BGH Urteil v. - KZR 47/07

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LG Köln, 91 O 62/03 vom OLG Düsseldorf, VI-2 U (Kart) 17/05 vom

Tatbestand

Die Klägerin, die Deutsche Telekom AG (DTAG), ist der in Deutschland führende Betreiber von öffentlich zugänglichen Telefondiensten. Die beklagte datagate GmbH befasst sich mit der Beschaffung und Aufbereitung von Teilnehmerdaten, auf deren Grundlage sie und ihre Muttergesellschaft telegate AG Auskunftsdienste betreiben. Überwiegend bezieht datagate die Teilnehmerdaten von DTAG. Grundlage dafür ist ein Vertrag vom 11./. Danach hat datagate ein Entgelt zu entrichten, dessen Höhe sich einerseits nach der Zahl der Zugriffe auf die Auskunftsdienste, andererseits nach den Kosten einer von DTAG betriebenen Datenbank "DaRed" (Datenredaktion) und der Pflege der darin gespeicherten Daten sowie nach den Kosten für deren Übermittlung richtet.

DTAG speichert die Daten ihrer Kunden einschließlich vertrags- und abrechnungstechnischer Informationen in einer Datenbank "Andi" (Anmeldedienst). Von dort werden diejenigen Daten, die in Auskunftsdienste oder Teilnehmerverzeichnisse aufgenommen werden sollen, in die Datenbank DaRed übertragen und entsprechend aufbereitet. In diese Datenbank werden auch Teilnehmerdaten übernommen, die DTAG von Wettbewerbern zum Zwecke der Bereitstellung eines Telefonauskunftsdienstes und von Teilnehmerverzeichnissen überlassen werden (sog. Carrierdaten).

Unter Berufung auf eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom (C-109/03, Slg. 2004, I-11273 = EuZW 2005, 17 - KPN Telecom) vertritt datagate die Auffassung, nur ein Entgelt in Höhe der Kosten der Datenübermittlung zu schulden; mit den Kosten der Datenbank DaRed und denen der Aufbereitung der Teilnehmerdaten durch DTAG dürfe sie dagegen nicht belastet werden. Sie kürzte deshalb die Rechnungen der DTAG aus der Zeit vom bis zum um bis zu 30%.

Mit der Klage verlangt DTAG Zahlung der einbehaltenen Rechnungsbeträge in Höhe von 2.946.490,33 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung von DTAG zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt DTAG ihren Klageantrag weiter.

Gründe

Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

DTAG habe keinen Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Vergütung. Die Entgeltabrede der Parteien sei wegen Verstoßes gegen § 19 Abs. 1, 4 Nr. 1 GWB und § 12 TKG vom (im Folgenden: TKG 1996) gemäß § 134 BGB nichtig. DTAG habe als marktbeherrschendes Unternehmen die Wettbewerbsmöglichkeiten von datagate in erheblicher Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt. Denn sie habe die von ihr vorgehaltenen Teilnehmerdaten nur zu Preisen überlassen, die über den nach § 12 TKG zulässigen Entgelten gelegen hätten. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Abnehmer der Teilnehmerdaten als Lizenznehmer Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbiete (§ 12 Abs. 1 TKG 1996) oder als Dritter anzusehen sei (§ 12 Abs. 2 TKG 1996). In jedem Fall sei DTAG nur berechtigt, ein Entgelt in Höhe der Kosten einer effizienten Bereitstellung der Daten zu verlangen. Unter "angemessenem Entgelt" in Absatz 2 der Vorschrift, der sich auf Nicht-Lizenznehmer beziehe, sei nämlich dasselbe zu verstehen wie unter "Kosten der effizienten Bereitstellung" in Absatz 1. Darunter fielen nur die Kosten des tatsächlichen Zurverfügungstellens, nicht dagegen die - von der Preisvereinbarung der Parteien ebenfalls erfassten - Kosten des Aufbaus und der Unterhaltung der Datenbank DaRed. Das ergebe sich aus einer an der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld (ONP II-RL) orientierten Auslegung des § 12 TKG 1996.

Die Preisvereinbarung der Parteien könne nicht geltungserhaltend reduziert werden, weil dadurch die Klägerin zu Unrecht belohnt würde. Im Übrigen seien die gegebenenfalls wirksam vereinbarten Entgeltteile nicht Gegenstand der Klage.

II. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat § 12 TKG 1996 fehlerhaft ausgelegt und ist so zu einem unrichtigen Ergebnis gelangt.

Gemäß § 12 TKG 1996 hat ein Lizenznehmer, der Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, anderen Unternehmen zum Zwecke der Aufnahme eines Auskunftsdienstes oder der Herausgabe eines Verzeichnisses Teilnehmerdaten in kundengerechter Form zugänglich zu machen. Ist der Empfänger der Teilnehmerdaten ebenfalls ein Lizenznehmer, der Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, kann der die Daten überlassende Lizenznehmer nach § 12 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996 dafür ein Entgelt erheben, das sich an den "Kosten der effizienten Bereitstellung orientiert". Werden die Daten einem Dritten i.S. des § 12 Abs. 2 TKG 1996 zugänglich gemacht, kann von diesem ein "angemessenes Entgelt" verlangt werden.

Wie der Senat in seinen Urteilen "Teilnehmerdaten I" und "Teilnehmerdaten II" (jeweils vom - KZR 34/06, K&R 2010, 349 Tz. 14 ff. und KZR 41/07 Tz. 16 ff., [...]) näher ausgeführt hat, ist § 12 TKG 1996 ab dem Ende der Umsetzungsfrist der ONP II-Richtlinie am dahingehend auszulegen, dass sowohl von einem Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen i.S. des Absatzes 1 als auch von einem Dritten i.S. des Absatzes 2 für die Überlassung von sogenannten Basisdaten (Name, Anschrift, Rufnummer) der eigenen Kunden des Herausgabepflichtigen kein Entgelt verlangt werden darf, das die (Grenz-)Kosten der Datenübermittlung (Kostenkategorie 3 nach der Definition der Urteile vom , aaO Tz. 16 bzw. 19) übersteigt oder nach dem Umfang der Nutzung berechnet wird, während für die sogenannten Zusatzdaten (wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses oder Mitbenutzer) und die sogenannten Fremddaten (Carrierdaten) diese Beschränkung nicht gilt. Insoweit können im Rahmen der Kosten der effizienten Bereitstellung auch die Kosten gemäß Kostenkategorie 1 (Kosten für die Datenbank unter Berücksichtigung von Kapitalkosten, Betriebskosten und Datenbankentwicklungskosten) und Kostenkategorie 2 (Prozesskosten für die Pflege des Bestands der Standardeinträge) nutzungsabhängig umgelegt werden; von Dritten i.S. des § 12 Abs. 2 TKG 1996 kann ein darüber hinausgehendes angemessenes Entgelt verlangt werden. Der Senat hat dabei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des , NVwZ-RR 2008, 832 Tz. 19 ff.) das nationale Recht anhand der hier maßgeblichen ONP II-Richtlinie und der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom (aaO Tz. 37 ff. - KPN Telecom) gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt.

2. Der Verstoß gegen § 12 TKG 1996 hat zur Folge, dass die Preisvereinbarung der Parteien gemäß § 134 BGB in dem Umfang nichtig ist, in dem sie gegen das Verbotsgesetz verstößt (, aaO Tz. 10 ff., 49 - Teilnehmerdaten I). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfasst die Nichtigkeitsfolge nicht die gesamte Entgeltabrede.

III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen zur Höhe des zulässigen Entgelts getroffen werden können.

Fundstelle(n):
JAAAD-48460