BGH Beschluss v. - II ZA 4/09

Vorenthalten von Arbeitsentgelt: Schadensersatzanspruch der Einzugsstelle gegen den GmbH-Geschäftsführer wegen Nichtabführens von Sozialversicherungsbeiträgen bei Zahlungen an andere Insolvenzgläubiger im Stadium der Insolvenzreife

Leitsatz

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats führt das Nichtabführen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung im Stadium der Insolvenzreife einer GmbH zu einem Schadensersatzanspruch der Einzugsstelle gegen den Geschäftsführer aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB, wenn dieser an andere Gesellschaftsgläubiger trotz der Insolvenzreife Zahlungen geleistet hat, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren. In einem solchen Fall konnte sich der Geschäftsführer schon nach der früheren und kann er sich auch nach der neueren Senatsrechtsprechung nicht auf eine Pflichtenkollision berufen (siehe nur Senatsurteil vom , II ZR 162/07, ZIP 2008, 2220 Tz. 6 ff.) .

Gesetze: § 823 Abs 2 BGB, § 266a StGB

Instanzenzug: OLG Braunschweig Az: 3 U 32/08vorgehend LG Braunschweig Az: 4 O 2279/07

Gründe

1Der Antrag des Beklagten, ihm für das beabsichtigte Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, weil der Senat im Falle einer Revisionseinlegung nach § 552 a ZPO verfahren müsste (Sen.Beschl. v. - II ZA 17/06, juris Tz. 1; , juris Tz. 1). Die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels muss auch bei einer zugelassenen Revision gegeben sein (, juris Tz. 2).

21. Ein Grund, die Revision gegen das angefochtene Urteil wegen einer höchstrichterlich zu klärenden Rechtsfrage zuzulassen, besteht nicht mehr. Nach Erlass des Berufungsurteils hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Frage, derentwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, dahingehend entschieden, dass mit der unanfechtbaren Verurteilung des Geschäftsführers einer GmbH zum Schadensersatz für nicht abgeführte Arbeitnehmeranteile von Sozialversicherungsbeiträgen gegenüber der Einzugsstelle im Wege des Versäumnisurteils noch nicht rechtskräftig feststehe, dass der zuerkannte Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht und deshalb von einer etwaigen Restschuldbefreiung des Beklagten nicht ergriffen wird (, DB 2010, 47 Tz. 9 ff., z.V.b. in BGHZ).

32. Die Rechtsverfolgung des Beklagten bietet auch im Übrigen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

4Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats führt das Nichtabführen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung im Stadium der Insolvenzreife einer GmbH zu einem Schadensersatzanspruch der Einzugsstelle aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a StGB, wenn der Geschäftsführer an andere Gesellschaftsgläubiger trotz der Insolvenzreife Zahlungen geleistet hat, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren. In einem solchen Fall konnte sich der Geschäftsführer schon nach der früheren Senatsrechtsprechung und auch nach der neueren Senatsrechtsprechung nicht auf eine Pflichtenkollision berufen (siehe nur Sen.Urt. v. - II ZR 162/07, ZIP 2008, 2220 Tz. 6 ff.).

5So liegt der Fall hier. Die Klägerin hatte bereits erstinstanzlich (GA 8 ff.) und unter Vertiefung dieses Vortrags auf GA 63 f. sowie erneut in der Berufungsinstanz (GA 141 f., 144 ff.) vorgetragen, dass der Beklagte in der Zeit, in der er die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung im Stadium der Insolvenzreife der GmbH an die Klägerin nicht abgeführt hat, gleichwohl Nettolöhne ausgezahlt hat. Das hat der Beklagte nicht etwa bestritten, sondern zugestanden (GA 73, 174 f.). Angesichts dessen bedurfte es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (BU 6 f.) hierzu keiner Beweisaufnahme.

Goette                               Caliebe                              Drescher

                    Löffler                               Bender

Fundstelle(n):
BB 2010 S. 514 Nr. 10
BB 2010 S. 987 Nr. 17
DB 2010 S. 20 Nr. 15
DB 2010 S. 436 Nr. 8
DStR 2010 S. 10 Nr. 9
DStR 2010 S. 453 Nr. 9
GmbH-StB 2010 S. 99 Nr. 4
GmbHR 2010 S. 364 Nr. 7
NJW 2010 S. 8 Nr. 10
NJW-RR 2010 S. 701 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 9/2010 S. 647
StuB-Bilanzreport Nr. 7/2010 S. 292
WM 2010 S. 409 Nr. 9
WPg 2010 S. 492 Nr. 9
ZIP 2010 S. 368 Nr. 8
BAAAD-38089