Anspruch auf rechtliches Gehör; Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers; Vorliegen einer Überraschungsentscheidung
Gesetze: FGO § 76 Abs. 2, FGO § 80, FGO § 91 Abs. 2, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, GG Art.103 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist bei Zweifeln an der nach § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Darlegung eines Zulassungsgrundes jedenfalls unbegründet.
2 Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügten Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen nicht vor.
3 a) Das Finanzgericht (FG) hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 FGO) nicht dadurch verletzt, dass es aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden hat, zu der der Kläger nicht erschienen war. Im Streitfall war der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, so dass für eine Terminsverlegung wegen seiner persönlichen Verhinderung keine Veranlassung bestand. Tatsächlich war der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auch anwesend. Da nach der insoweit maßgeblichen Auffassung des FG das persönliche Erscheinen des Klägers zur weiteren Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich war und es dementsprechend sein persönliches Erscheinen nicht gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 FGO angeordnet hatte, stand sein Nichterscheinen einer Verhandlung und Entscheidung nicht entgegen. Denn wie sich aus § 91 Abs. 2 FGO ergibt, kann grundsätzlich sogar ohne einen Beteiligten verhandelt und entschieden werden. Im Übrigen könnte selbst im Falle einer Anordnung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 FGO eine Verletzung rechtlichen Gehörs nur dann vorliegen, wenn das FG das Ausbleiben als Verletzung der Mitwirkungspflicht angesehen und die Klageabweisung gerade darauf gestützt hätte ( (PKH), BFH/NV 2008, 1853). So liegt es hier offensichtlich nicht.
4 b) Eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) liegt nur vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste. Das FG hat, wie der Kläger selbst einräumt, die Streitsache in der mündlichen Verhandlung besprochen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör und die richterliche Hinweispflicht des § 76 Abs. 2 FGO verlangen jedoch nicht, dass das Gericht die maßgebenden Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend erörtert oder sogar die einzelnen für die Entscheidung erheblichen (rechtlichen oder tatsächlichen) Gesichtspunkte im Voraus andeutet (, BFH/NV 2006, 1497). Auch ist das Gericht nicht verpflichtet, möglicherweise fehlende spezielle Rechtskenntnisse eines durch einen Steuerberater vertretenen Beteiligten durch richterliche Hinweise vor der Verhandlung auszugleichen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 1637 Nr. 9
AAAAD-47465