Wiederaufnahme eines Strafverfahrens: Erforderlichkeit der Aufhebung der Ausgangsentscheidung
Gesetze: § 373 Abs 1 Alt 2 StPO
Instanzenzug: LG Rostock Az: 18 KLs 4/10 - 412 Js 27202/06 Urteil
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Rostock vom (14 Ns 150/08) und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten verurteilt.
2Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und die Einzelstrafen richtet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom Bezug genommen.
31. Hingegen kann der Gesamtstrafenausspruch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung darüber unterblieben ist, ob gemäß § 55 StGB auch mit den Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Rostock vom eine Gesamtstrafe zu bilden war. Durch dieses Urteil wurde der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts wegen vorsätzlicher Körperverletzung sowie Freiheitsberaubung in Tateinheit mit vorsätzlicher und fahrlässiger Körperverletzung und mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, die er bei Erlass des angefochtenen Urteils noch verbüßte. Ob auch mit dieser Strafe eine Gesamtstrafe zu bilden ist, kann der Senat nicht abschließend beurteilen, da das angefochtene Urteil nicht mitteilt, wann der Angeklagte die durch das amtsgerichtliche Urteil vom abgeurteilten Taten begangen hat.
42. a) Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 354 Abs. 1 b StPO zu entscheiden, der bei Rechtsfehlern, die ausschließlich die Bildung einer Gesamtstrafe betreffen, die Möglichkeit eröffnet, den Tatrichter auf eine Entscheidung im Beschlusswege nach §§ 460, 462 StPO zu verweisen. Die Entscheidung obliegt daher dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. , NJW 2004, 3788).
5b) Gemäß § 373 Abs. 1 2. Alternative StPO ändert der Senat ferner das angefochtene Urteil ab, soweit die Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Rostock vom (24 Ls 105/07) unterblieben ist.
6Durch dieses Urteil wurde der Angeklagte von den im vorliegenden Fall verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Mit Beschluss vom ordnete das Amtsgericht Güstrow die Wiederaufnahme des Verfahrens an und legte die Sache gemäß § 225a StPO dem Landgericht Rostock vor, das am die nunmehr angefochtene Entscheidung erließ. Die vom Tatrichter im Fall der Verurteilung gemäß § 373 Abs. 1 2. Variante StPO zugleich vorzunehmende Aufhebung der Ausgangsentscheidung ist indes unterblieben. Da das freisprechende Urteil des Amtsgerichts Rostock durch Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens seine rechtliche Wirksamkeit verloren hat (vgl. dazu RG, Urteil vom 25. Januar 1898 – Rep. 4638/97, RGSt 30, 421, 423 f.; Löwe/Rosenberg-Gössel, StPO, 25. Aufl. § 373 Rn. 26), holt der Senat die Entscheidung über dessen Aufhebung gemäß § 373 Abs. 1 2. Alternative StPO auch aus Gründen der Klarstellung nach.
73. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Kostenentscheidung ist im vorliegenden Fall nicht dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten (vgl. Senatsbeschluss vom – 4 StR 426/04, BGHR StPO § 354 Abs. 1 b Satz 1 Entscheidung 3), weil sicher abzusehen ist, dass das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung insgesamt angegriffen hat, nur einen geringfügigen Teilerfolg haben kann, so dass der Senat die Kostenentscheidung gemäß § 473 Abs. 1 und 4 StPO selbst treffen kann (vgl. , BGHR StPO § 354 Abs. 1 b Satz 1 Entscheidung 2; Senatsbeschluss aaO).
Ernemann Roggenbuck Franke
Mutzbauer Bender
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AAAAD-85600