Kein Anspruch auf Eigenheimzulage wenn Wohnung ohne Aufwendungen von Anschaffungskosten erworben wird; Anforderungen an Darlehensverträge unter nahen Angehörigen
Leitsatz
Anspruch auf Eigenheimzulage besteht nicht, wenn für die erworbene Wohnung keine Anschaffungskosten aufgewendet werden. Ein steuerlich erheblicher Aufwand liegt nicht vor, wenn von vornherein eine wirtschaftliche Belastung vermieden werden soll.
Bei Erwerb einer Wohnung von nahen Angehörigen fehlt es an der Aufwendung von Anschaffungskosten, wenn der Kaufpreis zunächst gestundet und später als Darlehen gewährt wird, das jedoch am Ende seiner Laufzeit nicht zurückgezahlt wird.
Gesetze: EigZulG § 1, EigZulG § 2 Abs. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) nutzte seit dem eine Doppelhaushälfte zu eigenen Wohnzwecken, die sie von ihrer Mutter erworben hatte. Lt. notariellem Kaufvertrag von diesem Tag wurde der Kaufpreis von 180.000 DM bis zum gestundet und war mit 6 % p.a. zu verzinsen. Die Zinsen waren jährlich nachträglich zu zahlen, erstmals am . Am vereinbarten die Klägerin und ihre Mutter eine „Darlehensvertragsergänzung” mit folgendem Inhalt: „Gemäß Kaufvertrag vom besteht zwischen A —der Mutter— (Darlehensgeber) und B —der Klägerin— (Darlehensnehmer) ein Darlehensvertrag über 180.000 DM mit 6 % Zinsen p.a. Die Laufzeit des Darlehens ist bis zum festgelegt. Das Darlehen wird ab dem mit 3 % p.a. verzinst. Der Zinssatz ist bis zum fest.” Die Klägerin zahlte die Zinsen nach eigenen Angaben jährlich in bar; hierüber wurden von der Klägerin und ihrer Mutter unterschriebene Quittungen erstellt.
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Mit Vereinbarung vom schenkte die Mutter der Klägerin einen Teilbetrag des Darlehens in Höhe von 80.000 DM.
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Ende Dezember 2002 beantragte die Klägerin für die Doppelhaushälfte Eigenheimzulage ab 1995 (Fördergrundbetrag und Kinderzulage für ein Kind).
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Im Februar 2003 veräußerte die Klägerin das Grundstück und überwies von dem Kaufpreis im Juni 2003 50.000 € (97.791 DM) an ihre Mutter.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) lehnte die Festsetzung der Eigenheimzulage ab, da der Kaufvertrag mangels Zahlung des Kaufpreises tatsächlich nicht durchgeführt worden sei und die Darlehensvereinbarungen einem Fremdvergleich nicht standhielten. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2008, 777). Insbesondere seien der Klägerin in Höhe des Kaufpreises von 180.000 DM Anschaffungskosten entstanden. Der Kaufpreis sei zwar nicht sofort gezahlt worden. Die als Stundung bezeichnete Vereinbarung im notariellen Kaufvertrag sei jedoch als Darlehen auszulegen und halte auch einem Fremdvergleich stand. Das Gericht sei insbesondere davon überzeugt, dass die Zinsen vereinbarungsgemäß gezahlt worden seien. Da es für die erforderliche Entgeltlichkeit im Sinne des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) auf den Erwerbszeitpunkt ankomme, sei unerheblich, ob der später —auf einem neuen Entschluss— zu anderen Konditionen verlängerte Darlehensvertrag einem Fremdvergleich standhalte.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der dieses die Verletzung formellen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und materiellen Rechts (§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 8 EigZulG) rügt. Zu Unrecht sei das FG von der Entgeltlichkeit des Erwerbs ausgegangen. Weder die Stundungsabrede im Kaufvertrag noch das angeblich vereinbarte Darlehen ab dem halte einem Fremdvergleich stand. Auch seien entgegen der Annahme des FG die Darlehenszinsen nicht vereinbarungsgemäß gezahlt worden.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Unzutreffend hat das FG der Klägerin unter Zugrundelegung der als solcher ausgelegten Darlehensvereinbarung im Kaufvertrag Eigenheimzulage zuerkannt.
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1. a) Nach § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG hat Anspruch auf Eigenheimzulage, wer eine Wohnung anschafft, d.h. entgeltlich erwirbt. Wer für eine Wohnung hingegen keine Anschaffungskosten aufwendet, schafft sie nicht an. Ein steuerlich erheblicher Aufwand liegt nicht vor, wenn von vornherein eine wirtschaftliche Belastung vermieden werden soll (, BFHE 212, 360, BStBl II 2006, 359, m.w.N.). Maßgeblich ist insoweit die Tatsachenwürdigung des FG.
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b) Verträge zwischen nahen Angehörigen müssen, um der Besteuerung zugrunde gelegt werden zu können, dem sog. Fremdvergleich standhalten; die Hauptpflichten der Vertragsparteien müssen klar und eindeutig vereinbart und entsprechend dem Vereinbarten tatsächlich durchgeführt werden (, BFH/NV 2006, 2236, m.w.N.). In Darlehensverträgen unter nahen Angehörigen müssen grundsätzlich Vereinbarungen über Laufzeit, Art und Weise der Rückzahlung sowie Höhe und Zahlungszeitpunkt der Zinsen enthalten sein; bei langfristigen Darlehen muss der Rückzahlungsanspruch ausreichend gesichert sein (, BFH/NV 1999, 780, m.w.N.). Im Übrigen steht die fehlende Besicherung eines Anschaffungsdarlehens zwischen Angehörigen der steuerlichen Anerkennung nicht grundsätzlich entgegen, sofern Darlehensgeber und Darlehensnehmer volljährig und wirtschaftlich voneinander unabhängig sind (, BFH/NV 2002, 334).
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c) Die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG bindet nach § 118 Abs. 2 FGO den BFH, wenn sie zumindest möglich ist (BFH-Urteil in BFHE 212, 360, BStBl II 2006, 359, m.w.N.). Daran fehlt es nur, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft und unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Dasselbe gilt für die Auslegung von Verträgen nach Maßgabe der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch das FG (vgl. , BFH/NV 2009, 1268; vom IX R 22/06, BFH/NV 2007, 1836).
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2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Unrecht eine entgeltliche Anschaffung der Klägerin bejaht.
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Zwar konnte der Kaufpreisanspruch der Mutter der Klägerin (180.000 DM) im Wege der Novation grundsätzlich auch durch den Abschluss eines Darlehensvertrages zwischen den Parteien des Kaufvertrags und die Annahme der Ansprüche aus dem Darlehensvertrag an Erfüllungs Statt (§ 364 Abs. 1 BGB) erfüllt werden. Soweit das FG die der Klägerin gewährte Stundung als Darlehensvertrag mit Laufzeit bis zum beurteilt hat, bindet diese Auslegung des Kaufvertrages den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO); sie verstößt unter Berücksichtigung des tatsächlichen Willens der Parteien nicht gegen anerkannte Auslegungsregeln und ist nicht in sich widersprüchlich, lückenhaft oder denkgesetzwidrig.
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Dieser Darlehensvertrag führt jedoch schon deshalb nicht zu Anschaffungskosten der Klägerin, weil er mangels Rückzahlung des Darlehensbetrages am Ende seiner Laufzeit nicht tatsächlich durchgeführt wurde und insoweit der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann. Daran ändert auch die Darlehensvertragsergänzung für die —nachträglich verlängerte— Laufzeit von 1998 bis 2007 nichts. Denn die damit vereinbarte Reduzierung des Zinssatzes von 6 % auf 3 % p.a. ohne jegliche Besicherung bei einer Laufzeit von zehn Jahren entspricht nicht dem zwischen fremden Dritten Üblichen.
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Inwieweit die Zahlung von 50.000 € am eine teilweise Erfüllung des Kaufpreisanspruchs der Mutter der Klägerin und insoweit einen tatsächlichen Vollzug des ursprünglichen —unabhängig von dem vereinbarten Darlehen zu würdigenden— Kaufvertrages bedeutet und so zu Anschaffungskosten der Klägerin führte, ist den finanzgerichtlichen Feststellungen nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Zahlung ggf. wie die vorangegangene Schenkung auf einem neuen, vom ursprünglichen Kaufvertrag unabhängigen Entschluss beruhen kann.
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3. Auf die gerügten Verfahrensfehler kommt es danach nicht an.
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4. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die Zahlung im Jahr 2003 zu würdigen und unter diesem Gesichtspunkt die tatsächliche Durchführung des Kaufvertrages erneut zu prüfen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
MAAAD-37365