BGH Beschluss v. - IV ZB 13/09

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: OLG Hamburg, 9 U 191/08 vom LG Hamburg, 320 O 5/02 vom

Gründe

I. Das Landgericht verurteilte den Beklagten durch Versäumnisurteil, an die Klägerin eine Versicherungsleistung in Höhe von 12.731,12 € nebst Zinsen zurückzuzahlen. Gegen dieses Urteil legten seine Prozessbevollmächtigten fristgemäß Einspruch ein. Das Landgericht beraumte Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache auf den an; die Ladung wurde den Prozessbevollmächtigten am zugestellt. Mit Schreiben vom teilte der Beklagte mit, seinen Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen zu haben. Mit Schriftsatz vom zeigten auch diese an, den Beklagten nicht mehr zu vertreten. Im Einspruchstermin erschien für den Beklagten niemand. Daraufhin erging gegen ihn ein zweites Versäumnisurteil, durch das sein Einspruch verworfen wurde.

Das Berufungsgericht hat seine Berufung - nach entsprechendem Hinweis - gemäß § 522 Abs. 1 ZPO durch Beschluss als unzulässig verworfen, da der Beklagte nicht schlüssig dargelegt habe, dass es an einer schuldhaften Säumnis fehle. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde.

II. Das Rechtsmittel ist nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (Senatsbeschlüsse vom - IV ZB 14/07 - NJW-RR 2008, 889 Tz. 3; vom - IV ZB 48/05 - VersR 2007, 1535 Tz. 5; BGHZ 155, 21, 22), liegen nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt insbesondere nicht den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).

1. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel des Beklagten zu Recht als unzulässig erachtet. Nach § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil, gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung nur insoweit, als sie darauf gestützt wird, ein Fall schuldhafter Säumnis sei nicht gegeben. Dabei muss der Sachverhalt, der die Zulässigkeit der Berufung rechtfertigen soll, schlüssig und vollständig in der Berufungsinstanz vorgetragen werden; die Beweislast für die behauptete unverschuldete Säumnis trägt die Partei, die sich darauf beruft (vgl. - NJW 2007, 2047 Tz. 6 m.w.N.; vom - IX ZR 364/98 - NJW 1999, 2120 unter 1; vom - VII ZR 135/90 - NJW 1991, 42 unter I 2 m.w.N.).

2. Der Berufungsbegründung des Beklagten lässt sich dazu nur entnehmen, die Beauftragung eines neuen Prozessbevollmächtigten habe sich als schwierig erwiesen, so dass das Gericht den Termin vom nicht habe festsetzen dürfen. Der Beklagte sei zudem auf die Bestimmung des § 87 Abs. 1 ZPO und die rechtlichen Folgen daraus weder durch das Gericht noch durch seine Prozessbevollmächtigten hingewiesen worden. Das vermag die Annahme einer unverschuldeten Säumnis indes nicht zu rechtfertigen.

a) Der Beklagte ist zum Termin am über seine Prozessbevollmächtigten geladen worden, denen die betreffende gerichtliche Verfügung am gemäß § 172 Abs. 1 ZPO zugestellt worden ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Vollmachtsverhältnis zu den damaligen Prozessbevollmächtigten in jedem Fall Bestand, da es nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten in seiner Berufungsbegründung erst mit Schreiben vom beendet worden ist. Daher kommt es auf die Bestimmung des § 87 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO in diesem Zusammenhang von vornherein nicht an. Unbeschadet dessen ist die Vorschrift, der zufolge in Anwaltsprozessen die Kündigung eines Vollmachtsvertrages erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit erhält, hier anwendbar, weil sich bis zum Einspruchstermin kein neuer Prozessbevollmächtigter für den Beklagten bestellt hat ( - NJW 2007, 2124 Tz. 11).

b) Auf die Wirkungen des § 87 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO und den unverändert bestehenden Anwaltszwang brauchte das Landgericht nicht (nochmals) hinzuweisen. Dies schon deshalb nicht, weil der Beklagte - der auch früheren Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen hatte - einen solchen Hinweis bereits mit Verfügung vom erhalten hatte. Das Landgericht hat ihn unter diesem Datum wie folgt angeschrieben:

"Bei Prozessen vor dem Landgericht müssen Sie sich durch einen zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Sie haben Gelegenheit, binnen vier Wochen mitteilen zu lassen, durch welchen neuen Rechtsanwalt Sie vertreten werden. Bis zu dieser Mitteilung gilt ihre bisherige Rechtsanwältin ... weiterhin als zustellungsbevollmächtigt (§ 87 Abs. 1 ZPO)."

Darüber hinaus hat der Beklagte dem Landgericht im Zusammenhang mit seinem Schreiben vom mitgeteilt, sich "angesichts des bestehenden Anwaltszwanges" zu bemühen, "schnellstmöglich Ersatz zu finden". Das Landgericht konnte und durfte daher davon ausgehen, dass dem Beklagten weiterhin bewusst war, sich durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen zu müssen. Zusätzlich war der Beklagte am gerichtlich darüber belehrt worden, dass Terminsverlegungsanträge durch einen Rechtsanwalt erfolgen müssen und Versäumnisurteil ergehen kann, wenn für die Partei kein Rechtsanwalt im anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint.

c) Ein auf den bezogener Terminsverlegungsantrag ist nicht gestellt worden. Für das Landgericht bestand auch keine Veranlassung, den Termin gemäß § 227 ZPO von Amts wegen zu verlegen oder aufzuheben. Ein Anwaltswechsel oder die unterbliebene Neubestellung eines Anwalts ist dafür kein erheblicher Grund, es sei denn, dieses beruht nicht auf einem Verschulden der Partei, sondern auf einem vom Anwalt verschuldeten Vertrauensverlust (vgl. - VersR 2009, 802 Tz. 14). Dafür liegt kein hinreichend substantiierter Vortrag des Beklagten in der Berufungsinstanz vor.

3. Der mit der Rechtsbeschwerde zusätzlich geltend gemachte Gehörsverstoß nach Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht gegeben. Der Beklagte hat die Richter am Landgericht, die an den Versäumnisentscheidungen mitgewirkt haben, erfolglos wegen Befangenheit abgelehnt; seine sofortige Beschwerde ist mit Beschluss vom zurückgewiesen worden. Der Vorwurf des Beklagten, das Beschwerdegericht habe bei dieser Entscheidung den Inhalt der ergänzenden Beschwerdebegründung seiner Prozessbevollmächtigten nicht beachtet, geht bereits deshalb fehl, weil eine solche ergänzende Beschwerdebegründung nicht gefertigt worden ist. Die Prozessbevollmächtigten haben diese mit Schriftsatz vom lediglich angekündigt, nachfolgend aber nicht zu den Akten gereicht. Stattdessen haben sie sich mit Schriftsatz vom darauf beschränkt, das vom Beklagten verfasste Schreiben vom in Bezug zu nehmen; mit dem Inhalt dieses Schreibens hat sich das Beschwerdegericht auseinandergesetzt, was auch der Beklagte nicht in Frage stellt. Auch sonst vermag die Rechtsbeschwerde für die Entscheidung über das Befangenheitsgesuch zulassungswürdige Rechtsfehler nicht aufzuzeigen.

Fundstelle(n):
FAAAD-36929