Ausschluss eines Abfindungsanspruchs
Gesetze: § 1 TVG, § 29 Abschn B Abs 7 BAT, § 2 Abs 4 TVÜ-Bund, Anl 1 Teil A Nr 1 TVÜ-Bund, Anl 1 Teil C Nr 9 TVÜ-Bund, § 16 Abs 3a TVöD, § 16 Abs 2a TVöD, § 34 Abs 3 TVöD
Instanzenzug: Az: 10 Ca 1036/08 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 12 Sa 1073/08 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über eine Abfindung nach dem Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TVUmBw) vom in rechnerisch unstreitiger Höhe von 38.120,00 Euro brutto.
Die 1962 geborene Klägerin war seit dem bei der Beklagten im Bundeswehrkrankenhaus H als Stationshilfe und zuletzt als Mitarbeiterin in der zentralen Sterilgutversorgungsabteilung beschäftigt. Nach § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem fanden gemäß § 2 Satz 2 dieses Arbeitsvertrags die für den Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung. § 9 TVUmBw idF des 1. Änderungstarifvertrags zum TVUmBw vom (TVUmBw aF) regelt:
Im TVUmBw idF des 2. Änderungstarifvertrags (ÄTV Nr. 2) vom (TVUmBw nF) heißt es:
Zum wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin in den TVöD-Bund übergeleitet. § 2 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom regelt:
In der Anlage 1 TVÜ-Bund Teil A und in der Anlage 1 TVÜ-Bund Teil C heißt es ua.:
7Die Klägerin schloss aufgrund der bevorstehenden Schließung des Bundeswehrkrankenhauses H zum und mangels einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der Bundeswehr in der Nähe ihres Wohnortes am mit dem M…krankenhaus gGmbH S (M-Krankenhaus) einen Dienstvertrag für die Zeit vom bis zum . Nach § 2 Satz 1 dieses Dienstvertrags galten für das Dienstverhältnis die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“ (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das M-Krankenhaus ist ein katholisches Plankrankenhaus im Sinne des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) vom (BGBl. I 1986 S. 33) und des Krankenhausgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHG NRW) vom (GV.NRW S. 696). Das Land Nordrhein-Westfalen und seine Gemeinden haben sich an den Kosten der Krankenhausfinanzierung zu beteiligen.
8Die Beklagte gewährte der Klägerin mit einem Schreiben vom antragsgemäß für die Monate März bis August 2007 unbezahlten Sonderurlaub. Mit schriftlichem Auflösungsvertrag vom vereinbarten die Parteien die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des . Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem M-Krankenhaus wurde nach Ablauf der vereinbarten Zeit fortgesetzt und endete im April 2008.
9Die Klägerin hat gemeint, sie habe nach § 9 Abs. 1 TVUmBw Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 38.120,00 Euro (16 Monatsbezüge in Höhe von jeweils 1.906,00 Euro zuzüglich 25 %). Die Regelung in § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF hindere ihren Abfindungsanspruch nicht. Nach dieser Bestimmung stehe zwar die Abfindung ua. dann nicht zu, wenn der Arbeitnehmer von einem anderen Arbeitgeber im Sinne des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT übernommen werde. Die Tarifvertragsparteien hätten jedoch den BAT mit Wirkung zum durch den TVöD ersetzt. Dies bedeute, dass § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT ab diesem Zeitpunkt weder unmittelbar noch sinngemäß angewendet werden dürfe. Damit sei der Ausschlusstatbestand entfallen. Selbst wenn eine ausfüllungsbedürftige Lücke in der tariflichen Regelung anzunehmen wäre, dürfe diese nicht durch einen Rückgriff auf § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT geschlossen werden. Vielmehr gölten gemäß § 2 Abs. 4 TVÜ-Bund an Stelle des ersetzten § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT bis zu einer redaktionellen Anpassung die Regelungen des TVöD bzw. des TVÜ-Bund entsprechend. Dies habe für die Definition des öffentlichen Dienstes eine analoge Anwendung des § 34 Abs. 3 TVöD-AT zur Folge. Ihr Anspruch auf die tarifliche Abfindung wäre damit nur dann entfallen, wenn sie von einem anderen Arbeitgeber im Sinne von § 34 Abs. 3 TVöD-AT übernommen worden wäre. Das M-Krankenhaus sei jedoch kein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber im Sinne von § 34 Abs. 3 TVöD-AT.
Die Klägerin hat beantragt,
11Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF enthalte keine direkte Verweisung auf § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT, sondern verlange eine sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift. Damit hätten die Tarifvertragsparteien bis zum Inkrafttreten des ÄTV Nr. 2 eine eigene Definition des öffentlichen Arbeitgebers vermieden. Die Ersetzung des BAT durch den TVöD verbiete es nicht, während der Übergangszeit an der Definition des öffentlichen Arbeitgebers in § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT festzuhalten. Falls es zuträfe, dass weder im TVöD noch im TVÜ-Bund Regelungen über den Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes enthalten seien, liefe der Verweis in § 2 Abs. 4 TVÜ-Bund ins Leere mit der Folge, dass nach § 4 Abs. 5 TVG weiterhin der BAT nachwirken würde. Allerdings nenne § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Bund bei der Berechnung des Vergleichsentgelts ebenfalls § 29 Abschn. B BAT. Bei der Berechnung der Erschwerniszuschläge werde in § 19 Abs. 5 Satz 2 TVöD-AT ausdrücklich auf die „bisherigen tarifvertraglichen Regelungen des Bundes“ und damit ua. auf den BAT verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Gründe
13 Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
14 I. Der Klägerin steht die beanspruchte Abfindung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 38.120,00 Euro brutto gemäß § 9 Abs. 1 Unterabs. 1 TVUmBw aF zu. Diese Bestimmung fand kraft der Bezugnahme in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom und der in § 2 Abs. 3 TVÜ-Bund angeordneten Fortgeltung des TVUmBw (Anlage 1 Teil C Nr. 9 TVÜ-Bund) auch nach der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD Anwendung. Darüber, dass die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 9 Abs. 1 Unterabs. 1 TVUmBw erfüllt, besteht kein Streit. Streitig ist nur, ob der Ausschlusstatbestand in § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF den Anspruch der Klägerin auf die Abfindung hindert. Dies ist nicht der Fall.
15 1. Die Beurteilung, ob der Klägerin die Abfindung deshalb nicht zusteht, weil sie mit dem M-Krankenhaus ein Arbeitsverhältnis eingegangen ist, richtet sich nach § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF. § 1 Abs. 1 TVUmBw nF erfasst dem Wortlaut nach zwar den Wegfall von Arbeitsplätzen „in der Zeit vom bis zum “. In § 2 Satz 1 ÄTV Nr. 2 haben die Tarifvertragsparteien jedoch angeordnet, dass dieser Tarifvertrag mit Wirkung vom in Kraft tritt. Die Regelung in § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw nF, die durch den Verweis auf den Anhang den öffentlichen Dienst abweichend von § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT definiert, galt somit weder zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des , noch am Tag nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, an dem der Anspruch auf die Abfindung entsteht (§ 9 Abs. 2 Satz 1 TVUmBw).
16 2. Nach § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF steht die Abfindung ua. nicht zu, wenn der Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, weil er von einem anderen Arbeitgeber im Sinne des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT übernommen wird. So verhielt es sich bei der Klägerin.
17 a) Die Klägerin ist aufgrund des schriftlichen Auflösungsvertrags vom mit Ablauf des und damit im Einvernehmen mit der Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Sie ist auch von einem anderen Arbeitgeber im Sinne des § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF übernommen worden. Die Auslegung des Tarifbegriffs „übernommen“ ergibt, dass darunter die zeitlich unmittelbar anschließende Weiterbeschäftigung bei dem anderen Arbeitgeber zu verstehen ist, und zwar auch dann, wenn diese ohne die volle Besitzstandswahrung erfolgt (vgl. für den Ausschluss der Abfindung nach § 8 Abs. 3 des Tarifvertrags über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom [TV Personalabbau BMVg] bei Übernahme durch einen anderen Arbeitgeber Senat - 6 AZR 20/95 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 9 = EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 1). Ohne Bedeutung ist auch, ob das neue Arbeitsverhältnis befristet ist (Senat - 6 AZR 571/94 - ZTR 1995, 462). Sinn und Zweck der Abfindung ist es, den finanziellen Bedarf des Arbeitnehmers für eine Übergangszeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu decken. Aus § 9 Abs. 6 TVUmBw aF ergibt sich jedoch, dass sich die Abfindung verringern kann, und zwar umso mehr, je kürzer der Zeitraum ist, innerhalb dessen der Arbeitnehmer wieder in ein Arbeitsverhältnis bei dem anderen Arbeitgeber eintritt. Dies bestätigt die Auslegung, dass tarifrechtlich eine Übernahme vorliegt, wenn sich an das bisherige Arbeitsverhältnis das neue unmittelbar anschließt. Das war bei der Klägerin der Fall. Aufgrund des ihr von der Beklagten ab März 2007 gewährten Sonderurlaubs war es ihr möglich, schon vor der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten in das neue Arbeitsverhältnis einzutreten.
18 b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin sei von einem Arbeitgeber im Sinne von § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT übernommen worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat auch die Feststellung des Landesarbeitsgerichts nicht mit Gegenrügen angegriffen, wonach ihre Tätigkeit im M-Krankenhaus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst im Sinne von § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT gleichstand. Das M-Krankenhaus erhielt Zuschüsse der öffentlichen Hand und wandte mit den AVR in der bis zum geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis Regelungen an, die in Bezug auf den Ortszuschlag dem BAT vergleichbare Inhalte hatten (Senat - 6 AZR 319/08 - Rn. 21 mwN, EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 15).
19 3. Allerdings hindert die Regelung in § 2 Abs. 4 TVÜ-Bund die Gleichstellung des M-Krankenhauses mit einem öffentlichen Arbeitgeber.
20 a) Die Tarifvertragsparteien haben in § 2 TVÜ-Bund angeordnet, welche Tarifverträge zum durch den TVöD iVm. dem TVÜ-Bund ersetzt werden und welche Tarifverträge fortgelten. Gemäß § 2 Abs. 3 TVÜ-Bund iVm. der Anlage 1 TVÜ-Bund Teil C Nr. 9 wurde der TVUmBw nicht ersetzt. Er gilt fort. Dies bedeutet jedoch nicht, dass auch die tariflichen Bestimmungen weiterhin anzuwenden sind, auf die er verweist.
21 b) Entgegen der Auffassung der Revision ist für die Beurteilung, ob der Anspruch auf die Abfindung nicht zusteht, weil der Arbeitnehmer von einem anderen Arbeitgeber übernommen wurde, § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT nicht sinngemäß anzuwenden. § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF ordnet nicht die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift an, sondern bestimmt, dass maßgeblich ist, ob der Arbeitnehmer von einem anderen Arbeitgeber im Sinne des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT übernommen wird. Damit definiert § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF anders als § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw nF nicht selbst den Begriff des „anderen Arbeitgebers“, sondern verweist bezüglich der Begriffsbestimmung auf eine Vorschrift in einem anderen Tarifvertrag.
22 c) Eine solche Verweisung ist grundsätzlich zulässig. Zwar können die Tarifvertragsparteien die ihnen zugewiesene Rechtssetzungsbefugnis nicht auf Dritte übertragen. Die ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG übertragene Aufgabe, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder sinnvoll zu ordnen, umfasst jedoch auch die Befugnis, auf jeweils geltende andere tarifliche Vorschriften zu verweisen, sofern deren Geltungsbereich mit dem Geltungsbereich der verweisenden Tarifnorm in einem engen sachlichen Zusammenhang steht ( - BAGE 40, 327, 333; - 10 AZR 27/95 - AP TVG § 1 Verweisungstarifvertrag Nr. 5 = EzA TVG § 1 Nr. 40). Durch das Erfordernis des engen sachlichen Zusammenhangs der Geltungsbereiche der Tarifverträge wird sichergestellt, dass auch bei der Delegation der Rechtssetzungsbefugnis auf andere Tarifvertragsparteien dem Postulat der Sachgerechtigkeit der tariflichen Regelung im Sinne eines angemessenen Interessenausgleichs Rechnung getragen wird (vgl. - BAGE 99, 10, 16; - 4 AZR 564/78 - BAGE 34, 42, 54). Zwischen den Geltungsbereichen des TVUmBw und dem BAT bestand ein enger sachlicher Zusammenhang. Die Ausgestaltung beider Tarifverträge erfolgte auf der Arbeitnehmerseite zuletzt durch die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), auf der Arbeitgeberseite war jeweils der Bund Tarifvertragspartei.
23 d) Bei der Verweisung auf § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT handelt es sich nicht um eine statische, sondern um eine dynamische Verweisung. Die Tarifvertragsparteien haben in § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF nicht auf eine bestimmte Fassung des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT abgestellt. Der Umstand, dass sie nicht ausdrücklich auf die jeweils gültige Fassung des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT verwiesen haben, zwingt noch nicht zu der Annahme einer statischen Verweisung. Die Tarifvertragsparteien haben mit den Worten „im Sinne des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT“ hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es von ihrem Willen gedeckt ist, wenn in der in Bezug genommenen Tarifvorschrift der Begriff des öffentlichen Dienstes eingeschränkt oder erweitert wird.
24 e) Bei einer dynamischen tariflichen Verweisung auf eine andere tarifliche Regelung ist der Verweisungstarifvertrag als solcher unvollständig. Er wird erst durch die in Bezug genommenen Regelungen des Bezugstarifvertrags vervollständigt. Diese sind der Sache nach Teil der Normen des Verweisungstarifvertrags. Die Bezugnahme wirkt wie eine wörtliche Übernahme der Regelungen aus dem in Bezug genommenen Tarifvertrag in den verweisenden Tarifvertrag (vgl. - AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 49; - 4 AZR 140/03 - EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 36). Das hat zur Folge, dass die Ersetzung des BAT durch den TVöD (§ 2 Abs. 1 TVÜ-Bund iVm. Anlage 1 TVÜ-Bund Teil A Nr. 1) allein nicht dazu geführt hätte, dass die Verweisung in § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF auf § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT „leerläuft“. Die Begriffsbestimmung des „anderen Arbeitgebers“ in dieser Vorschrift wäre vielmehr Teil der Verweisungsnorm des § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF geblieben. Da die Bezugnahme wie eine wörtliche Übernahme der Regelung in den verweisenden Tarifvertrag wirkt, entsteht bei einer Aufhebung des in Bezug genommenen Tarifvertrags grundsätzlich keine ausfüllungsbedürftige Lücke.
25 f) Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund haben allerdings die Anwendung von Bestimmungen aus in Bezug genommenen Tarifverträgen über den hinaus grundsätzlich verboten, soweit diese aufgehoben oder ersetzt worden sind. Sie haben in § 2 Abs. 4 TVÜ-Bund angeordnet, dass, soweit in nicht ersetzten Tarifverträgen und Tarifvertragsregelungen auf Vorschriften verwiesen wird, die aufgehoben oder ersetzt worden sind, an deren Stelle bis zu einer redaktionellen Anpassung die Regelungen des TVöD bzw. dieses Tarifvertrags entsprechend gelten. Diese eindeutige Anordnung der Tarifvertragsparteien ist zu achten. Sie schließt es aus, nach dem § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT weiterhin für die Beurteilung heranzuziehen, ob ein Arbeitnehmer im Sinne von § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF von einem anderen Arbeitgeber übernommen wurde. Auch eine sinngemäße Anwendung des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT lässt § 2 Abs. 4 TVÜ-Bund nicht zu. Diese Vorschrift ordnet nicht die entsprechende Anwendung der aufgehobenen oder ersetzten Vorschriften an, sondern bestimmt, dass an deren Stelle bis zu einer redaktionellen Anpassung die Regelungen des TVöD bzw. des TVÜ-Bund entsprechend gelten.
26 4. Der Hinweis der Beklagten auf die in § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Bund und in § 19 Abs. 5 Satz 2 TVöD-AT getroffenen Regelungen geht fehl. Wenn § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Bund für die Berechnung des Vergleichsentgelts bezüglich des Begriffs der „anderen Person“ ausdrücklich auf die Regelung in § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT zurückgreift und § 19 Abs. 5 Satz 2 TVöD-AT regelt, dass bezüglich der Zahlung von Erschwerniszuschlägen bis zum Inkrafttreten eines entsprechenden Tarifvertrags für den Bund die bisherigen tarifvertraglichen Regelungen des Bundes fortgelten, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass entgegen der Anordnung in § 2 Abs. 4 TVÜ-Bund Vorschriften aus in Bezug genommenen Tarifverträgen nach dem unabhängig davon angewendet werden dürfen, ob diese Tarifverträge aufgehoben oder ersetzt worden sind. Vielmehr rechtfertigt dies den Schluss, dass die Anwendung dieser aufgehobenen oder ersetzten Vorschriften nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nur noch dann zulässig ist, wenn sie dies ausdrücklich angeordnet haben. Dieser Wille der Tarifvertragsparteien kommt im Wortlaut des § 2 Abs. 1 TVÜ-Bund deutlich zum Ausdruck, wonach der TVöD iVm. dem TVÜ-Bund für den Bereich des Bundes die in Anlage 1 TVÜ-Bund Teil A und Teil B aufgeführten Tarifverträge bzw. Tarifvertragsregelungen ersetzt, soweit im TVöD, im TVÜ-Bund oder in den Anlagen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.
27 5. Ein Festhalten an der Definition des öffentlichen Dienstes in § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT bis zum Inkrafttreten des § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw nF am ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil weder der TVöD noch der TVÜ-Bund eine Gleichstellung bestimmter anderer Arbeitgeber mit öffentlichen Arbeitgebern regelt und insoweit eine § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT nachgebildete Vorschrift fehlt.
28 6. Allerdings unterscheidet auch der TVöD zwischen öffentlichen und nichtöffentlichen Arbeitgebern. Auf diese Differenzierung in § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD-AT ist gemäß § 2 Abs. 4 TVÜ-Bund bei der Beurteilung, ob der Ausschlusstatbestand des § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF erfüllt ist, abzustellen.
29 a) Wechseln Beschäftigte zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich des TVöD erfasst werden, werden die Zeiten bei dem anderen Arbeitgeber gemäß § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT als Beschäftigungszeit anerkannt. Nach § 1 Abs. 1 TVöD-AT gilt dieser Tarifvertrag für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zum Bund oder zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedsverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) ist. § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT gilt entsprechend bei einem Wechsel von einem anderen öffentlichen Arbeitgeber (§ 34 Abs. 3 Satz 4 TVöD-AT). Aus der Berücksichtigung der bei einem anderen öffentlichen Arbeitgeber zurückgelegten Zeit wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD die Treue zum öffentlichen Dienst honorieren wollen und insoweit dem Gedanken der Einheit des öffentlichen Dienstes Rechnung tragen (vgl. zum Prinzip der Einheit des öffentlichen Dienstes - EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 9; Senat - 6 AZR 244/99 - ZTR 2001, 362; - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 122).
30 b) Auch im Ausschlusstatbestand des § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF kommt das Prinzip der Einheit des öffentlichen Dienstes zum Ausdruck. Die Tarifvertragsparteien des TVUmBw gingen ersichtlich davon aus, dass durch die Aufnahme des neuen Arbeitsverhältnisses im öffentlichen Dienst der finanzielle Überbrückungsbedarf des Arbeitnehmers entfällt bzw. sich verringert. Außerdem wollten sie eine Doppelbelastung öffentlicher Haushalte vermeiden (vgl. für den Ausschluss des Abfindungsanspruchs im TV Personalabbau BMVg Senat - 6 AZR 20/95 - mwN, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 9 = EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 1).
31 c) Dieser sowohl § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF als auch § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD-AT zugrunde liegende Gedanke der Einheit des öffentlichen Dienstes rechtfertigt es, für den Abfindungsausschluss darauf abzustellen, ob der Beschäftigte von einem öffentlichen Arbeitgeber im Sinne von § 34 Abs. 3 TVöD-AT übernommen worden ist. Wenn § 2 Abs. 4 TVÜ-Bund anordnet, dass die Regelungen des TVÜ-Bund bzw. des TVöD entsprechend gelten, hat dies zur Folge, dass die Anwendungsvoraussetzungen dieser Regelungen nicht vorliegen müssen. In Bezug auf Rechtsvorschriften bedeutet deren sinngemäße Anwendung oder entsprechende Geltung, dass eine Vorschrift ihren Voraussetzungen nach nicht unmittelbar anwendbar ist, dennoch aber dem wesentlichen Inhalt nach gelten soll, weil die Interessenlage für gleich erachtet wird (vgl. - zu II 1 b aa der Gründe). Maßgebend ist der wesentliche Inhalt des § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD-AT, die Definition des öffentlichen Dienstes im Sinne des TVöD. Dass die Tarifvertragsparteien des TVöD unter öffentlichem Dienst die Tätigkeit bei einem öffentlichen Arbeitgeber im Sinne von § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD-AT verstehen, ergibt sich auch aus § 16 Abs. 2a (VKA) TVöD-AT und aus § 16 Abs. 3a (Bund) TVöD-AT. Unerheblich ist, dass § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT der Ermittlung der Beschäftigungszeit für die Berechnung der Kündigungsfrist dient. Auch § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT definierte den öffentlichen Dienst nicht im Hinblick auf den Ausschluss von Abfindungsansprüchen, sondern zur Ermittlung des zustehenden Ortszuschlags.
32 7. Für die entsprechende Anwendung des § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD-AT und gegen die Anwendung des ersetzten § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT spricht auch die Tarifgeschichte. Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des TVUmBw am mit dem ÄTV Nr. 2 § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF geändert und im angefügten Anhang abweichend von § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT definiert haben, was sie unter öffentlichem Dienst im Sinne der §§ 8 und 9 TVUmBw verstehen, belegt, dass sie nach der Ersetzung des BAT an der Definition des öffentlichen Dienstes in § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT nicht festhalten wollten. Wenn sie in Satz 3 des Anhangs für die Gleichstellung einer Tätigkeit mit dem öffentlichen Dienst die Anwendung von Tarifverträgen zur Voraussetzung gemacht haben, wie dies bei den in § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD-AT genannten Arbeitgebern in aller Regel der Fall ist, haben sie zugleich hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Anwendung von AVR ungeachtet des Inhalts dieser Regelungen keine Gleichstellung mit dem öffentlichen Dienst bewirkt.
33 8. Da das M-Krankenhaus kein öffentlicher Arbeitgeber im Sinne von § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD-AT war, ist der Ausschlusstatbestand des § 9 Abs. 3 Buchst. b TVUmBw aF nicht erfüllt.
34 II. Gemäß § 288 Abs. 1 BGB iVm. § 9 Abs. 2 Satz 1 TVUmBw aF stehen der Klägerin die beanspruchten Verzugszinsen zu.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Fundstelle(n):
EAAAD-42050