BGH Beschluss v. - IX ZR 176/08

Insolvenzanfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung: Widerlegung der Vermutung der Kenntnis des Anfechtungsgegners; Sanierungsvergleich ohne die Zustimmung aller Gläubiger

Gesetze: § 133 Abs 1 S 2 InsO

Instanzenzug: Az: 4 U 181/07 Urteilvorgehend LG Waldshut-Tiengen Az: 1 O 118/06

Gründe

1Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und zulässig, hat aber keinen Erfolg, weil sie keinen Zulassungsgrund aufzeigt. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

2Der Beklagte hat zwar bestritten, von dem Sanierungsversuch der Schuldnerin Kenntnis gehabt zu haben. Das Berufungsgericht nimmt aber - wie schon bei den Voraussetzungen zu der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO - auch insoweit lediglich eine Prüfung der Schlüssigkeit des als wahr unterstellten Vortrags des Klägers vor und verneint diese. Dadurch wird das Grundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Das Berufungsgericht hat gesehen, dass nicht mit allen Gläubigern Vergleiche abgeschlossen wurden. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt auch sonst nicht vor.

3An die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO sind hinsichtlich der Voraussetzungen eines ernsthaften Sanierungsversuchs nicht dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie für die Schuldnerin oder deren Geschäftsführer gelten. Dies scheidet schon deshalb aus, weil der Anfechtungsgegner nicht über dieselben Informationen verfügt. Es müssen lediglich konkrete Umstände dargelegt werden, die es nahe liegend erscheinen lassen, dass ihm der (hier: unterstellte) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht bekannt war (vgl. , ZIP 2007, 1511 Rn. 9).

4Die Frage, ob zumindest 90 v.H. aller Gläubiger einen ernsthaften Sanierungsversuch mit gleichen Risiken tragen müssen, damit die Vermutungsregelung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO entkräftet werden kann, ist nicht allgemein klärbar. Eine notwendige Zustimmung aller Gläubiger kommt wegen praktischer Unerreichbarkeit keinesfalls in Betracht. Die für einen ernsthaften Sanierungsversuch erforderliche Quote hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

5Im Vergleichswege ausgehandelte unterschiedliche Befriedigungsquoten der Gläubiger hindern ein ernsthaftes Sanierungskonzept nicht, weil die Berücksichtigung verkehrswertbestimmender Faktoren ihrer Forderungen bei der Festlegung der Vergleichsquote zulässig sein muss und den Gläubigern der Abschluss des Vergleichs frei steht.

6Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Kayser                                   Gehrlein                                    Vill

                   Lohmann                                      Fischer

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YAAAD-62698