Leitsatz
Leitsatz:
Tritt der spätere Insolvenzschuldner künftige Forderungen unter der aufschiebenden Bedingung des Ankaufs der jeweiligen Forderung durch den Abtretungsempfänger ab, steht die Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen.
Gesetze: InsO § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; InsO § 24 Abs. 1; InsO § 81
Instanzenzug: OLG Koblenz, 2 U 1397/07 vom LG Mainz, 10 HKO 18/05 vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; BGHR: ja; Nachschlagewerk: ja
Tatbestand
Die Klägerin, ein Factoringunternehmen, macht aus abgetretenem Recht der insolventen S. GmbH (fortan: Schuldnerin) Kaufpreisansprüche für Fahrräder geltend, welche die Schuldnerin der Beklagten geliefert und im dritten und vierten Quartal 2003 in Rechnung gestellt hat. Die Beklagte hält die Klage wegen fehlender Bestimmtheit der Klageforderung für unzulässig, bezweifelt die Aktivlegitimation und hat hilfsweise mit Gegenansprüchen aufgerechnet.
Am schlossen die Schuldnerin und die M. GmbH (fortan: M. ), die zugleich für die Beklagte und weitere zur Me. gehörende Einkaufsanschlussbetriebe auftrat, einen "Einkaufsvertrag" nebst Nachträgen und Konditionsverträgen. Darin verpflichtete sich die Schuldnerin, an die Beklagte und weitere Einkaufsanschlussbetriebe Fahrräder zu liefern. Der Vertrag enthielt unter anderem das Verbot, die Kaufpreisansprüche abzutreten. Mit Factoring-Vertrag vom 25./ bot die Schuldnerin alle nach diesem Datum entstehenden Ansprüche aus Warenlieferungen der Klägerin zum Kaufe an (§ 1) und trat ihr die entsprechenden Forderungen - aufschiebend bedingt durch den Ankauf - im Voraus ab (§ 5). Die Klägerin kaufte in der Folgezeit die fakturierten Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte an.
Am kam zwischen der Klägerin, der Schuldnerin und der erneut zugleich für die Einkaufsanschlussbetriebe handelnden M. eine dreiseitige Vereinbarung zustande, in welcher das Abtretungsverbot für Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen der Schuldnerin aufgehoben und der M sowie den Einkaufsanschlussbetrieben gestattet wurde, "alle Gegenforderungen ohne Rücksicht auf die Gegenseitigkeit und ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihres Entstehens als auch ihres Überganges sowohl gegenüber dem Lieferanten (= der Schuldnerin) als auch gegenüber der Bank (= der Klägerin) ... aufzurechnen". Am ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin aus abgetretenem Recht der Schuldnerin zunächst Zahlung von 966.865,17 EUR nebst Zinsen aus Warenlieferungen im dritten und vierten Quartal 2003 verlangt. Noch in erster Instanz hat sie die Klageforderung auf einen Betrag von 794.652,24 EUR reduziert. Zurückgenommen hat sie die Klage wegen solcher Ansprüche, die erst nach dem - der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters über das Vermögen der Schuldnerin - in Rechnung gestellt worden waren. Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Es hat Ansprüche der Klägerin in Höhe von insgesamt 762.503,70 EUR für berechtigt gehalten, aber angenommen, die Klageforderung sei aufgrund der Hilfsaufrechnung der Beklagten erloschen. Die Berufung der Klägerin, mit welcher diese noch Zahlung von 706.840,93 EUR nebst Zinsen verlangt hat, und die Anschlussberufung der Beklagten gegen dieses Urteil sind erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin einen Zahlungsanspruch in Höhe von 366.874,62 EUR nebst Zinsen weiter. Hilfsweise beantragt sie, die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages an die Klägerin oder den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin zu zahlen. Die Beklagte beantragt neben der Zurückweisung der Revision im Wege der Anschlussrevision, die Klage unabhängig von der Hilfsaufrechnung abzuweisen.
Gründe
Revision und Anschlussrevision bleiben ohne Erfolg.
A.
Revision der Klägerin
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die von der Beklagten erklärte (Hilfs-) Aufrechnung zulässig.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Grundlage der Aufrechnung sei die dreiseitige Vereinbarung, in welcher das Erfordernis der Gegenseitigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderung abbedungen worden sei. Diese Vereinbarung sei wirksam. Insbesondere stünden die Vorschriften der §§ 95 ff InsO nicht entgegen, weil die von der Klägerin erworbenen Forderungen nicht zur Insolvenzmasse gehörten, der Schutzbereich der genannten Vorschriften folglich nicht tangiert sei. Auch aus allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen und dem Gleichbehandlungsgrundsatz folge nichts Gegenteiliges. Die dreiseitige Vereinbarung habe zum Nachteil der Schuldnerin und der Klägerin die Konzernverrechnungsklausel enthalten, zugleich aber auch die Aufhebung des Abtretungsverbotes.
II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte ist aufgrund der dreiseitigen Vereinbarung von Dezember 2001 / Januar 2002 berechtigt, mit eigenen Forderungen sowie mit Forderungen anderer Einkaufsanschlussbetriebe aufzurechnen.
1. Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Konzernverrechnungsklausel sei wegen ihres überraschenden Inhalts nicht Vertragsbestandteil geworden (§ 305c Abs. 1 BGB); außerdem halte sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt enthält die dreiseitige Vereinbarung jedoch keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff BGB. Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, die Beklagte schließe "häufiger" entsprechende Verrechnungsvereinbarungen mit Factoringunternehmen und sei nie bereit, anlässlich der Aufhebung eines Abtretungsverbotes eine andere Vereinbarung zu treffen. Die Beklagte hat dagegen behauptet, es habe sich um eine ausgehandelte Individualvereinbarung gehandelt. Darauf hat die Klägerin nicht erwidert; sie hat auch keinen Beweis für die Richtigkeit ihrer Darstellung angeboten. Das Landgericht hat die fragliche Klausel als Individualvereinbarung behandelt. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin diese Bewertung nicht in Zweifel gezogen und keinen neuen Vortrag zum Zustandekommen der dreiseitigen Vereinbarung gehalten.
2. Die Klägerin meint weiter, die Konzernverrechnungsklausel könne deshalb keinen Bestand haben, weil sich die Rechtslage des Forderungsschuldners durch die Abtretung nicht verbessern dürfe. Der Bundesgerichtshof habe bereits entschieden, dass der Forderungschuldner dann nicht mit einer gegen den Zedenten gerichteten Forderung aufrechnen könne, wenn diese Möglichkeit ohne die Abtretung nicht bestanden hätte (, NZI 2004, 23). Auch diese Überlegung trifft im vorliegenden Fall jedoch nicht zu.
a) Richtig ist der Ausgangspunkt der Revision, dass die Beklagte dann, wenn die streitgegenständlichen Forderungen nicht an die Klägerin abgetreten worden wären, nicht mit Ansprüchen anderer Einkaufsanschlussbetriebe aufrechnen könnte. Die Vorschrift des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO erklärt die Aufrechnung eines Insolvenzgläubigers für unzulässig, welcher seine Gegenforderung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat. Beruht die Aufrechnung - wie im vorliegenden Fall - auf einer vor der Eröffnung vereinbarten Konzernverrechnungsklausel, ist diese Voraussetzung zwar nicht erfüllt. Die Aufrechnungslage entsteht in einem solchen Fall jedoch erst mit der Aufrechnungserklärung, weil vorher nicht feststeht, welches der Konzernunternehmen von der Aufrechnungsmöglichkeit Gebrauch macht. Eine nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärte Aufrechnung mit Gegenforderungen anderer Konzerngesellschaften aufgrund einer Konzernverrechnungsklausel ist deshalb entsprechend § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO unzulässig (BGHZ 160, 107, 110; , ZIP 2006, 1740, 1741).
b) In einem Fall wie dem vorliegenden ist die Vorschrift des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO jedoch weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Im vorliegenden Fall werden durch die Aufrechnung mit Forderungen anderer Einkaufsanschlussbetriebe zwar Forderungen voll befriedigt, welche im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners einfache Insolvenzforderungen wären, zur Tabelle angemeldet werden müssten und allenfalls quotal befriedigt würden. Insoweit ist der Hinweis der Klägerin auf den im Insolvenzverfahren geltenden Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz durchaus berechtigt. Die Aufrechnung aufgrund der Konzernverrechnungsklausel betrifft jedoch nicht die Insolvenzmasse. Die Klageforderungen, welche durch die Aufrechnung erlöschen (§ 389 BGB), stehen nicht der Insolvenzschuldnerin, sondern der Klägerin zu. Die Klägerin kann sich auf den Schutz des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht berufen. Zu Nachteilen, welche die Insolvenzmasse durch die Aufrechnung erleiden könnte, hat sie in den Tatsacheninstanzen nichts vorgetragen; da es sich hier um "echtes" Factoring handelt, sind solche Nachteile auch nicht ersichtlich (vgl. Münch-Komm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 47 Rn. 265). Allgemeine Gerechtigkeitsgrundsätze stehen der Klägerin ebenfalls nicht zur Seite. Zwar profitiert die Beklagte - die, wie gesagt, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber der Schuldnerin nicht mit Forderungen anderer Einkaufsanschlussgesellschaften hätte aufrechnen können - hier von der Abtretung der Forderungen an die Klägerin. Die Klägerin steht jedoch genau so, wie sie bei "störungsfreier" Abwicklung des Factoringvertrages mit der Schuldnerin unter Berücksichtigung der dreiseitigen Vereinbarung gestanden hätte. Sie hat die Konzernverrechnungsklausel mit der Beklagten vereinbart und ist damit das Risiko eingegangen, dass ihr Forderungen der übrigen Einkaufsanschlussgesellschaften entgegen gehalten werden. Würde man die Aufrechnung wegen der Insolvenz der Schuldnerin analog § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO verbieten, stünde sich die Klägerin infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin und dem damit verbundenen Aufrechnungsausschluss besser als außerhalb der Insolvenz. Ein sachlicher Grund hierfür ist (ebenfalls) nicht ersichtlich.
c) Die Klägerin kann aus der von ihr zitierten Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom (VIII ZR 358/02, a.a.O.) nichts herleiten. Diese Klägerin war im damaligen Fall ebenfalls ein Factoring-Unternehmen, das eine ihr von der späteren Insolvenzschuldnerin abgetretene Forderung geltend machte. Die damalige Beklagte wollte mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen, die daraus resultierten, dass der vorläufige Insolvenzverwalter weitere Lieferverpflichtungen nicht erfüllen konnte. Die Aufrechnung wurde ihr analog § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO verweigert, weil die zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden waren. Die Vorschrift des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO wurde für entsprechend anwendbar gehalten, weil die Beklagte als Schuldnerin einer abgetretenen Forderung durch die Abtretung nicht eine Aufrechnungsmöglichkeit erhalten dürfe, die ohne die Abtretung wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bestanden hätte (a.a.O. S. 24 unter II 1 a aa). Ob dem gefolgt werden kann, erscheint fraglich. Auch im damaligen Fall wäre die Insolvenzmasse von der Aufrechnung nicht nachteilig betroffen worden. Die Frage kann jedoch offen bleiben. Im Unterschied zum hier zu entscheidenden Fall beruhte die Aufrechnung damals nicht auf einer Aufrechnungsvereinbarung.
B.
Anschlussrevision der Beklagten
Die Anschlussrevision der Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend von einer zulässigen Klage sowie der Aktivlegitimation der Klägerin ausgegangen.
I. Die Klage ist durch die beiden Teilrücknahmen in erster und zweiter Instanz nicht mangels Bestimmtheit der Klageforderung unzulässig geworden.
1. Die Beklagte vertritt - wie bereits in der Berufungsinstanz - die Ansicht, die Klageforderung sei nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin habe die Forderungen, die Gegenstand der Klage gewesen seien, zwar in einer Anlage zur Klageschrift einzeln aufgeführt und damit ordnungsgemäß bezeichnet. Nach der teilweisen Klagerücknahme erster Instanz und der weiteren Reduzierung der Klageforderung im Berufungsverfahren lasse sich jedoch nicht mehr erkennen, über welche Einzelforderungen entschieden werden sollte und entschieden worden ist. Auch die anerkannten Abzüge und Gegenforderungen ließen sich nicht zuordnen.
2. Die Klägerin hat im Anlagenkonvolut K 6 zur Klageschrift die Rechnungen aufgeführt, welche die eingeklagten Forderungen betreffen. Die Summe dieser Forderungen ergab unter Berücksichtigung der von der Klägerin anerkannten, ebenfalls im Einzelnen aufgeführten Abzüge den Betrag von 966.865,17 EUR.
3. Die erste Teilrücknahme betraf alle Rechnungen, die vom oder später datierten. Um welche einzelnen Forderungen es sich hierbei handelt, lässt sich der Anlage K 6 in Verbindung mit den Rechnungen, welche der Beklagten vorliegen, ohne weiteres entnehmen. Die Klägerin hat außerdem weitergehende Abzüge anerkannt. Welche Einzelforderungen Gegenstand der Klage sind, war damit nach wie vor bestimmt. Dies ergab sich weiterhin aus der Anlage K 6, welche nicht nur die Rechnungsnummern, sondern auch die jeweiligen Daten ausweist. Das Landgericht hat die Klageforderung entsprechend berechnet, allerdings unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme noch weiter gehende Abzüge vorgenommen und so eine Klageforderung von insgesamt 762.503,70 EUR ermittelt.
4. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin nur noch Zahlung von 706.840,93 EUR nebst Zinsen verlangt. Aber auch dadurch wurde die Klage nicht unzulässig. Die Klägerin hat die Berechnung des Landgerichts übernommen, ist also von einem Betrag von 762.503,70 EUR ausgegangen und hat zusätzlich die vom Landgericht so genannte Aufrechnungsposition 1 übernommen, welche das Landgericht in Höhe von 48.800,24 EUR für berechtigt erachtet hatte, sowie einen weiteren Betrag von 6.862,53 EUR aus der Aufrechnungsposition 2. Damit blieben 706.840,93 EUR. Soweit die Beklagte die ihrer Ansicht nach unrichtige Berechnung der Abzugspositionen und ungenügende Bezugnahme teils auf einzelne Forderungen, teils auf die Gesamtsumme beanstandet, kommt es hierauf nicht an. Nach wie vor steht fest, welche einzelnen Forderungen Gegenstand der (erneut verringerten) Klage sind und in welcher Höhe welche Gegenforderungen durch Aufrechnung erloschen sind.
II. Soweit die Anschlussrevision beanstandet, dass ausreichende Feststellungen zur Abtretung der Forderungen vor dem - dem Zeitpunkt der Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unter Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO - fehlen, kommt es hierauf aus Rechtsgründen nicht an.
1. Am um 14.00 Uhr hat das zuständige Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO). Von diesem Zeitpunkt an bedurfte die Abtretung von Forderungen an Dritte der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. Diese lag nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt nicht vor. Ob der vorläufige Insolvenzverwalter der Abtretung der Forderungen an die Klägerin oder wenigstens der Einziehung der Forderungen durch die Klägerin zugestimmt hat, war zwischen den Parteien streitig. Eine Klärung dieser Frage haben die Vorinstanzen nicht für erforderlich gehalten, nachdem die Klägerin ihre Klage auf Forderungen beschränkt hatte, die vor der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts in Rechnung gestellt worden waren.
2. Im Factoringvertrag vom 25./ hatte die Schuldnerin die Forderungen gegen die Beklagte aus Warenlieferungen aufschiebend bedingt an die Klägerin abgetreten. Bedingung war jeweils der Ankauf der Forderungen durch die Klägerin. Die Klägerin hat sämtliche streitgegenständlichen Forderungen angekauft. Ob der jeweilige Kaufvertrag vor der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts oder danach erfolgte, ist unerheblich.
a) Die Wirkungen einer nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO angeordneten Verfügungsbeschränkung richtet sich nach § 24 Abs. 1 InsO, der wiederum auf §§ 81, 82 InsO verweist. Verfügungen des Schuldners nach Anordnung der durch den Zustimmungsvorbehalt bewirkten Verfügungsbeschränkung sind gemäß § 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO unwirksam. Im vorliegenden Fall der durch die Entstehung der Forderungen sowie den Abschluss eines Kaufvertrages über sie bedingten Vorausabtretung war die Verfügung selbst - die Abtretung der Forderung gemäß § 398 BGB - bereits vor Anordnung des Zustimmungsvorbehalts erfolgt. Die Schuldnerin hat also auch dann, wenn der Ankauf der Forderungen erst nach dem , 14.00 Uhr, erfolgte, nicht gegen den Zustimmungsvorbehalt verstoßen. In diesem (unterstellten) Fall wäre die Schuldnerin im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs durch die Klägerin zwar nicht mehr allein verfügungsbefugt gewesen. Wie der Senat bereits zu § 106 KO entschieden (BGHZ 135, 140, 144 ff) und zu § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO jüngst bestätigt hat (, ZIP 2009, 2347, 2348 f Rn. 9 ff) muss die Verfügungsbefugnis jedoch nur bis zum Abschluss des Verfügungstatbestands, nicht notwendig bis zum Eintritt des Verfügungserfolgs bestanden haben.
b) Allerdings musste die Schuldnerin am Eintritt der aufschiebenden Bedingung mitwirken, indem sie der Klägerin die Forderungen andiente. Die Frage ist also, ob § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2, § 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO auch Handlungen erfasst, die zum Eintritt der Bedingung führen, an welche eine bedingte Verfügung geknüpft ist. Diese Frage ist zu verneinen. Schon ihrem Wortlaut nach regeln die genannten Vorschriften nur "Verfügungen". Im allgemeinen Zivilrecht werden darunter solche Rechtsgeschäfte verstanden, durch die unmittelbar ein Recht begründet, übertragen, belastet, aufgehoben oder sonstwie in seinem Inhalt verändert wird (BGHZ 75, 221, 226; 101, 24, 26). § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO verwendet den Verfügungsbegriff des allgemeinen Zivilrechts (Jaeger/Gerhardt, InsO § 21 Rn. 8 Fn. 20; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 21 Rn. 17; vgl. auch BT-Drucks. 12/2443, S. 135, zu § 92 RegE = § 81 Abs. 1 InsO). Verpflichtungsgeschäfte kann der Schuldner auch nach Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes uneingeschränkt eingehen (HK-InsO/Kirchhof, a.a.O. Rn. 18). Im vorliegenden Fall war die Schuldnerin also nicht gehindert, auch nach der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts Kaufverträge über die im Voraus abgetretenen Forderungen abzuschließen und so den Bedingungseintritt herbeizuführen.
c) Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird ein gestreckter Rechtserwerb, wie er hier vorliegt, von § 91 Abs. 1 InsO erfasst (vgl. BGHZ 135, 140, 145, zu §§ 106, 15 KO). Diese Vorschrift schließt den Erwerb von Gegenständen der Insolvenzmasse auch dann aus, wenn dem Rechtserwerb weder eine Verfügung des Schuldners noch eine Zwangsvollstreckung des Schuldners zugrunde liegt. Weil die Schuldnerin den Eintritt der Bedingung - den Ankauf der Forderungen durch die Klägerin - noch verhindern könnte, indem sie die Forderungen nicht andient, gehörten diese noch zum Vermögen der Schuldnerin (vgl. BGHZ 155, 87, 93; 167, 363, 365 f Rn. 6; , ZIP 2008, 885, 886 Rn. 9; v. - IX ZR 217/07, ZIP 2009, 380, 382 Rn. 29; v. - IX ZR 98/08, WM 2009, 1515, 1516 Rn. 11, z.V. in BGHZ bestimmt). Die Vorschrift des § 91 Abs. 1 InsO gilt jedoch erst von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an (vgl. a.a.O. Rn. 10), nicht im Eröffnungsverfahren; denn § 24 Abs. 1 InsO verweist nur auf §§ 81, 82 InsO (vgl. auch BGHZ 135, 140, 146 f; 170, 196, 199 Rn. 8). Anhaltspunkte dafür, dass es sich insoweit um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handelt, gibt es nicht (vgl. BGHZ 170, 196, 199 Rn. 8). Dieser dürfte vielmehr davon ausgegangen sein, dass die zusätzliche Sicherung durch das Anfechtungsrecht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinreichenden Schutz vor einer Schmälerung der Insolvenzmasse bietet (vgl. , a.a.O. S. 2349 Rn. 17). Dann aber scheidet eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 91 Abs. 1 InsO im Insolvenzeröffnungsverfahren aus.
d) Dass die Forderungen erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin angekauft worden wären, hat die Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht behauptet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2010 S. 156 Nr. 3
NJW 2010 S. 6 Nr. 7
NJW-RR 2010 S. 558 Nr. 8
WM 2010 S. 222 Nr. 5
ZIP 2010 S. 138 Nr. 3
FAAAD-35516