BGH Beschluss v. - 2 StR 281/10

Hauptverhandlung im Strafverfahren wegen Vergewaltigung: Abwesenheit des Angeklagten während der Klärung der Vernehmungsfähigkeit einer Belastungszeugin durch mündliches Sachverständigengutachten

Gesetze: § 247 StPO, § 338 Nr 5 StPO

Instanzenzug: LG Marburg Az: 3 KLs 1 Js 10311/08 Urteil

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes, davon in zwei Fällen in weiterer Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 247 Satz 1 i.V.m. § 338 Nr. 5 StPO ist unbegründet. Soweit das Landgericht nach Entfernung des Angeklagten während der Vernehmung der Nebenklägerin in seiner Abwesenheit ein mündliches Gutachten des anwesenden Sachverständigen zur Frage deren weiterer Vernehmungsfähigkeit an diesem Tag eingeholt hat, hat es nicht gegen den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO verstoßen, da nur die Abwesenheit bei einem wesentlichen Teil der Hauptverhandlung die Revision begründet. Die Frage der Vernehmungsfähigkeit eines Zeugen unterliegt dem Freibeweisverfahren (vgl. BGHR StPO § 247 Abwesenheit 22; ). Da die Klärung der Vernehmungsfähigkeit damit auch außerhalb der Hauptverhandlung hätte erfolgen können, erstreckte sich die Abwesenheit des Angeklagten nicht auf einen wesentlichen Teil der Hauptverhandlung (vgl. BGHR StPO § 247 Abwesenheit 17, 24). Auf die von der Revision mit beachtlichen Gründen angezweifelte Wirksamkeit der Protokollberichtigung kommt es damit nicht an.

32. Die Sachrüge führt in Fall I. 1 der Urteilsgründe zum Wegfall der Verurteilung wegen tateinheitlich begangener vorsätzlicher Körperverletzung, da insoweit aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Gleichwohl kann die für diesen Fall festgesetzte Einzelstrafe bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte, wenn es die Verfolgungsverjährung beachtet hätte, zumal auch verjährte Delikte - wenn auch mit minderem Gewicht - bei der Strafzumessung zu Lasten eines Angeklagten berücksichtigt werden können (; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 24).

Rissing-van Saan                                        Appl                                 Krehl

                                   Eschelbach                                  Ott

Fundstelle(n):
AAAAD-53783