BGH Beschluss v. - III ZR 48/10

Prozesskostenhilfe für die Zahlungsklage einer eingestellten GmbH

Gesetze: § 116 S 1 Nr 2 ZPO

Instanzenzug: Az: 7 U 1629/09 Urteilvorgehend LG München I Az: 3 O 8701/04

Gründe

11. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO kommt nicht in Betracht. Dass der Klägerin durch Beschluss des Registergerichts vom ein Notgeschäftsführer mit dem Wirkungskreis ihrer Vertretung im anhängigen Rechtsstreit und zur Feststellung ihrer Steuerverbindlichkeiten und zu deren Ausgleich bestellt worden ist, macht diesen nicht zur Partei kraft Amtes, die nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beanspruchen könnte.

22. Nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO kann einer inländischen juristischen Person Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.

3Die Unterlassung der Durchführung der Rechtsverfolgung läuft allgemeinen Interessen regelmäßig nur dann zuwider, wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die größere Kreise der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens anspricht und soziale Wirkungen nach sich ziehen kann (vgl. nur BGHZ 25, 183, 185; BGH, Beschlüsse vom - X ZR 23/85 - NJW 1986, 2058, 2059; - VIII ZR 139/89 - NJW-RR 1990, 474). Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Partei anderenfalls gehindert wäre, der Allgemeinheit dienende Aufgaben zu erfüllen, oder wenn von der Durchführung des Prozesses die Existenz eines Unternehmens abhängt, an dessen Erhaltung wegen der großen Zahl der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer ein allgemeines Interesse besteht (BGHZ 25, 183, 184 f; BT-Drucks. 8/3068, S. 26 f). Gegebenenfalls kann auch genügen, wenn der wirtschaftliche Gegenwert einer Forderung, deren Realisierung die Befriedigung einer Vielzahl von Gläubigern des Forderungsinhabers ermöglichen würde, deren Interessen an der Durchsetzung der Forderung sich aber nur mit Schwierigkeiten bündeln ließen, anderenfalls beim Schuldner verbliebe ( - NJW 1991, 703; siehe auch Beschluss vom , aaO). Demgegenüber reicht das allgemeine Interesse an einer richtigen Entscheidung eines Prozesses grundsätzlich ebenso wenig aus wie der Umstand, dass im Rahmen eines Revisionsverfahrens Rechtsfragen von allgemeinem Interesse zu beantworten wären (BGHZ 25, 183, 185; Beschluss vom , aaO; Senatsbeschluss vom - III ZR 56/10 - BeckRS 2010, 14151 Rn. 2).

4Vor diesem Hintergrund kann der Klägerin Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden. Sie hat Ende des Jahres 2007 ihren Geschäftsbetrieb vollständig eingestellt, hat keine weiteren Einkünfte mehr und unterhält nach Angaben ihres Notgeschäftsführers keine Geschäftsräume, Büroeinrichtung oder Ähnliches mehr. Sie hat erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt, dem Kassen- und Steueramt der Landeshauptstadt M., der Landesjustizkasse B. und der Rechtsanwaltsgesellschaft, die sie in erster Instanz vertreten hat. Mit der begehrten Zahlung sollen vornehmlich die genannten Verbindlichkeiten beglichen werden. Damit ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Ausgang des Verfahrens wirtschaftlich eine Vielzahl von Personen betrifft.

Schlick                                 Dörr                                  Herrmann

                     Hucke                             Tombrink

Fundstelle(n):
ZAAAD-46022