Berechnung des Altersteilzeitentgelts in einer Spielbank - Auszahlung des in der Arbeitsphase angesparten Erfolgsanteils zeitversetzt in der Freistellungsphase - TV ATZ Bayerische Spielbanken
Gesetze: § 1 TVG, § 293 S 2 ZPO, § 559 Abs 1 S 1 ZPO
Instanzenzug: Az: 34 Ca 8756/08 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 3 Sa 135/09 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe dem Kläger Anteile am Automatentronc einer Spielbank zustehen.
2Der am 1947 geborene Kläger steht in einem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Freistaat. Dieser setzte den Kläger bis Ende März 2008 in der Spielbank G als Angestellten der Automatenaufsicht vollzeitig an zehn Monaten im Jahr ein. Die Monate März und September eines jeden Jahres waren für den Kläger arbeitsfrei.
3In einem vom datierenden Änderungsvertrag vereinbarten die Parteien unter § 1 auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom und des „Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Freistaates Bayern in den Bayerischen Spielbanken vom - in der jeweils geltenden Fassung -“ (TV ATZ) die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses als Altersteilzeitarbeitsverhältnis, beginnend ab dem im Blockmodell. Nach § 3 Satz 1 des Änderungsvertrags erhält der Kläger für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Vergütung und Aufstockungsleistungen nach Maßgabe des TV ATZ. Die Arbeitsphase, in welcher der Kläger - wie zuvor - in den Monaten März und September arbeitsfrei haben sollte, legten die Parteien in § 2 des Änderungsvertrags auf den Zeitraum vom bis zum und die Freistellungsphase auf den Zeitraum vom bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am fest, höchstens jedoch so lange, wie Zeit- und Wertguthaben aus der Arbeitsphase zur Verfügung stehen. Aufgrund der arbeitsfreien Monate März und September sollte die Berechnungsgrundlage für das Gehalt während der Altersteilzeit 10/12 eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers sein.
Der TV ATZ idF vom (TV ATZ aF) bestimmte auszugsweise Folgendes:
Der mit Wirkung zum in Kraft getretene „Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Freistaates Bayern in den Bayerischen Spielbanken“ vom (GTV) sieht ua. folgende Regelungen vor:
Während der Arbeitsphase zahlte der beklagte Freistaat an den Kläger auf der Grundlage des in § 9 Abs. 2 GTV geregelten Verteilungsschlüssels einen monatlichen um die Hälfte gekürzten Erfolgsanteil aus dem Tronc, in dem sich die Trinkgelder der Gäste befinden. Dies waren im Zeitraum vom bis zum folgende Bruttobeträge in Euro:
Seit Beginn der Freistellungsphase am rechnet der beklagte Freistaat die Erfolgsanteile des Klägers aufgrund des jeweils aktuellen monatlichen Troncaufkommens ab und zahlt diese an den Kläger aus. Für den Zeitraum vom bis zum waren dies folgende Bruttobeträge in Euro:
Unter dem schlossen die Tarifvertragsparteien einen Änderungstarifvertrag zum TV ATZ (ÄndTV ATZ). Mit diesem hoben sie die Regelung des § 8 TV ATZ auf und gaben § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TV ATZ folgende Fassung:
9Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, er habe während der Freistellungsphase Anspruch auf Auszahlung eines Erfolgsanteils in Höhe von 50 % des auf ihn entfallenden Troncaufkommens aus den jeweiligen Bezugsmonaten der Arbeitsphase. Durch seine Arbeitsleistung habe er zum Volumen des Tronc beigetragen. Dass die in der Arbeitsphase erarbeiteten Erfolgsanteile im Sinne eines Wertguthabens zeitversetzt in der Freistellungsphase an den Altersteilzeitarbeitnehmer zur Auszahlung kommen müssten, ergebe sich ua. aus der Regelung des § 8 Abs. 2 TV ATZ aF.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
11Der beklagte Freistaat hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, die monatliche Vergütung einschließlich der erfolgsabhängigen Teile entspreche während der gesamten Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses der Vergütung eines Vollzeitbeschäftigten. Der Arbeitnehmer in Altersteilzeit sei weiterhin Angehöriger der Spielbank und nehme daher am jeweiligen Unternehmenserfolg teil. Zudem sei es nicht möglich, den in der Arbeitsphase gebildeten Tronc an Altersteilzeitarbeitnehmer in der Freistellungsphase auszuzahlen, da der Tronc in jedem Monat nach dem tarifvertraglichen Schlüssel unter den troncberechtigten Arbeitnehmern aufgeteilt werde. Schließlich stelle § 8 Abs. 2 TV ATZ aF auf die Erfolgsanteile des aktuellen Monats ab.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision sein Klagebegehren weiter.
Gründe
13Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
14A. Die Klage ist zulässig.
15I. Das für den Feststellungsantrag zu 3. gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, dass die Höhe der ihm zustehenden Erfolgsanteile durch richterliche Entscheidung festgestellt wird.
16II. Der grundsätzlich geltende Vorrang der Leistungsklage (vgl. Senat - 9 AZR 435/00 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 256 Nr. 59) steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen.
171. Soweit der Kläger die Differenzbeträge für den Zeitraum vom bis zum Schluss der Revisionsverhandlung geltend macht, folgt dies aus den Grundsätzen, die das Bundesarbeitsgericht zur Einschränkung des Vorrangs der Leistungsklage entwickelt hat. Der Vorrang dient dem Zweck, Rechtsstreitigkeiten prozesswirtschaftlich sinnvoll zu erledigen (vgl. Senat - 9 AZR 142/04 - zu III 1 der Gründe, BAGE 114, 80). Deshalb ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. Senat - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).
18Diese Erfordernisse sind gewahrt. Das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil ist geeignet, den rechtlichen Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über die Höhe der Gewinnanteile in der Freistellungsphase, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflicht.
192. Soweit der Kläger die zukünftig fällig werdende Erfolgsvergütung geltend macht, gilt der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage vor der Feststellungsklage ohnehin nicht. Auf Klagen, mit denen eine Partei eine künftige Leistung begehrt, ist der Grundsatz nicht anwendbar (vgl. Senat - 9 AZR 43/03 - zu A I der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 65 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 5). Gegenüber Klagen nach § 257 ZPO ist ein Feststellungsantrag nicht subsidiär ( - zu I 2 a der Gründe, BAGE 98, 76); die klagende Partei kann zwischen einer Feststellungsklage und einer Klage auf zukünftige Leistung frei wählen (vgl. - zu A 2 a der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bühnen Nr. 1).
20B. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, den Regelungen des TV ATZ sei nicht zu entnehmen, dass die Vergütungsansprüche in der Freistellungsphase den Vergütungsansprüchen in der Arbeitsphase entsprächen. § 5 Abs. 4 TV ATZ idF vom (aF) belege, dass sich die Höhe der Erfolgsanteile am Volumen des Tronc im Auszahlungsmonat orientiere. Schließlich stehe dem Klagebegehren entgegen, dass der beklagte Freistaat den Tronc in der Vergangenheit zu einem Teil unter den troncberechtigten Arbeitnehmern verteilt und im Übrigen an die Staatskasse abgeführt habe.
21Mit dieser Begründung durften die Anträge des Klägers nicht abgewiesen werden. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden; denn es bedarf noch tatsächlicher Feststellungen.
22I. Unter Zugrundelegung des bis zum geltenden und für die streitigen Ansprüche maßgeblichen Tarifstands war der Freistaat verpflichtet, an den Kläger für den Zeitraum vom 1. April bis zum über die gezahlten Erfolgsanteile hinaus einen Bruttobetrag in Höhe von 1.942,06 Euro zu zahlen, § 5 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ aF iVm. §§ 4 und 5 GTV. Das Landesarbeitsgericht wird aufzuklären haben, ob der ursprünglich bestehende Zahlungsanspruch durch die Regelungen des Änderungstarifvertrags vom entfallen ist.
231. Die tarifvertragliche Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ aF fand kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, § 1 des Änderungsvertrags vom .
242. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ aF erhält der Arbeitnehmer für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses von der Vergütung nach den §§ 4 und 5 GTV, die für entsprechende vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer festgelegt ist, den Teil, der dem Maß der mit ihm vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht, sowie den Aufstockungsbetrag. Nach der in Bezug genommenen Bestimmung des § 4 GTV erhalten die spieltechnischen Arbeitnehmer, zu denen der Kläger als Angestellter der Automatenaufsicht gemäß § 3 Abs. 1 Abschn. A Nr. 7 gehört, als monatliche Vergütung neben einem Festgehalt, § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Nr. 1 GTV, Erfolgsanteile gemäß § 9 Abs. 2 GTV. Danach entsprechen die gekürzten Erfolgsanteile in der Freistellungsphase der Höhe nach den gekürzten Erfolgsanteilen, die der Arbeitnehmer in der Arbeitsphase erhalten hat. Dies ergibt eine Auslegung der Tarifnorm.
25a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Soweit der Tarifwortlaut nicht unmissverständlich ist, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauch-baren Regelung führt (Senat - 9 AZR 271/09 - Rn. 19; - 9 AZR 923/08 - Rn. 23, AP TVöD § 46 Nr. 1; - 9 AZR 505/08 - Rn. 28; - 9 AZR 677/07 - Rn. 35, BAGE 129, 131).
26b) Unter Beachtung dieser Grundsätze gewährt § 5 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ aF Altersteilzeitarbeitnehmern, die sich in der Freistellungsphase befinden, Anspruch auf den in der Arbeitsphase von dem Arbeitgeber nicht ausgezahlten Teil der Erfolgsanteile.
27aa) Der Tarifwortlaut ist für die Auslegung unergiebig. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ aF orientiert die Vergütung der Arbeitnehmer in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis an der Vergütung für entsprechende vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Dabei erhalten sie den Teil, der dem Maß der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt gemäß § 4 Abs. 1 TV ATZ aF die Hälfte der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit, im Falle des teilzeitbeschäftigten Klägers vermindert um den Faktor 2/12. Ob sich der tarifvertragliche Terminus „Vergütung für entsprechende vollbeschäftigte Arbeitnehmer“ lediglich auf die Tätigkeit - so die Revision - oder darüber hinaus auf den Verdienstzeitraum bezieht, lässt sich der Tarifbestimmung nicht entnehmen.
28bb) Der systematische Zusammenhang, in den die Tarifnorm eingebettet ist, spricht deutlich für die Sichtweise der Revision.
29§ 5 TV ATZ aF etabliert für die in § 4 Abs. 1 GTV genannten Vergütungsbestandteile ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ aF formuliert die Regel, der zufolge der Arbeitnehmer für die gesamte Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, dh. sowohl für die Arbeitsphase als auch für die Freistellungsphase, eine Vergütung erhalten soll, die dem Maß der gekürzten Arbeitszeit entspricht. Diese umfasst nach § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Nr. 5 GTV auch die Erfolgsanteile gemäß § 9 Abs. 2 GTV. § 5 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ aF enthält abweichend von der Regel „Sonderregelungen“ für das Kleidergeld, die Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschläge, die Fehlgeldentschädigung und die Erfolgsanteile für nichtspieltechnische Arbeitnehmer. Diese erhalten die Erfolgsanteile in der Arbeitsphase nicht entsprechend ihrer verringerten, sondern entsprechend ihrer tatsächlich geleisteten Arbeitszeit in voller Höhe ausgezahlt, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TV ATZ aF. Der Bestimmung lässt sich im Gegenschluss entnehmen, dass die Erfolgsanteile der übrigen Arbeitnehmer, also auch solche der spieltechnischen Arbeitnehmer, nicht voll in der Arbeitsphase, sondern gesplittet zu einer Hälfte in der Arbeitsphase und zur anderen Hälfte zeitversetzt in der Freistellungsphase ausgekehrt werden.
30Für die Auslegung der Revision spricht ferner die Tarifbestimmung des § 5 Abs. 4 TV ATZ aF. Danach wirken sich tarifliche Vergütungsänderungen auch in der Freistellungsphase auf die Altersteilzeitvergütung aus. Wäre die Bezugnahme auf „entsprechende vollbeschäftigte Arbeitnehmer“ in § 5 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ aF nicht nur tätigkeits-, sondern darüber hinaus, wie der beklagte Freistaat meint, zeitbezogen, wäre § 5 Abs. 4 TV ATZ aF überflüssig, da sich tarifliche Änderungen auf den Kläger allein aufgrund seiner - auch zeitlichen - Gleichstellung mit den weiterhin tätigen Arbeitnehmern auswirkten. Dass die Tarifvertragsparteien mit § 5 Abs. 4 TV ATZ aF eine Regelung ohne Regelungsgehalt schaffen wollten, ist unwahrscheinlich.
31In dieselbe Richtung deutet § 12 TV ATZ aF. Danach hat ein Arbeitnehmer in Altersteilzeit Anspruch auf eine etwaige Differenz zwischen der gemäß § 5 TV ATZ aF enthaltenen Altersteilzeitvergütung und der Vergütung für den Zeitraum der Arbeitsleistung, die er ohne Eintritt in die Altersteilzeit erzielt hätte, wenn bei ihm das Altersteilzeitarbeitsverhältnis vorzeitig endet. Endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit Beginn der Freistellungsphase, erhält der Arbeitnehmer danach den einbehaltenen Teil der Erfolgsanteile ausgezahlt. Eine rückläufige Entwicklung des Tronc wirkte sich bei ihm im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis zu Ende führt, nicht aus. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Tarifvertragsparteien die Erfolgsanteile vorzeitig ausscheidender Arbeitnehmer der Höhe nach anders bemessen wollten als die der übrigen Altersteilzeitarbeitnehmer.
32Die Regelung des § 8 TV ATZ aF steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Mit dieser Berechnungsregelung stellen die Tarifvertragsparteien sicher, dass die Höhe des Erfolgsanteils unter Berücksichtigung des Beschäftigungsumfangs der Altersteilzeitarbeitnehmer berechnet wird. Gleichzeitig gibt die Tarifvorschrift einen deutlichen Hinweis auf das von dem Kläger angeführte Spiegelbildmodell. Denn in der Arbeitsphase berechnet sich der Erfolgsanteil eines jeden troncberechtigten Mitarbeiters unter Einschluss der Altersteilzeit-arbeitnehmer allein nach der in der Arbeitsphase geleisteten Arbeitszeit. Die Auszahlung an den Altersteilzeitarbeitnehmer erfolgt jedoch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ aF gekürzt. Der Arbeitgeber behält demnach einen Teil des von dem Altersteilzeitarbeitnehmer verdienten Erfolgsanteils ein. Ohne diese Regelung wäre der Altersteilzeitarbeitnehmer bei der Berechnung des Erfolgsanteils, der zum einen von dem Umfang des Tronc, zum anderen von der Anzahl der troncberechtigten Arbeitnehmern abhängt, in der Arbeitsphase lediglich mit der - reduzierten - durchschnittlichen Arbeitszeit zu berücksichtigen. Denn nach § 4 Abs. 1 TV ATZ aF beträgt die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses die Hälfte der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit, wobei die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses anfallende Arbeitszeit so verteilt wird, dass sie in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet (Arbeitsphase) und der Arbeitnehmer anschließend freigestellt wird (Freistellungsphase), § 4 Abs. 2 TV ATZ aF. Zählte man den in der Arbeitsphase vollzeitig tätigen Arbeitnehmer lediglich mit der verringerten, weil auf die Gesamtdauer entfallenden durchschnittlichen Arbeitszeit, hätte dies zur Folge, dass der Divisor, die Anzahl der troncberechtigten Arbeitnehmer, bei gleichbleibendem Dividend, dem Wert des Tronc, kleiner wäre und der Erfolgsanteil, der auf die weiterhin tätigen Arbeitnehmer entfiele, zulasten des Altersteilzeitarbeitnehmers größer wäre. Umgekehrt verhält es sich in der Freistellungsphase. Ohne die Regelung in § 8 Abs. 2 TV ATZ aF würde der Altersteilzeitarbeitnehmer, obwohl er keine tatsächliche Arbeitsleistung erbringt, bei der Anzahl der troncberechtigten Arbeitnehmer mitgerechnet. Ersetzt der Arbeitgeber den in der Freistellungsphase befindlichen Arbeitnehmer durch einen anderen Mitarbeiter, steigt der Divisor und verringert sich der jedem Arbeitnehmer zustehende Erfolgsanteil.
33cc) Diese Auslegung deckt sich zudem mit den Grundsätzen, die der Senat zur zeitversetzten Auszahlung des in der Arbeitsphase verdienten Arbeitsentgelts entwickelt hat.
34Der Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell hat - vorbehaltlich abweichender Regelungen - in der Arbeitsphase trotz Erbringung der vollen Arbeitsleistung grundsätzlich nur Anspruch auf die Bezüge einer Teilzeitkraft. Im Blockmodell tritt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase in Vorleistung (vgl. Senat - 9 AZR 51/09 - Rn. 32, AP ATG § 4 Nr. 3). Er erarbeitet in der Arbeitsphase ein Guthaben, welches in der Freistellungsphase zur Auszahlung kommen soll (vgl. Senat - 9 AZR 449/04 - Rn. 16, BAGE 116, 86). Der Arbeitnehmer erarbeitet sich damit im Umfang seiner Vorleistungen zum einen Ansprüche auf die spätere Zahlung der Bezüge und zum anderen einen entsprechenden Anspruch auf Freistellung von der Pflicht zur Arbeitsleistung (vgl. Senat - 9 AZR 353/02 - zu A II 1 b bb (2) der Gründe, BAGE 106, 353). Das für die Freistellungsphase angesparte Entgelt ist die Gegenleistung für die bereits in der Arbeitsphase geleistete, über die verringerte Arbeitszeit hinausgehende Arbeit (vgl. Senat - 9 AZR 647/03 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 112, 214).
35Diese Grundsätze greifen auch hier. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ aF erhält der Altersteilzeitarbeitnehmer, obwohl er in der Arbeitsphase in unverminderter Arbeitszeit arbeitet, den Erfolgsanteil nur in der Höhe, die sich auf der Basis der verringerten durchschnittlichen Arbeitszeit ergibt. Er spart für die Freistellungsphase den anderen hälftigen Teil des Erfolgsanteils an. Dieser soll ihm in der Freistellungsphase zeitversetzt, also der des ersten Monats der Arbeitsphase im ersten Monat der Freistellungsphase etc., ausgezahlt werden.
36dd) Schließlich verlangen Sinn und Zweck der Vergütungsregelung, die Erfolgsanteile von Altersteilzeitarbeitnehmern an den in der Arbeitsphase erzielten Arbeitserfolg zu knüpfen.
37Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 GTV erhalten spieltechnische Arbeitnehmer zur Förderung ihrer Leistungsbereitschaft monatlich je einen Erfolgsanteil. Während die kontinuierliche Ausschüttung des Tronc bei einem Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis gewährleistet, dass er am Erfolg seiner Arbeit partizipiert, führte die von dem beklagten Freistaat befürwortete Auslegung bei Altersteilzeitarbeitnehmern zu einer teilweisen Abkopplung des Erfolgsanteils von der Arbeitsleistung. Denn in der Arbeitsphase erhält der Altersteilzeitarbeitnehmer lediglich die Hälfte des von ihm verdienten Anteils. Die zweite Hälfte käme ihm, folgte man der Argumentation des beklagten Freistaats, weder in der Arbeits- noch in der Freistellungsphase zugute. Zwar erhielte der Altersteilzeitarbeitnehmer in der Freistellungsphase einen Erfolgsanteil, aber dessen Höhe hinge nicht von seiner, sondern von der Arbeitsleistung Dritter, nämlich der Arbeitsleistung der weiterhin tätigen Mitarbeiter, ab. Der Zweck der Mitarbeiterbeteiligung, die Motivation zu einer überdurchschnittlichen Arbeitsleistung, liefe zu einem Teil ins Leere. Ein solcher Rege-lungswille der Tarifvertragsparteien kommt in der Bestimmung nicht zum Ausdruck.
383. Der Umstand, dass der Tronc in der Zeit der Arbeitsphase abweichend von den tariflichen Bestimmungen monatsweise ausgeschüttet worden ist, lässt entgegen der Ansicht des Freistaats den Zahlungsanspruch des Klägers nicht entfallen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen, an die § 275 Abs. 1 BGB den Ausschluss der Leistungspflicht knüpft, liegen nicht vor. Die begehrte Leistung ist dem beklagten Freistaat nicht unmöglich.
39Vom Troncaufkommen ist nach § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Verwendung des Tronc der Spielbanken in Bayern vom (GVBl. Bayern 1995, 913; im Folgenden: TroncVO) der Betrag, der sich nach Leistung einer angemessenen Vergütung einschließlich der vom Arbeitgeber für die Spielbankbediensteten zu erbringenden Arbeitgeberleistungen als Überschuss errechnet, zur Verwendung für gemeinnützige Zwecke abzuführen. Als angemessen gilt die Vergütung, die in den Tarifverträgen zwischen dem beklagten Freistaat und den Gewerkschaften in ihrer jeweils gültigen Fassung festgesetzt ist, § 2 Abs. 2 TroncVO. § 2 Abs. 1 TroncVO stellt nicht auf die Entstehung, sondern auf die Erfüllung der Verbindlichkeit ab. Da der Erfolgs-anteil nach § 5 TV ATZ aF iVm. §§ 4, 9 Abs. 2 GTV auch in der Freistellungs-phase zur tarifvertraglich geregelten Vergütung der Altersteilzeitarbeitnehmer gehört, ist der beklagte Freistaat berechtigt, den dem Kläger zustehenden Erfolgsanteil, dessen Höhe sich nach dem Troncumfang in der Arbeitsphase bemisst, aus dem laufenden Tronc zu entnehmen. Bei rückläufiger Entwicklung der Trinkgelder liegt der in der Freistellungsphase an den Kläger auszu-kehrende Erfolgsanteil zwar über dem der übrigen Arbeitnehmer; nichtsdestotrotz bleibt er eine tarifvertraglich bestimmte Vergütung, um die der Arbeitgeber den Tronc vor der Abführung an den Staatshaushalt mindern darf. Im Übrigen stellen sich vergleichbare Probleme, wenn der Tronc nicht ausreicht, um aus ihm sämtliche Vergütungen zu bestreiten. Auch in diesem Fall ist die Haftung des Arbeitgebers nicht auf den Troncinhalt beschränkt; vielmehr muss er die Verpflichtungen, die er durch den Abschluss von Arbeitsverträgen eingegangen ist, aus anderen Mitteln erfüllen.
40II. Der Senat kann in der Sache selbst nicht abschließend entscheiden. Die Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien unter dem einen Änderungstarifvertrag geschlossen haben, ist eine Normtatsache, die nicht dem Verbot der Berücksichtigung neuer Tatsachen aus § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterfällt. Derartige Normtatsachen sind nach § 293 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Senat - 9 AZR 159/07 - Rn. 38 ff., AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21). Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Anspruch des Klägers infolge der Neufassung des § 5 durch den ÄndTV ATZ untergegangen ist. Dies wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben.
411. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TV ATZ nF wird für die jeweilige kalendermonatliche Ermittlung des Werts eines dem Altersteilzeitarbeitnehmer zustehenden Erfolgsanteils sowohl in der Arbeitsphase als auch in der Freistellungsphase das Troncaufkommen des jeweils aktuellen Kalendermonats zugrunde gelegt. Fände diese Regelung rückwirkend auf den Zeitraum vom 1. April bis zum Anwendung, wäre der Klageantrag zu 1. unbegründet. Der beklagte Freistaat hätte die dem Kläger zustehenden Ansprüche erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB. Die Höhe der Erfolgsanteile richtete sich im Falle der Rückwirkung ausschließlich nach dem Troncumfang in der Freistellungsphase. Diese Berechnung legte der beklagte Freistaat seinen Zahlungen an den Kläger im Zeitraum vom 1. April bis zum zugrunde.
422. Die Rückwirkung hängt von zwei Voraussetzungen ab, die der Senat nach den bisherigen Feststellungen nicht abschließend zu prüfen vermag.
43a) Eine Rückwirkung zulasten des Klägers kommt nur in Betracht, wenn die Tarifvertragsparteien für das Inkrafttreten der Änderung des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TV ATZ aF einen Zeitpunkt bestimmt haben, der vor dem 31. Okto-ber 2008 liegt. Diese Normtatsache wird das Landesarbeitsgericht, gegebenen-falls durch Einsichtnahme in die Originalurkunde des ÄndTV ATZ, aufzuklären haben.
44b) Sollten die Tarifvertragsparteien ein Inkrafttreten des ÄndTV ATZ für einen vor dem liegenden Zeitraum bestimmt haben, wird das Landesarbeitsgericht prüfen müssen, ob die Rückwirkung rechtswirksam ist.
45aa) Im Verhältnis zwischen zwei gleichrangigen Tarifnormen gilt das Ablösungsprinzip (vgl. - Rn. 29, AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 50 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 46). Danach löst ein neuer Tarifvertrag die alte Ordnung in dem von den Tarifvertragsparteien bestimmten Umfang ab (vgl. - zu II 2 c cc (1) der Gründe, BAGE 100, 377). Die Zulässigkeit der autonomen Festsetzung des Zeitpunkts des Inkrafttretens eines Tarifvertrags ergibt sich aus der den Tarifvertragsparteien in Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumten Norm-setzungsbefugnis, die auch das Recht umfasst, die zeitliche Geltung der von ihnen geschaffenen Normen zu bestimmen ( - Rn. 68, BAGE 119, 1). Tarifvertragliche Regelungen tragen somit während der Laufzeit des Tarifvertrags den immanenten Vorbehalt ihrer rückwirkenden Abänderbarkeit durch Tarifvertrag in sich ( - Rn. 18, NZA 2008, 131). Die Tarifvertragsparteien können deshalb grundsätzlich jederzeit einen von ihnen früher selbst vereinbarten Tarifvertrag abändern, einschränken oder aufheben (vgl. - Rn. 18, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 15).
46Soweit Änderungen der Tarifnorm Sachverhalte berühren, die in der Vergangenheit liegen, haben die Tarifvertragsparteien allerdings die Grenzen für eine Rückwirkung einzuhalten, die auch vom Gesetzgeber zu beachten sind (vgl. - Rn. 20, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 15). Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen ist durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt (vgl. - Rn. 26, BAGE 119, 374). Die den Tarifvertragsparteien in Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumte Normsetzungsbefugnis umfasst die rückwirkende Inkraftsetzung von verschlechternden Bedingungen nur insoweit, als sie nicht den rechts-staatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzen (vgl. - Rn. 69, BAGE 119, 1). Dabei ist das Vertrauen in den Bestand des tariflichen Anspruchs unabhängig davon schutzwürdig, ob der Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gilt oder ob dessen Anwendung - wie im Streitfall - vertraglich vereinbart ist (vgl. - Rn. 26, aaO).
47Der Arbeitnehmer darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Tarifvertragsparteien einen einmal entstandenen Tarifanspruch nicht rückwirkend beseitigen (vgl. - Rn. 26, BAGE 119, 374). Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Ansprüche noch nicht erfüllt oder noch nicht fällig sind (vgl. - Rn. 28, aaO). Ob und unter welchen Voraussetzungen das Vertrauen eines Arbeitnehmers ausnahmsweise nicht schutzwürdig ist, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. - Rn. 67, BAGE 119, 1). Die Grundlage für schützenswertes Vertrauen besteht nicht mehr, wenn und sobald die Normunterworfenen mit einer Änderung rechnen müssen (vgl. - Rn. 18, NZA 2008, 131). Dies setzt voraus, dass bereits vor der Entstehung des Anspruchs hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Tarifvertragsparteien den - zukünftigen - Anspruch zu Ungunsten der Arbeitnehmer ändern werden. Dabei hat der Wegfall des Vertrauensschutzes nicht zur Voraussetzung, dass der einzelne Tarifunterworfene positive Kenntnis von den maßgeblichen Umständen hat. Entscheidend und ausreichend ist die Kenntnis der betroffenen Kreise (vgl. - Rn. 40, BAGE 108, 176).
48bb) Das Landesarbeitsgericht wird für den Fall, dass eine Rückwirkung vorliegt, aufzuklären haben, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Tarifvertragsparteien die ursprünglichen Tarifregelungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und § 8 TV ATZ aF in dem jetzt geltenden Sinne ändern würden.
III. Der Senat kann aus den vorgenannten Gründen auch über die mit den Anträgen zu 2. und 3. erhobenen Ansprüche nicht abschließend entscheiden. Wie der Klageantrag zu 1. hängen diese, jedenfalls für den Zeitraum bis zum Abschluss des ÄndTV ATZ, von der Frage ab, ob die Tarifvertragsparteien § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TV ATZ aF rückwirkend änderten und der Kläger auf den Fortbestand seiner Ansprüche vertrauen durfte.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2011 S. 308 Nr. 5
NAAAD-60885