Keine Aussetzung der Verfahrens, wenn wegen Unzulässigkeit der Revision eine Sachentscheidung über die vorgreifliche Rechtsfrage verwehrt ist
Leitsatz
Die Voraussetzungen des § 74 FGO sind auch dann erfüllt, wenn der EuGH mit Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts befasst ist, von deren Beantwortung die Entscheidung des Rechtsstreits abhängig ist.
Ein Verfahren darf nach § 74 FGO nur dann ausgesetzt werden, wenn es zu einer Sachprüfung führen kann. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO kommt daher nicht in Betracht, wenn, dem Senat wegen Unzulässigkeit der Revision eine Sachentscheidung über die vorgreifliche Rechtsfrage verwehrt ist.
Gesetze: FGO § 74
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Revision ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
2 1. Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Das Urteil des Finanzgerichts, in dem dieses die Revision zugelassen hat, wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) am zugestellt. Damit lief die Revisionsbegründungsfrist nach § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des ab. Die erst am bei dem Bundesfinanzhof (BFH) eingegangene Revisionsbegründung war daher verspätet. Es wurde auch weder ein Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist nach § 120 Abs. 2 Satz 3 FGO noch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO gestellt. Da sich dem Vorbringen des Klägers auch nicht entnehmen lässt, dass er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist zur Begründung der Revision verhindert war, kann Wiedereinsetzung auch nicht von Amts wegen gewährt werden.
3 2. Das vom Kläger beantragte Ruhen des Verfahrens (§ 155 FGO i.V.m. § 251 ZPO) ist schon deshalb nicht möglich, weil dies übereinstimmende Anträge des Klägers und der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) voraussetzt, die Familienkasse das Ruhen des Verfahrens aber nicht beantragt hat.
4 Auch eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO —etwa im Hinblick auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom III R 5/09 BFHE 231, 183— kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind zwar auch dann erfüllt, wenn der Gerichtshof der Europäischen Union mit Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts befasst ist, von deren Beantwortung die Entscheidung des Rechtsstreits abhängig ist (z.B. , BFHE 222, 153, BStBl II 2009, 499). Ein Verfahren darf aber nach § 74 FGO nur dann ausgesetzt werden, wenn es zu einer Sachprüfung führen kann. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO kommt daher nicht in Betracht, wenn, wie hier, dem Senat wegen Unzulässigkeit der Revision eine Sachentscheidung über die vorgreifliche Rechtsfrage verwehrt ist (z.B. Senatsbeschluss vom III R 58/99, BFH/NV 2002, 49; , BFHE 158, 205, BStBl II 1990, 177).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 1158 Nr. 7
UAAAD-82715