Rentenberechnung - Gesamtleistungsbewertung - belegungsfähiger Gesamtzeitraum - Berücksichtigung von Schulzeiten - Verfassungsmäßigkeit
Gesetze: § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6 vom , § 54 Abs 1 Nr 2 SGB 6, § 54 Abs 4 SGB 6, § 72 Abs 3 Nr 1 SGB 6, § 74 S 3 SGB 6 vom , § 252 Abs 4 SGB 6 vom , § 207 SGB 6, WFG, Art 14 Abs 1 GG
Instanzenzug: Az: S 97 R 4475/08 Urteilvorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Az: L 31 R 1816/08 Urteil
Tatbestand
1Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund wendet sich gegen ihre Verurteilung, im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Rente der Klägerin ab zu erhöhen, weil die Hochschulausbildung der Klägerin von April 1961 bis Oktober 1966 bei der Ermittlung des belegungsfähigen Gesamtzeitraums abzusetzen sei.
2Die Klägerin ist am geboren und bezieht seit dem Altersrente für Schwerbehinderte (Rentenbescheid vom ; Rente neu festgestellt wegen Hinzutritts von Beitragszeiten durch Bescheid vom ). Für deren Berechnung waren ua Entgeltpunkte (EP) für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten festzustellen (jeweils Anlage 4 der Bescheide). Die Beklagte ging (insoweit in beiden Bescheiden übereinstimmend) von einem belegungsfähigen Gesamtzeitraum zwischen Vollendung des 17. Lebensjahres () bis zum Kalendermonat vor Rentenbeginn () von 520 Monaten aus; hiervon setzte sie als nicht belegungsfähige Kalendermonate ab: 67 Monate als beitragsfreie Zeiten, die nicht gleichzeitig Berücksichtigungszeiten sind, weiterhin (im Rahmen der Übergangsvorschrift des § 263 Abs 2 SGB VI idF bis ) eine Pauschalzeit von 12 Monaten. Damit verblieben 441 belegungsfähige Kalendermonate. Die weitere Berechnung ergab, dass die Durchschnittsbewertung aus der Vergleichsbewertung (EP aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen) höher war als der Durchschnittswert aus der Grundbewertung (Berechnung unter Einschluss der beitragsgeminderten Zeiten). Insgesamt wurden für 67 Monate beitragsfreie Zeiten 5,7198 EP angerechnet. Beide Bescheide wurden insoweit bindend.
3Im Dezember 2007 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, den sie im Februar 2008 dahin gehend konkretisierte, dass der Zeitraum vom bis zum bei der Bestimmung des belegungsfähigen Gesamtzeitraums als nicht belegungsfähig abzusetzen sei; sie bezog sich insoweit auf das Urteil des 4. Senats des . Der Zeitraum sei nicht als Anrechnungszeit einer schulischen Ausbildung berücksichtigt worden, da er bei dem zu Grunde gelegten Rentenbeginn die Höchstdauer überschreite. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom und Widerspruchsbescheid vom ab; während des Vorverfahrens hatte sie auf Ersuchen der Klägerin ermittelt, dass sich die Rente bei der angestrebten Berechnungsart erhöhen würde (Erhöhung der persönlichen EP von 5,8969 auf 6,0018 und der persönlichen EP <Ost> von 53,5643 auf 54,4787; im Revisionsverfahren korrigiert auf die Werte von 5,8883/5,9711 sowie von 53,5655/54,2880).
4Klage- und Berufungsverfahren sind zu Gunsten der Klägerin ausgegangen, weil sich sowohl ) als auch ) dem angeschlossen haben.
5Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten. Diese rügt sinngemäß eine Verletzung der Höchstdauerbegrenzung des § 72 Abs 3 Nr 1 iVm § 54 Abs 4 und § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI in der vom bis zum geltenden Fassung. Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung sei die Anzahl der belegungsfähigen Monate nur um diejenigen Zeiten einer schulischen Ausbildung zu vermindern, die als Anrechnungszeit zu berücksichtigen und zu bewerten seien. Die Beklagte weist darauf hin, dass das BSG die entgegenstehende Rechtsansicht des Urteils vom (B 4 RA 43/03 R) inzwischen ausdrücklich aufgegeben habe (, RdNr 13; nach Antwortbeschluss des erkennenden Senats vom - B 13 R 6/09 S).
8Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Gründe
9Auf die zulässige Revision der Beklagten sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
10Der Rentenbescheid der Beklagten vom erweist sich im Sinne des von der Klägerin geltend gemachten Rücknahmeanspruchs nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht als rechtswidrig. Bei der Berechnung ihrer Altersrente gelten diejenigen Zeiten ihrer schulischen Ausbildung (§ 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI; hiermit sind auch Hochschulzeiten gemeint), die nicht als Anrechnungszeiten zählen, im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung beitragsfreier bzw -geminderter Zeiten (§§ 71 ff SGB VI) als belegungsfähig und sind daher vom belegungsfähigen Gesamtzeitraum nicht abzusetzen.
11Wie bereits in seinem Beschluss vom (B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400) auf die Anfrage des 5. Senats vom (B 5 KN 1/07 R) näher ausgeführt, ist der Senat nach wie vor der Auffassung, dass bei der Gesamtleistungsbewertung die Anzahl der belegungsfähigen Monate nicht auch um diejenigen Zeiten einer schulischen Ausbildung zu vermindern ist, die wegen Überschreitung der Höchstdauer gemäß § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI in der vom bis geltenden Fassung nicht als Anrechnungszeit zu berücksichtigen und zu bewerten sind. Die entgegenstehende frühere Rechtsprechung des - SozR 4-2600 § 71 Nr 1) ist nach dem Urteil des 5. Senats vom (B 5 KN 1/07 R - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 13 f) überholt.
12Für die Einzelheiten verweist der Senat auf die zitierten Entscheidungen.
13Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2010:201010UB13R2310R0
Fundstelle(n):
OAAAD-57445