BGH Beschluss v. - 5 StR 383/10

Gewerbsmäßige Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion: Konkurrenzverhältnis bei Beschaffung und Verwendung mehrerer Kreditkarten mit gefälschten Daten desselben angeblichen Karteninhabers zum Wareneinkauf

Gesetze: § 52 StGB, § 53 StGB, § 152b StGB

Instanzenzug: Az: (515) 1 Mü Js 32/10 KLs (9/10) Urteil

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit versuchtem Computerbetrug in einem besonders schweren Fall“ (Fall II.1 der Urteilsgründe; Einzelstrafe zwei Jahre Freiheitsstrafe) unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie wegen „gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung in einem besonders schweren Fall, davon in einem Fall in Tateinheit mit Computerbetrug in einem besonders schweren Fall, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit versuchtem Betrug in einem besonders schweren Fall“ (Fälle II.2 und 3 der Urteilsgründe) zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren (bei Einzelstrafen von jeweils drei Jahren Freiheitsstrafe) verurteilt. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3Am legte der Angeklagte in einem Sportartikelgeschäft zur Bezahlung von Trikots im Wert von 490 € eine Mastercard-Kreditkarte vor, die auf dem Magnetstreifen mit gefälschten Daten versehen war. Die Ware wurde ihm nicht überlassen, weil das Kartenlesegerät die Kreditkarte nicht akzeptierte (Fall II.1).

4In einem Matratzengeschäft bezahlte der Angeklagte am Matratzen und Betttücher im Wert von 900 € mit einer auf den Namen A. ausgestellten Kreditkarte, auf deren Magnetstreifen sich gefälschte Daten befanden. Nach Unterzeichnung des Kartenbelegs mit dem Namen „A.“ erhielt der Angeklagte die Ware ausgehändigt (Fall II.2).

5Am legte der Angeklagte in einem Kaufhaus zur Bezahlung von zwei Geschenkgutscheinen im Wert von 1.200 € eine weitere, ebenfalls auf den Namen A. ausgestellte Kreditkarte vor, die mit gefälschten Daten auf dem Magnetstreifen versehen war. Nachdem der Angeklagte den Kassenbeleg mit den Namenszug „A.“ unterschrieben hatte, bemerkte das zur Prüfung des Kassenbelegs von der Geschäftsleitung angehaltene Kassenpersonal die Manipulation, so dass die Gutscheine dem Angeklagten nicht übergeben wurden (Fall II.3).

6Der Angeklagte beabsichtigte, sich durch seine Einkäufe über einen längeren Zeitraum eine Einnahmequelle von erheblichem Umfang zu verschaffen. Von einem Hintermann sollte er für jeden getätigten Einkauf als Entlohnung 100 € erhalten.

72. Die Feststellungen zu den Fällen II.2 und 3 der Urteilsgründe tragen eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in zwei tatmehrheitlichen Fällen nicht. Die Beschaffung gefälschter Kreditkarten bildet als Vorbereitungsakt mit deren Einsatz als Ausführungsakt eine einzige Tat, wenn der Täter sich die Kreditkarte mit der Absicht verschafft, diese alsbald einzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn der Täter sich mehrere gefälschte Zahlungskarten in einem Vorbereitungsakt verschafft hat (vgl. BGH NJW 2010, 623; NStZ 2008, 568). Den Urteilsgründen ist indes nicht zu entnehmen, dass sich der Angeklagte die beiden verwendeten Kreditkarten durch zwei selbständige Handlungen verschafft hat. Vielmehr sprechen der gleichlautende Name des angeblichen Karteninhabers und der zeitliche Zusammenhang des Einsatzes beider Kreditkarten dafür, dass der Angeklagte sie sich durch eine Handlung beschafft hat.

8Der Senat schließt aus, dass konkrete Feststellungen dahingehend getroffen werden können, dass der Angeklagte sich die verwendeten Kreditkarten durch zwei selbständige Handlungen verschafft hat, und ändert daher – dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend – den Schuldspruch in den Fällen II.2 und 3 auf tateinheitliche Begehung der gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

93. Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung der für die Fälle II.2 und 3 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen sowie der insoweit gebildeten Gesamtstrafe nach sich. Der Senat hat auch die Einzelstrafe für den Fall II.1 der Urteilsgründe und die insoweit mit der einbezogenen Freiheitsstrafe gebildeten Gesamtstrafe aufgehoben, um dem neuen Tatgericht eine insgesamt ausgewogene Strafzumessung zu ermöglichen. Mit Blick auf die Höhe der verhängten Einzel- und der Gesamtstrafen begegnet rechtlichen Bedenken insbesondere die formelhafte und nicht differenzierende Prüfung der Voraussetzungen, ob minder schwere Fälle gemäß § 152b Abs. 3 StGB anzunehmen sind, ohne dass hierbei auf die eher untergeordnete Rolle des teilweise nur geringfügig vorbestraften (Fall II.1) Angeklagten, auf den von ihm beabsichtigten Tatvorteil und auf die Höhe des eingetretenen oder beabsichtigten Schadens eingegangen wird. Zudem wird bei der Bemessung der zu verhängenden Gesamtstrafen die Schuldangemessenheit des Gesamtstrafübels (vgl. BGHSt 41, 310, 313) zu beachten sein.

10Da die Aufhebung wegen Begründungs- und Wertungsfehlern erfolgt, können die hierzu gehörenden Feststellungen insgesamt bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, weitergehende Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.

Basdorf                                Schaal                              Schneider

                      König                                Bellay

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
wistra 2010 S. 482 Nr. 12
FAAAD-54428