Konsulat Georgiens zur Klärung seiner Identität erforderlich werden konnte.

g) Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung ferner, weil das Amtsgericht und das Beschwerdegericht nicht geprüft haben, ob die Sicherungshaft unverhältnismäßig war, weil das Abschiebungsverfahren möglicherweise nicht mit der gebotenen Beschleunigung betrieben worden ist. Das aus Art. 2 Abs. 2 GG abzuleitende Beschleunigungsgebot bei Freiheitsentziehungen ist verletzt, wenn die Ausländerbehörde nicht alle notwendigen Anstrengungen unternommen hat, um Ersatzpapiere zu beschaffen, damit der Vollzug der Abschiebungshaft auf eine möglichst kurze Zeit beschränkt werden kann (Senat, Beschluss vom - V ZB 210/10, InfAuslR 2011, 71, 74 Rn 25; Beschluss vom - V ZB 119/10, Rn. 18, [...]) oder ganz entbehrlich wird (, [...] Rn. 28; OLG Zweibrücken, Beschluss vom - 3 W 109/06, [...] Rn. 9).

aa) Da die dem Betroffenen erteilte Duldung bereits am abgelaufen war, hätte Anlass zu der Prüfung bestanden, welche Maßnahmen der Beteiligte zu 2 seitdem in die Wege geleitet hatte, um die Identität des Betroffenen zu klären und die fehlenden Passersatzpapiere zu beschaffen und so eine Abschiebung des Betroffenen vorzubereiten. Dazu fehlen Feststellungen sowohl des Amtsgerichts als auch des Beschwerdegerichts. Hat die Ausländerbehörde ihr mögliche Anstrengungen unterlassen, ist die Haftanordnung bzw. die Fortsetzung der Haft unzulässig, wenn oder sobald der Zeitraum abgelaufen ist, der bei ordnungsgemäßer Behandlung für die Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung notwendig gewesen wäre ( 3 W x 151/96, [...] Rn. 28).

bb) Ob der Beteiligte zu 2 dem Beschleunigungsgebot gerecht geworden ist, musste dem Beschwerdegericht auch deshalb zweifelhaft erscheinen, weil der Betroffene, der sich seit dem in Haft befand, erst 20 Tage später, nämlich am , bei dem russischen Generalkonsulat zum Zweck der Identitätsfeststellung vorgeführt worden ist. Weshalb eine frühere Vorführung unterblieben ist, hätte weiterer Aufklärung (§ 26 FamFG) bedurft. Verzögerungen wären der Ausländerbehörde in diesem Zusammenhang dann nicht zuzurechnen, wenn diese auf die Bearbeitung des Verfahrens durch die ausländischen Behörden zurückzuführen sind (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZA 2/10, Rn. 16, [...]).

IV. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif, § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG. Das Beschwerdegericht hat die für die Prognose nach § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG sowie für die Beachtung des Beschleunigungsgebotes fehlenden Feststellungen zu treffen und danach über den Feststellungsantrag des Betroffenen zu entscheiden. Dem Betroffenen bislang nicht bekannte Ergebnisse der ergänzenden Sachaufklärung nach § 26 FamFG dürfen dabei allerdings zu seinem Nachteil nur verwertet werden, wenn ihm rechtliches Gehör gewährt wird. Sollte das nicht möglich sein, bliebe die Frage unaufklärbar. Das ginge zu Lasten des Beteiligten zu 2. Für den Fall, dass das Beschwerdegericht zu einer Zurückweisung des Fortsetzungsfeststellungsantrages gelangen sollte, weist der Senat im Hinblick auf die Kostenentscheidung darauf hin, dass in Abschiebungshaftsachen von der Erhebung von Dolmetscherkosten abzusehen ist (Senat, Beschluss vom - V ZB 222/09, BGHZ 183, 323, 333 Rn. 21).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
MAAAD-86338