Bekanntgabe eines an den Rechtvorgänger adressierten
Bescheids an den Rechtsnachfolger
besondere Umstände
für den Erlass von Eingangsabgaben
Sinn des
Bürgschaftssystems nach TIRÜbk
offensichtliche
Fahrlässigkeit
Leitsatz
1. Ausnahmsweise kann ein Bescheid an
den Rechtsvorgänger adressiert sein, wenn er dem Rechtsnachfolger bekannt
gegeben wird, sofern dieser von der Gesamtrechtsnachfolge Kenntnis hat und der
in Rede stehende Sachverhalt im Bescheid genau bezeichnet wird.
2. Besondere Umstände, die den
Erlass der Eingangsabgaben rechtfertigen könnten, liegen vor, wenn sich
der betroffene Wirtschaftsbeteiligte verglichen mit anderen, die gleiche
Tätigkeit ausübenden Wirtschaftsbeteiligten unter Beachtung des an
der Billigkeit ausgerichteten Regelungszwecks des Art. 239 ZK (Zollkodex) im
Zusammenhang mit der Einfuhr oder der Zollschuldentstehung in einer besonderen
Situation befindet.
3. Der Begriff des Umstandes stellt
auf die besondere Lage des Betroffenen gegenüber der Zollverwaltung, nicht
aber objektive, von außen kommende Situationen ab, die eine Mehrzahl von
Wirtschaftsbeteiligten in gleicher Weise betreffen können.
4. Sinn des im TIR (Transport
International Routier)-Übereinkommen geregelten Bürgschaftssystems
ist es, die Abwicklung von Gütertransporten auf der Straße im
Zusammenspiel mit den verschiedenen beteiligten Zollverwaltungen zu
harmonisieren und vereinfachen, indem die an sich ursprünglich an jeder
Einfuhrzollstelle zu erbringende Sicherheit entfällt, ohne das
Erhebungsinteresse der Zollverwaltungen zu beeinträchtigen. Hingegen ist
es nicht Ziel des Abkommens, den Inhabern der Carnet TIR etwa durch Mängel
in der Abwicklung des Verfahrens entstehende Abgabenschulden zu ersparen und
letztlich – auf privatrechtlicher Ebene – für eine
Entlastung des Hauptverpflichteten zu sorgen.
5. Offensichtliche
Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Zollschuldentstehung auf einem
Verschulden des Beteiligten beruht, das auf der Hand liegen muss. Das ist der
Fall, wenn der zur Zollschuldentstehung führende Fehler nach den
Umständen des Einzelfalls nicht hätte passieren dürfen.
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FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 10.03.2011 - 1 K 1114/07
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