(Insolvenzanfechtung: Nachträgliche Bestellung einer Sicherung für eine Forderung aus unerlaubter Handlung als Anfechtungsgrund; tatrichterliche Gesamtwürdigung des Beweisanzeichens der Inkongruenz im Rahmen des Nachweises des Benachteiligungsvorsatzes)
Leitsatz
1. Die nachträgliche Bestellung einer Sicherung durch den Schuldner für eine Verbindlichkeit aus einer von ihm begangenen unerlaubten Handlung stellt eine entgeltliche Leistung dar; gleiches gilt für die Verstärkung des Anspruchs durch Schuldanerkenntnis .
2. Das Beweisanzeichen der Inkongruenz ist gegeben, wenn der Schuldner nach Vornahme einer unerlaubten Handlung dem Gläubiger für die dadurch begründete Schadensersatzforderung eine Sicherung gewährt. Es bedarf der tatrichterlichen Gesamtwürdigung, ob das Beweisanzeichen der Inkongruenz im konkreten Fall geeignet ist, den Nachweis eines Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners und seiner Kenntnis bei dem Anfechtungsgegner zu erbringen .
Gesetze: § 133 Abs 1 InsO, § 134 Abs 1 InsO, § 286 ZPO
Instanzenzug: Az: 1 U 79/08 Urteilvorgehend Az: 18 O 510/07
Tatbestand
1 Der Kläger ist Verwalter in dem am eröffneten Insolvenzverfahren über den Nachlass des im September 2005 verstorbenen A. T. (nachfolgend: Schuldner).
2 Der Schuldner war als Verwaltungsangestellter bei der beklagten Stadt beschäftigt. In seiner Eigenschaft als Systemkoordinator der Volkshochschule transferierte er in der Zeit von Januar 2000 bis November 2004 durch Computermanipulationen Honorarbeträge für nicht existierende Volkshochschuldozenten in Höhe von rund 540.000 € zu Lasten der Beklagten auf ein seiner Verfügungsbefugnis unterstehendes Bankkonto. Der Rechtsanwalt des Schuldners erkannte Schadensersatzansprüche der Beklagten in einer Besprechung vom gegenüber deren Vertretern dem Grunde nach an. Unter Berufung auf versäumte Aufsichts- und Kontrollpflichten erhob er jedoch den Einwand des Mitverschuldens, so dass sich unter Berücksichtigung einer Haftungsquote von 75 % ein Schadensbetrag von rund 400.000 € errechnet.
3 Mit notarieller Urkunde vom erkannte der Schuldner an, der Beklagten aus Computerbetrug einen Betrag von 400.000 € zu schulden; zugleich unterwarf er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Ferner bewilligte er zu Gunsten der Beklagten die Eintragung einer brieflosen Gesamtsicherungshypothek über 400.000 € an mehreren in seinem Allein- bzw. Miteigentum stehenden Grundstücken. Aus der Verwertung der Grundstücke erhielt die Beklagte einen Betrag von 11.286,73 €.
4 Mit vorliegender Klage verlangt der Kläger im Wege der Anfechtung Erstattung dieses Betrages. Das Berufungsgericht hat der Klage nach Abweisung durch das Landgericht stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Gründe
5Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
6Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Anfechtung sei sowohl nach § 134 InsO als auch nach § 133 InsO begründet. Einmal folge der Anfechtungsanspruch aus § 134 InsO, weil die Bestellung der Gesamthypothek eine unentgeltliche Leistung bilde. Bei der Sicherung einer eigenen Verbindlichkeit beurteile sich die Unentgeltlichkeit danach, ob die Verbindlichkeit entgeltlicher oder unentgeltlicher Natur sei. Die gesicherte Forderung müsse also aus einem entgeltlichen Geschäft herrühren. Daran fehle es jedoch bei einem durch eine strafbare Handlung begründeten Schadensersatzanspruch. Der Schuldner habe ferner mit Benachteiligungsvorsatz im Sinne vom § 133 InsO gehandelt, weil die gewährte inkongruente Deckung ein starkes Anzeichen für einen solchen Willen darstelle. Außerdem habe sich der Schuldner weiterer ungedeckter Forderungen über 200.000 € ausgesetzt gesehen. Die Beklagte habe den Benachteiligungsvorsatz erkannt, weil sie sowohl über die zur Inkongruenz führenden Umstände als auch die dem Schuldner drohende Zahlungsunfähigkeit unterrichtet gewesen sei.
II.
7Diese Ausführungen halten in wesentlichen Punkten rechtlicher Prüfung nicht stand.
81. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht, soweit es von einer nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbaren unentgeltlichen Leistung des Schuldners ausgeht.
9a) Eine unentgeltliche Verfügung liegt vor, wenn ein Vermögenswert des Schuldners zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Schuldner ein entsprechender Gegenwert zufließen soll. Entgeltlich ist dagegen eine Verfügung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhalten hat, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung war oder jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein sollte (BGHZ 113, 98, 101 f). Ausgleichendes Entgelt für die angefochtene Leistung muss nicht - wie offenbar das Berufungsgericht annimmt - eine Gegenleistung im Sinne von §§ 320 ff BGB sein (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 134 Rn. 17a). Da § 134 InsO nach seinem Schutzzweck jeglichem unentgeltlichem Erwerb eine geringere anfechtungsrechtliche Bestandskraft beimisst (BT-Drucks. 12/2443 S. 161), ist es ohne Bedeutung, ob die Entgeltlichkeit der Leistung auf einer vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung beruht. Darum ist auch die Erfüllung von Ansprüchen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen nicht unentgeltlicher Natur (Jaeger/Henckel, InsO § 134 Rn. 3). Die Erfüllung einer eigenen entgeltlichen rechtsbeständigen Schuld schließt als Gegenleistung die dadurch bewirkte Schuldbefreiung mit ein (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO).
10b) Die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit ist nicht als unentgeltliche Leistung anfechtbar (BGHZ 112, 136, 138 f; 137, 267, 282; , WM 2004, 1837, 1838 f; Jaeger/Henckel, aaO § 134 Rn. 4). Diese rechtliche Würdigung verhindert, dass Sicherungen, die in den letzten vier Jahren vor Antragstellung für eine bereits bestehende Forderung gewährt wurden, auch dann angefochten werden können, wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners zur Zeit der Bestellung unverdächtig waren. Damit wird zugleich vermieden, dass die Gleichbehandlung der Gläubiger entgegen der Intention des Gesetzgebers über den von §§ 130, 131 InsO geschützten Zeitraum hinaus auf vier Jahre ausgedehnt wird (vgl. Jaeger/Henckel, aaO). Die Gleichbehandlung soll nur auf die "kritische" Zeit, die materielle Insolvenz des Schuldners, vorgezogen werden. Nur in diesem Zeitraum wird im Rahmen der besonderen Insolvenzanfechtung den Gläubigern die Pflicht zur wechselseitigen Rücksichtnahme auferlegt. Deshalb hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der §§ 130, 131 InsO auf den Zeitraum bis zu drei Monaten vor dem Eingang des Eröffnungsantrags beschränkt (BGHZ 162, 143, 149). Ebenso wie die Vorschrift des § 133 InsO (siehe hierzu BGHZ 162, 143, 150) steht § 134 InsO nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der materiellen Insolvenz. Der Umstand allein, dass aus dem Vermögen des Schuldners in den letzten vier Jahren vor dem Eröffnungsantrag ein Gegenstand weggegeben worden ist, kann die Anfechtung daher nicht rechtfertigen. In Übereinstimmung mit diesen Erwägungen ist auch ein Schuldanerkenntnis als entgeltlich zu bewerten, sofern die anerkannte Verbindlichkeit entgeltlicher Art ist; die nur formelle Belastung mit einer weiteren Verbindlichkeit bedeutet wirtschaftlich betrachtet keine doppelte Inanspruchnahme des Schuldners (RGZ 62, 38, 44 f; Jaeger/Henckel, aaO; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 134 Rn. 30).
11c) Bei dieser Sachlage ist das Schuldanerkenntnis ebenso wie die Hypothekenbestellung entgeltlicher Natur, weil der damit gesicherte Schadensersatzanspruch gegen den Schuldner als eine entgeltliche Verbindlichkeit anzusehen ist. Der Beklagten stand mit ihrer Schadensersatzforderung aus Positiver Vertragsverletzung (§§ 280, 611 BGB) und aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB, § 263a StGB) ein im insolvenzrechtlichen Sinne entgeltlicher Anspruch von wenigstens 400.000 € zu, den der Schuldner durch das Anerkenntnis in dieser Höhe verstärkt und durch die Bewilligung der Gesamtsicherungshypothek nachträglich besichert hat. Darauf hatte die Beklagte zwar keinen Anspruch, so dass beide Rechtshandlungen inkongruent waren (siehe näher unter 2 b); unentgeltlich waren sie jedoch nicht.
122. Die Anfechtung kann nach den bisherigen Feststellungen nicht auf § 133 Abs. 1 InsO gestützt werden. Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend von einer der Beklagten gewährten inkongruenten Deckung ausgegangen. Es fehlt jedoch an den gebotenen tatrichterlichen Feststellungen, ob dieses Beweisanzeichen geeignet ist, den Nachweis für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und seiner Kenntnis bei der Beklagten zu erbringen.
13a) Nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, welche der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
14Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht von einer Gläubigerbenachteiligung ausgegangen. Sie ist gegeben, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger ohne die fragliche Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätte (BGHZ 155, 75, 80 f; , WM 2009, 615, 616 Rn. 10). Durch die Belastung des Grundeigentums des Schuldners mit der zu Gunsten der Beklagten bestellten Gesamtsicherungshypothek ist eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten, weil die Beklagte aus der Verwertung des Grundstücks infolge ihres dinglichen Rechts eine Befriedigung in Höhe von 11.286,73 € erlangt hat. Für die Annahme einer Gläubigerbenachteiligung ist es entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung, ob neben der Beklagten im Zeitpunkt der Gewährung der Sicherung weitere Gläubiger vorhanden waren. Weder die Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung noch des darauf gerichteten Vorsatzes des Schuldners erfordert zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung das Vorhandensein weiterer Gläubiger, weil im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO auch eine mittelbare, erst künftig eintretende Gläubigerbenachteiligung genügt (, WM 2009, 1943 Rn. 5).
15b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, bildet eine inkongruente Deckung in der Regel ein Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und für die Kenntnis des Gläubigers von diesem Vorsatz (BGHZ 123, 320, 326; 138, 291, 308; 157, 242, 250 f), wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintreten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (BGHZ 157, 242, 251; ,ZInsO 2006, 371, 374 Rn. 31). Die Berücksichtigung einer mit der inkongruenten Deckung verbundenen Indizwirkung wird durch die Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht verdrängt (BGH, aaO). Die Voraussetzungen einer Inkongruenz hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt.
16aa) Der Anspruch auf Besicherung ist nicht als minus in dem Anspruch auf Befriedigung enthalten, sondern als aliud anzusehen. Die Gewährung einer Sicherheit ist demgemäß nur dann kongruent, wenn der Sicherungsnehmer einen Anspruch auf gerade diese Sicherheit hatte (, WM 2000, 156, 157; v. , aaO S. 1839). Wird ein Anspruch auf Sicherung in demselben Vertrag eingeräumt, durch den der gesicherte Anspruch selbst entsteht, liegt in der späteren Gewährung der Sicherheit keine inkongruente Deckung, weil von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherung bestand. Wird hingegen eine bereits bestehende Verbindlichkeit nachträglich besichert, kann darin eine inkongruente Deckung liegen (, WM 2004, 1141, 1142). Inkongruent ist also eine nach Entstehen einer Verbindlichkeit gewährte Sicherung (RGZ 114, 206, 209).
17bb) Zwar wurde im Streitfall die Gesamthypothek als Sicherung zugleich mit der Erteilung des vertraglichen Schuldanerkenntnisses bestellt. Die gesicherte Forderung war jedoch bereits lange zuvor infolge der von dem Schuldner verübten Vermögensverschiebungen aus Positiver Vertragsverletzung (§§ 280, 611 BGB) und aus § 823 Abs. 2 BGB, § 263a StGB begründet. Das Schuldanerkenntnis selbst diente ebenso wie die Gesamthypothek lediglich der Sicherung des zuvor entstandenen Anspruchs. Dieser Erfüllungsanspruch enthielt aber nicht zugleich einen Anspruch auf Sicherung. Wer durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Schuldners geschädigt wurde, hat aus diesem Grund in dessen Insolvenz keinen Anspruch auf Sicherung (BGHZ 149, 100, 106 f; , WM 1959, 470 f); Strafvorschriften gewähren dem Geschädigten im Insolvenzverfahren des Täters keinen Anspruch auf Sicherung ( aaO; , WM 2007, 2158, 2159 Rn. 2; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 131 Rn. 19).
18cc) Nach der neueren - nach Erlass des angefochtenen Berufungsurteils ergangenen - Rechtsprechung des Senats bildet eine inkongruente Deckung für den Nachweis eines Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Anfechtungsgegner weiterhin ein (mehr oder weniger gewichtiges) Beweisanzeichen, das eine Gesamtwürdigung jedoch nicht entbehrlich macht und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden darf. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter vielmehr gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen ( aaO S. 1944 Rn. 8; v. - IX ZR 173/07, WM 2009, 2229, 2230 Rn. 8). Eine solche Gesamtwürdigung ist - aus der Sicht des Berufungsgerichts folgerichtig - bisher unterblieben.
19c) Als weiteres Beweisanzeichen kommt allerdings - was das Berufungsgericht aus seiner damaligen Warte nicht zu erwägen brauchte - möglicherweise die Kenntnis beider Partner des Sicherungsgeschäfts von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinzu. Ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten (BGHZ 167, 190, 194 f Rn. 14; 174, 314, 321 Rn. 32).
20aa) Der Schuldner hatte in der Besprechung vom durch seinen Rechtsanwalt gegenüber der Beklagten seine finanzielle Lage weitgehend offenbart. Danach bestanden neben der sofort fälligen Forderung der Beklagten über mindestens 400.000 € ausweislich der mitgeteilten weiteren grundbuchmäßigen Sicherungen Bankschulden sowie - wie sich aus dem Hinweis auf stornierte Lastschriften ergibt - zusätzliche kleinere Forderungen. Den Verbindlichkeiten stand ein monatliches Einkommen des unterhaltspflichtigen Schuldners von 1.675 € gegenüber. Vor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass der Schuldner außer Stande war, binnen einer Frist von drei Wochen mehr als 90 % seiner fälligen Forderungen zu begleichen (BGHZ 163, 134, 144 ff; , WM 2009, 1202, 1205 Rn. 37). Infolge der Unterrichtung über diese finanziellen Gegebenheiten konnte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geläufig war.
21bb) Bei Kenntnis der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt des Erhalts der schuldnerischen Leistung kann von einer Kenntnis der Beklagten als Anfechtungsgegnerin von der Gläubigerbenachteiligung nur ausgegangen werden, wenn sie Kenntnis von weiteren ungedeckten Verbindlichkeiten des Schuldners hatte oder sie mit dem Entstehen solcher Verbindlichkeiten rechnete. Von der Begründung solcher Verbindlichkeiten kann regelmäßig nur bei einem unternehmerisch tätigen Schuldner ausgegangen werden ( aaO S. 1945 Rn. 14).
22Die Beklagte konnte nach dem Inhalt der ihr anlässlich der Unterredung vom erteilten Informationen möglicherweise annehmen, dass die Befriedigung der aktuellen und der künftig zu erwartenden Zahlungspflichten des Schuldners gegenüber anderen Gläubigern gesichert war. Insoweit kann von Bedeutung sein, ob die Beklagte über weitere unbeglichene Verbindlichkeiten des Schuldners ins Bild gesetzt wurde. Falls davon auszugehen wäre, dass aus Sicht der Beklagten keine weiteren Verbindlichkeiten des Schuldners bestanden, bedürfte es der weiteren Prüfung, ob die Beklagte mit dem Entstehen künftiger ungedeckter Verbindlichkeiten des Schuldners rechnen musste. Insoweit kann mangels einer unternehmerischen Betätigung des Schuldners nicht auf eine entsprechende Vermutung abgestellt werden. Andererseits hatte sich der Schuldner wegen von erheblicher krimineller Energie geprägter Vermögensdelikte strafbar gemacht. Die darin zum Ausdruck kommende Unzuverlässigkeit in finanziellen Angelegenheiten konnte möglicherweise den Schluss auf das Entstehen weiterer derartiger Verbindlichkeiten nahelegen.
III.
23Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Nach der Zurückverweisung ist den Parteien Gelegenheit zu geben, auf der Grundlage der hier maßgeblichen Grundsätze insbesondere zur Kenntnis der Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ergänzend vorzutragen. Sodann wird das Berufungsgericht in eine abschließende rechtliche Würdigung einzutreten haben, ob das oder die festgestellten Beweisanzeichen die Annahme eines Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners und seiner Kenntnis bei dem Beklagten tragen.
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2010 S. 6 Nr. 17
DB 2010 S. 950 Nr. 17
NJW 2010 S. 8 Nr. 20
NJW-RR 2010 S. 1428 Nr. 20
WM 2010 S. 851 Nr. 18
ZIP 2010 S. 841 Nr. 17
YAAAD-42078