BAG Urteil v. - 8 AZR 185/09

Betriebsübergang - fehlerhafte Unterrichtung - Widerspruch - Verwirkung

Gesetze: § 613a Abs 1 BGB, § 613a Abs 5 BGB, § 613a Abs 6 S 1 BGB, § 242 BGB, § 186 BGB

Instanzenzug: Az: 11 Ca 1302/07 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 6 Sa 872/07 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten im Revisionsverfahren darüber, ob zwischen ihnen über den hinaus ein Arbeitsverhältnis fortbesteht.

2Die Klägerin war bei der Beklagten in deren Werk in U als „Teamassistentin/Sekretärin“ im Geschäftsbereich „Com MD (Mobile Devices)“, der Mobilfunksparte der Beklagten, tätig.

3Mit Vertrag vom verkaufte die Beklagte ihren Geschäftsbereich „Com MD (Mobile Devices)“ an die BenQ Corporation mit Sitz in Taiwan. Dazu schlossen die Beklagte und die BenQ Corporation einen als „Master Sale and Purchase Agreement“ (im Folgenden: MSPA) bezeichneten Vertrag. Dieser sah vor, dass die Vermögensgegenstände Land für Land im Wege der Einzelrechtsübertragung durch die Beklagte auf verschiedene Landesgesellschaften der BenQ-Gruppe übertragen werden sollten. Vollzogen wurde der jeweilige Verkauf zum . Dazu wurde in Deutschland die BenQ Mobile GmbH & Co. OHG (im Folgenden: BenQ Mobile) gegründet. Diese wurde am in das Handelsregister beim Amtsgericht München eingetragen. Deren persönlich haftende Gesellschafterinnen waren die BenQ Mobile Management GmbH und die BenQ Wireless GmbH, mit einem Stammkapital von jeweils 25.000,00 Euro. Deren Obergesellschafterin, die BenQ Corporation in Taiwan, war Alleingesellschafterin der BenQ Mobile Holding B.V. mit Sitz in den Niederlanden, welche die jeweils alleinige Gesellschafterin der beiden persönlich haftenden Gesellschafterinnen der BenQ Mobile war.

4Im Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung zahlte die Beklagte an die BenQ Corporation in Taiwan als Anschubfinanzierung einen dreistelligen Millionenbetrag.

5Am wurde der wirtschaftliche Teilbetrieb Mobile Devices der Beklagten unter Wahrung seiner organisatorischen Identität mit den Mitarbeitern und wesentlichen Teilen der Betriebsmittel nebst den in Deutschland gelegenen Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens auf die BenQ Mobile übertragen.

Mit Schreiben vom hatte die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass der Geschäftsbereich Com MD (Mobile Devices) zum an die BenQ Mobile GmbH & Co. OHG übertragen werde. Dieses Schreiben lautet:

Ab erbrachte die Klägerin ihre Arbeitsleistung für die BenQ Mobile. Am schloss sie mit der BenQ Mobile einen Aufhebungsvertrag, der unter anderem folgende Vereinbarungen enthält:

8Auf den Antrag der BenQ Mobile vom wurde am über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Schreiben vom widersprach die Klägerin gegenüber der Beklagten dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die BenQ Mobile und verlangte ua. ihre Weiterbeschäftigung bei der Beklagten.

9Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im September 2006 noch mit Erfolg widersprechen können, weil sie nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über den Betriebsübergang durch das Schreiben vom unterrichtet worden sei und deshalb die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Lauf gesetzt worden sei. Insbesondere rügt sie, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sei, über die wirtschaftliche Situation der Betriebserwerberin vollständig zu informieren. Auch fehle es an einer zutreffenden Unterrichtung über den Grund des Betriebsübergangs. Das Widerspruchsrecht sei bei seiner Ausübung auch nicht verwirkt gewesen.

Die Klägerin hat nach teilweiser Klagerücknahme zuletzt noch beantragt

11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

12Sie meint, die Unterrichtung über den Betriebsübergang mit Schreiben vom sei ordnungsgemäß gewesen. Insbesondere sei die Klägerin über die Identität der Betriebserwerberin und ausreichend über den Grund des Betriebsübergangs informiert worden. Jedenfalls sei der Widerspruch der Klägerin als kollektiver Massenwiderspruch unzulässig. Auch sei das Widerspruchsrecht der Klägerin verwirkt, weil sie mit der BenQ Mobile einen Aufhebungsvertrag zum geschlossen habe. Außerdem habe sie durch diese Vereinbarung auf ein etwa noch bestehendes Widerspruchsrecht verzichtet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin dem Feststellungsantrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt.

Gründe

14Die Revision der Beklagten ist begründet. Zwischen den Parteien besteht über den hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr. Dieses war ab auf die BenQ Mobile übergegangen. Die Klägerin hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die BenQ Mobile nicht wirksam widersprochen. Ihr Widerspruchsrecht war zum Zeitpunkt seiner Ausübung am verwirkt.

15I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Trotz eines Betriebsübergangs bezüglich der Mobilfunksparte Com MD (Mobile Devices) auf die BenQ Mobile bestehe das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fort, weil die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses wirksam widersprochen habe. Der schriftliche Widerspruch stelle keinen unzulässigen Massenwiderspruch dar. Die Klägerin habe dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses rechtzeitig und wirksam gem. § 613a Abs. 6 BGB widersprochen, weil das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB genüge. Insbesondere sei keine hinreichende Unterrichtung über die wirtschaftlichen Folgen des Betriebsübergangs erfolgt. Darüber hinaus habe die Beklagte in dem Schreiben auch die Gründe für den Übergang (§ 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB) und die Anschrift des Betriebserwerbers nicht ausreichend bezeichnet. Auch fehle es an der Angabe der näheren Ausgestaltung des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts.

16Im Zeitpunkt der Erklärung des Widerspruchs sei das Widerspruchsrecht der Klägerin auch nicht verwirkt gewesen. Es fehle an einem Umstandsmoment, welches eine Verwirkung begründen könnte. Allein die Weiterarbeit der Klägerin bei BenQ Mobile stellten kein solches dar. Insbesondere habe auch der Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht zum Vorliegen des für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Umstandsmoments geführt. Ein solches könnte nur angenommen werden, wenn die Beklagte vom Abschluss desselben vor der Ausübung des Widerspruchsrechts Kenntnis erhalten hätte. Im Übrigen scheitere ein Vertrauensschutz für die Beklagte auch daran, dass ihr Unterrichtungsschreiben nicht „lediglich marginal unvollständig“ gewesen sei.

17II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

18Die Feststellungsklage ist nicht begründet.

191. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Unterrichtung der Klägerin mit Schreiben vom über den beabsichtigten Betriebsteilübergang nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen hat. Die Unterrichtung setzte damit die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB für die Klägerin nicht in Gang. Dies hat der Senat bereits in einer Reihe gleichgelagerter Fälle entschieden (vgl. zB - 8 AZR 977/08 -; - 8 AZR 740/08 -; - 8 AZR 539/08 -; - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113 und - 8 AZR 538/08 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 114). Aus diesem Grunde hatte die Widerspruchsfrist mit dem Zugang des Unterrichtungsschreibens vom an die Klägerin nicht zu laufen begonnen, so dass ihr Widerspruch mit Schreiben vom nicht verspätet war (st. Rspr., vgl. Senat - 8 AZR 808/07 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105).

202. Das Recht der Klägerin zum Widerspruch war zum Zeitpunkt seiner Ausübung jedoch verwirkt.

21a) Der Senat hat bereits mehrmals entschieden, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers verwirken kann (vgl. zB - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

22Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

23Angesichts der gesetzlichen Regelung ist hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abzustellen. Vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an (Senat - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64). Dabei ist davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können (Senat - 8 AZR 538/08 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 114). Außerdem ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat - 8 AZR 431/06 - mwN, aaO).

24b) Die Voraussetzungen für eine Verwirkung liegen im Streitfall vor.

25aa) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt zwar grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben (vgl.  - EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 116). Vom Revisionsgericht ist das Berufungsurteil jedoch darauf zu überprüfen, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl.  - mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1).

26bb) Vorliegend ist dem Landesarbeitsgericht ein - auch revisionsrechtlich zu beachtender - Rechtsfehler unterlaufen. Es hat nämlich die Voraussetzungen für das Vorliegen des Umstandsmoments verkannt.

27cc) Das Zeitmoment ist erfüllt.

28Die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment beginnt nicht erst mit der umfassenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und seine Folgen zu laufen. Damit setzt auch nicht erst die Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung die Frist für die Beurteilung des Vorliegens des Zeitmoments in Lauf. Bei dem Zeitmoment handelt es sich nicht um eine gesetzliche, gerichtliche oder vertraglich vorgegebene Frist, für welche bestimmte Anfangs- und Endzeitpunkte gelten, die in den §§ 186 ff. BGB geregelt sind. Vielmehr hat bei der Prüfung, ob ein Recht verwirkt ist, eine Gesamtbetrachtung stattzufinden, bei der das Zeit- und das Umstandsmoment zu berücksichtigen und in Relation zu setzen sind (vgl. Senat - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106).

29Erfolgt die Prüfung entsprechend diesen Grundsätzen, so ist es nicht geboten, ähnlich wie bei gesetzlichen, gerichtlichen oder vertraglichen Fristen für das so genannte Zeitmoment einen bestimmten Fristbeginn, wie etwa die Kenntnis des Berechtigten von bestimmten Tatsachen festzulegen. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Verpflichtete aufgrund des Zeitablaufes, in dem der Berechtigte sein Recht nicht ausgeübt hat, und den Umständen des Einzelfalles, zu denen auch der jeweilige Informationsstand des Berechtigten gehört, darauf vertrauen durfte, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Grundsätzlich ist der gesamte Zeitablauf seit der Rechtsentstehung von Bedeutung, im Falle der Beklagten jedenfalls der Zeitraum ab Ende September 2005, weil zu diesem Zeitpunkt die aus ihrer Sicht durch ihr Unterrichtungsschreiben vom in Gang gesetzte gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) für die Klägerin ablief.

30Die Klägerin hat ihr Widerspruchsrecht erst fast ein Jahr nach dem am vollzogenen Betriebsübergang ausgeübt, nämlich mit Schreiben vom . Vor Ablauf eines Monats nach der Unterrichtung in Schriftform muss der Arbeitgeber wegen der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normierten Monatsfrist mit einem Widerspruch des Arbeitnehmers rechnen. Durch die Unterrichtung über den Betriebsübergang gibt der Arbeitgeber grundsätzlich zu erkennen, dass er mit dieser die Widerspruchsfrist von einem Monat in Gang setzen will und nach Fristablauf die Erklärung von Widersprüchen nicht mehr erwartet (Senat - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113).

31Dies gilt auch, wenn die Unterrichtung unvollständig oder fehlerhaft war. Der Zeitraum von über einem Jahr zwischen der Unterrichtung über den Betriebsübergang und der Erklärung des Widerspruchs und von fast einem Jahr nach dem fiktiven Ablauf der gesetzlichen Widerspruchsfrist ist nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich geeignet, das Vorliegen des Zeitmoments zu bejahen. Er erfüllt im Streitfall insbesondere auch deshalb das Zeitmoment, weil die Klägerin durch den Abschluss ihres Aufhebungsvertrages mit der BenQ Mobile ein besonders gewichtiges Umstandsmoment gesetzt hatte (vgl. - 8 AZR 740/08 - und - 8 AZR 220/07 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 6; - 8 AZR 739/08 -).

32dd) Die Klägerin hat durch ihr Verhalten, insbesondere durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages vom mit der BenQ Mobile das Umstandsmoment verwirklicht.

33Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, der Widerspruch werde nicht mehr ausgeübt. Dies ist dann der Fall, wenn er aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers annehmen durfte, dieser habe den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber und diesen damit als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiert. Dies ist regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Betriebserwerber disponiert hat (vgl. Senat - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106; - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354).

34Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer (zunächst) widerspruchslos beim Betriebserwerber weiterarbeitet und von diesem die Arbeitsvergütung entgegennimmt, stellt ebenso wenig eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses dar (vgl. Senat - 8 AZR 225/07 -; - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) wie Vereinbarungen mit dem Betriebserwerber, durch welche einzelne Arbeitsbedingungen, zB Art und Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung, Höhe der Arbeitsvergütung, geändert werden. Als Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses stellen sich nur solche Vereinbarungen oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers dar, durch welche es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt, zB Abschluss eines Aufhebungsvertrages (Senat - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106) bzw. die Hinnahme einer vom Betriebserwerber ausgesprochenen Kündigung (Senat - 8 AZR 175/07 - aaO), oder durch welche das Arbeitsverhältnis auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt wird (zB die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses; Senat - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113).

35Aufgrund des Abschlusses des Aufhebungsvertrages zwischen der Klägerin und der BenQ Mobile am durfte die Beklagte davon ausgehen, die Klägerin werde ihr Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben (Erfüllung des Umstandsmoments).

36ee) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist es unerheblich, ob und gegebenenfalls ab wann die Beklagte von dem Abschluss dieses Vertrages Kenntnis hatte.

37Auf die Verwirkung darf sich die Beklagte berufen, unabhängig davon, ob ihr alle von der Klägerin verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat.

38Neuer und alter Arbeitgeber dürfen sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen. Eine nachgewiesene Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (st. Rspr., vgl. Senat - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113).

39c) Eine Berufung der Beklagten auf die Verwirkung des Widerspruchsrechts könnte allerdings dann gegen Treu und Glauben verstoßen und damit unzulässig sein, wenn die BenQ Mobile sich ihrerseits deshalb nicht mit Erfolg auf die Verwirkung berufen könnte, weil sie die Klägerin treuwidrig zum Abschluss des Aufhebungsvertrages vom veranlasst und damit das Umstandsmoment unter Verstoß gegen § 242 BGB herbeigeführt hätte. Für das Vorliegen eines solchen Verstoßes trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast, wenn er sich auf die Nichtverwirklichung des Umstandsmoments berufen will (Senat - 8 AZR 740/08 -).

40Für eine solche Darlegung wäre es erforderlich, dass die Klägerin vorgetragen hätte, die für die BenQ Mobile handelnden Personen, welche sie zum Abschluss des Aufhebungsvertrages veranlasst hatten, hätten bei Abschluss desselben gewusst, dass die BenQ Mobile wegen der sich abzeichnenden Insolvenz ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen werde. Das hat die Klägerin aber weder konkret dargelegt noch ist solches aus dem Akteninhalt erkennbar. Auch betrachtet die Klägerin selbst den Aufhebungsvertrag offensichtlich nach wie vor als wirksam. Insbesondere hat sie ihre auf Abschluss dieses Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht nach § 123 Abs. 1 BGB angefochten.

III. Die Klägerin hat nach §§ 91, 97 ZPO auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
ZAAAD-62582