Strafrahmenwahl bei einem versuchten Betrug
Gesetze: § 22 StGB, § 23 StGB, § 46 StGB, § 263 StGB
Instanzenzug: LG Lüneburg Az: 21 KLs 4102 Js 1873/09 (18/09) Urteil
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen versuchten Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt; den Angeklagten K. hat es der Beihilfe zum versuchten Betrug schuldig gesprochen und gegen ihn eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen. Sie beanstanden die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte G. rügt darüber hinaus auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
21. Zur Rüge des Angeklagten G., § 265 StPO sei verletzt, weil das Landgericht in mehreren in der Hauptverhandlung erteilten rechtlichen Hinweisen keine Tatsachen angegeben habe, auf die sich die von der Anklage abweichende rechtliche Beurteilung stütze, bemerkt der Senat: Dem Angeklagten wurde in Ziffer I. 2. der Anklageschrift u.a. ein versuchter Betrug nach § 263 Abs. 1, 2, 3 Nr. 5, §§ 22, 23 StGB zum Nachteil der Fahrlehrerversicherung zur Last gelegt. Wegen dieses Delikts ist er vom Landgericht auch verurteilt worden. Eines rechtlichen Hinweises nach § 265 StPO bedurfte es hierfür nicht. Die ihm in der Hauptverhandlung erteilten Hinweise betrafen nicht das abgeurteilte Delikt, sondern verschiedene Alternativen der Brandstiftung nach §§ 306 ff. StGB sowie des Versicherungsmissbrauchs nach § 265 StGB; ob diese Hinweise den Anforderungen des § 265 StPO genügten, ist deshalb unerheblich.
32. Der Strafausspruch hält bei beiden Angeklagten rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB, bei dem Angeklagten K. gemildert nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB, entnommen. Eine - bei dem Angeklagten K. weitere - Milderung wegen Versuchs nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB hat es abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, in diesem Zusammenhang sei eine "Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände" vorzunehmen; lediglich solche hat es sodann erwogen. Dies genügt den Anforderungen an die Strafrahmenwahl bei einem Versuch nicht. Dabei hat das Tatgericht neben der Persönlichkeit des Täters die Tatumstände im weitesten Sinne und dabei vor allem die versuchsbezogenen Gesichtspunkte, namentlich insbesondere die Nähe der Tatvollendung, die Gefährlichkeit des Versuchs und die eingesetzte kriminelle Energie, in einer Gesamtschau umfassend zu würdigen (, BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 4; Urteil vom - 3 StR 430/93, BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 12; Beschluss vom - 2 StR 381/00, BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 13; Beschluss vom - 5 StR 361/02, NStZ-RR 2003, 72; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 23 Rn. 4). Hieran fehlt es.
4Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden durch den Wertungsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen; diese dürfen indes den bisherigen nicht widersprechen.
Becker von Lienen Sost-Scheible
Schäfer Mayer
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
wistra 2011 S. 18 Nr. 1
FAAAD-55491