BAG Urteil v. - 4 AZR 657/08

Eingruppierung einer Altenpflegehelferin in die VergGr Kr II der Anlage 1b zum BAT - mindestens einjährige Ausbildung - Anforderung an Revisionsbegründung

Gesetze: § 1 TVG, § 308 Abs 1 ZPO, § 551 Abs 3 Nr 2 ZPO, § 256 Abs 1 ZPO, § 264 Nr 2 ZPO, § 269 Abs 1 ZPO, Anl 1b Abschn A BAT, Anl 1b Abschn B BAT, § 4 Abs 1 TVÜ-VKA, § 17 Abs 1 S 1 TVÜ-VKA, Anl 4 TVÜ-VKA

Instanzenzug: ArbG Augsburg Az: 6a Ca 1580/06 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 8 Sa 1193/07 Urteil

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin. Diese ist bei der Beklagten seit dem als Altenpflegehelferin beschäftigt. Sie war zunächst im A Stift und seit dem im S Stift, einem Altenheim, tätig. In dem am geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es ua.:

2Die Klägerin wurde von der Beklagten zunächst der Vergütungsgruppe Kr. I der Anlage 1b zur Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst des BAT (VergGr. Kr. I BAT) und zum im Wege des Bewährungsaufstiegs der VergGr. Kr. II BAT zugeordnet. Nach Inkrafttreten des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst (TVöD) wurde die Klägerin zum in die Entgeltgruppe Kr. 3a der Anlage 4 des Tarifvertrages vom zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) übergeleitet.

Die Klägerin nahm bereits vor Beginn des Arbeitsverhältnisses an einem vom Kolping-Bildungswerk des Diözesanverbandes A e.V. (Kolpingwerk) durchgeführten Vollzeitausbildungslehrgang „Hauswirtschaft für Pflege und betreutes Wohnen“ teil. Der Lehrgang fand vom bis zum statt. Die Klägerin nahm ab dem daran teil. Während der Zeit ihrer Teilnahme absolvierte sie im Rahmen der Ausbildung drei mehrwöchige ausbildungsbegleitende Praktika im Bereich Betreuung und Grundpflege in einer Pflegestation des S Stifts. Im Rahmen des gesamten Lehrgangs wurden theoretische und fachpraktische Kenntnisse in folgenden Unterrichtsfächern mit einer Gesamtstundenzahl von 1.340 Stunden vermittelt:

4Die Klägerin hat nach einer Bescheinigung des Kolpingwerkes den Lehrgang mit gutem Erfolg abgeschlossen und in dessen Rahmen die Abschlussprüfung zur „staatlich geprüften Hauswirtschafterin“ bestanden. Bei der Beklagten ist auch die Beschäftigte B tätig, die über eine Ausbildung verfügt, die derjenigen der Klägerin entspricht. Diese erhielt zumindest zeitweilig ein Entgelt nach der VergGr. Kr. IV BAT. Mit Schreiben vom begehrte die Klägerin von der Beklagten eine Vergütung nach der VergGr. Kr. IV BAT, was die Beklagte mit Schreiben vom ablehnte.

5Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin die Feststellung ihrer Höhergruppierung. Sie besitze aufgrund ihrer Teilnahme an dem Ausbildungslehrgang die für diese Vergütungsstufe erforderliche einjährige Ausbildung und übe mit Ausnahme der Vorbereitung der Medikation Tätigkeiten aus, die einer examinierten Altenpflegerin gleichkämen. Für sie sei der Abschnitt A der Anlage 1b zum BAT maßgebend. Der Vortrag der Beklagten, es seien nicht überwiegend krankenpflegebedürftige Personen in dem Stift zu betreuen, sei unzutreffend, da der Anteil an Demenzkranken 80 vH betrage.

6Bei der Ausbildung habe es sich um eine einjährige Maßnahme gehandelt, da die Teilnehmer Anspruch auf Ferien hätten. Die Klägerin habe zwar nicht am gesamten Lehrgang teilgenommen, aber den gesamten Lehrgangsstoff erlernt und Versäumtes nachgeholt. Zudem sei sie über den gesamten Lernstoff geprüft worden und habe die Abschlussprüfung bestanden. Die Weigerung der Beklagten verstoße zudem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Beschäftigte B, wie die Klägerin eine Altenpflegehelferin, nach der VergGr. Kr. IV BAT vergütet werde.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin werde zutreffend nach der VergGr. Kr. I BAT, nach einem Bewährungsaufstieg nach der VergGr. Kr. II BAT und aktuell nach der Entgeltgruppe Kr. 3a TVöD eingruppiert. Die Klägerin habe keine mindestens einjährige Ausbildung mit Abschlussprüfung absolviert. Die Abschlussprüfung allein sei nicht ausreichend. Auch sei der Lehrgang nicht vergleichbar mit den entsprechenden sonstigen Ausbildungen der Altenpflege, da der Klägerin insbesondere Kenntnisse im Bereich der Hauswirtschaft vermittelt worden seien.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihr Begehren zunächst weiter verfolgt. Mit der Revisionsbegründung hat sie ihren Sachantrag verändert. Sie stellt nun nur noch ihren Hilfsantrag aus den Vorinstanzen mit der Maßgabe, dass sie eine Vergütung nach der VergGr. Kr. III BAT ab dem und nach der VergGr. Kr. IV BAT ab dem begehrt. Die Beklagte beantragt die Revision zurückzuweisen.

Gründe

10 Die Revision der Klägerin ist teilweise unzulässig, im Übrigen ist sie in der Sache erfolglos, wobei klarzustellen ist, dass entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts die Klägerin mit ihrem Antrag nur einen Streitgegenstand verfolgt hat.

11 I. Bei der nach Revisionseinlegung erfolgten Antragsänderung handelt es sich um eine teilweise Beschränkung des bisher gestellten Hauptantrages iSv. § 264 Nr. 2 ZPO. Es liegt keine Rücknahme eines eigenständigen prozessualen Anspruchs vor.

12 1. Mit dem in den Tatsacheninstanzen gestellten Hauptantrag hat die Klägerin entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keinen gegenüber dem Hilfsantrag eigenständigen prozessualen Anspruch auf eine Eingruppierung wegen einer Tätigkeit als „Altenpflegerin mit staatlicher Anerkennung/Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit“ verfolgt, sondern lediglich eine Eingruppierung als „Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit“ einschließlich des nach der Anlage 1b des BAT damit verbundenen Zeitaufstiegs in die VergGr. Kr. III BAT und eines nachfolgenden Bewährungsaufstiegs - und insoweit im Hauptantrag genannt - in die VergGr. Kr. IV BAT verlangt. Das ergibt die Auslegung des Antrags (zu den Maßstäben etwa  -zu II der Gründe, BAGE 108, 103, 107).

13 Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift geltend gemacht, aufgrund der von ihr absolvierten einjährigen Ausbildung sei ab dem die VergGr. Kr. III (Fallgr. 2) des Abschnitts A der Anlage 1b BAT die für sie zutreffende Eingruppierung. Auch soweit sie eine Eingruppierung nach der VergGr. Kr. IV BAT beansprucht, bezieht sie sich auf eine „einjährige Ausbildung mit Abschlussprüfung“ und damit auf die Tätigkeit einer Altenpflegehelferin und nicht diejenige einer Altenpflegerin. Dementsprechend hat auch das Arbeitsgericht den Anspruch der Klägerin lediglich unter dem Gesichtspunkt einer Tätigkeit als Altenpflegehelferin geprüft. Die Berufungsbegründung der Klägerin entspricht ihrem bisherigen Vorbringen, wonach sie ihren Anspruch allein auf den Umstand der „einjährigen Ausbildung“ stützt. Diese Auslegung hat die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

14 2. Bei dem nunmehr allein noch weiter verfolgten Hilfsantrag handelt es sich um eine Beschränkung des früheren Hauptantrages nach § 264 Nr. 2 ZPO, nicht aber um eine Klagerücknahme. Eine solche läge nur dann vor, wenn im Falle einer objektiven, auch nur hilfsweisen Klagehäufung iSd. des § 260 ZPO einer von mehreren prozessualen Ansprüchen zurückgenommen würde (Stein/Jonas/Roth ZPO 23. Aufl. § 264 Rn. 15; Walther NJW 1994, 423, 427) . Der erstmals in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag auf Feststellung der Vergütungsverpflichtung nach VergGr. Kr. III BAT und zu einem späteren Zeitpunkt nach der VergGr. Kr. IV BAT ist jedoch kein eigenständiger prozessualer Anspruch, weil er als Weniger in dem gestellten Hauptantrag enthalten und daher prozessual unbeachtlich ist.

15 a) Die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs beinhaltet grundsätzlich immer die Geltendmachung eines Anspruchs, der als „weniger“ in ihm enthalten ist ( - Rn. 16 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308) . Der zunächst gestellte Hauptantrag umfasste den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag.

aa) Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit der Klägerin ist auch nach Inkrafttreten des TVöD nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA die Anlage 1b BAT - Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst - maßgebend. Diese lautet ua.:

17 bb) Bei der Vergütung einer Altenpflegehelferin nach der VergGr. Kr. IV BAT handelt es sich nicht um echte Aufbaufallgruppen im Sinne der ständigen Senatsrechtsprechung (dazu - 4 AZR 371/03 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301; - 4 AZR 158/02 - ZTR 2003, 511) , der Hauptantrag der Klägerin beinhaltet aber zwingend auch das im Hilfsantrag formulierte Begehren (dazu  - Rn. 16 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308) , weil es denknotwendig die Erfüllung des niedriger bewerteten Tätigkeitsmerkmals nach der VergGr. Kr. III BAT beinhaltet (s. auch  - Rn. 35, AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 14) .

18 Das Tätigkeitsmerkmal „Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit nach vierjähriger Bewährung“ nach der VergGr. Kr. IV Fallgruppe 6 der Abschnitte A und B der Anlage 1b des BAT setzt die Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals „Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit“ der VergGr. Kr. II Fallgruppe 5 des Abschnitts A und der VergGr. Kr. II Fallgruppe 4 des Abschnitts B der Anlage 1b des BAT, und nach Zeitaufstieg das Tätigkeitsmerkmal VergGr. Kr. III Fallgruppe 5 des Abschnitts A und der VergGr. Kr. III Fallgruppe 2 des Abschnitts B der Anlage 1b des BAT voraus.

19 3. Gegen die Beschränkung des Antrags in der Fassung der Revisionsbegründung nach § 264 Nr. 2 ZPO bestehen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken (s. nur  - Rn. 24 ff., BAGE 115, 136) .

20 II. Die Revision ist hinsichtlich des allein noch rechtshängigen Antrags in der Fassung aus der Revisionsbegründung nur teilweise zulässig. Soweit die Klägerin ihre Klage auf einen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützt, ist ihre Revision mangels hinreichender Begründung unzulässig.

21 1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (st. Rspr., zB  - zu II 2 a der Gründe mwN, BAGE 109, 145, 148) . Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig ( - Rn. 17, AP ZPO § 551 Nr. 63 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 2; - 1 AZR 632/01 - zu B I der Gründe mwN, BAGE 103, 312, 319 f.).

22 2. Danach ist die Revision der Klägerin im genannten Umfange unzulässig. Die Klägerin hat ihre Klage in den Vorinstanzen zum einen auf die Erfüllung der tariflichen Anforderungen des Anspruchs für die von ihr geforderte Vergütung und zum anderen auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die Beklagte gestützt. Das sind zwei voneinander zu unterscheidende, selbstständige Lebenssachverhalte und damit zwei Streitgegenstände iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ( - Rn. 18, AP ZPO § 551 Nr. 63 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 2). Deshalb bedurfte es bei insoweit unbeschränkter Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts für jeden dieser Streitgegenstände einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung. Eine solche lässt die Revisionsbegründung bezüglich des Streitgegenstandes der Gleichbehandlung gänzlich vermissen.

23 III. Der Feststellungsantrag in der Fassung aus der Revisionsbegründungsschrift bedarf der Auslegung. Er ist dahin zu verstehen, dass die Klägerin ab dem eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Kr. 4a der Anlage 4 TVÜ-VKA begehrt.

24 1. Bei der nach dem Wortlaut des Antrags begehrten Feststellung einer Vergütungspflicht der Beklagten nach den genannten Vergütungsgruppen des BAT ab dem übersieht die Klägerin, dass sie nach Inkrafttreten des TVöD am , der nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden ist, lediglich eine Vergütung entsprechend den neuen Entgeltgruppen des TVöD beanspruchen kann. Davon geht auch die Klägerin aus, was sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat.

25 2. Ausgehend von ihrem Begehren, als Altenpflegehelferin „mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit“ sowie einem damit verbundenen Zeitaufstieg und einem nachfolgenden Bewährungsaufstieg vergütet zu werden, ist ihr Antrag dahin auszulegen, dass sie eine Vergütungspflicht der Beklagten nach der Entgeltgruppe Kr. 4a TVöD festgestellt wissen will. Abweichend von der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA, der eine Überleitung in die Entgeltgruppenordnung des TVöD anhand der Anlage 1 zum TVÜ-VKA vorsieht, ist nach § 4 Abs. 1 TVÜ-VKA iVm. der Protokollnotiz zu Absatz 1 (in der bis zum geltenden Fassung) , die selbst Tarifcharakter besitzt, für die Überleitung von Beschäftigten nach der Anlage 1b zum BAT - Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst -, zu der nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien die Klägerin gehört, die Anwendungstabelle der Anlage 4 zum TVÜ-VKA maßgebend. Danach werden Beschäftigte, die bisher in die VergGr. Kr. II BAT mit Aufstieg nach der VergGr. Kr. III BAT und der VergGr. Kr. IV BAT eingruppiert waren, in die Entgeltgruppe Kr. 4a TVöD übergeleitet.

26 IV. Die Revision ist in der Sache ohne Erfolg. Das Eingruppierungsbegehren der Klägerin ist unbegründet.

27 1. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft und wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu korrigieren, als es einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung einer Vergütungspflicht nach der VergGr. Kr. IV BAT aberkannt hat, weil die Klägerin nicht die erforderliche dreijährige Ausbildung als „Altenpflegerin mit staatlicher Anerkennung/Abschlussprüfung“ erfülle.

28 a) Der Antragsgrundsatz nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei etwas zugesprochen wird, ohne dass sie dies beantragt hat, sondern auch dann, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat ( - BAGE 23, 146;  - zu I 2 a der Gründe mwN, NJW 1991, 1683; Stein/Jonas/Roth ZPO 23. Aufl. § 308 Rn. 12; Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 308 Rn. 2).

29 b) Die Klägerin hat, wie die Auslegung ihres Klageantrages ergibt, keinen Anspruch auf Feststellung einer Vergütungspflicht der Beklagten nach der VergGr. Kr. IV BAT erhoben, weil sie als Altenpflegerin mit staatlicher Anerkennung/Abschlussprüfung tätig sei (oben unter I 1). Indem das Landesarbeitsgericht auch einen Anspruch der Klägerin nach der VergGr. Kr. IV BAT aberkannt hat, hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Das klageabweisende Urteil war insoweit zu berichtigen, um eine sonst eintretende Rechtskraft (dazu  - zu II 2 a der Gründe, NJW 1999, 287) zu verhindern, ohne dass es insoweit eines förmlichen Entscheidungsausspruchs bedurfte.

30 2. Der als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Klägerin übt nicht die Tätigkeit einer „Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit“ aus, weil sie nicht über die geforderte einjährige Ausbildung verfügt. Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, sie ab dem nach der Entgeltgruppe Kr. 4a TVöD zu vergüten.

31 a) Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft der arbeitsvertraglichen Inbezugnahme der BAT und die ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge Anwendung. Hierzu gehört sowohl der den BAT ersetzende TVöD als auch der TVÜ-VKA. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.

32 b) Nach § 22 Abs. 2 BAT, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA nach wie vor gilt, ist die Klägerin, wenn sie die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 22 Abs. 2 Unterabschnitt 5 BAT erfüllt, in der von ihr begehrten Vergütungsgruppe eingruppiert, wenn ihre die Gesamtarbeitszeit ausfüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten zeitlichen Umfang von mindestens der Hälfte der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabschnitt 2 Satz 1 BAT).

33 c)  Der Umstand, dass die Klägerin nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA auf Grundlage ihrer bisherigen Vergütungsgruppe nach der Anlage 4 zum TVÜ-VKA in die Entgeltgruppe Kr. 3a TVöD übergeleitet wurde, steht ihrem Begehren nicht entgegen. Grundlage für die Zuordnung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. der Anlage 4 TVÜ-VKA ist die Vergütungsgruppe, in der der Beschäftigte im September 2005 tatsächlich eingruppiert ist. Eine nachträgliche Änderung der Eingruppierung ist danach nicht ausgeschlossen, wenn sich herausstellt, dass die tatsächlich angenommene Vergütungsgruppe nicht zutreffend war ( - Rn. 54 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38) .

34 d) Die von der Klägerin angestrebte Eingruppierung in die Entgeltgruppe Kr. 4a TVöD setzt nach der Überleitungsregelung der Anlage 4 zum TVÜ-VKA (in der bis zum geltenden Fassung, seither Anlage 6 zum TVÜ-VKA) voraus, dass die Klägerin in die Entgeltgruppe Kr. „II mit Aufstieg nach III und IV“ eingruppiert ist. Das haben die Vorinstanzen zutreffend verneint.

35 aa) Dabei kann es dahinstehen, ob für tarifliche Eingruppierung der Abschnitt A oder der Abschnitt B der Anlage 1b BAT maßgebend ist.

36 (1) Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf eine Vergütung nach der VergGr. Kr. II Fallgr. 5 der Anlage 1 BAT verneint. Es ist dabei ohne weitere Begründung und tatsächliche Feststellungen vom Abschnitt B der Anlage 1b zum BAT ausgegangen. Dabei hat es nicht berücksichtigt, dass die Klägerin vorgetragen hat, der Abschnitt A dieser Anlage sei für ihr Arbeitsverhältnis maßgebend.

37 (2) Der Senat muss nicht abschließend darüber entscheiden, ob es sich bei dem S Stift um ein Alters- oder Pflegeheim handelt, in dem die überwiegende Zahl der Heimbewohner auch einer Krankenpflege bedarf (zu dieser Voraussetzung  - AP BAT § 33a Nr. 6) und deshalb die SR 2a BAT und in der Folge der Abschnitt A der Anlage 1b zum BAT maßgebend ist. Denn die Klägerin erfüllt weder das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Kr. II Fallgr. 5 des Abschnitts A der Anlage 1b BAT noch das identische Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Kr. II Fallgr. 4 des Abschnitts B der Anlage 1b BAT.

38 bb) Weiterhin kann dahinstehen, ob und ggf. wie die Tätigkeit der Klägerin zu Arbeitsvorgängen zusammen zu fassen ist oder ob es sich hier entsprechend der ständigen Rechtsprechung zur Tätigkeit von Altenpflegehelferinnen nur um einen sogenannten großen Arbeitsvorgang handelt (s. nur  - zu II 2 der Gründe mwN, ZTR 2001, 510) . Denn ihr steht bei jedem denkbaren Zuschnitt ihrer Tätigkeit die geltend gemachte Eingruppierung nicht zu.

39 cc) Die Klägerin erfüllt aufgrund der von ihr absolvierten Ausbildung nicht die nach beiden Tätigkeitsmerkmalen erforderliche tarifliche Voraussetzung der „mindestens einjährigen Ausbildung“.

40 (1) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin die Tätigkeit einer Altenpflegehelferin iSd. VergGr. Kr. I der Anlage 1b zum BAT ausübt. Eine pauschale Überprüfung durch den Senat reicht aus, soweit die Parteien die Tätigkeit der Klägerin als unstreitig ansehen und das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Kr. I BAT als erfüllt erachten (vgl. nur  - zu II 2 der Gründe, AP BAT-O § 27 Nr. 4) . Damit ist von einer entsprechenden Tätigkeit der Klägerin auszugehen.

41 (2) Die Klägerin erfüllt jedoch nicht das personenbezogene Tatbestandsmerkmal der einjährigen Ausbildung, so dass keine Vergütungspflicht der Beklagten nach der Entgeltgruppe Kr. 4a TVöD besteht.

42 (a)  Dem Anspruch der Klägerin steht allerdings nicht entgegen, dass sie nicht über die Erlaubnis verfügt, die Berufsbezeichnung „Altenpflegehelferin“ nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über den Schutz der Berufsbezeichnungen in der Altenpflege und der Familienpflege (AFpflG) des Freistaates Bayern (vom , idF bis zum ) zu führen und auch kein Abschlusszeugnis an einer Fachschule für Altenpflege und Altenpflegehilfe entsprechend Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 AFpflG erworben hat.

43 Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine staatliche Anerkennung als Altenpflegehelferin nicht erforderlich ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der VergGr. Kr. II BAT, weil bei Altenpflegehelferinnen eine „staatliche Anerkennung/Abschlussprüfung“ im Unterschied etwa zu Altenpflegerinnen der VergGr. Kr. IV BAT nicht verlangt wird (so auch zur insoweit gleichlautenden Vergütungsordnung für den Bereich der Arbeiterwohlfahrt:  - zu II 3 a bb der Gründe mwN, ZTR 2001, 510).

44 Des Weiteren ist es ohne Bedeutung, dass die Klägerin keine zum Zeitpunkt ihrer Ausbildung durch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Beruf der Altenpflegehelferin geregelte Prüfung bestanden hat. Weder der Tarifwortlaut noch sonstige Gesichtspunkte bieten einen Anhalt dafür, dass nur ein förmlich durch Verordnung festgelegter Ausbildungsgang das Tarifmerkmal der einjährigen Ausbildung und Abschlussprüfung erfüllt (dazu ausf.  - zu II 3 a cc der Gründe mwN, ZTR 2001, 510). Die Tarifvertragsparteien des BAT haben an die von ihnen vorgefundene Situation des Berufsbildes der Altenpflegehelferin angeknüpft, das im Unterschied zum Beruf und der Ausbildung einer Krankenpflegehelferin nicht bundeseinheitlich geregelt war und aufgrund der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz - AltPflG) vom (BGBl. I S. 1513) hinsichtlich der dort enthaltenen Berufsregelungen für Altenpflegehelferinnen (dazu  - BVerfGE 106, 62) auch nicht durch Bundesgesetz geregelt worden ist. Vor diesem Hintergrund hätten die Tarifvertragsparteien in einem bundesweit geltenden Tarifvertrag eindeutig zum Ausdruck bringen müssen, wenn sie gleichwohl nur eine durch Verordnung festgelegte Ausbildung als einschlägig für die Erfüllung des geforderten Tätigkeitsmerkmals verlangen wollten (ausf.  - zu II 3 a cc der Gründe mwN, aaO).

45 (b) Der Senat muss nicht abschließend darüber befinden, ob mit dem Begriff der „Ausbildung“ eine zweck- und zielgerichtete Vermittlung der für die Ausübung der angestrebten Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang verbunden sein muss und ob der von der Klägerin besuchte Ausbildungslehrgang „Hauswirtschaft für Pflege und betreutes Wohnen“, der lediglich in einem Umfang von 500 der insgesamt 1.340 Unterrichtsstunden Inhalte vermittelt, die dem Beruf der Altenpflegehelferin unmittelbar zugeordnet werden können, überhaupt diesen Anforderungen entspricht.

46 (c) Die von der Klägerin absolvierte Ausbildung ist bereits keine „mindestens einjährige“ iSd. tariflichen Tatbestandsmerkmals.

47 (aa) Nach dem eindeutigen Tarifwortlaut ist für das Tätigkeitsmerkmal nicht nur eine Abschlussprüfung erforderlich, sondern auch eine mindestens einjährige Ausbildung. Für die Auffassung der Revision, beide Tatbestandsmerkmale seien alternativ zu verstehen, bietet der Wortlaut keinen Anhaltspunkt.

48 (bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist es nicht ausreichend, dass die Klägerin lediglich vom bis zum und damit nur in einem Zeitraum von weniger als acht Monaten an dem Ausbildungslehrgang teilgenommen hat. Das Tatbestandsmerkmal der „mindestens einjährigen Ausbildung“ verlangt nicht nur, dass es sich um eine Ausbildung mit der geforderten Dauer handelt, sondern grundsätzlich auch, dass die Beschäftigte an dieser insgesamt teilgenommen hat.

49 (aaa) Bei dem vom Kolpingwerk durchgeführten Ausbildungslehrgang handelt es sich nicht um eine mindestens einjährige Ausbildung im Tarifsinne. Der am Montag, dem begonnene Lehrgang endete am Donnerstag, dem und dauerte damit knapp 45 Wochen. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin die Dauer der bayerischen Sommerschulferien von sechs Wochen berücksichtigen sollte, ergibt sich keine Ausbildung im tariflich geforderten Umfang.

50 (bbb) Darüber hinaus erfordert das Tatbestandsmerkmal der „mindestens einjährigen Ausbildung“ grundsätzlich die Teilnahme an der gesamten Ausbildung. Entgegen der Auffassung der Klägerin reicht es selbst bei bestandener Abschlussprüfung nicht aus, nur teilweise an der Ausbildung teilgenommen zu haben.

51 Unter dem Begriff der „Ausbildung“ wird die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten verstanden, die für eine bestimmte Tätigkeit oder Aufgaben Voraussetzung sind (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden 13. Aufl. Stichwort: „Ausbildung“; s. auch  - zu 5.3.1 der Gründe mwN, AP DienstVO ev Kirche § 12 Nr. 1) . Indem die Tarifvertragsparteien eine „Ausbildung“ voraussetzen, machen sie deutlich, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten durch eine ausbildende Stelle in einem geordneten Ausbildungsgang vermittelt werden müssen. Zugleich wird festgelegt, welche zeitliche Dauer - „mindestens einjährig“ - diese Ausbildung haben soll. Durch beide Anforderungen sollen eine bestimmte Form und ein entsprechendes Niveau der Ausbildung gesichert werden.

52 Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Unterrichtung durch qualifiziertes Lehrpersonal dem eigenständigen Erlernen nicht gleichgestellt werden kann. Das gilt neben der geordneten Unterrichtung etwa auch bei der Vermittlung von Fertigkeiten im Rahmen der Pflege von Menschen oder auch bei der Umsetzung der theoretischen Unterrichtsinhalte in den praktischen Arbeitsprozess als einem Inhalt des von der Klägerin besuchten Ausbildungslehrgangs. Das Merkmal der „Ausbildung“ würde sich als überflüssig erweisen, wenn, wie die Klägerin meint, das eigene Erlernen der Ausbildungsinhalte und allein der erfolgreiche Abschluss einer Abschlussprüfung als ausreichend angesehen würden. Gerade dies haben die Tarifvertragsparteien nicht festgelegt. Zudem kann entgegen der Auffassung der Revision das Tatbestandsmerkmal der erfolgreichen Abschlussprüfung allein nicht gewährleisten, dass die Kenntnisse des Kurses vermittelt wurden. In einer Abschlussprüfung können nicht alle Ausbildungsinhalte zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden.

53 (ccc) Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der mindestens einjährigen Dauer der Ausbildung und deren möglicher Abkürzung kann - anders als die Revision es meint - § 8 AltPflG und die darin enthaltene gesetzgeberische Wertung nicht herangezogen werden.

54 Soweit § 8 Abs. 1 Nr. 2 AltPflG bestimmt, dass auf die Dauer einer Ausbildung nach § 4 Abs. 1 AltPflG von drei Jahren „Unterbrechungen durch Krankheit oder aus anderen, von der Altenpflegeschülerin oder dem Altenpflegeschüler nicht zu vertretenden Gründen bis zur Gesamtdauer von zwölf Wochen“ angerechnet werden können, übersieht die Revision, dass sich die Anrechnungshöchstdauer auf den gesamten Ausbildungszeitraum von drei Jahren bezieht. Demgegenüber hat die Klägerin nur an einer noch nicht einmal einjährigen Ausbildung - zeitweise - teilgenommen. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die fehlende Teilnahme der Klägerin in den ersten elf Wochen des Lehrgangs auf einer Krankheit oder anderen von ihr nicht zu vertretenden Gründen beruhte. Solche macht auch die Revision nicht geltend. Die gesetzliche Regelung verdeutlicht für den Bereich der Ausbildung zum Altenpfleger oder zur Altenpflegerin im Gegenteil, dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine Teilnahme an der Ausbildung voraussetzt, damit dort die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die zur selbständigen und eigenverantwortlichen Pflege einschließlich der Beratung, Begleitung und Betreuung alter Menschen erforderlich sind (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AltPflG) , vermittelt werden.

V. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 ZPO die Klägerin zu tragen.

Fundstelle(n):
DB 2010 S. 1187 Nr. 21
SAAAD-42375