Leitsatz
Leistungen für Unterkunft und Heizung sind ab Antragstellung anteilig auch dann zu erbringen, wenn die Miete für den laufenden Monat bereits vor der Antragstellung gezahlt wurde.
Gesetze: SGB II F: § 22 Abs 1 S 1; SGB II F: § 37 Abs 1; SGB II F: § 37 Abs 2 S 1; SGB II F: § 41 Abs 1 S 2; SGB II F: § 41 Abs 1 S 3; SGB II F: § 11 Abs 1 S 1; SGB II F: § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a; SGB II F: § 13 S 1 Nr 1; Alg II-V F: § 2 Abs 2 S 1; SGB VI § 20; SGB IX § 45 Abs 8; GG Art 3 Abs 1; GG Art 80 Abs 1
Instanzenzug: SG Düsseldorf, S 28 AS 70/05 vom LSG Essen, L 9 AS 67/06 vom
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die anteilige Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) des Klägers für die Zeit vom 15. April bis sowie um Arbeitslosengeld II (Alg II) für den gesamten Monat Mai 2005.
Der 1955 geborene Kläger nahm seit Mai 2003 an einer Rehabilitationsmaßnahme teil, während der er Übergangsgeld (Übg) von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erhielt. Nach Abschluss der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligte die BfA dem Kläger mit Bescheid vom Übg für die Zeit vom 18. Februar bis zum in Höhe von 25,08 Euro täglich. Am wurde die Miete für den Monat April auf Grund eines Dauerauftrages vom Konto des Klägers abgebucht. Das Übg für die Zeit vom 16. März bis in Höhe von 1.078,44 Euro wurde dem Konto des Klägers am gutgeschrieben.
Am beantragte der Kläger die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. Juni bis in Höhe von 705,70 Euro monatlich (Regelleistung in Höhe von 345 Euro und KdU in Höhe von 360,70 Euro). Für Mai 2005 bewilligte die Beklagte keine Leistungen, weil der Kläger Übg in Höhe von 1.078,44 Euro erhalten habe. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, dass die Zahlung des Übg für die Zeit vom 16. März bis verspätet erfolgt sei. Auf Grund der verspäteten Zahlung habe er im April 2005 einen kostenpflichtigen Dispokredit bei seiner Bank zur Deckung seines Lebensunterhalts in Anspruch nehmen müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom half die Beklagte dem Widerspruch insofern ab, als sie dem Kläger (Regel)Leistungen für die Zeit vom 15. April bis in Höhe von 184 Euro bewilligte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Für die Zeit vor der Antragstellung am scheide eine Leistungsgewährung aus, weil Leistungen nach dem SGB II nur auf Antrag erbracht würden. Auch die bereits am gezahlte Miete könne nicht mehr als Unterkunftsbedarf berücksichtigt werden. Mit Bescheid vom bewilligte die Beklagte erneut anteilige Regelleistungen für April 2005 in Höhe von 184 Euro.
Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Beklagte mit Urteil vom zur Zahlung anteiliger Kosten für Unterkunft und Heizung für April 2005 in Höhe von 192,37 Euro verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Ab dem habe ein Grundanspruch des Klägers auf Zahlung von Leistungen nach dem SGB II bestanden. Der Kläger könne ab Antragstellung Leistungen nach dem SGB II in anteiliger Höhe verlangen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Miete bereits am an den Vermieter gezahlt worden sei. Gemäß § 19 Satz 2 SGB II mindere allein zu berücksichtigendes Einkommen bzw Vermögen den Leistungsanspruch. Nicht zu berücksichtigen sei hingegen, dass Unterkunftskosten, auf die der Hilfebedürftige auf Grund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab Antragstellung einen Anspruch habe, bereits vor Antragstellung von ihm gegenüber dem Vermieter erfüllt worden seien. Die weitergehende Klage sei hingegen unbegründet. Auf Grund des am ausgezahlten Übg bestehe ein Anspruch auf Leistungen für den Monat Mai 2005 nicht. Es handele sich bei dem Übg auch nicht etwa um zweckbestimmte Einnahmen iS von § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II.
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht das dem Kläger am ausgezahlte Übg als zu berücksichtigendes Einkommen angesehen und deshalb die Hilfebedürftigkeit des Klägers für den Monat Mai 2005 verneint. Das SG habe zutreffend entschieden, dass der Kläger für die Zeit vom 15. bis einen anteiligen Anspruch auf Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 192,37 Euro habe. Der Kläger habe bereits ab dem dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gehabt, der sich mit der Antragstellung realisiert habe. Seine Hilfebedürftigkeit sei bezüglich der Unterkunftskosten auch nicht deshalb entfallen, weil er die Miete bereits am von seinem Girokonto überwiesen habe. Durch eine Antragstellung im laufenden Monat ändere sich grundsätzlich nichts an der monatlich durchzuführenden Bedarfsberechnung. Die Entstehung des Grundanspruchs und der Beginn des konkreten Zahlungsanspruchs könne auseinanderfallen.
Hiergegen richten sich die Revisionen des Klägers und der Beklagten. Der Kläger ist der Auffassung, das am ausgezahlte Übg hätte nicht als Einkommen berücksichtigt werden müssen. Bei verspätet ausgezahlten Leistungen stehe das Zuflussprinzip im Widerspruch zur Ermächtigungsgrundlage des § 13 SGB II. Die Anwendung des Zuflussprinzips zur Feststellung der Bedürftigkeit bei verspätet gezahlten Leistungen, auf die ein Anspruch bestehe, stehe auch nicht im Einklang mit Art 3 Grundgesetz (GG). Für April 2005 stehe ihm nicht nur die anteilige Miete für die Zeit vom 15. April bis zu, die Höhe des Bedarfs hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung bestimme sich vielmehr für den gesamten Monat. Der Leistungsanspruch entstehe, wenn die Voraussetzungen des § 7 SGB II erfüllt seien. Die Aufnahme eines Kredits könne nicht als notwendige Selbsthilfe angesehen werden und lasse auch nicht die Hilfebedürftigkeit entfallen.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom sowie das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom zu ändern und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom in der Fassung Widerspruchsbescheides vom zu verurteilen, für die Zeit vom bis zum Arbeitslosengeld II zu zahlen,
2. die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
1. das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom sowie das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom aufzuheben und die Klage abzuweisen,
2. die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, es komme entscheidend darauf an, dass im Zeitpunkt der Antragstellung kein Hilfebedarf bezüglich der Unterkunftskosten für den Monat April 2005 mehr bestanden habe, weil die Miete bereits Anfang April aus eigenen Mitteln des Leistungsempfängers beglichen worden sei.
II
Die zulässigen Revisionen des Klägers und der Beklagten sind unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf anteilige Leistungen für Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 15. bis in Höhe von 192,37 Euro. Die Beklagte hat zu Recht das dem Kläger gewährte Übg für den Monat Mai 2005 als Einkommen berücksichtigt und im Hinblick darauf seine Hilfebedürftigkeit für diesen Monat verneint.
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom , mit dem die Zahlung von Alg II für den Monat Mai 2005 sowie die Zahlung anteiliger Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 15. April bis abgelehnt worden sind. Es kann offen bleiben, ob der Bescheid vom überhaupt einen eigenen Regelungsgehalt hat oder sich in der Wiederholung eines Verfügungssatzes des Widerspruchsbescheides vom erschöpfte (vgl zu einer derartigen wiederholenden Verwaltungsentscheidung BSGE 68, 228, 230 = SozR 3-2200 § 248 Nr 1 S 3 f). Er verhielt sich jedenfalls ausschließlich zu der hier nicht streitigen anteiligen Regelleistung in Höhe von 184 Euro, die für April 2005 bewilligt wurde.
2. Der Kläger hat Anspruch auf anteilige Leistungen für Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 15. April bis . Nach den Feststellungen des LSG erfüllte er in diesem Zeitraum die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 iVm §§ 19 Satz 1, 20, 22 SGB II (in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 2954). Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig sind (Nr 3) sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Beteiligten gehen übereinstimmend von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 360,70 Euro aus. Der Senat hat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG keine Zweifel an einem Bedarf des Klägers nach § 22 Abs 1 SGB II in dieser Höhe. Auf die Zeit vom 15. April bis entfällt hier ein Betrag in Höhe von 192,37 Euro (360,70 : 30 [= 12,02] x 16 = 192,37).
a) Der Beginn des Leistungszeitraums wird bestimmt durch die Antragstellung des Klägers nach § 37 Abs 1 SGB II. Die Vorschrift statuiert ein konstitutives Antragserfordernis, sodass Leistungen erst ab Antragstellung zustehen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 62; Urteil des Senats vom - B 14 AS 26/07 R). Leistungen für Zeiten vor der Antragstellung werden nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II grundsätzlich nicht erbracht. Dementsprechend besteht ein Anspruch des Klägers nur auf eine anteilige Leistung für Kosten der Unterkunft ab dem , nicht aber für den zurückliegenden Zeitraum vom 1. bis .
b) Die grundsätzlich monatsweise zu gewährenden Leistungen für Unterkunft und Heizung sind hier ab Antragstellung gemäß § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II anteilig zu erbringen. § 41 Abs 1 SGB II legt die Zahlungsabschnitte für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf einen Monat fest (hierauf verweist auch Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom - B 11b AS 17/06 B - SozR 4-4225 § 2 Nr 1 RdNr 14-15). Dies gilt für alle Leistungen nach §§ 19 bis 29 SGB II, soweit sie regelmäßig monatlich zu zahlen sind (vgl Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 41 RdNr 9). Betont ist dies noch einmal in der Formulierung des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II, der die Regelleistung ausdrücklich als Monatsleistung ausweist. § 30 SGB II sieht vom monatlichen Erwerbseinkommen abzusetzende Freibeträge vor. Mit der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts korreliert die monatsweise Berücksichtigung von Einkommen, wie sie in § 2 Abs 2 Satz 1, Abs 3 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung [Alg II-V 2004] (idF vom , BGBl I 2622) vorgesehen ist (vgl Urteil des Senats vom - B 14 AS 26/07 R).
Auch die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II unterfallen dem Anwendungsbereich des § 41 SGB II. Jedenfalls die regelmäßig in monatlich gleichbleibenden Beträgen entstehenden Kosten der Unterkunft wie die Miete begründen einen monatsweise zu berechnenden Bedarf, der nach § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II anteilig berücksichtigt werden kann (vgl auch ). Einer Aufteilung auf Kalendertage steht insbesondere nicht entgegen, dass es sich bei den Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht um pauschale, sondern am tatsächlichen Bedarf orientierte Leistungen handelt. Nach § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II werden Leistungen anteilig erbracht, soweit sie nicht für einen vollen Monat zustehen. Der Monat wird nach § 41 Abs 1 Satz 2 SGB II mit 30 Tagen berechnet. Bei einem Anspruch nur für einen Teil des Monats sollen nach dem gesetzlichen Konzept des § 41 Abs 1 SGB II sowohl Bedarf als auch Einkommen zunächst monatsweise einander gegenüber gestellt und dann in entsprechende Teilbeträge umgerechnet werden. Die Zahl der Anspruchstage wird dann mit einem Dreißigstel der vollen monatlichen Leistung multipliziert (BT-Drucks 15/1516, S 63; vgl hierzu auch Mecke in Eicher/Spellbrink, aaO, § 11 RdNr 53; siehe auch Eicher in Eicher/Spellbrink, aaO, § 41 RdNr 10).
c) Ein Bedarf nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ist damit auch nicht deshalb zu verneinen, weil der Kläger seine Verpflichtungen aus dem Mietvertrag bereits vor der Antragstellung am erfüllt hatte. Im Hinblick auf die monatsweise Bedarfsberechnung ist maßgeblich für die Leistungsgewährung nicht der Zeitpunkt der Fälligkeit der Miete, die nach § 556b Abs 1 BGB grundsätzlich bis zum dritten Werktag der Zeitabschnitte zu entrichten ist, nach denen sie bemessen ist. Soweit das BSG entschieden hat, dass es allein auf den tatsächlichen aktuellen Bedarf ankommt und ein Anspruch auf Ersatz bereits früher getätigter Aufwendungen nicht besteht, betraf dies nicht monatsweise entstehende Bedarfe, sondern einmalige Kosten für die Beschaffung von Heizmaterial (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 9 ff; Urteil des Senats vom - B 14 AS 54/07 R - NDV-RD 2009, 27) sowie einen Fall, in dem Zahlungen auf ein Darlehen zur Finanzierung eines Eigenheims im und für den streitigen Zeitraum nicht erbracht wurden (BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 34). Anders als bei den regelmäßig zu leistenden Geldbeträgen ist bei einmaligen Kosten aber der Zeitpunkt der Entstehung und der Fälligkeit einer Zahlungsverpflichtung von besonderer Bedeutung, weil in diesen Fällen grundsätzlich offen ist, ob im Bewilligungszeitraum ein derartiger einmaliger Bedarf überhaupt entsteht.
3. Das LSG hat zu Recht einen Leistungsanspruch des Klägers für den Monat Mai 2005 verneint. Der Kläger war in diesem Monat nicht hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II. Es bestand für ihn im Mai 2005 nach den Feststellungen des LSG ein Bedarf in Höhe von 705,70 Euro. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts betrug gemäß § 20 Abs 2 SGB II (in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 2954) für den Kläger 345 Euro monatlich, der Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II betrug 360,70 Euro. Das Einkommen des Klägers im Monat Mai 2005 in Höhe von 1.048,44 Euro (1.078,44 Euro abzüglich der Versicherungspauschale nach § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II iVm § 3 Nr 1 Alg II-V 2004) überstieg seinen Bedarf, sodass er nicht hilfebedürftig iS des § 9 Abs 1 SGB II war.
a) Dem Bedarf des Klägers stand im Mai 2005 Einkommen in Gestalt des ihm gewährten Übg gegenüber. Nach § 11 Abs 1 SGB II (in der Fassung des Vierten Gesetzes für die moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 2954) sind bei der Leistungsberechnung nach dem SGB II als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Einer der nach dem Wortlaut eindeutigen Ausnahmetatbestände liegt hier nicht vor. Da das Übg der Sicherung des Lebensunterhalts dient, sind auch die Voraussetzungen des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II nicht gegeben.
b) Das LSG hat zu Recht das Übg als Einnahme berücksichtigt, weil es dem Kläger im Mai 2005 nach der Antragstellung am zugeflossen ist. Es handelt sich nicht etwa um Vermögen iS des § 12 SGB II, dessen Berücksichtigung sich nach anderen Maßstäben richtet. Der Senat folgt für das SGB II im Grundsatz der vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zur Sozialhilfe entwickelten Abgrenzung von Einkommen und Vermögen (vgl insbesondere B 14 AS 26/07 R, sowie Urteile des 4. Senats vom , insbesondere B 4 AS 70/07 R). Sie entspricht sowohl dem Willen des Gesetzgebers als auch dem Sinn und Zweck der Grundsicherungsleistungen als bedarfsabhängige Fürsorgeleistungen. Anders als im Recht der Sozialhilfe beginnt die maßgebliche vom BVerwG dort so genannten "Bedarfszeit" im Bereich des SGB II jedoch erst mit der Antragstellung.
aa) Die Regelung des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ist im Wesentlichen wortgleich mit dem bis zum geltenden § 76 Abs 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sowie § 82 Abs 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Bereits nach dem Wortlaut, der auf "Einnahmen in Geld oder Geldeswert" abstellt, sind als Einkommen alle eingehenden geldwerten Leistungen anzusehen (so für § 76 BSHG - BVerwGE 108, 296, 299 und 5 C 14/98 = NJW 1999, 3137). Mit der Formulierung war auch eine inhaltliche Anknüpfung an die unter der Geltung des BSHG bestehende Rechtslage beabsichtigt (vgl BSGE 99, 47 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, jeweils RdNr 21). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Einkommensberücksichtigung im Wesentlichen wie im Sozialhilferecht geregelt werden (vgl BT-Drucks 15/1516 S 53 zu § 11).
bb) Im Sozialhilferecht galt im Zeitpunkt der Bezugnahme des Gesetzgebers die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entwickelte "modifizierte Zuflusstheorie" (vgl BVerwGE 108, 296 ff und BVerwG, NJW 1999, 3137 f). Danach ist Einkommen alles das, was jemand in der vom BVerwG so genannten Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Mittel, die der Hilfesuchende (erst) in der Bedarfszeit erhält, sind als Zufluss in der Bedarfszeit Einkommen. Mittel, die der Hilfesuchende früher, wenn auch erst in der vorangegangenen Bedarfszeit, als Einkommen erhalten hat, sind, soweit sie in der aktuellen Bedarfszeit noch vorhanden sind, Vermögen. Zur Frage, wann etwas zufließt, ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, soweit nicht rechtlich ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt wird (normativer Zufluss). Als Beispiele für einen solchen normativen Zufluss hat das BVerwG § 3 Abs 3 Satz 2 der Durchführungsverordnung zu § 76 BSHG (zuletzt idF vom , BGBl I 1983) benannt, der die Anrechnung von einmaligen Einnahmen von dem Monat an regelte, in dem sie anfielen. Diese waren, soweit im Einzelfall nicht eine andere Regelung angezeigt war, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen.
Soweit der Kläger meint, es sei auf die Identität des Bedarfszeitraums mit dem Zeitraum abzustellen, für den das Übg bestimmt gewesen sei, bezieht er sich auf die vom BVerwG früher vertretene Identitätstheorie (vgl - BVerwGE 29, 295 ff). Danach setzte die Berücksichtigung eines Zuflusses in Geld oder Geldeswert als Einkommen voraus, dass er wie die Sozialhilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes bestimmt war (Identität der Zweckbestimmung) und dass diese Zweckbestimmung auch für einen mit dem Bedarfszeitraum identischen Zeitraum bestand (Zeitraumidentität). Von dieser Betrachtung ist das BVerwG in der Folgezeit und mit der Entwicklung der modifizierten Zuflusstheorie ausdrücklich abgerückt (BVerwGE 108, 296, 298; BVerwG, NJW 1999, 3137). Voraussetzung für den Einsatz von Einkommen und Vermögen sei deren bedarfsbezogene Verwendungsmöglichkeit, nicht notwendig dagegen eine Zweckbestimmung. Dies gilt auch für das SGB II. Wie bei der Sozialhilfe ist bei den Grundsicherungsleistungen einer aktuellen Notlage das aktuelle Einkommen gegenüberzustellen. Dabei ist entscheidend allein, ob mit den eingehenden geldwerten Mitteln ein notwendiger Bedarf gedeckt werden kann.
cc) Anders als unter der Geltung des BSHG ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Unterscheidung von Einkommen und Vermögen im SGB II die Antragstellung gemäß § 37 SGB II (vgl auch und B 14/11b AS 17/07 R). Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Da die Leistungsgewährung nach § 5 BSHG keinen Antrag voraussetzte, war Bedarfszeit nach der Rechtsprechung des BVerwG die Zeit, in der der Bedarf bestand und (grundsätzlich rechtzeitig) zu decken war. Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG war in der Regel auf den jeweiligen Kalendermonat als der für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen maßgeblichen Bedarfszeit abzustellen ( - BVerwGE 120, 339 ff). An diese Rechtsprechung kann für das SGB II nicht angeknüpft werden, weil § 37 SGB II ein konstitutives Antragserfordernis statuiert, sodass Leistungen erst ab Antragstellung zustehen. Auf die Kenntnis des Leistungsträgers von der Hilfebedürftigkeit kommt es anders als im Sozialhilferecht nicht an (vgl BT-Drucks 15/1516 S 62 zu § 37). Die "Bedarfszeit" im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG kann im SGB II damit erst mit der Antragstellung beginnen.
dd) Das nach der Antragstellung am ausgezahlte Übg war nicht deshalb von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen, weil die Forderung zum Zeitpunkt der Antragstellung fällig war. Zwar wird das Übg gemäß § 45 Abs 8 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch für Kalendertage gezahlt und war bereits im April 2005 fällig, § 118 Abs 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch iVm §§ 40, 41 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch. Auf die Forderung des Klägers wurde aber erst am tatsächlich gezahlt, sodass dem Kläger erst ab diesem Zeitpunkt daraus bereite Mittel erwuchsen, die er zu seiner Bedarfsdeckung einsetzen konnte. Das BVerwG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Einnahmen in aller Regel aus bereits zuvor bestehenden Rechtspositionen erzielt werden und als Beispiel hierfür die Auszahlung des Arbeitsentgeltes als Erfüllung der Forderung aus dem Arbeitsvertrag genannt (BVerwGE 108, 296, 300; NJW 1999, 3137). Im Falle der Erfüllung einer Forderung ist bei wertender Betrachtung aber allein auf die letztlich in Geldeswert erzielten Einkünfte abzustellen und nicht auf das Schicksal der Forderung. Dahinstehen kann hier, ob der Rechtsprechung des BVerwG (vgl BVerwGE 108, 296, 300 f) auch im Hinblick auf die Ausnahmen von diesem Grundsatz zu folgen ist. Auch das BVerwG sieht solche Einnahmen nämlich nur dann nicht als Einkommen an, wenn eine fällige und liquide Forderung bewusst nicht geltend gemacht, sondern angespart wurde. Eine solche Fallkonstellation ist hier aber nicht gegeben.
ee) Die Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen nach dem Zeitpunkt der Antragstellung führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung. Das Grundrecht aus Art 3 Abs 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl BVerfGE 109, 96, 123 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 69 - stRspr). Hier besteht aber ein sachlicher Grund für die Differenzierung. Diejenigen, denen eine Leistung vor der Antragstellung ausgezahlt wird, erhalten einen geldwerten Vorteil zu einem Zeitpunkt, in dem sie noch keine staatlichen Leistungen nach dem SGB II beanspruchen können. Erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung können die Vorschriften des SGB II überhaupt Anwendung finden. Soweit das Gesetz auf aktuell zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehende Einnahmen abstellt, kann dies erst ab dem Zeitpunkt gelten, zu dem ein Anspruch bestehen kann. Da die Frage nach Einkommen allein der Prüfung dient, ob tatsächlich Mittel zur Deckung eines Bedarfs vorhanden sind, ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich, ob der Antragsteller den Zeitpunkt des Zuflusses bestimmen konnte oder nicht.
c) Die Berücksichtigung der dem Kläger zugeflossenen Einnahme für den ganzen Monat Mai 2005 folgt aus § 2 Abs 2 Satz 1 Alg II-V 2004 (idF vom , BGBl I 2622 Alg II-V 2004). Danach sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Hierunter fällt auch das im Mai 2005 ausgezahlte Übg. Laufende Einnahmen sind solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden (vgl BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 16), bei einmaligen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung (vgl BSGE 43, 134, 135 = SozR 4100 § 34 Nr 6; vgl zur Abgrenzung auch Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 27 f und 58; Brühl in: LPK - SGB II, 2. Aufl 2007, § 11 RdNr 72 f). Dabei ändert sich die Qualifizierung als laufende Einnahme nicht dadurch, dass es sich bei der Zahlung um die letzte einer typischerweise regelmäßig erfolgenden Leistung handelt. Im Ergebnis würde im Übrigen auch bei Annahme einer einmaligen Einnahme iS des § 2 Abs 3 Alg II-V die Hilfebedürftigkeit des Klägers entfallen (vgl dazu - SozR 4-4200 § 11 Nr 15).
d) Das Übg hat auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Härte außer Betracht zu bleiben. Eine § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V (idF vom , BGBl I 2499) entsprechende Regelung für den Fall des Zuflusses laufender Sozialleistungen nach § 2 Abs 2 Satz 1 Alg II-V fehlt. Es kann offen bleiben, ob § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V überhaupt eine Ausnahmeregelung für Härtefalle normiert (vgl Urteil des 4. Senats vom - B 4 AS 70/07 R - RdNr 30). Die Vorschrift regelt jedenfalls die Verteilung einmaliger Einnahmen ggf auch über den Monat des Zuflusses hinaus. Dies ist für den Fall der laufenden Einnahmen nach § 2 Abs 2 Satz 1 Alg II-V nicht vorgesehen, sodass es bereits insofern an einer Vergleichbarkeit der Fallkonstellationen fehlt. Unabhängig davon sind besondere Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, nicht ersichtlich. Sie sind insbesondere nicht allein in einer verspäteten Auszahlung der Leistung zu sehen. Ebenso wenig vermag das Auseinanderfallen von "Bedarfszeit" und dem Zeitraum, für den die Einnahme bestimmt war, eine Härte zu begründen (vgl BSG aaO). Selbst die in den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit aufgestellten Kriterien für die Annahme eines Härtefalles nach § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V (Punkt 11.16 zu § 11 SGB II) liegen nicht vor. Das Übg wurde weder für einen Zeitraum vor Inkrafttreten des SGB II nachgezahlt, noch wurde es vorläufig festgesetzt oder auf Grund eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens nachgezahlt.
e) Die Vorschrift des § 2 Abs 2 Alg II-V 2004 ist auch ermächtigungskonform. Durch § 13 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 2954) wurde das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist. Die Norm des § 2 Abs 2 Alg II-V 2004 hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die in § 2 Abs 2 Alg II-V 2004 vorgesehene Zuordnung von laufenden Einnahmen zu dem Kalendermonat des Zuflusses beinhaltet keine vom Gesetz abweichende Bewertung, sondern entspricht der vom SGB II vorgegebenen monatsweisen Betrachtung von Bedarf und Einkommen.
f) § 13 Nr 1 SGB II genügt den Anforderungen an Verordnungsermächtigungen nach Art 80 Abs 1 GG. Hiernach können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Diesen Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm wird § 13 SGB II gerecht. Zwar macht die Vorschrift selbst keine näheren Vorgaben, woran der Verordnungsgeber die Berechnung und Berücksichtigung von Einkommen ausrichten soll. Es ist jedoch ausreichend, dass sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte (BVerfGE 80, 1, 21). Derartige Grundsätze ergeben sich hier mit hinreichender Deutlichkeit aus der Systematik des SGB II und der Anknüpfung des Gesetzes an die Rechtslage unter Geltung des BSHG (vgl hierzu BSG SozR 4-4225 § 2 Nr 1 RdNr 14-15; Mecke in: Eicher/Spellbrink, aaO, § 13 RdNr 7 mwN).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
SAAAD-34450