Restschuldbefreiung: Umfang der Auskunftspflicht des Schuldners
Gesetze: § 20 InsO, § 97 InsO, § 290 Abs 1 Nr 5 InsO
Instanzenzug: LG Memmingen Az: 42 T 895/10 Beschlussvorgehend AG Neu-Ulm Az: IK 271/05
Gründe
1Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 289 Abs. 2 Satz 1 InsO) ist unzulässig, weil ein Zulässigkeitsgrund (§ 574 Abs. 2 ZPO) nicht durchgreift.
21. Soweit das Beschwerdegericht den Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO als erfüllt ansieht, greift ein Zulässigkeitsgrund nicht durch.
3a) Der Umfang der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten ergibt sich im Wesentlichen für das Eröffnungsverfahren aus § 20 InsO und für das eröffnete Verfahren aus § 97 InsO. Auskunft ist danach über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse zu erteilen. Dieser Begriff ist weit auszulegen und umfasst alle rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die für das Verfahren in irgendeiner Weise von Bedeutung sein können. Die Verpflichtung zur Auskunft ist nicht davon abhängig, dass an den Schuldner entsprechende Fragen gerichtet werden. Der Schuldner muss vielmehr die betroffenen Umstände von sich aus, ohne besondere Nachfrage, offen legen, soweit sie offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht klar zu Tage liegen (, ZInsO 2010, 477 Rn. 5; vom - IX ZB 175/09, ZInsO 2010, 926 Rn. 9).
4Danach war der Schuldner von sich zu einer Mitteilung an den Treuhänder bereits in dem Zeitpunkt verpflichtet, als er die Geschäftsanteile übernahm. Der Informationspflicht hatte der Schuldner unverzüglich nach Verwirklichung des anzeigepflichtigen Sachverhalts - mithin im unmittelbaren Anschluss an den Erwerb der Geschäftsanteile - zu genügen (vgl. aaO Rn. 10; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 290 Rn. 32; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 290 Rn. 67). Da die Auskunftspflicht umgehend zu erfüllen war, durfte der Schuldner nicht abwarten, wie sich die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft entwickelt. Im Übrigen ist es nicht Sache des Schuldners, seine Aktiva zu bewerten und von Angaben zu vermeintlich wertlosen Gegenständen abzusehen (, ZInsO 2007, 96 Rn. 8). Darum ist es ohne Bedeutung, dass der Schuldner trotz seiner Bemühungen im Ergebnis keine Gewinne erwirtschaftet hat. Infolge der tatsächlich gegebenen Vermögensmehrung kann sich der Schuldner nicht darauf berufen, dass sich eine Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger nicht verwirklicht hat (vgl. , ZInsO 2009, 395 Rn. 7 ff).
5b) Ohne Grundsatzfragen zu berühren, hat das Beschwerdegericht angenommen, dass der Schuldner die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten grob fahrlässig verletzt hat (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Das Verschweigen des Erwerbs von Gesellschaftsanteilen stellt eine entsprechende Pflichtverletzung dar (vgl. , aaO Rn. 11 ff).
6Soweit die Rechtsbeschwerdebegründung meint, die subjektiven Erfordernisse der groben Fahrlässigkeit seien - anders als in dem vom Bundesgerichtshof am entschiedenen Fall - hier nicht gegeben, weil die Aktivitäten des Schuldners vorliegend nicht auf eine Vermögensmehrung gerichtet gewesen seien, geht dies fehl. Mit dem Erwerb der Beteiligung, die einen Nennwert von 9.875 Euro hat, ist in jedem Fall die vom Beschwerdegericht festgestellte Vermögensmehrung eingetreten, die der Schuldner von sich aus hätte angeben müssen. Anhaltspunkte dafür, dass der Schuldner diese Beteiligung, deren Zweck es typischerweise ist, aufgrund der geschäftlichen Aktivitäten Gewinne zu erzielen, aus anderen Gründen als dieser Absicht erworben hat, bestehen nicht. Einen bloß treuhänderischen Erwerb für einen Dritten macht der Schuldner nicht geltend. Auf einen Rechtsirrtum (vgl. , NZI 2009, 562 Rn. 14), der lediglich zur Annahme einfacher Fahrlässigkeit führen würde, kann sich der geschäftserfahrene Schuldner nicht berufen.
72. Zwar hätte das Beschwerdegericht die Zurückweisung des Rechtsmittels auf die im Schlusstermin nicht geltend gemachte Verheimlichung von Nebeneinkünften in Höhe von 400 Euro pro Monat von Dezember 2008 bis April 2009 nicht stützen dürfen, weil nach der Rechtsprechung des Senats nur die im Schlusstermin glaubhaft gemachten Versagungsgründe zu berücksichtigen sind (, ZInsO 2009, 684 Rn. 6 m.w.N.). Aufgrund der vom Beschwerdegericht festgestellten Verletzung der Auskunftspflicht wegen der Nichtangabe des Erwerbs eines Gesellschaftsanteils im Dezember 2008 ist die Rechtsbeschwerde gleichwohl unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Rechtsbeschwerde nur Erfolg haben, wenn bei mehreren voneinander unabhängigen Versagungsgründen sämtliche mit Erfolg angegriffen werden (, ZInsO 2005, 1162). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape
Fundstelle(n):
CAAAD-61168