Wiedereinsetzung bei Büroversehen; konkrete Einzelanweisung des Prozessbevollmächtigten
Gesetze: FGO § 54, FGO § 56, FGO § 115 Abs. 2, FGO § 116 Abs. 3, BGB § 187, BGB § 188 Abs. 2, ZPO § 85 Abs. 2, ZPO § 222
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde ist unzulässig; denn sie ist nicht innerhalb der dafür bestimmten Frist begründet worden und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden.
2 1. Nach § 116 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof (BFH) unter Darlegung der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO schriftlich zu begründen. Im Streitfall ist das angefochtene Urteil dem Prozessbevollmächtigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am zugestellt worden; die Frist von zwei Monaten endete danach mit Ablauf des (der 24. und waren ein Sonnabend und ein Sonntag; vgl. § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung —ZPO— und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Eine Beschwerdebegründung ist jedoch beim BFH erst am und damit verspätet eingegangen.
3 2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist kommt im Streitfall nicht in Betracht. Das eigene Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist den Klägern zuzurechnen (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).
4 Zwar ist die dargelegte Organisation des Fristenwesens (Erfassung und Kontrolle) im Büro des Prozessbevollmächtigten im Übrigen (s. aber nachstehend) nicht zu beanstanden. Auch darf sich ein Angehöriger der rechts- und steuerberatenden Berufe grundsätzlich darauf verlassen, dass entsprechend ausgebildete und bisher zuverlässig arbeitende Büroangestellte eine konkrete Einzelanweisung (betr. Fristerfassung), auch wenn sie nur mündlich erteilt wurde, befolgen und ordnungsgemäß ausführen. Er ist daher im Allgemeinen auch nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 205, 9, BStBl II 2004, 564; BFH-Beschlüsse vom II B 94/09, BFH/NV 2010, 457; Beschlüsse des Bundesgerichtshofes —BGH— vom II ZB 6/08, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2009, 647, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2009, 1083; vom XII ZB 154/09, Monatsschrift für Deutsches Recht —MDR— 2010, 400).
5 Indes kann sich der Prozessbevollmächtigte im Streitfall nicht auf mögliche Büroversehen seiner ansonsten zuverlässigen Angestellten exkulpierend berufen. Denn spätestens, als der Prozessbevollmächtigte anlässlich der „Vorbereitung des Termins zur Akteneinsicht” am —zum dritten Mal— bemerkt hatte, dass der Vorgang —trotz zweier vorangehender Einzelanweisungen— nicht fristenmäßig erfasst war, hätte der Prozessbevollmächtigte von sich aus dafür Sorge tragen müssen, dass die angeordnete Fristenerfassung nunmehr auch tatsächlich durchgeführt wird, bzw. anlässlich der gegebenen dritten Einzelanweisung deren Durchführung kontrollieren müssen. Zudem hätte der Prozessbevollmächtigte bei Unterzeichnung der Beschwerdeschrift (vom ) eine weitere Gelegenheit gehabt, für die (bislang unterbliebene) Fristenerfassung dieses Vorgangs zu sorgen; denn ihm obliegt bei Fertigung der Rechtsmittelschrift neben der Kontrolle der Frist zur Einlegung des jeweiligen Rechtsmittels (hier: Beschwerde) eigenverantwortlich auch die Prüfung, ob die jeweilige Begründungsfrist notiert ist (vgl. , BFHE 221, 201, BFH/NV 2008, 1621 Rz 20; , MDR 2007, 747, NJW 2007, 1599 Rz 6). Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte nichts dazu vorgetragen, welche organisatorischen Maßnahmen dagegen getroffen wurden, dass eine solche nur mündlich erteilte Weisung in Vergessenheit gerät und die angeordnete Eintragung der Frist —sogar mehrfach, wie im Streitfall— unterbleibt (vgl. BGH-Beschlüsse in DStR 2009, 647; vom VI ZB 69/05, MDR 2008, 654, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report 2008, 928; vom XII ZB 189/07, MDR 2008, 814, NJW 2008, 2589 Rz 13).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 2097 Nr. 11
PAAAD-52420