Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Rüge eines Verfahrensfehlers; Antrag auf Tatbestandsberichtigung; Rüge unzutreffender Rechtsanwendung
Gesetze: AO § 227, FGO § 76 Abs. 1, FGO § 108, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, GG Art. 103 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2 Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) alle Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend.
3 1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) trägt die Klägerin vor, die Entscheidung sei für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen von grundsätzlicher Bedeutung. Das erfüllt nicht die Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung eines Zulassungsgrundes. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf grundsätzliche Bedeutung gestützt, setzt die Zulassung voraus, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellt, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom V B 57/08, nicht amtlich veröffentlicht —n.v.—; vom V B 23/00, BFH/NV 2000, 1148). Darüber hinaus muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom V B 57/08, n.v.; vom II B 147/05, BFH/NV 2006, 1320).
4 2. Die Klägerin hat auch keine Divergenz dargelegt. Die Zulassung einer Revision wegen Divergenz erfordert nicht nur, dass das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbar festgestelltem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertritt als der BFH, der Gemeinsame Senat, der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), ein anderes oberstes Bundesgericht oder ein anderes FG (BFH-Beschlüsse vom V B 38/08, n.v.; vom IX B 105/09, BFH/NV 2010, 443; vom IV B 99/08, BFH/NV 2010, 167), sondern die Klägerin muss darüber hinaus einander widersprechende abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG und den Entscheidungen, von denen die Vorinstanz abgewichen sein soll, gegenüberstellen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom IV B 136/08, BFH/NV 2010, 918; vom IV B 55/08, BFH/NV 2009, 1432, m.w.N.). Soweit die Klägerin geltend macht, das FG-Urteil stehe im Widerspruch zu den Entscheidungen des (BFHE 205, 319, BStBl II 2004, 630), vom V R 97/01 (BFHE 203, 193, BStBl II 2003, 819), vom V R 23/03 (BFH/NV 2005, 1849), vom V R 41/06 (BFHE 221, 498, BStBl II 2009, 2), vom V B 151/05 (BFH/NV 2007, 113) und des , Planzer (BFH/NV Beilage 2007, 418), vom C-167/01, Inspire Art (Slg. 2003, I-10155), hat sie z.T. abstrakte Rechtssätze weder aus dem FG-Urteil noch aus den Entscheidungen, zu denen die Abweichung bestehen soll, herausgearbeitet. Soweit die Klägerin Rechtssätze aus dem , Terra Baubedarf (Slg. 2004, I-5583) oder des BFH wiedergegeben hat, fehlt es jedenfalls an der Darlegung eines dem widersprechenden Rechtssatzes aus dem FG-Urteil.
5 3. Auch die Behauptung, das FG habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) „und damit” Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt, indem es sich nicht hinreichend mit der Rechtsprechung und der Literatur auseinandergesetzt habe, führt nicht zur Zulassung der Revision. Wird die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, auf deren Beachtung der Betroffene verzichten kann (hier: Verletzung der Sachaufklärungspflicht), so muss die Klägerin außerdem vortragen, dass sie den Verstoß in der Vorinstanz gerügt habe oder aus welchen entschuldbaren Gründen an einer solchen Rüge vor dem FG gehindert gewesen sei (BFH-Beschlüsse vom IX B 53/09, n.v.; vom V B 98/04, n.v.). Ausweislich des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung wurde „die Streitsache mit den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Sicht” erörtert, ohne dass ein Beweisantrag gestellt oder seitens der Klägerin auf ihn oder andere Aufklärungsmaßnahmen hingewirkt wurde. Im Übrigen hätte die Klägerin darlegen müssen, inwiefern es nach der für die Beurteilung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, allein maßgeblichen Rechtsauffassung des FG im Rechtsstreit über Zinsen auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Steuerschuld ankommen konnte.
6 4. Soweit die Klägerin geltend macht, der Tatbestand des FG-Urteils sei unzutreffend, weil sie nicht vorbehaltlos auf den Antrag auf Erlass nach § 227 der Abgabenordnung (AO) verzichtet, sondern deutlich gemacht habe, dieses Ziel im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revision in der nächsten Instanz weiterzuverfolgen, rügt sie keinen Verfahrensfehler. Insoweit wäre seitens der Klägerin gegebenenfalls ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO zu stellen gewesen. Sollte die Klägerin meinen, dem FG sei durch die Nichtbescheidung ihres Erlassantrags ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO unterlaufen, trifft das nicht zu. Ausweislich des Sitzungsprotokolls (zu dessen Beweiskraft siehe § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung —ZPO—) hat die Klägerin keinen Erlassantrag gestellt.
7 5. Im Wesentlichen rügt die Klägerin in Art einer Revisionsbegründung die unzutreffende Rechtsanwendung durch das FG. Das führt nicht zur Zulassung der Revision. Selbst wenn dem FG bei der Beweiswürdigung oder bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts Fehler unterlaufen sein sollten, rechtfertigt das nicht die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO (BFH-Beschlüsse vom V B 36/05, BFH/NV 2007, 69; vom V B 59/04, BFH/NV 2007, 116; vom XI B 16/07, BFH/NV 2008, 595; vom IX B 199/06, BFH/NV 2008, 26; vom VII B 345/06, BFH/NV 2008, 23). Ein Rechtsanwendungsfehler führt erst dann zur Zulassung der Revision, wenn er von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 216/09, n.v.; vom III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116; vom VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, und vom III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474). Eine Entscheidung ist nur dann (objektiv) willkürlich in diesem Sinn, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 1116; vom III B 54/02, BFH/NV 2002, 1488, m.w.N.). Greifbare Gesetzeswidrigkeit ist anzunehmen, wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 1116; vom III B 119/00, BFH/NV 2001, 1036). Ein derartiger schwerwiegender Rechtsfehler ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 2084 Nr. 11
QAAAD-52411