BGH Beschluss v. - 4 StR 448/10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LG Neubrandenburg vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass sechs Jahre und zwei Monate der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Die zu seinen Gunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam "auf den Ausspruch über die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs eines Teils der ausgeurteilten Freiheitsstrafe vor Beginn der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt" beschränkt; insoweit rügt sie die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die vom Landgericht vorgenommene Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe vor der Maßregel ist rechtsfehlerhaft. Sie verstößt gegen § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB. Danach ist, sofern bei einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren nicht ausnahmsweise von einer Vikariierung abgesehen wird, der vorweg zu vollstreckende Teil der Freiheitsstrafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB, also eine Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt, möglich ist. Ein Beurteilungsspielraum für den Tatrichter besteht nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes insoweit nicht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 644/07, StV 2008, 248 und vom - 4 StR 21/08).

Da der Halbstrafenzeitpunkt hier bei fünf Jahren Freiheitsstrafe liegt, kann der Ausspruch über die Dauer des Vorwegvollzugs nicht bestehen bleiben.

2. Der Senat kann die Dauer des Vorwegvollzugs nicht analog § 354 Abs. 1 StPO selbst festlegen (vgl. Senat aaO). Das Schwurgericht hat es nämlich - ebenfalls rechtsfehlerhaft (vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 67 Rdn. 11 a m.w.N.) - unterlassen, eine Prognose darüber zu treffen, wie lange die Unterbringung in der Maßregel voraussichtlich erforderlich sein wird (vgl. , NStZ 2009, 87, 88).

3. Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Satz 2 StPO) - bei der Berechnung des vorweg zu vollstreckenden Teils der Freiheitsstrafe die voraussichtlich notwendige Therapiedauer feststellen und diese von den fünf Jahren - der Hälfte der (nunmehr rechtskräftig) erkannten Freiheitsstrafe - abziehen müssen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
WAAAD-55121