BGH Beschluss v. - I ZB 85/10

Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe: Zulassung der Rechtsbeschwerde

Gesetze: § 114 ZPO, § 574 Abs 2 Nr 1 ZPO, § 574 Abs 2 Nr 2 ZPO

Instanzenzug: Az: I ZB 85/10 Beschlussvorgehend LG Chemnitz Az: 3 T 493/10 Beschlussvorgehend AG Chemnitz Az: 36s M 3249/10a

Gründe

1I. Die Gläubiger betreiben gegen den Schuldner aus einem Urteil des Landgerichts Chemnitz vom die Räumungsvollstreckung. Der Schuldner hat gegen die vom Gerichtsvollzieher auf den anberaumte Zwangsräumung die Gewährung von Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO beantragt. Das Vollstreckungsgericht hat diesem Antrag stattgegeben und Räumungsschutz bis zur Entscheidung über den Zugewinnausgleich, längstens jedoch bis zum bewilligt. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubiger hat das Beschwerdegericht diese Entscheidung aufgehoben und den Antrag des Schuldners auf Vollstreckungsschutz zurückgewiesen. Zugleich hat das Beschwerdegericht den Antrag des Schuldners, ihm Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz zu gewähren, zurückgewiesen.

2Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts hat der Schuldner die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er hat beantragt, ihm für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt W.       beizuordnen. Er hat ferner beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Chemnitz vom bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde, längstens bis zum , vorläufig einzustellen. Der Senat hat diese Anträge abgelehnt (, juris).

3Der Schuldner verfolgt seine Rechtsbeschwerde nunmehr nur noch insoweit weiter, als das Beschwerdegericht seinen Antrag, ihm Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz zu gewähren, zurückgewiesen hat. Er beantragt, den Beschluss des Beschwerdegerichts insoweit aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz zu bewilligen. Er beantragt ferner erneut, ihm für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt W.     beizuordnen.

4II. Soweit der Schuldner seine Rechtsbeschwerde weiterverfolgt, ist diese zulässig und begründet.

51. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO).

6a) Die Zulassung der Rechtsbeschwerde umfasst auch die Entscheidung über den Antrag des Schuldners auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde unbeschränkt zugelassen. Eine Beschränkung der Zulassung ergibt sich weder aus dem Tenor noch aus den Gründen der Entscheidung. Soweit es in den Gründen heißt, insbesondere die Frage, ob der Ausgang eines weiteren Verfahrens Relevanz im Sinne von § 765a ZPO erlangen könne, veranlasse das Beschwerdegericht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde, ist damit lediglich der Beweggrund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde benannt, die Zulassung der Rechtsbeschwerde aber nicht auf einen abgrenzbaren Teil des Streitstoffs beschränkt.

7b) Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei Entscheidungen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. , NJW 2003, 1126, 1127). Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist hier jedoch eine Frage, die das Bewilligungsverfahren betrifft, und nicht die Frage, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

82. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

9a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dem Schuldner sei die beantragte Prozesskostenhilfe in Anbetracht des erfolgreichen Rechtsmittels der Gläubiger nach § 114 ZPO zu versagen.

10b) Das Beschwerdegericht hat dabei übersehen, dass in einem höheren Rechtszug nach § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu prüfen ist, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Da die Gläubiger gegen die dem Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners stattgebende Entscheidung des Vollstreckungsgerichts sofortige Beschwerde eingelegt hatten, durfte das Beschwerdegericht den Antrag des Schuldners auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz nicht mit der Begründung zurückweisen, das Rechtsmittel der Gläubiger habe Erfolg.

11c) Da der Schuldner nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, ist seinem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz stattzugeben.

12III. Soweit die Rechtsbeschwerde - wie unter II ausgeführt - Erfolg hat, ist dem Schuldner für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt W.       beizuordnen.

Bornkamm                                           Pokrant                                    Büscher

                              Kirchhoff                                         Koch

Fundstelle(n):
JAAAD-81897