Strafverfolgungsverjährung: Ersuchen um technische Unterstützung bei der Wiederherstellung gelöschter Computerdateien als verjährungsunterbrechender Gutachtenauftrag
Gesetze: § 78 StGB, § 78a StGB, § 78c Abs 1 Nr 3 StGB
Instanzenzug: LG Limburg Az: 1 KLs 22 Js 56570/03
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen Betrugs in 56 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und ausgesprochen, dass von dieser Gesamtstrafe ein Jahr als verbüßt gilt. Den Angeklagten H. hat es wegen Betrugs in 56 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und bestimmt, dass hiervon zehn Monate als verbüßt gelten. Dagegen richten sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
2Es liegt das Verfahrenshindernis der Verjährung der Strafverfolgung vor.
3Die angeklagten Taten wurden nach den Feststellungen des Landgerichts im Zeitraum zwischen dem und dem beendet. Die Verjährung ist nach der Bekanntgabe der Vorwürfe an die Angeklagten am anlässlich der Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Wetzlar vom innerhalb der folgenden fünf Jahre nicht unterbrochen worden. Die nächste Handlung, die zur Unterbrechung geeignet gewesen wäre, war die Erhebung der Anklage. Da der Tag des für den Fristbeginn maßgeblichen Ereignisses einzubeziehen ist, endet die Verjährungsfrist mit dem Ablauf des Tages, der nach seiner Bezeichnung dem Anfangstag vorangeht (vgl. RGSt 65, 287, 290; Fischer, StGB 58. Aufl. § 78a Rn. 6; LK/Schmid, StGB 12. Aufl. § 78 Rn. 7; Sternberg-Lieben/Bosch in Schönke/Schröder, StGB 28. Aufl. § 78 Rn. 12). Dies war hier der , so dass die Anklageerhebung am die Verjährung nicht mehr unterbrechen konnte.
4Der nach Rücksprache mit dem zuständigen Staatsanwalt gestellte "Untersuchungsantrag" des Polizeipräsidiums Mittelhessen vom an die A. T. GmbH hat die Verjährung nicht unterbrochen. Darin lag keine Beauftragung eines Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens zu einem bestimmten Beweisthema im Sinne des § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB. Diese muss den Verfahrensbeteiligten nach ihrem Inhalt und dem Zeitpunkt ihres Ergehens erkennbar sein und von diesen in ihrer Wirkung auf das Verfahren abgeschätzt werden können (vgl. BGHSt 28, 381, 382; BGH NStZ 1984, 215). In diesem Sinne wird mit der Erstattung eines Gutachtens nur eine bestimmte Person beauftragt, die aufgrund besonderer Sachkunde eine Bewertung von Anknüpfungs- oder Befundtatsachen anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse oder Erfahrungssätze vornehmen soll. Die A. GmbH sollte der ermittelnden Polizeibehörde dagegen technische Unterstützung bei der Wiederherstellung von vermutlich gelöschten Computerdateien leisten. Das reicht nicht aus. Die Strafverfolgung ist demnach verjährt. Der Senat stellt das Verfahren gemäß § 206a StPO ein.
5Die Kosten und die notwendigen Auslagen der Angeklagten fallen der Landeskasse zur Last (§ 467 Abs. 1 StPO). Es besteht kein Anlass, ihr die notwendigen Auslagen der Angeklagten nicht aufzuerlegen (§ 467 Abs. 3 Nr. 2 StPO), da die Strafverfolgung schon bei Anklageerhebung verjährt war.
Fischer Schmitt Berger
Krehl Eschelbach
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
AO-StB 2011 S. 274 Nr. 9
wistra 2011 S. 228 Nr. 6
NAAAD-80286